European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00056.23Y.0328.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Familienrecht (ohne Unterhalt)
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Betroffene leidet an einer Persönlichkeitsstörung mit leichter Verführbarkeit, Beeinflussbarkeit und Haltlosigkeit. Deshalb ist ein Erwachsenenvertreter ua für die Verwaltung des Vermögens und die Vertretung bei Rechtsgeschäften bestellt. Rechtsgeschäfte des Betroffenen iSd § 258 Abs 4 ABGB, die nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören, erfordern zu ihrer Wirksamkeit überdies die Genehmigung des Gerichts.
[2] Der Betroffene ist Anfang 40. Er lebt in seiner Eigentumswohnung mit Kfz-Abstellplatz, die den Großteil seines Vermögens ausmacht. Er ist derzeit schuldenfrei und verfügt über rund 40.000 EUR an Barvermögen.
[3] Der Betroffene beantragte die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots für die Eigentumswohnung zugunsten seiner beiden minderjährigen Kinder. Es sei ihm wichtig, sich selbst und seinen Kindern die Wohnung zu erhalten. Aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung könnte der Betroffene künftig nachteilige Handlungen setzen, die Verbindlichkeiten wie Geldstrafen, Vertretungs-, Bereinigungs- oder Vergleichskosten nach sich zögen.
[4] Die Vorinstanzen wiesen den Antrag ab. Das Anliegen des Betroffenen, seinen Kindern die Wohnung einmal vererben zu können, sei zwar nachvollziehbar. Der Einverleibung von Veräußerungs- und Belastungsverboten auf Immobilien von Betroffenen sei aber grundsätzlich die Genehmigung zu versagen. Diese würden die Anlage- und Verfügungsmöglichkeiten des hier noch dazu sehr jungen Betroffenen einschränken, was die Finanzierung von künftigen Sanierungsmaßnahmen erschwere. Derzeit bestehe auch keine Gefahr, dass der Betroffene seine Wohnung wegen deliktisch geschaffenen Verbindlichkeiten an Gläubiger verlieren könnte.
[5] Der außerordentliche Revisionsrekurs des Betroffenen zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf und ist daher nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[6] 1. Der Betroffene meint, die Vorinstanzen hätten einen falschen Beurteilungsmaßstab herangezogen. Nach § 241 Abs 2 ABGB idF 2. ErwSchG seien die Wünsche des Betroffenen grundsätzlich zu berücksichtigen, solange dadurch nicht sein Wohl ernsthaft gefährdet werde. Die Vorinstanzen hätten dagegen Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen, wie dies nach der alten Rechtslage vorgesehen gewesen sei.
[7] Der Betroffene stellt die geänderte Rechtslage zwar richtig dar. Es trifft jedoch nicht zu, dass die Vorinstanzen einen nicht mehr aktuellen Prüfmaßstab herangezogen hätten. Zwar zitierten sie § 241 ABGB in der Entscheidung nicht ausdrücklich oder geben die Bestimmung wörtlich wieder. Jedoch qualifizierte das Rekursgericht die Einschränkung der Anlage- und Verfügungsmöglichkeiten für den Betroffenen insbesondere unter Berücksichtigung seines Alters sogar ausdrücklich als erhebliche Wohlgefährdung. Es legte als Kalkül daher eindeutig die aktuelle Rechtslage zugrunde.
[8] 2. Ob die Voraussetzungen einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung vorliegen, kann immer nur anhand des konkreten Einzelfalls beurteilt werden (RS0048176 [T2]; vgl auch RS0112025; RS0048207; RS0048142). Daher ist bei dieser Prüfung in der Regel keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 AußStrG zu lösen.
[9] Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung wird im Rechtsmittel nicht aufgezeigt. Selbst laut dem im Rechtsmittel zitierten Schrifttum ist das Wohl des Betroffenen erheblich gefährdet, wenn die Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse nicht mehr gesichert ist. Die Wohnung des Betroffenen bildet hier seinen größten Vermögenswert und dient gleichzeitig zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses in den voraussichtlich kommenden zahlreichen Lebensjahrzehnten. Der Befürchtung der Vorinstanzen, dass die Wohnung nach Eintragung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots nicht auf Dauer erhalten und saniert werden könnte, tritt der Betroffene in seinem Rechtsmittel nicht konkret entgegen.
[10] 3. Der Betroffene argumentiert auch, dass er zu einem nicht genannten Zeitpunkt seine Psychotherapie abgebrochen habe und seine Kaufsucht daher trotz Erwachsenenvertreter zu deliktischen Forderungen und in der Folge einem Zugriff der Gläubiger auf seine Wohnung führen könnte. Die Vorinstanzen schätzen die Gefahr erneuter Straftaten des deliktsfähigen Betroffenen angesichts seines ordentlichen Lebenswandels in den letzten Jahren als gering ein. Der Therapieabbruch ist eine Neuerung, die auch im Außerstreitverfahren in dritter Instanz nicht zulässig ist, weil sie nicht der Unterstützung oder Bekämpfung der Revisionsrekursgründe dient (§ 66 Abs 2 AußStrG; vgl auch RS0006904 [T13]; RS0119918).
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