OGH 4Ob148/22a

OGH4Ob148/22a20.12.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, MMag. Matzka und Dr. Annerl sowie die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. W*, vertreten durch Fellner, Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. A* GesmbH, 2. Dr. G* 3. Dr. G*gesellschaft m.b.H., alle * und vertreten durch Fidi Unger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 1.500.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 13. Mai 2022, GZ 1 R 163/21d‑285, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00148.22A.1220.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger begehrt von den beklagten Steuerberatungsgesellschaften und deren Geschäftsführer Schadenersatz wegen einer steuerlichen Fehlberatung im Zusammenhang mit dem Ankauf eines Gebäudes zu Investitionszwecken.

[2] Die Vorinstanzen wiesen – im vierten Rechtsgang – die Klage ab, weil dem Kläger der Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem zweiten Gutachten der Beklagten und dem von ihm geltend gemachten Schaden nicht gelungen sei.

[3] Der Kläger macht mit außerordentlicher Revision im Wesentlichen Verfahrensfehler der zweiten Instanz geltend. Das Berufungsgericht habe nach Beweiswiederholung einen von den erstgerichtlichen Feststellungen abweichenden Sachverhalt festgestellt, ohne dass diese angefochten worden wären. Weiters habe es einen Sachantrag (Ersatz des geleisteten Honorars für das unrichtige zweite Gutachten) nicht erledigt und schließlich eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen.

Rechtliche Beurteilung

[4] Damit zeigt der Kläger jedoch keine erheblichen Rechtsfragen auf. Die Revision ist daher nicht zulässig und folglich zurückzuweisen:

[5] 1.1. Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, wonach er frühestens Mitte April 1996 erfahren habe, dass die geplante Assanierung aus Abschreibungssicht nicht so wie geplant funktionieren werde, zumal das Erstgericht unbekämpft festgestellt habe, dass der Kläger dies bereits im Jänner 1996 gewusst habe. Gehe man nämlich von dieser Feststellung (des Erstgerichts) aus, so wäre das Berufungsgericht zum Ergebnis gelangt, dass der Kläger das Projekt nicht wie geplant weiterlaufen hätte lassen, sondern angesichts des im Jänner 1996 noch nicht so weit fortgeschrittenen Bauvorhabens eine Projekteinstellung erfolgt wäre und die Liegenschaft unsaniert vermietet und/oder verkauft worden wäre.

[6] 1.2. Es trifft zu, dass nach ständiger Rechtsprechung die weder ausdrücklich noch mittelbar bekämpften erstgerichtlichen Feststellungen für das Berufungsgericht (und Revisionsgericht) bindend sind (RS0042163). Allerdings ist der Rechtsmittelwerber zur Dartuung der abstrakten Eignung des Verfahrensmangels gehalten, wenn die Erheblichkeit des Mangels nicht offenkundig ist (RS0116273 [T1]). Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist nur dann gegeben, wenn der Verstoß gegen ein Verfahrensgesetz abstrakt geeignet war, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern (RS0043049).

[7] 1.3. Hier ist die geforderte Relevanz des aufgezeigten Verfahrensmangels nicht gegeben, zumal auch festgestellt wurde, dass „nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger, wäre er ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Aufwendungen für den Dachgeschoßausbau nur dann als in 15 Jahren absetzbare Sanierungskosten berücksichtigt werden können, wenn keine Neuerrichtung erfolgt, sondern der geschaffene Wohnraum mit den schon bestehenden Objekten verbunden wird, und die Kosten für die Errichtung der Garagenabstellplätze seit der Gesetzesänderung überhaupt nicht mehr bevorzugt abgesetzt werden können, andere geschäftliche Entscheidungen in Bezug auf das Gesamtprojekt getroffen, insbesondere von (weiteren) Baumaßnahmen Abstand genommen und die Liegenschaft unsaniert vermietet und/oder verkauft hätte“. Angesichts dieser Feststellungen hat das Berufungsgericht vertretbar die Kausalität des Beratungsfehlers für den Schaden verneint.

[8] 2. Soweit der Revisionswerber bemängelt, dass das Berufungsgericht über das geltend gemachte Honorar für das unrichtige Gutachten nicht abgesprochen, sondern festgehalten habe, dass der Kläger darauf nicht mehr Bezug genommen habe, ist auszuführen, dass die Frage, ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, eine solche des Einzelfalls ist, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt (RS0042828). Hier hat sich der Kläger in seinem Berufungsvorbringen zur Schadenshöhe nur auf die Ausführungen der Entscheidungen in früheren Rechtsgängen bezogen, die aber ausschließlich Sanierungskosten und Vermietungsverluste betrafen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger sei in seiner Berufung auf die Anspruchsgrundlage der Honorarrückforderung nicht mehr zurückgekommen, ist daher vertretbar.

[9] 3.1. In seiner Rechtsrüge zur Frage der Kausalität wiederholt der Revisionswerber sinngemäß die bereits zur Verfahrensrüge dargestellte Argumentation, wonach das Berufungsgericht bei richtiger Zugrundelegung der erstgerichtlichen Feststellung zum Kenntnisstand im Jänner 1996 zum Ergebnis hätte gelangen müssen, dass der Kläger das Projekt nicht wie geplant weiterlaufen hätte lassen und die Liegenschaft unsaniert vermietet und/oder verkauft worden wäre.

[10] 3.2. Diesbezüglich entfernt sich der Revisionswerber aber von der oben wiedergegebenen Feststellung, die der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist und nach der ein Zusammenhang zwischen dem Hinweis auf die tatsächliche Absetzbarkeit und der Sanierungs‑ und Vermietungs‑/Verkaufsentscheidung nicht festgestellt werden konnte.

[11] 4. Der Revisionswerber bemängelt schließlich das Fehlen von Feststellungen zur Richtigkeit des ersten Gutachtens der Beklagten, das die große Bauherreneigenschaft des Klägers bejaht habe. Dazu ist auszuführen, dass durch eine Änderung in der Steuergesetzgebung die zuerst geplante Sanierung im Wege der Stadtassanierung steuerlich unattraktiv wurde, weswegen im zweiten Gutachten eine Sanierung nach dem MRG vorgeschlagen wurde. Da insofern aber das im ersten Gutachten vorgeschlagene Steuermodell gar nicht durchgeführt werden konnte, konnte es als solches auch nicht Grund für die spätere Investitionsentscheidung des Klägers sein. Das Berufungsgericht hat daher vertretbar einen Schaden sowie auch den Kausalzusammenhang zwischen dem ersten Gutachten und den geltend gemachten Sanierungskosten verneint.

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