OGH 7Ob4/22x

OGH7Ob4/22x28.4.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*, vertreten durch Dr. Andreas Ermacora, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. K* und 2. M*, beide vertreten durch Mag. Martin Dimai, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Erlassung eines Übergabsauftrags, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. November 2021, GZ 4 R 136/21k‑17, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00004.22X.0428.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Der Bestandvertrag kommt als Konsensualvertrag durch die Willenseinigung über den Bestandgegenstand und den Bestandzins zustande (RS0020394). Eine Offerte dafür liegt im Rechtssinn nur dann vor, wenn sie inhaltlich ausreichend bestimmt ist und in ihr ein endgültiger Bindungswille des Antragstellers zum Ausdruck kommt (RS0013965). In Rechtsprechung und Lehre ist anerkannt, dass eine Partei auch einseitig bestimmen kann, dass sie die Wirksamkeit einer selbst abgegebenen Erklärung unter die Bedingung der Einhaltung einer bestimmten Form stellt (4 Ob 143/18k mwN; RS0017194). Durch eine solche Beifügung gibt der Erklärende zu erkennen, dass es ihm in Bezug auf seine Erklärung vor Einhaltung der Form am endgültigen Bindungswillen fehlt (4 Ob 143/18k; vgl RS0078937).

[2] 2. Wie eine Erklärung im Einzelfall aufzufassen ist, ob eine Offerte inhaltlich ausreichend bestimmt ist und insbesondere, ob in ihr ein endgültiger Bindungswille des Antragstellers zum Ausdruck kommt, ist jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und stellt im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage dar (RS0042555). Die einzelfallbezogene Beurteilung rechtsgeschäftlicher Erklärungen rechtfertigt eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs nur dann, wenn aus Gründen der Rechtssicherheit die Korrektur einer unhaltbaren, durch die Missachtung fundamentaler Auslegungsregeln zustande gekommenen Entscheidung geboten ist (RS0042776 [insb T3, T6, T11, T22]).

[3] 3. Im vorliegenden Fall übermittelte der Ehegatte der Klägerin der Erstbeklagten per E‑Mail den Entwurf eines Mietvertrags (zur Verlängerung des Mietverhältnisses) mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass dieser noch von sämtlichen Vertragsparteien, also auch der Klägerin und der Zweitbeklagten, unterfertigt werden müsste. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Klägerin vor allseitiger Unterfertigung des Vertrags nicht gebunden sein wollte, ist angesichts dieser Wortwahl nicht korrekturbedürftig.

[4] 4. Damit muss auf die weiteren in der Revision vorgetragenen Argumente nicht eingegangen werden und bedarf dieser Beschluss keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

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