European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00115.21A.1129.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Mutter des Betroffenen war bereits seit dem Jahr 1998 als Sachwalterin für ihren Sohn tätig. Nach Einleitung eines Erneuerungsverfahrens gemäß § 128 AußStrG wurde sie mit rechtskräftigem Beschluss vom 26. 8. 2020 zu dessen gerichtlicher Erwachsenenvertreterin bestellt.
[2] Mit Schriftsatz vom 26. 1. 2021 regte der Einschreiter – der Vater des Betroffenen – die Ab‑ bzw Umbestellung der Erwachsenenvertreterin an, weil er an der Eignung der Mutter Bedenken hege.
[3] Mit Beschluss vom 1. 3. 2021 hielt das Erstgericht fest, dass die Mutter zur gerichtlichen Erwachsenenvertreterin bestellt bleibt. Begründend führte es aus, dass kein Grund bestehe, die gerichtliche Erwachsenenvertreterin ihres Amtes zu entheben und einen anderen gerichtlichen Erwachsenenvertreter zu bestellen.
[4] Das Rekursgericht gab dem vom Vater dagegen erhobenen Rekurs nicht Folge. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zu beantworten gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der Revisionsrekurs des Vaters ist absolut unzulässig:
[6] 1. Nach § 127 Abs 1 AußStrG sind die dort genannten Personen, zu denen auch die Eltern der betroffenen Person gehören, von der Einleitung des Verfahrens über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters zu verständigen. Einem solchen Angehörigen, dessen Verständigung die betroffene Person nicht abgelehnt hat, steht gemäß § 127 Abs 3 AußStrG gegen den Beschluss über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters „im Hinblick auf die Person des gerichtlichen Erwachsenenvertreters“ der Rekurs zu.
[7] Nach § 128 Abs 1 AußStrG sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Vorschriften für das Verfahren zur Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters (ua) auch auf das Verfahren zur Übertragung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung, in dem entschieden wird, ob der bisher bestellte gerichtliche Erwachsenenvertreter durch eine andere Person ersetzt werden soll (vormals: Umbestellung des Sachwalters), anzuwenden. Diese Regelung gilt auch für die Angehörigenrechte (7 Ob 136/19d; ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 70).
[8] 2. Der erkennende Senat hat jüngst in der Entscheidung 8 Ob 119/20p (NZ 2021, 517 [zust Ganner]) klargestellt, dass Angehörige nach wie vor kein Recht darauf haben, durch Antragstellung ein Erwachsenenschutzverfahren einzuleiten. Sie haben genauso kein Recht, einen Antrag auf Übertragung der Erwachsenenvertretung auf eine andere Person zu stellen. Aus dem Rekursrecht der Angehörigen nach § 127 Abs 3 iVm § 128 AußStrG ist kein solches Antragsrecht abzuleiten. Ein Angehöriger kann eine Umbestellung bloß anregen. Darüber muss das Gericht nicht zwingend mit Beschluss entscheiden, sondern es kann auch einen Aktenvermerk verfassen, wenn es der Anregung nicht nähertritt. Gegen einen solchen Aktenvermerk besteht kein Rekursrecht des Angehörigen.
[9] Die – hier interessierende – Frage, ob auch ein Beschluss des Gerichts, mit dem eine rechtskräftig bestellte Erwachsenenvertretung unverändert belassen wird, einer „Entscheidung über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters“ gleichzuhalten ist, gegen die nach § 128 Abs 1 AußStrG in sinngemäßer Anwendung des § 127 Abs 3 leg cit ein Rekursrecht naher Angehöriger „im Hinblick auf die Person des gerichtlichen Erwachsenenvertreters“ besteht, wurde in diesem Zusammenhang ausdrücklich offen gelassen.
[10] 3. Die Rechtsmittellegitimation der in § 127 Abs 1 AußStrG genannten Angehörigen „im Hinblick auf die Person des gerichtlichen Erwachsenenvertreters“ gilt zwar nach § 127 Abs 3, § 128 Abs 1 AußStrG auch für den Fall, dass das Erstgericht einen Antrag auf Übertragung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung abweist (RS0132952 = 7 Ob 136/19d; 8 Ob 119/20p).
[11] Den Entscheidungen 8 Ob 164/18b und 7 Ob 136/19d lag allerdings jeweils ein Antrag der betroffenen Person selbst zugrunde, den das Erstgericht in beiden Fällen abwies. Im Anlassfall liegt aber gerade kein Antrag einer legitimierten Person vor. Das Erstgericht war daher auch nicht zur Fällung eines Beschlusses über das Unterbleiben einer Umbestellung verhalten, sondern hätte das Verfahren genauso gut mittels Verfügung nach § 128 Abs 1 iVm § 122 Abs 2 AußStrG einstellen können (vgl 8 Ob 119/20p).
[12] Die Rekurslegitimation eines nahen Angehörigen kann nun nicht von der vom Gericht gewählten Entscheidungsform abhängen. Es besteht auch kein Grund, einer Person, die mangels Antragsrecht keine förmliche Entscheidung herbeiführen kann, eine Rechtsmittellegitimation für den Fall zuzuerkennen, dass das Gericht (statt einer Einstellungsverfügung) doch einen Beschluss fasst, mit dem es – wie hier – festhält, dass kein Bedarf für eine Übertragung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung besteht. Die Rechte der Angehörigen und Dritter sind – wie Ganner (NZ 2021, 519 f) zutreffend betont – immer aus dem Blickwinkel der vertretenen Person zu beurteilen. Ein Eigeninteresse Angehöriger oder Dritter ist im Erwachsenenschutz grundsätzlich nicht zu beachten. Ein Rechtsschutzdefizit für die betroffene Person ergibt sich im Hinblick auf deren eigenes Antragsrecht nicht, das mit einer Entscheidungspflicht des Gerichts und – wie zu 7 Ob 136/19d dargestellt – einer Rekurslegitimation naher Angehöriger auch bei Antragsabweisung einhergeht. Hingegen haben nahe Angehörige bei Unterbleiben der Umbestellung in einem bloß über ihre Anregung eingeleiteten Verfahren keine Rechtsmittellegitimation.
[13] Aus diesem Grund war schon der Rekurs des Vaters gegen den Beschluss erster Instanz unzulässig.
[14] 4. Das Gericht zweiter Instanz hätte zwar über einen wegen fehlender Rekurslegitimation mangels Parteistellung unzulässigen Rekurs nicht meritorisch entscheiden dürfen (vgl RS0121264). Die Wahrnehmung der Nichtigkeit der Rekursentscheidung durch den Obersten Gerichtshofs bedürfte aber eines zulässigen Rechtsmittels (vgl Musger in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 528 ZPO Rz 88 ff).
[15] Der unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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