OGH 10Ob29/22w

OGH10Ob29/22w17.1.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin Dr. Faber und die Hofräte Mag. Schober und Dr. Annerl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinnützige * Wohnbaugesellschaft m.b.H. (FN *), *, vertreten durch Schubeck & Schubeck Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach der * 2020 verstorbenen M*, vertreten durch Dr. Heinrich Giglmayr, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Aufkündigung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 7. April 2022, GZ 22 R 57/22v‑20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Oberndorfvom 15. November 2021, GZ 3 C 281/21m‑16, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0100OB00029.22W.0117.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Bestandrecht

 

Spruch:

 

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 548,86 EUR (darin enthalten 91,48 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 377,50 EUR (darin enthalten 62,92 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Den Gegenstand des Rekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof bildet die Frage, ob bei einem Mietvertrag, der einen Hinweis auf die gesetzliche Kaufoption enthält, das Bestandverhältnis – insbesondere im Fall einer nachträglichen Übertragung nach §§ 15b ff WGG – bereits mit der Annahme der Kaufoption endet und aus diesem Grund eine Aufkündigung (hier gegenüber der Verlassenschaft nach der Mieterin) ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich ist.

[2] M* ist * 2020 verstorben. Sie bewohnte ab 1. 12. 2010 eine ihr von der klagenden Partei auf unbestimmte Zeit zu Wohnzwecken vermietete Wohnung in O* mit einer Nutzfläche von ca 67,29 m². M* wohnte allein in der Wohnung, zuletzt mit wechselnden 24‑Stunden‑Pflegerinnen. In das Mietverhältnis eintrittsberechtigte Personen (§ 14 Abs 2 und 3 MRG) gibt es nicht. Der Sohn der Verstorbenen hat im Verlassenschaftsverfahren nach seiner Mutter M* die bedingte Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass abgegeben.

[3] Die klagende Partei als Vermieterin und M* als Mieterin haben am 26. 11./1. 12. 2010 einen Mietvertrag mit Kaufoption abgeschlossen, der den Bestimmungen des MRG und des WGG unterliegt. Im Mietvertrag wurde unter Punkt III. Folgendes vereinbart:

„Der bei Erstbezug eingehobene Finanzierungsbeitrag beträgt für Grundkosten EUR 9.421,00.

Der Mieter hat den Finanzierungsbeitrag in Höhe von EUR 9.421,00 zur Gänze geleistet.

Mit der Leistung des Grundkostenanteils hat der Mieter gemäß den Bestimmungen der § 15b ff. Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz in Verbindung mit § 38 des Salzburger Wohnbauförderungsgesetzes einen Anspruch auf nachträglichen Erwerb der zugeteilten Wohnung bzw. der auf sie entfallenden Miteigentumsanteile, verbunden mit der Zusicherung der Begründung von Wohnungseigentum durch unsere Gesellschaft erworben.

Im Falle der Auflösung des Mietvertrages hat der ausscheidende Mieter einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm zur Finanzierung geleisteten Beträge, vermindert um die ordnungsgemäße Absetzung für Abschreibung gemäß § 17 Abs 4 WGG im festgesetzten Ausmaß.“

[4] Nach Ablauf einer Mietdauer von zehn Jahren wurde M* von der klagenden Partei mit Schreiben vom 3. 12. 2020 über die Möglichkeit der Ausübung der Mietkaufoption informiert. Ihre Schwiegertochter J* füllte das dem Schreiben angeschlossene Antwortformblatt „Ausübung des gesetzlichen Optionsrechtes zum Erwerb der Wohnung“ aus. Das von M* am 15. 12. 2020 eigenhändig unterschriebene Antwortformblatt wurde am selben Tag an die klagende Partei übermittelt.

[5] Infolge des Todes von M* nur wenige Tage später und des Fehlens eintrittsberechtigter Personen wurde von der klagenden Partei gegenüber der Verlassenschaft die Ausarbeitung und Unterfertigung eines schriftlichen verbücherungsfähigen Kaufvertrags abgelehnt.

[6] Im Jahr 2021 wurden von der klagenden Partei bis inklusive Juni 2021 monatlich 696,19 EUR für die Wohnung an Miete inklusive Betriebskostenakonto und weitere 35,71 EUR für den Tiefgaragenplatz vorgeschrieben. Ab Juli 2021 erhöhten sich die Beträge auf monatlich 707,24 EUR bzw 35,88 EUR.

[7] Die beklagte Verlassenschaft nach M* zahlte die Mietzins- und Betriebskostenvorschreibungen für Wohnung und Tiefgaragenplatz bis einschließlich April 2021. Am 28. 6. 2021 zahlte die Verlassenschaft die Betriebskosten für die Wohnung und den Tiefgaragenplatz für Mai 2021 und Juni 2021 in Höhe von jeweils 328,12 EUR und 35,71 EUR nach. Am 1. 7. 2021 wurde die letzte Betriebskostenakontozahlung für den Tiefgaragenplatz in Höhe von 35,71 EUR geleistet. Für die Wohnung überwies die Verlassenschaft ab Juli 2021 zum Monatsersten jeweils nur den auf die Betriebskosten entfallenden Teil der Vorschreibung in Höhe von 328,12 EUR bzw 303,68 EUR.

[8] Mit der gerichtlichen Aufkündigung vom 26. 5. 2021 kündigte die klagende Partei der beklagten Verlassenschaft das Bestandverhältnis zum 31. 8. 2021 auf. Als Kündigungsgründe wurden der Tod der Mieterin (§ 1116a ABGB iVm § 30 Abs 2 Z 5 MRG) und hilfsweise der Mietzinsrückstand (§ 30 Abs 2 Z 1 MRG) geltend gemacht. Sie brachte noch vor, dass M* bei Abgabe des Kaufanbots geschäftsunfähig gewesen sei und dass sie (die klagende Partei) das Kaufanbot nicht angenommen habe. Für das Zustandekommen eines Kaufvertrags wäre eine Vielzahl von rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen gewesen, insbesondere die Einholung eines Verkehrswertgutachtens, eines Parifizierungsgutachtens für die Wohnungseigentumsbegründung und die Berechnung des Förderzuschusses aus der Salzburger Wohnbauförderung.

[9] Die beklagte Verlassenschaft erhob Einwendungen und beantragte die Aufhebung der Aufkündigung. Mit der Ausübung der vertraglich eingeräumten Kaufoption durch die bis zuletzt geschäftsfähige M* sei ein Kaufvertrag über die Wohnung zustande gekommen, weshalb die Verlassenschaft ab Mai 2022 nur noch die Betriebskosten gezahlt habe. Die Vorgangsweise der klagenden Partei sei sittenwidrig und schikanös.

[10] Das Erstgericht erklärte die gerichtliche Aufkündigung für wirksam und verpflichtete die beklagte Partei zur Räumung der Wohnung samt Pkw-Abstellplatz und Kellerabteil. Im Aufkündigungsverfahren könne die Mieterin keinen anderen Rechtsgrund für die Benützung des Bestandobjekts einwenden. Ob ein Kaufvertrag über die Wohnung zustande gekommen sei, könne nicht als Vorfrage im Verfahren über die Aufkündigung beurteilt werden.

[11] Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Im Fall eines Mietkaufs erwerbe der Mietkäufer mit Ausübung seines Optionsrechts das Eigentum. Ob die Aufkündigung rechtsgestaltend wirken könne, hänge also davon ab, ob zum Aufkündigungszeitpunkt noch ein aufrechtes Bestandverhältnis vorgelegen sei. Sei M* am 15. 12. 2020 geschäftsfähig gewesen, habe sie wirksam das Angebot der klagenden Partei auf Erwerb der Wohnung angenommen und es sei ein Kaufvertrag zustande gekommen. Die Wirkungen dieses Kaufvertrags würden bereits mit seinem Abschluss eintreten, unabhängig von einer grundbücherlichen Einverleibung des Eigentums oder der Zahlung des Fixpreises. Welchen Einfluss der zwischenzeitige Tod der Mieterin auf den Kaufvertrag habe – ob die Klägerin im Sinn des § 15g WGG die Differenz zwischen Kaufpreis und Verkehrswert verlangen oder vom Kaufvertrag zurücktreten könne –, sei nicht im Kündigungsverfahren zu klären. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren noch Feststellungen zur Geschäftsfähigkeit von M* bei Abschluss des Kaufvertrags zu treffen haben.

[12] Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil es zur Frage, ob das Bestandverhältnis bereits mit der Erklärung, das Kaufangebot anzunehmen, beendet werde und eine Aufkündigung daher ab diesem Zeitpunkt – auch im Falle des wenige Tage später eingetretenen Todes der Mieterin – nicht mehr möglich sei, an höchstgerichtlicher Rechtsprechung fehle.

[13] Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Hauptantrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

[14] Die beklagte Verlassenschaft beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

[15] Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.

1. Wesentliches Vorbringen der Parteien im Rekursverfahren

[16] 1.1 Die Klägerin wendet sich gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass bereits durch Ausübung der (gesetzlichen) Kaufoption das Bestandverhältnis untergehe und dies zur Anwendung des Kaufrechtsregimes führe. Vielmehr solle durch eine (rechtswirksame) Optionserklärung lediglich die Grundlage für die Eigentumsübertragung geschaffen werden, die aber noch einen Modus, insbesondere die Einverleibung des Eigentumsrechts im Grundbuch (nach Vorliegen der relevanten Verkehrswerte und der Parifizierungsgrundlagen) erfordere. Auch aus § 15c WGG ergebe sich, dass der bisherige Mieter bloß einen „Übertragungsanspruch“ habe. Kaufberechtigt könnten nur der bisherige Mieter oder eintrittsberechtigte Personen sein. Die Gebrauchsüberlassungsphase, in der die mietrechtlichen Regelungen weiterhin gelten, sei erst mit Ablauf der vereinbarten Übergabe vollzogen, die frühestens mit 30. 6. 2021 vorgesehen gewesen sei. Die Kündigung infolge des Todes der Mieterin sei bereits vor diesem Zeitpunkt, also während des aufrechten Bestandverhältnisses eingebracht worden. Aus der Weiterzahlung der Mietzins- und Betriebskostenvorschreibungen bis einschließlich April 2021 ergebe sich ein schlüssiges Anerkenntnis des Weiterbestands des Mietvertrags.

[17] 1.2 Die beklagte Partei hält ihren Standpunkt aufrecht, dass der Mietkäufer mit rechtzeitiger Ausübung der Option wirksam das Eigentumsrecht erwerbe. Damit sei das Mietverhältnis beendet worden und für dessen spätere Aufkündigung verbleibe kein Raum mehr. Mit dem rechtswirksamen Zustandekommen des Kaufvertrags sei ein vertraglicher Anspruch auf Einräumung von Wohnungseigentum entstanden. Da „Kaufverträge vererblich“ seien, trete der Erbe in den von der verstorbenen Person abgeschlossenen Vertrag ein. Mit ihrer rechtswidrigen, das bereits zustande gekommene Kaufgeschäft ignorierenden Vorgangsweise versuche die Klägerin offensichtlich, weiter unberechtigt Mietzinse einzunehmen, die ihr aber nicht mehr zustünden. Jedenfalls wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, mit der Verlassenschaft bzw mit dem Erben einen Kaufvertrag über die Wohnung abzuschließen.

2. Dazu wurde erwogen:

[18] 2.1 Da eine gerichtliche Aufkündigung das Bestehen eines Bestandverhältnisses voraussetzt (RS0020856 [T1]), ist entscheidend, ob am 26. 5. 2021 zwischen den Parteien (noch) ein Bestandverhältnis bestand.

[19] 2.2 Nach der zwischen den Mietvertragsparteien in Punkt III. des Mietvertrags getroffenen Vereinbarung hat der Mieter „mit der Leistung des Grundkostenanteils ... gemäß den Bestimmungen der § 15b ff. Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz in Verbindung mit § 38 des Salzburger Wohnbauförderungsgesetzes einen Anspruch auf nachträglichen Erwerb der zugeteilten Wohnung bzw. der auf sie entfallenden Miteigentumsanteile, verbunden mit der Zusicherung der Begründung von Wohnungseigentum ... erworben“.

[20] Die §§ 15b und 15c WGG regeln die nachträgliche Übertragung von Baulichkeiten und Mietobjekten in das Eigentum. § 15c WGG gewährt dem Mieter unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf nachträgliche Übertragung der Wohnung in das Wohnungseigentum (dazu etwa Pesek in Schwimann/Kodek, ABGB-Praxiskommentar5 [2021] § 1090 ABGB Rz 25). Für „geförderte“ Mietwohnungen sieht § 38 Sbg Wohnbauförderungsgesetz 1990 idF LGBl 2008/106 (nun ähnlich § 29 Sbg WohnbauförderungsG 2015) vor, dass sie unter spezifischen Voraussetzungen in das Eigentum des Mieters übertragen werden können.

[21] 2.3 Sowohl das Berufungsgericht als auch die Rekursbeantwortung berufen sich auf den Rechtssatz RS0128740, wonach der Mietkäufer mit Optionsausübung „Eigentum erwirbt“.

[22] (a) Die erste zu diesem Rechtssatz indizierte Entscheidung 2 Ob 188/11b (JBl 2013, 32 = ÖBA 2013/1928, 516 [Bollenberger]) betraf den Erwerb eines (mit einer Kaufoption) gemieteten Tunnelbaggers, der der Vermieterin ihrerseits auf der Grundlage eines Leasingvertrags zur Verfügung gestellt worden war. In dieser Entscheidung erörtert der Oberste Gerichtshof zwei Formen von Mietkaufverträgen, die von vornherein auf einen späteren Eigentumserwerb des Mietkäufers gerichtet sind. Zwischen den Mietkaufparteien kann entweder vereinbart werden, dass dem Mietkäufer nach Ablauf der Mietzeit eine Kaufoption eingeräumt wird, oder dass das Eigentum nach Ablauf der Mietzeit automatisch auf den Mietkäufer übergeht. Im erstgenannten Fall wird der Mietkauf als aufeinander folgende Koppelung eines Mietvertrags und eines Kaufvertrags gesehen, wobei „der (die Sache bereits besitzende) Mietkäufer mit Ausübung der Option das Eigentum erwirbt“. Im zweitgenannten Fall liegt hingegen ein schlichter Kaufvertrag vor. Der Mietkäufer erwirbt ein Anwartschaftsrecht auf das Eigentum, das nach Abstattung des Kaufpreises auf den Mietkäufer übergeht. In der Entscheidung wurde die zweite Variante angenommen, sodass die Möglichkeit, mit Ausübung der Kaufoption das Eigentum zu erwerben, nicht weiter zu behandeln war.

[23] (b) In der zweiten im Rechtssatz indizierten Entscheidung 10 Ob 26/13s (immolex 2014/38, 154 [Ruckenbauer]) wurde in Bezug auf den Erwerb des Eigentums durch Ausübung der Option auf 2 Ob 188/11b verwiesen. Da es in dieser Entscheidung – ebenso wie in der als vierte indizierten Entscheidung 4 Ob 160/19m (immolex 2020/27, 87 [Cerha]) – um die „Mietvertragsphase“ ging, ist die Aussage zum Eigentumserwerb jeweils bloß ein obiter dictum.

[24] (c) In der als dritte indizierten Entscheidung 4 Ob 235/14h (EvBl 2016/17, 128 [Riedler/Aigner] = ÖBA 2016/2227, 524 [Bollenberger]) wurde der „Mietkauf/Nutzungsvertrag“ über einen PKW als bloßer Kaufvertrag und nicht als ein aus Miete und Kauf zusammengesetzter Vertrag qualifiziert, bei dem der Eigentumsübergang von der Ausübung des Optionsrechts abhängig sein sollte.

[25] (d) Zusammenfassend wurde die im Rechtssatz enthaltene Aussage, dass der Mietkäufer „mit Ausübung der Option das Eigentum erwirbt“, in den genannten Entscheidungen nicht relevant.

[26] (e) In der letzten im Rechtssatz RS0128740 indizierten Entscheidung 17 Ob 14/22s wird diese Aussage nicht wiederholt.

[27] (f) Die Ungenauigkeit des Inhalts des Rechtssatzes wurde in der Literatur bereits kritisch beurteilt (Pesek in Schwimann/Kodek, ABGB-Praxiskommentar5 [2021] § 1090 ABGB Rz 91; Trummer, Mietkauf von Immobilien [2020] 80 f). Die Aussage wird dahin präzisiert, dass Eigentum nicht schon mit der Optionsausübung an den Mietkäufer übergeht, sondern die Optionserklärung lediglich den Titel für die Eigentumsübertragung schafft, die aber noch einen Modus erfordert, wie etwa die Einverleibung des Eigentumsrechts des Mietkäufers im Grundbuch.

[28] 2.4 In dem hier zu beurteilenden Fall liegt allerdings gar kein „echtes Optionsrecht“ der Mieterin vor. Ein solches würde voraussetzen, dass bereits bei Mietvertragsabschluss das Recht der Mieterin vereinbart worden wäre, nach Ablauf von zehn Jahren – durch Ausübung des Optionsrechts – zu einem festgelegten Preis Wohnungseigentum an der gemieteten Wohnung zu erwerben (Würth/Zingher/Kovanyi/Etzersdorfer, Miet- und Wohnrecht23 [Stand: 1.5.2016, rdb.at] § 15c WGG Rz 9). In dem hier zu beurteilenden Vertrag wird auf die §§ 15b ff WGG verwiesen, nach denen erst nach Annahme des Kaufangebots durch die Mieterin die Voraussetzungen für die nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum zu schaffen sind. In diesem Sinn wurde auch im Mietvertrag festgehalten, dass die Mieterin mit Leistung des Grundkostenanteils Anspruch auf nachträglichen Erwerb hat; sie ist demnach aber nicht berechtigt, die Rechtslage durch ein Gestaltungsrecht einseitig zu verändern.

[29] 2.5 Nach der Rechtsprechung endet das Bestandverhältnis infolge Konfusion, wenn das Eigentumsrecht des Mieters sachenrechtlich übergeht, etwa durch bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechts (RS0034033 [Erwerb der Liegenschaft mit dem gemieteten Haus]; vgl RS0034032 [Erwerb einer Eigentumswohnung]; RS0034033 [T1] [Begründung von Wohnungseigentum am vermieteten Objekt]). Konkret zur nachträglichen Übertragung in das Wohnungseigentum nach dem WGG wurde ausgesprochen, dass der Mietvertrag durch die Begründung von Wohnungseigentum und Zuweisung des Objekts ins Eigentum des vormaligen Mieters aufgelöst wird (5 Ob 35/22s; 5 Ob 54/16a; zustimmend Trummer, Mietkauf 375, der lediglich beim freivertraglichen Mietvertrag mit Kaufoption – also außerhalb des WGG – das Erlöschen des Mietvertrags bereits mit Kaufvertragsabschluss befürwortet).

[30] Die Ansicht von Reischauer (in Rummel/Lukas, ABGB3 § 1445 Rz 2; vgl Pesek in Schwimann/Kodek, ABGB-Praxiskommentar5 [2021] § 1090 ABGB Rz 91), dass das Bestandverhältnis nach ergänzender Vertragsauslegung zu jenem Zeitpunkt enden solle, an dem dem Mieter an Stelle des Rechtsbesitzes der Sachbesitz gebühre, wurde vom Obersten Gerichtshof zu 7 Ob 205/15w (immolex 2017/19, 57 [zustimmend Ruckenbauer]) erneut ausdrücklich abgelehnt: In Ermangelung einer anderslautenden Vereinbarung ist für die Beendigung des Bestandverhältnisses auf den sachenrechtlichen Eigentumsübergang abzustellen. Daher besteht, solange es zu keiner Vereinigung von Vermieter- und Mieterstellung kommt, auch die Pflicht zur Mietzinszahlung – trotz des Kaufvertragsabschlusses bzw der Optionsausübung – weiter (ebenso etwa 5 Ob 119/13f).

[31] 2.6 Demnach bestand das Mietverhältnis ungeachtet der Optionsausübung bis zur Wohnungseigentumsübertragung weiterhin fort und es war auch das Mietentgelt zu entrichten. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte bis einschließlich April 2021 auch nachgekommen.

[32] 2.7 Die Beurteilung der Fragen, ob der Verlassenschaft (bzw dem Sohn) ein Erwerbsanspruch hinsichtlich der Wohnung zukommt und ob dieser Anspruch vererblich ist, sind nicht Gegenstand eines Aufkündigungsverfahrens, das auf die Beendigung des Bestandverhältnisses gerichtet ist.

[33] Gleiches gilt für die Frage, ob die verstorbene Mieterin bei Abgabe der Annahmeerklärung geschäftsfähig war. Die Auffassung des Berufungsgerichts, nach der es von der Wirksamkeit der Annahmeerklärung abhängt, ob das Bestandverhältnis noch aufrecht und eine Aufkündigung noch möglich war, wird vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt.

[34] 2.8 Somit ist von einem zum Zeitpunkt der Aufkündigung aufrechten Bestandverhältnis auszugehen. Den Kündigungsgründen ist die beklagte Partei lediglich mit dem Verweis auf das erworbene Eigentumsrecht (oder ihr Anwartschaftsrecht auf Eigentumseinräumung) entgegengetreten, ohne sie inhaltlich zu bestreiten. Ein konkreter Rechtsmissbrauchseinwand im Hinblick auf das Räumungsbegehren wurde hingegen nicht erhoben, sodass sich ein Eingehen darauf erübrigt.

[35] 3. Da die Rechtssache spruchreif ist, kann der Oberste Gerichtshof gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO über einen Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen.

[36] Dem Rekurs der klagenden Partei ist dementsprechend Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

[37] 4. Aufgrund der Fällung einer Sachentscheidung ist auch über die Kosten des Berufungs- und Rekursverfahrens abzusprechen. Diese Entscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Tarifansatz (TP 3C) beträgt bei einer Bemessungsgrundlage von 1.500 EUR (§ 10 Z 2 lit b RATG) 195,30 EUR.

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