European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00174.22T.1117.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Dem Erstgericht wurde am 4. 5. 2022 von der Stadt Wien als Trägerin der Kinder- und Jugendhilfe eine Gefährdungsmeldung eines Beratungszentrums über einen Vorfall beim Kontakt in dessen Besuchscafé am 29. 4. 2022 mit dem Bemerken übermittelt, aufgrund aktueller Gefährdung des Kindeswohls durch den Vater betreffend beider Kinder müsse jegliche Form der Besuchskontakte eingestellt werden. Das Erstgericht nahm fernmündlich Kontakt mit der Besuchsbegleiterin auf, die ihre schriftlichen Angaben in der Gefährdungsmeldung im Wesentlichen wiederholte und zum Teil ergänzte. Hierauf setzte das Erstgericht – von der Richtigkeit der Schilderung des Vorfalls durch die Besuchsbegleiterin ausgehend und darin eine Gefährdung des Kindeswohls erkennend – mit Beschluss vom 5. 5. 2022 jegliche Kontakte des Vaters nach § 107 Abs 2 AußStrG zu seinen beiden Kindern vorläufig aus.
[2] Im Verfahren über die Obsorge und die persönlichen Kontakte ist die Anordnung einer vorläufigen Maßnahme ohne vorangehende Anhörung des Antragsgegners insbesondere dann zulässig, wenn – wie hier – zum Schutz eines Minderjährigen aufgrund besonderer Umstände eine vorläufige Entscheidung unverzüglich zu treffen ist (10 Ob 61/14i; iglS 3 Ob 263/09m ua). Hier hätte nach der zur Zeit der Beschlussfassung des Erstgerichts geltenden Regelung bereits am 7. 5. 2022 der nächste Kontakt des Vaters stattgefunden (Pkt 3 des Beschlusses ON 1084). Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Gewährung rechtlichen Gehörs an diesen lagen damit schon aufgrund des zeitlichen Drucks vor. Die Annahme im außerordentlichen Revisionsrekurs, der nächste Kontakt wäre erst für den 21. 5. 2022 vorgesehen gewesen, ist irrig. Auf die Frage, ob dem Vater bei Richtigkeit dieser Annahme aufgrund der damit zur Verfügung stehenden Zeit von rund 14 Tagen vor Fassung der Entscheidung über die Aussetzung seiner Kontakte zum Vorfall im Besuchscafé rechtliches Gehör zu gewähren gewesen wäre, ist mangels Entscheidungsrelevanz nicht einzugehen.
[3] Der Vater führt ins Treffen, dass „ein einziger Kontakt zum Anlass für eine monatelange Kontaktaussetzung genommen [wurde]“. Dem ist zu entgegnen, dass bereits das Erstgericht – bei Betrachtung des gesamten Inhalts des 18 Bände umfassenden Akts und insbesondere der Anregungen in ON 1058 und ON 1063 AS 284 f nachvollziehbar – zwei Tage vor dem Vorfall im Besuchscafé ein Gutachten zur Frage beauftragte, ob beim Vater psychiatrische Erkrankungen oder Störungsbilder bestehen, die sich auf seine Fähigkeit auswirken, seine Kinder deren Interessen entsprechend zu betreuen oder zu erziehen.
[4] Die Darstellung im außerordentlichen Revisionsrekurs, warum es sich bei der erstgerichtlichen Entscheidung um keine iSd § 107 Abs 2 AußStrG handeln soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Qualifikation nach der genannten Vorschrift geht sowohl aus den Worten „vorläufig ausgesetzt“ als auch aus dem Hinweis, dass der Beschluss gemäß § 107 Abs 2 AußStrG sofort wirksam sei, eindeutig hervor.
[5] Der außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels einer Rechtsfrage von der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität nicht zulässig.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)