European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:008OBA00017.21I.1217.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 3.480,36 EUR (darin enthalten 341,56 EUR USt und 1.431 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin war vom 28. 7. 1975 bis 31. 8. 2019 als Vertragsbedienstete bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis waren die Bestimmungen des Dienst- und Besoldungsrechts der Bediensteten des Landes Steiermark (Stmk L‑DBR) anzuwenden.
[2] Die Klägerin war vom 28. 7. 1975 bis 30. 11. 1993 (6.701 Tage) und vom 1. 7. 2005 bis 31. 8. 2019 (5.175 Tage) in Vollzeit beschäftigt. Vom 1. 12. 1993 bis 31. 3. 2004 (3.774 Tage) war sie mit 50 % und vom 1. 4. 2004 bis 30. 6. 2005 (456 Tage), mit 75 % der Vollarbeitszeit teilbeschäftigt.
[3] Das Dienstverhältnis der Klägerin wurde gemäß § 130 Abs 2 Z 9 Stmk L‑DBR nach Erreichen des 65. Lebensjahres aufgelöst. In Anwendung des § 298 Abs 10 Stmk L‑DBR wurde ihr auf Grundlage einer 25 Jahre übersteigenden Dienstzeit und eines über deren Gesamtdauer ermittelten durchschnittlichen Beschäftigungsausmaßes von 87,58 % eine Abfertigung in Höhe des Zwölffachen von 87,58 % des ihr für den letzten Monat gebührenden vollen Monatsentgelts bezahlt.
[4] Die Klägerin begehrt die Zahlung der Differenz zu einer auf Basis von 100 % des Letztentgelts berechneten Abfertigung. Sie habe insgesamt mehr als 25 Jahre ihrer gesamten Dienstzeit mit vollem Beschäftigungsausmaß gearbeitet und daher für diese Zeit einen Anspruch auf ungekürzte Abfertigung erworben. Eine Teilbeschäftigung während der darüber hinausgehenden, nicht abfertigungswirksamen Dienstzeit könne nicht zur Kürzung der Abfertigung führen. Die angewandte Berechnungsmethode sei gleichheitswidrig und diskriminiere vorübergehend Teilbeschäftigte, bei denen es sich notorisch überwiegend um Frauen handle.
[5] Die Beklagte wandte ein, die Berechnung der Abfertigung nach dem durchschnittlichen Ausmaß der Beschäftigung über den gesamten Zeitraum sei nicht nur nicht diskriminierend, sondern stelle sicher, dass es bei der Abfertigungsberechnung nicht zu unbilligen Ergebnissen aufgrund der zufälligen zeitlichen Lage von Teilzeitperioden komme. Die 25 Jahre übersteigende Dienstzeit sei für die Abfertigung nicht irrelevant, sondern führe aufgrund der schematischen Gehaltsvorrückungen zu einer höheren Bemessungsgrundlage, die den prozentuellen Verlust aufgrund der Teilarbeitsperioden mehr als ausgleiche.
[6] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die angewandte Berechnung des Abfertigungsbetrags entspreche dem Gesetz. Bei einer Teilbeschäftigung gründe sich eine Aliquotierung von Bezügen pro rata temporis auf objektive Kriterien. Diese Berechnung sei auch aus Sicht des Unionsrechts zulässig und nicht diskriminierend.
[7] Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Klägerin Folge und sprach ihr in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Klagsbetrag zu.
[8] Der Anspruch auf Abfertigung falle unter den Begriff der Beschäftigungsbedingungen gemäß der Richtlinie 97/81/EG (idF der Richtlinie 98/23/EG ) über Teilzeit. Diese Richtlinie verbiete eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten hinsichtlich ihrer Beschäftigungsbedingungen gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigungen, soweit die unterschiedliche Behandlung nicht sachlich gerechtfertigt sei. Dies sei zu verneinen, wenn auch Zeiten der Teilauslastung außerhalb des anspruchsbegründenden Zeitraums bei der Bemessung der Höhe der Ansprüche zwingend einzubeziehen wären. Insbesondere Frauen, die wegen Kindererziehung vorübergehend teilzeitbeschäftigt gewesen seien, aber insgesamt mehr als die für den Erwerb des Abfertigungsanspruchs erforderliche Zeit in Vollauslastung gearbeitet haben, könnten nie eine Abfertigung auf Basis des zuletzt bezogenen Gehalts erreichen. Dies stehe auch im Widerspruch zum von der Rechtsprechung betonten Versorgungscharakter der Abfertigung. Die Aliquotierungsregel des § 298 Stmk L‑DBR sei unionsrechtskonform dahin zu interpretieren, dass die Arbeitszeiten, die über den anspruchsbegründenden Zeitraum hinaus gehen, unberücksichtigt zu bleiben hätten.
[9] Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob der pro-rata-temporis-Grundsatz dennoch auch in solchen Fällen zur Anwendung gelangen müsse.
[10] Die Revision desBeklagten strebt die Wiederherstellung der klagsabweisenden erstgerichtlichen Entscheidung an. Die Klägerin begehrt in ihrer Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel zurückzuweisen, hilfsweise ihm keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[11] Die auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision ist aus den im Ausspruch des Berufungsgerichts dargelegten Gründen zulässig und auch berechtigt.
[12] 1. Rechtsgrundlage des strittigen Anspruchs ist die für Vertragsbedienstete, deren Dienstverhältnis vor dem 1. 1. 2003 begonnen hat, geltende Übergangsbestimmung des § 298 Stmk L‑DBR. Danach gebührt unter näher aufgezähltenBedingungen, darunter (Abs 6) bei Kündigung durch eine Vertragsbedienstete nach mindestens zehnjähriger Dienstzeit und nach Vollendung des 60. Lebensjahres, eine Abfertigung. Diese beträgt nach § 298 Abs 10 Stmk L‑DBR „nach einer Dauer des Dienstverhältnisses von (...) 25 Jahren das Zwölffache des dem/der Vertragsbediensteten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgeltes. Fallen in die Gesamtdienstzeit Zeiten, in denen das Beschäftigungsausmaß herabgesetzt war, ist für die Berechnung der Abfertigung jenes Monatsentgelt heranzuziehen, das sich aus dem aufgrund der in Voll- und Teilbeschäftigung zurückgelegten Dienstzeit ergebenden durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß auf der Grundlage des einem/einer vollbeschäftigten Vertragsbediensteten im letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgelts und des Kinderzuschusses errechnet. (...).“
[13] 2. Die Revisionswerberin argumentiert, die Durchrechnung des Beschäftigungsausmaßes gemäß § 298 Abs 10 Stmk L‑DBR wirke nicht diskriminierend, sondern solle entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gewährleisten, dass Dienstnehmer, die in den Jahren bzw Monaten vor der Beendigung abweichend vom durchschnittlichen Ausmaß beschäftigt waren, weder benachteiligt noch bevorzugt würden.
[14] Es sei eine individuelle Entgeltbemessungsgrundlage entsprechend der durchschnittlichen Beschäftigung über die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses zu bilden. Nur wenn sich das Beschäftigungsausmaß nie verändert habe, entspreche der letzte Monat dem durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß und sei dann der Letztbezug für Vollbeschäftigte Grundlage der Abfertigungsbemessung. Die Abfertigung betrage aber in jedem Fall das der Beschäftigungsdauer entsprechende Vielfache der Bemessungsgrundlage.
[15] Die gemäß § 298 Abs 10 Stmk L‑DBR ermittelte Abfertigung stehe in Relation zum jeweiligen Beschäftigungsausmaß und Einkommen und sei in dieser Hinsicht mit der im BMSVG geregelten „Abfertigung neu“ vergleichbar, deren Beiträge ebenfalls vom jeweiligen Arbeitsentgelt abzuführen seien. Es gebe bei dieser Betrachtung keine Zeiten innerhalb oder außerhalb des konkret anspruchsbegründenden Zeitraums. Das durchschnittliche Beschäftigungsausmaß stelle ein objektives Kriterium für eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung dar und wirke nicht diskriminierend.
[16] Eine Zusammenrechnung von unterbrochenen Zeiten der Vollzeitarbeit über dazwischen gelegene Teilbeschäftigungsperioden hinweg sei im Vertragsbedienstetenrecht nicht vorgesehen. In ihren ersten 25 Dienstjahren habe die Klägerin aber nur ein durchschnittliches Beschäftigungsausmaß von rund 86 % der Vollzeit erreicht, in den letzten 25 Jahren vor der Pensionierung durchschnittlich rund 79 %. Die nach dem Durchschnitt der gesamten Lebensdienstzeit ermittelte Bemessungsgrundlage von 87,58 % sei für sie günstiger.
[17] Ein Anspruch auf Abfertigung alt existiere während des Dienstverhältnisses nur schwebend und entstehe erst durch seine anspruchswahrende Beendigung. Eine besonders lange Dauer der Beschäftigung finde in der Höhe der erreichten Entlohnungsstufe Berücksichtigung. Von einer Kürzung des Abfertigungsanspruchs der Klägerin könne keine Rede sein, sondern sie habe nie einen höheren Anspruch erworben.
3. Der Senat hat dazu erwogen:
[18] 3.1 Ein Anspruch auf Abfertigung fällt unstrittig unter den Begriff des „Entgelts“ im Sinne des Art 157 Abs 2 AEUV, der neben den üblichen Grund- oder Mindestlöhnen und ‑gehältern auch alle sonstigen Vergütungen umfasst, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund von dessen Beschäftigung mittelbar oder unmittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt. Nach der Rechtsprechung des EuGH umfasst dieser Begriff alle gegenwärtigen oder künftigen Vergütungen, sofern der Arbeitgeber sie dem Arbeitnehmer, sei es auch mittelbar, aufgrund von dessen Beschäftigung gewährt (vgl EuGH Rs C‑476/12 ÖGB; ECLI:EU:C:2014:2332; Rs C‑216/12 und C‑217/12 Hliddal und Bornand, ECLI:EU:C:2013:560 Rn 41 ua).
[19] Nach § 4 Z 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG („Grundsatz der Nichtdiskriminierung“) dürfen Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.
[20] Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Abfertigung für Teilbeschäftigte nach § 298 Abs 10 Stmk L‑DBR ändert sich die Höhe des zu multiplizierenden Letztbezugs mit dem Ausmaß der Durchschnittsarbeitszeit des Dienstnehmers während des gesamten Dienstverhältnisses.
[21] Der EuGH hat wiederholt ausgesprochen, dass das Unionsrecht im Fall der Teilbeschäftigung einer Berechnung von Entgeltbestandteilen nach dem Pro-rata-temporis-Grundsatz nicht entgegensteht, wenn die Berücksichtigung einer im Verhältnis zum vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer reduzierten Arbeitszeit ein objektives Kriterium darstellt, das eine proportionale Kürzung der Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer erlaubt (vgl Rs C‑4/02 , C‑5/02 Schönheit und Becker, ECLI:EU:C:2003:583 Rn 90, 91 [Ruhegehalt]; Rs C‑486/08 Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols[Jahresurlaub] Rn 33; Rs C‑476/12 ÖGB, Rn 24 ECLI:EU:C:2014:2332 [Kinderzulage]).
[22] 3.2. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Berechnung ihrer Abfertigung eine Aliquotierung unbillig sei, weil sie bereits durch ihre insgesamt mehr als 25‑jährige Vollzeitbeschäftigung einen Anspruch auf volle Abfertigung erworben habe und diesen teilweise wieder verlieren würde.
[23] 3.3. Bereits in der Entscheidung 9 ObA 6/05f hatte der Oberste Gerichtshof einen (dort nach § 56 Abs 9 OÖ LVBG gebührenden) Abfertigungsanspruch einer zuletzt ständig teilbeschäftigten Vertragsbediensteten zu beurteilen, die aber – wie die Klägerin – insgesamt mehr als 25 Jahre in Vollzeit gearbeitet hatte, und unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Literatur an seiner Rechtsprechung (vgl RS0028504) festgehalten, dass zur Abfertigungsberechnung grundsätzlich und auch im Fall der nicht nur vorübergehenden Teilzeitbeschäftigung auf das zuletzt bezogene Entgelt abzustellen ist. Daraus ergibt sich keine aufzugreifende mittelbare Diskriminierung, weil nur jene Gruppe der Teilzeitbeschäftigten nachteilig betroffen wird, deren Arbeitszeit unmittelbar vor der Beendigung des Dienstverhältnisses herabgesetzt wurde, während die Regelung für jene günstiger ist, die nach einer Teilzeitperiode, etwa wegen Kindererziehung, zuletzt wieder in die Vollarbeitszeit gewechselt sind.
[24] Die Rechtsgrundlage des zu 9 ObA 6/05f beurteilten Anspruchs sah im Unterschied zu § 298 Stmk L‑DBR keine Aliquotierung über die Gesamtdienstzeit vor. Für den hier vorliegenden Fall relevant ist aber, dass der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung der Ansicht, die einmal erreichte 25‑jährige Vollarbeitszeit begründe jedenfalls einen unbedingten Rechtsanspruch auf das höchstmögliche Abfertigungsausmaß, auch wenn in der Gesamtdienstzeit Teilbeschäftigungsperioden gelegen sind, nicht nähergetreten ist.
[25] 3.4 Der Gesetzgeber hat (nur) in bestimmten Fällen vorgesehen, dass trotz Herabsenkung des Umfanges der Arbeitsleistung die frühere Vollarbeitsverpflichtung bei der Abfertigungsberechnung zu berücksichtigen oder ein Durchschnitt zu bilden ist (so etwa § 23 Abs 8 AngG, §§ 11 Abs 4, 13 Abs 2, 14 Abs 3, 14a Abs 7 AVRAG, § 13d Abs 3 BUAG). In diesen Fällen wird vom Grundsatz abgegangen, dass das tatsächlich gebührende Letztgehalt maßgeblich ist (vgl K. Mayr in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 23 AngG Rz 31 f).
[26] Eine mit der Anordnung des § 298 Abs 10 Stmk. L‑DBR vergleichbare Durchrechnung sieht auch § 22 Abs 1 VBG 1948 für die Jubiläumszuwendung teilbeschäftigter Vertragsbediensteter vor. Diese ist nach jenem Teil des seiner Einstufung entsprechenden Monatsentgeltes zu bemessen, der seinem durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß in seinem bisherigen Dienstverhältnis entspricht.
[27] Der Gesetzgeber ist bei diesen Regelungen offenkundig davon ausgegangen, dass mit der Anordnung einer Durchrechnung ein für die Dienstnehmer zwar nicht in jedem Einzelfall günstigeres, aber insgesamt sachgerechteres Ergebnis erzielt wird. Eine Durchrechnungsbestimmung verhindert, dass sich eine Teilzeitperiode je nach ihrer zeitlichen Lagerung innerhalb des Dienstverhältnisses überproportional mindernd oder erhöhend auf einen Anspruch auswirken kann.
[28] 3.5 Das vom Berufungsgericht ins Treffen geführte Argument der Kürzung einer bereits erworbenen Anwartschaft vermag nicht zu überzeugen.
[29] Die Höhe der Abfertigung nach § 298 Stmk L‑DBR ergibt sich aus den beiden Komponenten der Anzahl der Monatsgehälter, die dienstzeitabhängig ist, und der Bemessungsgrundlage.
[30] Das Argument, mit einer mehr als 25‑jährigen Dienstzeit sei eine nicht mehr kürzbare Anwartschaft im Höchstausmaß erworben worden, trifft nur auf den Multiplikator zu.
[31] Die Höhe der individuellen Bemessungsgrundlage steht hingegen nicht eher als bei tatsächlicher abfertigungswirksamer Beendigung des Dienstverhältnisses fest. Sie ist nach § 298 Abs 10 Stmk L‑DBR nicht generell, sondern nur dann mit dem vollen letzten Monatsbezug ident, wenn eine durchgehende Vollzeitbeschäftigung vorgelegen hat. Es kommt für diese Komponente des Anspruchs gerade nicht auf das Erreichen der für den Mulitplikator maßgeblichen Anzahl von Dienstjahren an, sondern auf die Summe der im gesamten Dienstverhältnis geleisteten Arbeit. Die Klägerin konnte nach 25 Jahren noch keinen der Höhe nach „ungekürzten“ Abfertigungsanspruch nach § 298 Abs 10 Stmk L‑DBR erworben haben, weil die Bemessungsgrundlage zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest stand.
[32] Eine Dienstzeit „außerhalb des Abfertigungszeitraums“ existiert nach § 298 Abs 10 Stmk L‑DBR nur im Zusammenhang mit dem Multiplikator, der sich nach dem 25. Dienstjahr nicht mehr erhöht, aber nicht in Bezug auf die Bemessungsgrundlage.
[33] Bei der Ermittlung der Höhe der Bemessungsgrundlage werden teilbeschäftigte Bedienstete durch die Berücksichtigung des Arbeitszeitausmaßes pro rata temporis gegenüber durchgehend Vollbeschäftigten nicht unsachlich benachteiligt. Eine jahrelang teilbeschäftigte Vertragsbedienstete wie die Klägerin hat im Rahmen des arbeitsvertraglichen Synallagmas über die Gesamtdienstzeit weniger in die Waagschale zu werfen als die durchgehend vollzeitbeschäftigten Vertragsbediensteten. Hätte sie, wie es ihrem und dem Standpunkt des Berufungsgerichts entspricht, dessen ungeachtet einen nicht aliquotierten Abfertigungsanspruch, wäre sie den dauernd vollbeschäftigten Vertragsbediensten nicht gleichgestellt, sondern bevorzugt. Durch die argumentative Vermengung der unterschiedlichen Voraussetzungen für Multiplikator und Bemessungsgrundlage wird dieses Ungleichgewicht nur verschleiert.
[34] 3.6 Diesem Ergebnis steht auch die vom Berufungsgericht herangezogene Versorgungsfunktion der Abfertigung, die ja nur eine der Funktionen der Abfertigung darstellt, nicht entgegen. Der Zweck, dem Arbeitnehmer für den durch die Abfertigung abgedeckten Zeitraum den zuletzt bezogenen Durchschnittsverdienst zu sichern und damit eine gewisse Kontinuität des zuletzt bezogenen Verdienstes für diesen fiktiven Zeitraum zu gewährleisten (RS0028911; 9 ObA 97/87), wird auch bei einer Verminderung der Bemessungsgrundlage um 12,4 % gegenüber dem höchstmöglichen Betrag Rechnung getragen, umso mehr wenn – wie hier – die Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund des Übertritts in eine gesetzliche Alterspension erfolgt.
[35] 3.7. Im Vordergrund steht hier – und wird nicht zuletzt auch von der Klägerin betont – die Entgeltfunktion der Abfertigung. Mit der Anwartschaft auf die Abfertigung alt (und deren Verlust bei Auflösung des Dienstverhältnisses aus dem Willen bzw Verschulden des Dienstnehmers) wurde eine langjährige zufriedenstellende Betriebstreue gefördert. Die Abfertigung alt belohnt am Ende des Dienstverhältnisses nicht nur das Erreichen der anspruchsbegründenden Mindestdienstzeit von bis zu 25 Jahren, sondern die gesamte im Betrieb erbrachte Arbeitsleistung (vgl im Übrigen Tomandl, Gedanken zur Berechnung der Abfertigung, ZAS 1995, 43) und stellt auch auf die Art der Beendigung ab. Sie gebührt nicht als Gegenleistung für eine Mindestdienstzeit von 25 Jahren, sondern bemisst sich nur hinsichtlich der Anzahl der Monatsentgelte abhängig von der Dienstzeit, ist aber auf das gesamte Dienstverhältnis und das Entgelt bezogen.
[36] 3.8 Der Umstand, dass außerhalb des Vertragsbedienstetenrechts Regelungen bestehen, die für den Standpunkt der Klägerin allenfalls günstiger wären (vgl § 14 Abs 3 Satz 2 AVRAG), steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Es gilt vielmehr der Grundsatz, dass im öffentlichen Dienst zumindest in bestimmten Bereichen ein engerer Entgeltbegriff als im allgemeinen Arbeitsrecht zur Anwendung kommt (8 ObA 45/19d; Ziehensack, VBG § 35 Rz 18 mwN). Einem solchen abweichenden Entgeltbegriff entspricht es auch, wenn nach § 298 Abs 10 Stmk L‑DBR für die Abfertigungsberechnung aus objektiven Gründen nicht (generell) das Letztgehalt, sondern das auf Basis des Gesamtbeschäftigungsausmaßes aliquotierte Letztgehalt die Bemessungsgrundlage bildet.
[37] 4. Der Revision der beklagten Partei war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wieder herzustellen.
[38] Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 2 ASGG, §§ 41 und 50 ZPO.
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