OGH 3Ob65/21m

OGH3Ob65/21m1.9.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Mag. Markus Watzin, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei W*****, vertreten durch Mag. Astrid Roblyek, Rechtsanwältin in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 3. März 2021, GZ 2 R 211/20m‑40, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00065.21M.0901.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäߧ 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen gaben dem Räumungsbegehren der Klägerin (Alleineigentümerin der Liegenschaft und des Hauses) gegen den Beklagten (früherer Lebensgefährte der Klägerin) wegen titelloser Benützung statt.

[2] Die außerordentliche Revision des Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

[3] 1.1 Da mit der Aufnahme einer Lebensgemeinschaft allein nicht nur keine dinglichen und obligatorischen, sondern auch keine familienrechtlichen Beziehungen entstehen, kann der Lebensgefährte, der Eigentümer des Hauses ist, das die Lebensgefährten bewohnten, jederzeit, jedenfalls aber bei Aufhebung der Gemeinschaft, die Räumung des Hauses verlangen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der (ehemalige) Lebensgefährte einen von der Lebensgemeinschaft unabhängigen Rechtstitel besitzt. Ein solcher kann im Zweifel nicht angenommen werden, die Beweislast trifft also den Beklagten (RS0011874; vgl auch RS0010849).

[4] 1.2 Nach den Feststellungen ist die Lebensgemeinschaft der Streitteile seit spätestens Juli 2017 aufgehoben und die Klägerin forderte den Beklagten mehrfach auf, aus dem Haus auszuziehen. Entgegen der Meinung des Beklagten lassen sich dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Klägerin dem Beklagten die Möglichkeit, im Haus (weiterhin) zu wohnen, (ausdrücklich oder stillschweigend) eingeräumt hätte. Soweit er argumentiert, ein Rechtstitel zur Benützung könne auch konkludent vereinbart werden, ist ihm zu erwidern, dass er für entsprechende Umstände, aus denen ein solcher Wille der Beteiligten abgeleitet werden könnte, beweispflichtig war, hm ein solcher Nachweis jedoch nicht gelungen ist.

[5] Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach die frühere finanzielle Mitwirkung des Beklagten (bis 2008) als Beitrag zum laufenden Wirtschaften und Wohnen anzusehen, aber nicht geeignet sei, eine Vereinbarung der Streitteile im Sinn einer dauerhaften und vom Bestand der Lebensgemeinschaft unabhängigen Wohnmöglichkeit des Beklagten zu begründen, weicht nicht von der erwähnten Rechtsprechung ab.

[6] 2. Eine Aktenwidrigkeit ist nur bei einem Widerspruch zwischen dem Inhalt eines bestimmten Aktenstücks einerseits und dessen Zugrundelegung und Wiedergabe durch das (Rechtsmittel‑)Gericht andererseits gegeben (RS0043397 [T2]; vgl auch RS0043277 [T2], RS0043421).

[7] Der Beklagte beruft sich dazu auf jene Feststellungen, wonach er bis 2008 regelmäßig und gut verdiente und sich sowohl bei der Rückzahlung der Kreditraten beteiligte als auch Geldmittel in nicht feststellbarer Höhe in den Hausbau investiert habe. Er erwähnt diese Feststellungen (nur) als Argument dafür, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts „unrichtig“ sei und eine titellose Benützung nicht vorliege. Damit zeigt er allerdings keine Aktenwidrigkeit auf.

[8] 3. Der Beklagte meint schließlich, er habe zwar nie die Absicht verfolgt, Eigentümer der Liegenschaft zu werden, diese aber zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses nutzen wollen. Wenn allerdings das Berufungsgericht aus seiner „finanziellen Beteiligung an der Errichtung des Hauses“ (bis 2008) allein keinen Titel für dessen dauerhafte Benützung abgeleitet hat, liegt darin keine aufzugreifende Fehlbeurteilung.

[9] Auch für die Behauptung, der Beklagte sei durch seine Zahlungen „außerbücherlicher Miteigentümer“ geworden, findet sich im Sachverhalt kein Anhaltspunkt.

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