OGH 8ObA45/19d

OGH8ObA45/19d29.8.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Johanna Biereder (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Werner Krachler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Stolz Rechtsanwalts-GmbH in Radstadt, gegen die beklagte Partei Land Steiermark, 8010 Graz, Hofgasse 15, vertreten durch Mag. Bernd Wurnig, Rechtsanwalt in Graz, wegen 6.115,32 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Mai 2019, GZ 7 Ra 9/19a‑14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:008OBA00045.19D.0829.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin war vom 4. 8. 1980 bis 30. 4. 2018 als Vertragsbedienstete mit einem Beschäftigungsausmaß von 86,02 % beim beklagten Land beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis kam das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark (Stmk L‑DBR) zur Anwendung. Die Klägerin wurde nach dem Schema SII/4 entlohnt.

Rechtliche Beurteilung

1. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RIS‑Justiz RS0042656; RS0107348), so wenn die relevierte Rechtsfrage sich unmittelbar aufgrund des Gesetzes und seiner Materialien zweifelsfrei lösen lässt (RS0042656 [T54]). Dies ist hier – im Sinne der bereits von den Vorinstanzen vorgenommenen Auslegung – der Fall:

2.1 Nach der Übergangsbestimmung des § 298 Abs 10 Stmk L‑DBR beträgt die Abfertigung nach einer Dauer des Dienstverhältnisses von 25 Jahren das Zwölffache des dem/der Vertragsbediensteten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgelts und des Kinderzuschusses. Fallen in die Gesamtdienstzeit Zeiten, in denen das Beschäftigungsausmaß herabgesetzt war, ist für die Berechnung der Abfertigung jenes Monatsentgelt heranzuziehen, das sich aus dem, aufgrund der in Voll- und Teilbeschäftigung zurückgelegten Dienstzeit ergebenden durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß auf der Grundlage des einem/einer vollbeschäftigten Vertragsbediensteten im letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgelts und des Kinderzuschusses errechnet.

§ 213 Abs 1 Stmk L-DBR legt das jeweilige „Monatsentgelt des/der vollbeschäftigten Vertrags-bediensteten des Entlohnungsschemas SII/Gesundheitsberufe“ in den Entlohnungsgruppen SII/1 bis SII/5 und in den Entlohnungsstufen 1 bis 23 betraglich fest.

Nach § 147 Stmk L‑DBR in Verbindung mit § 190 Abs 4 Stmk L‑DBR setzt sich der Monatsbezug eines Vertragsbediensteten im Gesundheitswesen aus Gehalt und allfälligen Zulagen (Dienstalterszulage, Dienstzulage, Verwendungszulage, Pflegedienstzulage, Pflegedienst-Chargenzulage, Ergänzungszulage, Erzieherdienstzulage, Funktionszulage) zusammen. Außer dem Monatsbezug gebührt dem/der Bediensteten gemäß § 147 Abs 2 Stmk L‑DBR für jedes Kalendervierteljahr eine Sonderzahlung in der Höhe von 50 % des Monatsbezugs, die ihm/ihr für den Monat der Auszahlung zustehen.

Die Erschwernis- und die Gefahrenvergütung zählen gemäß § 164 Abs 1 Z 7 und 8 Stmk L‑DBR zu den Nebengebühren (und nicht – wie etwa die Funktionszulage nach § 214 Stmk L‑DBR – zu den Zulagen).

2.2 Daraus ergibt sich, dass Sonderzahlungen weder Bestandteil des in § 213 Abs 1 Stmk L‑DBR betraglich genannten Monatsentgelts noch des durch § 147 Stmk L‑DBR hier in Verbindung mit § 190 Abs 4 Stmk L‑DBR definierten und gegenüber dem Monatsentgelt erweiterten Monatsbezugs sind. Das Gleiche gilt für die – für Vertragsbedienstete des Entlohnungsschemas SII in § 215 Stmk L‑DBR festgelegte – Gefahren- und Erschwernisvergütung als nicht in §§ 147, 190 Abs 4 Stmk L‑DBR aufgezählter Nebengebühr (vgl auch RS0081491).

3. Die Auffassung der Vorinstanzen, dass der Berechnung der Abfertigung der Klägerin auf Basis des nach § 213 Stmk L‑DBR zuletzt bezogenen Monatsentgelts weder die Erschwernis- und Gefahrenzulage noch die Sonderzahlungen zugrundezulegen sind, ist durch diese Rechtslage gedeckt. Sie steht auch in Einklang mit dem Befund, dass im öffentlichen Dienst ein engerer Entgeltbegriff als im allgemeinen Arbeitsrecht zur Anwendung kommt (Ziehensack, VBG § 35 Rz 18 mwN). So ist nach der Rechtsprechung unter dem Begriff des Monatsentgelts im Sinne des VBG 1948 nicht – wie sonst im Arbeitsrecht – ein die gesamte Entlohnung umfassender Oberbegriff zu verstehen. Es wird vielmehr der Hauptbezug (seit der Einführung des § 8a VBG unter Zuzählung bestimmter dazugehörender Zulagen) den übrigen Entlohnungen und Nebengebühren an die Seite gestellt (RS0081487; RS0037882). Nur in Ermangelung einer landesgesetzlichen oder vertraglichen Determinierung des der Berechnung der Abfertigung zugrundeliegenden Begriffs „Monatsentgelt“ (dort zu § 27 VBO Innsbruck in der vor der Änderung mit 10. 11. 1994 geltenden Fassung) ist der im Arbeitsrecht allgemein geltende weite Entgeltbegriff, wonach alle nur erdenklichen Entgeltarten, wie Zulagen, Provisionen, Prämien etc Entgelt sind, für die Auslegung des Begriffs „Monatsentgelt“ als Abfertigungsberechnungsgrundlage heranzuziehen (RS0081839; anders schon zu den novellierten Fassungen der Innsbrucker VBO: 9 ObA 73/15y).

4. Die in der Revision vertretene Ansicht, dass der Begriff Monatsbezug das fixe monatliche Gehalt meine, während der Begriff Monatsentgelt der typische Durchschnittsverdienst sei, welcher auch die Sonderzahlungen und sonstigen Vergütungen wie die Erschwernis- und Gefahrenvergütung umfasse, sodass diese Teil der Bemessungsgrundlage der Abfertigung bildeten, widerspricht der Systematik und dem Wortlaut der zitierten Bestimmungen des Stmk L‑DBR.

5. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

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