OGH 6Ob45/22v

OGH6Ob45/22v6.4.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu FN * eingetragenen M* Privatstiftung *, wegen Genehmigung eines Rechtsgeschäfts gemäß § 17 Abs 5 PSG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Stiftung, vertreten durch Eiselsberg Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 1. Februar 2022, GZ 6 R 195/21x‑12, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00045.22V.0406.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

 

Begründung:

[1] Gegenstand des Verfahrens ist die Genehmigung des „im freien Ermessen“ (und mit gesondertem Beschluss) des Stiftungsvorstands festzulegenden Verkaufs von bis zu 120 Aquarellen und Zeichnungen und bis zu 35 Ölgemälden, die sich im Besitz der von der Künstlerin M* von Todes wegen errichteten Privatstiftung befinden, durch drei näher bezeichnete Galerien (in New York, Zürich und Wien) gegen ein Entgelt (Provision), das höchstens 40 % des Verkaufspreises beträgt. Jede der drei Galerien wird von jeweils einem [anderen] Vorstandsmitglied der Stiftung beherrscht.

[2] Die Vorinstanzen wiesen diesen Antrag ab.

[3] Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[4] In dem gegen dessen Entscheidung erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Stiftung keine erhebliche Rechtsfrage auf:

[5] 1. Gemäß § 17 Abs 5 PSG bedürfen im Fall, dass die Privatstiftung keinen Aufsichtsrat hat, Rechtsgeschäfte der Privatstiftung mit einem Mitglied des Stiftungsvorstands der Genehmigung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstands und des Gerichts. Diese Bestimmung ist analog auf jene Fälle anzuwenden, in denen der Geschäftsabschluss – wie hier – zumindest wirtschaftlich einem solchen mit dem Mitglied des Stiftungsvorstands gleichkommt (6 Ob 151/20d [ErwGr 1.1.]). Anlässlich der beantragten Genehmigung nach § 17 Abs 5 PSG ist nach dem Zweck der Regelung unter anderem zu prüfen, ob durch das Rechtsgeschäft die Verfolgung des Stiftungszwecks und des Stifterwillens in Zukunft mit ausreichender Sicherheit gewährleistet ist (vgl RS0121199). Nur eine im Interesse der Privatstiftung liegende und deren Wohl entsprechende Vereinbarung darf genehmigt werden (6 Ob 155/06x [ErwGr 4.]).

[6] 2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist zunächst der zentralen Argumentation im Revisionsrekurs nicht zu folgen, wonach sich das Gericht bei der Prüfung des Antrags nach § 17 Abs 5 PSG allein auf die Vertragskonditionen der Galerieverträge, namentlich die Frage der Angemessenheit der darin enthaltenen Provisionsvereinbarung, hätte beschränken müssen. Vielmehr sind schon aus Anlass der Beauftragung der Galerien mit dem Verkauf weiterer Werke der Stifterin die angestrebten Verkäufe in ihrer Gesamtauswirkung und vor dem Hintergrund des Stiftungszwecks zu beurteilen. Schon nach dem Wortlaut des Antrags ist im Übrigen der (wenn auch in Zukunft vom Vorstand zu beschließende) Verkauf von Ölgemälden, Zeichnungen und Aquarellen (zu bestimmten Bedingungen des Galerievertrags) zu genehmigen. Die Galerieverträge können als „Vorbereitungsgeschäft“ nicht – wie dies der Revisionsrekurs meint – isoliert und völlig losgelöst von den Verkäufen betrachtet werden, sind sie doch letztlich nur Mittel zum Zweck des Verkaufs von Werken der Künstlerin und Stifterin. Ist aber in Ansehung dieser zukünftigen Verkäufe die Verfolgung des Stiftungszwecks und des Stifterwillens nicht mit ausreichender Sicherheit gewährleistet, können auch die Galerieverträge selbst nicht genehmigt werden.

[7] 3. Die Vorinstanzen verweigerten die Genehmigung, weil mit dem (letztlich) beabsichtigten Ziel des Geschäfts, nämlich dem Verkauf von Werken im ostasiatischen Raum, der von der Stifterin in den Vordergrund gestellte, gemeinnützige kulturelle Zweck der Stiftung, ihr Lebenswerk für die Allgemeinheit zu erhalten und es öffentlich zu präsentieren, nicht hinreichend gewährleistet sei.

[8] 3.1. Die Frage der Genehmigung hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab und bildet damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (6 Ob 151/20d [ErwGr 2.2.]).

[9] 3.2. Eine Fehlbeurteilung, die der Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, wirft der Revisionsrekurs nicht auf, wenn er dabei stehen bleibt, dass der Verkauf von Kunstwerken ausdrücklich erlaubtes Mittel zur Erreichung des Stiftungszwecks sei, und argumentiert, ein Sichtbarwerden des Werks der Stifterin auf allen relevanten Märkten sei für die langfristige Verfolgung des Stiftungszwecks notwendig; die Auswahl von Käufern sei Geschäftsführungsentscheidung des Stiftungsvorstands, die allein in dessen Ermessen und Verantwortung liege.

[10] Dabei wird nämlich der Stiftungszweck übergangen. Die Stiftung mag nach der Stiftungserklärung zwar zu An‑ und Verkäufen berechtigt sein, dies allerdings ausdrücklich (nur) „zur Erfüllung des Stiftungszwecks“. Der gemeinnützig kulturelle Zweck der Stiftung liegt aber darin, das Lebenswerk der Künstlerin und Stifterin für die Allgemeinheit zu erhalten und es öffentlich zu präsentieren. Das Erstgericht legte seiner Entscheidung auf der Sachverhaltsebene zugrunde, dass die Werke bei (den geplanten) Verkäufen an Privatsammler im ostasiatischen Raum in Zukunft nicht mehr für eine öffentliche Präsentation zur Verfügung stehen werden (was im Widerspruch zum Stiftungszweck stehe). Die Stiftung nahm noch im Rekurs selbst darauf Bezug, dass im wachsenden asiatischen Markt die Strukturen öffentlicher Museen nicht so ausgeprägt sind und primär private Sammlungen den Markt prägen. Wenn sie die Sachverhaltsgrundlage des mit den Verkäufen an Private im ostasiatischen Raum einhergehenden Entzugs dieser Werke aus der Öffentlichkeit (der öffentlichen Präsentation) im Rekurs weder als Ergebnis eines – wegen der Unterlassung der Beiziehung eines Fachmanns – mangelhaften Verfahrens (RS0030748 [T3, T8]; RS0043111 [T18, T26]) noch als unrichtige Tatsachenfeststellung bemängelte, kann sie diese Unterlassung im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof, der auch im Verfahren Außerstreitsachen nicht Tatsacheninstanz ist (6 Ob 86/19v; RS0042179 [T2]), nicht nachholen.

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