OGH 5Ob119/13f

OGH5Ob119/13f3.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek, und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtsache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora, Dr. Barbara Lässer, Dr. Christian Klotz, Mag. Claudia Lantos LL.M., Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Ing. K***** B*****, vertreten durch Mag. Anneliese Markl, Rechtsanwältin in Innsbruck, wegen (hier) pfandweiser Beschreibung (279.610,29 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 17. Mai 2013, GZ 2 R 31/13t‑96, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00119.13F.1003.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 78 EO, § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Beklagte gibt die Grundsätze des mit einer Option eingeräumten Gestaltungsrechts zutreffend wieder. Eine solche Vereinbarung erlaubt es dem Berechtigten, das Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung ohne neuerlichen Vertragsabschluss selbst hervorzurufen, was ihm nach Abgabe dieser Erklärung den Anspruch auf Erfüllung des Schuldverhältnisses einräumt (RIS‑Justiz RS0019140; RS0019191). Das setzt aber voraus, dass bereits die Option die essentiala negotii des künftigen Vertrags enthalten muss (vgl RIS‑Justiz RS0017078 [T8]; RS0115633 [T10]). Nur unwesentliche Vertragsbestimmungen, die dem dispositiven Recht entnommen werden können, wie etwa Zeitpunkt der Berichtigung des Kaufpreises, der Übernahme des Kaufgegenstands oder der Errichtung des schriftlichen Kaufvertrags müssen nicht von vornherein bestimmt sein (vgl RIS‑Justiz RS0019207).

2. Das Rekursgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass sich die Streitteile bislang über einen Ablösebetrag (gemeint: den Kaufpreis) nicht einigen konnten. Auch der Beklagte geht in seinem Rechtsmittel davon aus, dass über die Höhe des Kaufpreises Uneinigkeit herrscht. Ob der Kaufpreis unter diesem Aspekt überhaupt ausreichend bestimmbar ist, um ‑ wie der Beklagte meint ‑ von einer Option ausgehen zu können, muss hier aber nicht weiter untersucht werden, weil letztlich dahingestellt bleiben kann, wie die vom Beklagten für sich in Anspruch genommene Vereinbarung dogmatisch einzuordnen ist.

3. Der Beklagte vertritt den Standpunkt, dass das Mietverhältnis mit der Klägerin durch die Ausübung des ihm mit Vereinbarung vom 16. 12. 1992 eingeräumten Rechts zum vorzeitigen Erwerb des Büro‑ und Geschäftsgebäudes (Superädifikat) mit Schreiben vom 7. 12. 2009 beendet worden sei, was seine Verpflichtung zur Mietzinszahlung zum Erlöschen gebracht habe. Damit wendet er sich gegen die Auslegung dieser Vereinbarung durch das Rekursgericht, das für die Beendigung des Mietverhältnisses den (sachenrechtlichen) Erwerb des Eigentums am Superädifikat für erforderlich erachtete. Die Auslegung einer Urkunde kann wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung aber nur bekämpft werden, wenn sie mit den Sprachregeln, den allgemeinen Erkenntnisgrundsätzen oder mit den gesetzlichen Auslegungsregelungen etwa der §§ 914, 915 ABGB in Widerspruch stünde (vgl RIS‑Justiz RS0043415). Das ist hier nicht der Fall.

4. Der Revisionsrekurswerber behauptet gar nicht, dass ein sachenrechtlich wirksamer Übertragungsakt stattgefunden hätte, mit dem die Klägerin ihr Eigentum am Superädifikat verloren hätte. Ginge man dennoch von der Richtigkeit der von ihm vertretenen Rechtsansicht aus, das Mietverhältnis sei bereits durch die im Schreiben vom 7. 12. 2009 enthaltene Erklärung beendet worden und die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses erloschen, wäre der Beklagte in die Lage versetzt, das Superädifikat unentgeltlich zu nützen, obwohl mangels Kaufpreiszahlung weder das obligatorische Schuldverhältnis erfüllt ist noch ein Eigentumsübergang stattgefunden hat. Die Klägerin wäre dann (sachenrechtlich) zwar nach wie vor Eigentümerin des Superädifikats, ohne dass ihr aber der Nutzen aus der sachenrechtlichen Zuordnung zu Gute käme. Abgesehen davon, dass der Beklagte hier jede Erklärung schuldig bleibt, aus welcher Rechtsgrundlage sich sein (unentgeltliches) Nutzungsrecht ableiten ließe, findet diese Ansicht schon im Wortlaut der Urkunde keine Deckung.

5. Nach der Vereinbarung vom 16. 12. 1992 wurde dem Beklagten „das Recht zum vorzeitigen Erwerb [des Superädifikats] eingeräumt, womit der Mietvertrag endet“. Schon rein grammatikalisch bezieht sich das Wort „womit“ in der Wortfolge „womit der Mietvertrag endet“ auf den Begriff „Erwerb“ und nicht etwa, wovon der Beklagte auszugehen scheint, auf eine Abgabe der Erklärung, dass er seine Rechte aus der Vereinbarung wahrnehme. Die Auslegung des Rekursgerichts, der Mietvertrag solle erst mit dem (sachenrechtlichen) Erwerb des Kaufobjekts enden, ist damit schon nach dem Wortlaut jedenfalls gut vertretbar und begründet keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0042776). Sie steht auch im Einklang mit den zur Vereinigung vertretenen Grundsätzen. Fallen die Gläubiger- und die Schuldnerstellung aus ein und demselben Schuldverhältnis in einer Person zusammen, so erlischt nämlich ‑ von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen ‑ die Forderung (§ 1445 ABGB). Daraus leitet die herrschende Rechtsprechung ab, dass ein Mietvertrag über ein Haus (RIS‑Justiz RS0034033) oder eine Eigentumswohnung (RIS‑Justiz RS0034033 [T1]; RS0034032) erlischt, wenn das (alleinige) Eigentumsrecht des Mieters auf der Liegenschaft einverleibt wird (6 Ob 176/09i; aM Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1445 Rz 2). Ohne anders lautende Vereinbarung ist also für die Beendigung des Bestandverhältnisses bei Vereinigung von Vermieter‑ und Mieterstellung auf den (sachenrechtlichen) Eigentumsübergang abzustellen. Anhaltspunkte für eine davon abweichende Willenseinigung der Parteien finden sich nicht und werden vom Beklagten auch nicht geltend gemacht. Keinesfalls kann vernünftigen Vertragspartnern aber unterstellt werden, den Mietvertrag und damit gleichzeitig die Pflicht des Mieters zur Mietzinszahlung unabhängig davon enden lassen zu wollen, ob der Kaufvertrag durch den Erwerber überhaupt erfüllt wird. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung würde daher zu keinem anderen Ergebnis führen.

6. Richtig ist, dass in der Entscheidung 1 Ob 126/97d, die der Beklagte für sich ins Treffen führt, festgehalten wird, dass auch das Recht, ein bestehendes Mietverhältnis durch einseitige Erklärung aufzulösen, Gegenstand einer Option sein kann. Daraus ist für den Beklagten jedoch nichts gewonnen, weil hier nicht eine Option zur Beendigung eines Bestandverhältnisses zu beurteilen ist, sondern eine allfällige Beendigung des Mietverhältnisses als Folge des Eigentumserwerbs am Superädifikat. Auch mit seinen Ausführungen zum Optionsrecht kann der Revisionsrekurswerber daher keine unvertretbare Rechtsansicht des Rekursgerichts aufzeigen.

7. In Ermangelung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ist das außerordentliche Rechtsmittel daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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