OGH 6Ob48/21h

OGH6Ob48/21h6.8.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, 1060 Wien, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Kosesnik‑Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei U* GmbH, *, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 26. November 2020, GZ 3 R 128/20v‑15, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 14. August 2020, GZ 4 Cg 67/19w‑9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132654

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision der beklagten Partei wird, soweit sie sich gegen das Unterlassungsgebot Punkt 1.1. des Berufungsurteils (Klausel 1) richtet, nicht Folge gegeben.

Soweit sie sich gegen das Unterlassungsgebot Punkt 2. des Berufungsurteils (Geschäftspraktik 1) richtet, wird der Revision der beklagten Partei Folge gegeben und die klageabweisende Entscheidung des Erstgerichts (dort Punkt 3.1. des Urteilsspruchs) wiederhergestellt.

Hinsichtlich Punkt 4. des Urteilsspruchs des Berufungsgerichts wird das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über den vom Obersten Gerichtshof am 25. 11. 2020 zu 6 Ob 77/20x gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen. Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Verfahren von Amts wegen fortgesetzt.

Die Entscheidung über den Antrag der klagenden Partei, ihr die Ermächtigung zur Veröffentlichung des klagestattgebenden Urteilsspruchs zu erteilen, sowie der Antrag der beklagten Partei, ihr die Ermächtigung zur Veröffentlichung des klageabweisenden Urteilsspruchs zu erteilen, werden der Endentscheidung vorbehalten.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die klagende Partei ist ein klageberechtigter Verein im Sinn des § 29 KSchG.

[2] Die Beklagte ist ein österreichweit tätiges Versandhandelsunternehmen, das laufend mit Verbrauchern Verträge abschließt. Sie legt ihren Verträgen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zugrunde, die unter anderem folgende Klauseln enthalten:

„9. Zahlung:

Welche Bezahlungsmöglichkeiten haben Sie bei Ihrer Bestellung?

9.1. Kauf auf Rechnung:

Bei Kauf auf Rechnung (Zahlung mittels Überweisung) ist der Rechnungsbeitrag binnen 14 Tagen ab Erhalt der Ware fällig.

9.2. Teilzahlung:

Sie haben bei uns die Möglichkeit, bei entsprechender Bonität und einem Bestellwert bis zu EUR 4.000,00 eine Teilzahlung in Anspruch zu nehmen. Nähere Informationen, insbesondere über Höhe und Anzahl der Raten finden Sie unter www.u*.at/teilzahlung.

Im Falle einer Vorauszahlung verringert sich bei einem Teilzahlungskauf die Höhe der vereinbarten Raten und die Gesamtbelastung wird geringer. Die nach der Vorauszahlung verbleibende Restsumme kann in Teilbeträgen bezahlt werden. Für den 1. Monat nach dem Kauf werden keine Teilzahlungskosten berechnet. Ab dem 2. Monat werden die Teilzahlungskosten kontokorrentmäßig verrechnet und betragen 1,65 % pro Monat (19,8 % p.a.) von der offenen Restschuld. Dies ergibt bei kontokorrentmäßiger Verrechnung einen effektiven Zinssatz von 21,7 % p.a. Durch Zusendung eines Kontoauszuges per Post oder per E‑Mail informieren wir Sie monatlich über Ihren aktuellen Kontostand. Der Kontostand gilt von Ihnen als genehmigt, wenn Sie dagegen nicht innerhalb von zwei Monaten ab Zugang Widerspruch erheben.

9.3. Kreditkarte:

Sie können bei uns online per Kreditkarte bezahlen. Wählen Sie dazu unter Zahlungsart einfach Kreditkarte aus. Wir akzeptieren Mastercard, Visa, Diners Club und Discover (keine Prepaid‑Kreditkarten). Zusätzlich zur Kreditkartengesellschaft, der Kartennummer sowie der Gültigkeitsdauer benötigen wir die Prüfziffer ihrer Kreditkarte. Die Prüfziffer ist eine dreistellige Nummer auf der Rückseite Ihrer Kreditkarte, die die Zahlungssicherheit im Internet gewährleistet.

9.4. Vorauszahlung:

Wir behalten uns vor, die Lieferung der Ware von einer Vorauszahlung abhängig zu machen.

9.5. PayPal:

[...]“

[3] Über den Link „www.u*.at/teilzahlung“ kommt man zu einem Ratenrechner. Dort kann der Kunde innerhalb einer vorgegebenen Bandbreite die Laufzeit der Ratenzahlungen eingeben. Die Maximallaufzeit beträgt 48 Monate, die Mindestmonatsrate 10 EUR. Bei Eingabe des Artikelpreises und der gewünschten Laufzeit errechnet das System den Ratenaufschlag, die monatliche Mindestrate, die Höhe der letzten Rate, den endgültigen Ratenpreis und gibt den effektiven Jahreszins an.

[4] Die Informationen zur Bonitätsprüfung finden sich in der Datenschutzinformation der Beklagten (www.u*.at/datenschutz), die auszugsweise folgenden Inhalt hat:

„3.2.2.2. Bonitätsprüfungen:

Wenn Sie im Rahmen einer Bestellung eine sogenannte unsichere Zahlungsart (Rechnungs- oder Ratenkauf) ausgewählt haben, gilt das Folgende:

U* und andere Versandhandels‑ unternehmen der O *‑Group räumen ihren Kunden grundsätzlich die Möglichkeit ein, Waren unter Anspruchnahme unsicherer Zahlungsarten (z.B. Rechnungskauf, Finanzierungskauf) zu erwerben.

[...]

Unternehmen, die ihren Kunden grundsätzlich unsichere Zahlungsarten einräumen, haben ein berechtigtes Interesse daran, sich so gut wie möglich vor dem Entstehen von Zahlungsausfällen zu schützen. Dies geschieht unter anderem dadurch, dass vor der Einräumung der Möglichkeit einer Inanspruchnahme unsicherer Zahlungsarten die Bonität des Kunden geprüft wird. Im Rahmen dieser Prüfung sind wir dazu berechtigt, bei der U* GmbH anzufragen, ob diese von den angeführten anderen Versandhandels‑ unternehmen der O *‑Group negative Bonitätsinformationen zu den jeweiligen Kunden übermittelt bekommen hat. Des Weiteren sind wir dazu berechtigt, an die U* GmbH negative Bonitätsinformationen zu den jeweiligen Kunden zu übermitteln, die diese wiederum an die oben angeführten anderen Versandhandelsunternehmen der O*‑Group beauskunften kann, bevor diese anderen Versandhandelsunternehmen dem Kunden die Möglichkeit der Inanspruchnahme unsicherer Zahlungsarten einräumen.

Bei den Bonitätsinformationen handelt es sich um Informationen über offene Entgeltforderungen und um solche Informationen, aus denen sich unmittelbar die Gefahr eines Zahlungsausfalls ergibt (z.B. Insolvenz, Schuldnerberatung, Stundung auf Grund von Zahlungsunfähigkeit). Bevor wir negative Informationen über offene Entgeltforderungen an die U* GmbH übermitteln, werden die betroffenen Kunden auf einer Mahnung auf die Möglichkeit der Übermittlung hingewiesen. Wir sind des Weiteren dazu berechtigt, Informationen über äußerst atypische Bestellvorgänge (z.B. zeitgleiche Bestellung einer Vielzahl von Waren an dieselbe Adresse unter Nutzung verschiedener Kundenkonten) an die U* GmbH zu übermitteln und solche bei dieser anzufragen. Hiedurch sollen Zahlungsausfälle vermieden und unsere Kunden vor einem Missbrauch ihrer Konten bzw. ihrer Identität geschützt werden.

Wir sind in den Fällen, in denen ein Kunde auf eine unsichere Zahlungsart bestellen möchte, dazu berechtigt, im Rahmen der Bestellung erhaltene Informationen zur Berechnung einer Ausfallswahrscheinlichkeit zu nutzen (internes Scoring). Die Berechnung der Ausfalls‑ wahrscheinlichkeit mittels des internen Scoring basiert auf einem anerkannten mathematisch statistischen Verfahren. Die im Rahmen des internen Scoring genutzten Daten resultieren insbesondere aus einer Kombination der folgenden Datenkategorien (nicht abschließend): Adressdaten, Alter, gewünschte Zahlungskonditionen, Bestellweg und Sortimentsgruppen. Im Rahmen des internen Scoring werden nur solche Daten genutzt, die der Kunde uns gegenüber selbst angegeben hat. Anhand der benannten Datenkategorien können auf Grund des eingesetzten mathematisch statistischen Verfahrens Rückschlüsse auf die Zahlungsausfalls‑ wahrscheinlichkeit getroffen werden. So kann beispielsweise ein bestimmter Wohnort des Bestellenden, kombiniert mit einer bestimmten Warenkategorie, zu einer erhöhten Zahlungsausfallwahrscheinlichkeit und somit einer Zahlarteneinschränkung führen. Es erfolgt keine Zahlungsarteneinschränkung alleinig auf Basis des Wohnorts des Bestellenden. Darüber hinaus ist es z.B. statistisch nachgewiesen, dass bei der Nutzung eines kostenpflichtigen E‑Mail‑Providers ein geringeres Zahlungsausfallrisiko besteht als dies bei der Nutzung eines kostenlosen Anbieters der Fall ist. Im Rahmen der Prüfung, ob eine unsichere Zahlungsart (Raten-/Rechnungskauf) eingeräumt werden kann, sind wir auch dazu berechtigt, Bonitätsinformation über Sie bei einer externen Auskunftei einzuholen. Wir arbeiten mit der folgenden Auskunftei zusammen C * GmbH, *.

Zum Zweck des Abrufs von Bonitätsinformationen werden die folgenden Daten an die externe Auskunftei übermittelt: Vorname, Nachname, Postadresse, Geburtsdatum sowie im Zahlungsverzug den offenen Saldo. Die genannten Daten können des Weiteren zum Zweck der Personen- und Adressvalidierung sowie zur Betrugsprävention (siehe auch nachfolgenden Punkt) an die C* GmbH, *, übermittelt werden.

Wir können im Rahmen der Bonitätsprüfung mittels des Einsatzes eines automatisierten Prozesses entscheiden, ob Ihnen die gewünschte unsichere Zahlungsart (Raten-/Rechnungskauf) eingeräumt wird. So kann z.B. bei der Übermittlung einer negativen Bonitätsauskunft durch eine Auskunftei oder bei der Berechnung eines nicht ausreichenden Scorewertes im Rahmen des internen Scoring automatisiert eine Ablehnung der gewünschten Zahlungsart erfolgen. Sie können uns gegenüber das Recht geltend machen, dass wir eine manuelle Überprüfung der automatisierten Entscheidung vornehmen. Darüber hinaus haben Sie das Recht auf Darlegung des eigenen Standpunktes sowie das Recht auf Anfechtung der Entscheidung.

Die Verarbeitung ihrer Daten im Rahmen der Bonitätsprüfung erfolgt auf Basis von Artikel 6 Abs 1b DSGVO und Artikel 6 Abs 1f DSGVO. Wir haben grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der Vornahme einer Bonitätsprüfung bei der Auswahl einer unsicheren Zahlungsart (Raten-/Rechnungskauf) durch Sie.“

[5] Unter dem Schlagwort „Datenschutzhinweis“ und dem Text „Auskunft zu Zahlungsarteinschränkungen: Sie möchten wissen, warum Sie nicht alle Zahlungsarten bei uns nutzen können? Wir geben Ihnen gerne hier Auskunft.“, gelangt der Kunde zu einem Link mit dem Titel „Auskunft anfordern“.

[6] Über 90 % der Bestellungen bei der Beklagten erfolgen online, die restlichen 10 % telefonisch. Der Durchschnittsbestellwert liegt bei 650 EUR.

[7] Im Fall einer Online‑Bestellung ist die Zahlungsart „Kauf auf Rechnung“ voreingestellt. Wenn ein Kunde Teilzahlung will, muss er die Zahlungsmöglichkeit von sich aus ändern.

[8] Bei einer Erstbestellung limitiert die Beklagte im Fall eines Raten- oder Rechnungskaufs den Bestellwert mit 500 EUR, dieses Limit wird bei Folgebestellungen sukzessive erhöht, wenn es zu keinen Zahlungsausfällen gekommen ist.

[9] Im Fall eines Neukunden, der auf offene Rechnung oder Teilzahlung bestellt, erfolgt automatisch eine Anfrage bei der Auskunftei mit den vom Kunden bekannt gegebenen Daten. Wenn der Kunde dort unbekannt ist, lehnt die Beklagte eine Geschäftsbeziehung mit Teilzahlung oder auf offene Rechnung ab und verständigt den Kunden, dass er über Kreditkarte oder PayPal beliefert würde. Wenn der Kunde bekannt ist, gibt es drei Möglichkeiten, Scorings mit drei verschiedenen Farben. Wenn die Farbe rot ist, wird ebenfalls die unsichere Zahlungsart abgelehnt, bei gelb prüft ein Mitarbeiter der beklagten Partei und bei grün wird die Bestellung angenommen. Im Fall eines gelben Scorings nimmt der Mitarbeiter selbst Einsicht in die Datenbank und entscheidet, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen der Auftrag freigegeben wird.

[10] Wenn ein Kunde von der Möglichkeit der Auskunftsanforderung Gebrauch macht, kommt es zu weiteren Informationseinholungen, beispielsweise der Aufforderung nach Einkommensnachweisen.

[11] Der klagende Verband begehrt – soweit noch Gegenstand des Revisionsverfahrens –, die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung folgender Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu verpflichten:

(Klausel 1 = Punkt 1.1. des Urteilsspruchs des Berufungsgerichts): „Ab dem zweiten Monat werden die Teilzahlungskosten kontokorrentmäßig verrechnet und betragen 1,65 % pro Monat (19,8 % p.a.) von der offenen Restschuld. Dies ergibt bei kontokorrentmäßiger Verrechnung einen effektiven Zinssatz von 21,7 % p.a.“

[12] Weiters begehrt er, die Beklagte gemäß § 28a KSchG zu verpflichten, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Zusammenhang mit Verbraucherkredit‑verhältnissen zu unterlassen,

(Geschäftspraktik 1 = Punkt 2. des Urteilsspruchs des Berufungsgerichts): „Teilzahlungskäufe und/oder Teilzahlungsmöglichkeiten mit einem Gesamtkredit von zumindest 200 EUR zur Bezahlung von Verbrauchern bei ihr erworbener Waren zu vereinbaren, ohne die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen zu prüfen, insbesondere ohne Informationen zur Einkommenslage und/oder Vermögenslage dieser Verbraucher einzuholen;“ sowie

(Geschäftspraktik 2 = Punkt 4. des Urteilsspruchs des Berufungsgerichts): „die Bonitätsprüfung bei der Kreditvergabe anhand eines Scoring vorzunehmen, ohne dem Verbraucher das Recht einzuräumen, seinen eigenen Standpunkt darzulegen und seine Einstufung anzufechten.“

[13] Weiters beantragte der klagende Verband die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung.

[14] Die Beklagte beantragte die Klageabweisung sowie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des klageabweisenden Urteils, für den Fall der Klagestattgebung die Setzung einer Leistungsfrist von zumindest sechs Monaten.

[15] Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren hinsichtlich der Klauseln 1 und 2 ohne Setzung einer Leistungsfrist statt und wies das darüber hinaus gehende Klagebegehren sowie das Gegenveröffentlichungsbegehren der Beklagten ab.

[16] Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien teilweise Folge. Es bestätigte die Klagestattgebung hinsichtlich der Klauseln 1 und 2, wobei es eine sechsmonatige Leistungsfrist setzte, und änderte das Urteil des Erstgerichts hinsichtlich der Geschäftspraktik 1 im klagestattgebenden Sinn ab, dies ebenfalls unter Setzung einer sechsmonatigen Leistungsfrist.

[17] Es ließ die Revision zu, weil es sich teilweise um vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilte Klauseln bzw Geschäftspraktiken handle, die für eine größere Anzahl von Verbrauchern von Bedeutung seien.

[18] In ihren dagegen gerichteten Revisionen beantragen die Streitteile jeweils die Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts im Sinn einer gänzlichen Klagsstattgebung bzw einer Klageabweisung, wobei die Beklagte die Klagestattgebung hinsichtlich der Unterlassung der Klausel 2 (Spruchpunkt 1.2. des Berufungsurteils) nicht bekämpft. Hilfsweise stellt die Beklagte einen Aufhebungsantrag.

[19] Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise, ihr keine Folge zu geben. Die Beklagte beantragt, der Revision des Klägers keine Folge zu geben.

[20] Die Revisionen beider Parteien sind zulässig. Die Revision der Beklagten ist teilweise auch berechtigt.

[21] Das Vorbringen der Parteien sowie die Entscheidungsbegründungen der Vorinstanzen werden jeweils bei Behandlung der beanstandeten Klausel und der beanstandeten Geschäftspraktiken dargestellt.

Rechtliche Beurteilung

[22] A. Zur Revision der Beklagten:

[23] Die Revision der Beklagten ist zulässig, weil die Anforderungen an die Bonitätsprüfung gemäß § 7 Abs 1 VKrG einer Präzisierung bedürfen. Sie ist teilweise berechtigt.

[24] Zur Klausel 1: „Ab dem zweiten Monat werden die Teilzahlungskosten kontokorrentmäßig verrechnet und betragen 1,65 % pro Monat (19,8 % p.a.) von der offenen Restschuld. Dies ergibt bei kontokorrentmäßiger Verrechnung einen effektiven Zinssatz von 21,7 % p.a.“

[25] Der Kläger beanstandet die Klausel als intransparent, weil nicht darauf hingewiesen werde, dass die Beklagte aus der monatlichen Kapitalisierung das Recht ableite, unterjährig Zinseszinsen zu verrechnen. Die Klausel sei auch gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, weil die Rechnungsperiode abweichend von § 355 Abs 2 UGB auf einen Monat verkürzt werde. Die Höhe des effektiven Zinssatzes sei gröblich benachteiligend und verstoße gegen § 934 ABGB. Es sei zudem nicht ersichtlich, dass sich der effektive Zinssatz aus dem Zinseszinseffekt ergebe.

[26] Die Beklagte bestreitet das Klagevorbringen. Intransparenz liege nicht vor, weil der effektive Jahreszinssatz angegeben und klar erkennbar sei, dass sich die Differenz zum Jahreszinssatz nur aus dem Zinseszinseffekt (und nicht etwa aus der Einbeziehung von Bearbeitungsgebühren oä) ergeben könne.

[27] Die Vorinstanzen untersagten die Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Der Gläubiger einer Geldforderung könne Zinseszinsen nach § 1000 Abs 2 Satz 1 ABGB nur verlangen, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart hätten. Nach der Rechtsprechung sei die Vereinbarung der unterjährigen Kapitalisierung von Zinsen intransparent, wenn der AGB‑Verwender nicht auf den daraus resultierenden Zinseszinseffekt hinweise. Die Intransparenz werde hier auch nicht durch die Anführung des monatlichen Zinssatzes, des Jahreszinssatzes und des effektiven Jahreszinssatzes oder durch den Ratenrechner beseitigt, weil sich der Jahreszinssatz auch aus anderen Kostenfaktoren wie Provisionen, Kosten der Vertragserrichtung, Bearbeitungsgebühren etc ergeben könne, sodass der durchschnittliche Verbraucher aus der Differenz zwischen dem Jahreszinssatz und dem effektiven Jahreszinssatz nicht auf die Vereinbarung von Zinseszinsen schließen müsse.

[28] Die Revision ist nicht berechtigt.

[29] 1.1. Nach § 1000 Abs 2 Satz 1 ABGB gebühren Zinseszinsen – worauf bereits das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat – nur im Fall einer „ausdrücklichen“ Parteienvereinbarung. Erforderlich ist, dass die Zinseszinsen bedungen sind, wofür auch hinreichend deutliche schlüssige Erklärungen ausreichen (Perner in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1000 Rz 17 und Fn 50; Ertl in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 1000 ABGB Rz 15; Dullinger in Artmann, UGB³ § 355 Rz 3). Die Vereinbarung von Zinseszinsen in den AGB der Beklagten muss darüber hinaus den Anforderungen des § 6 Abs 3 KSchG genügen.

[30] 1.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs genügt der Hinweis auf einen unterjährigen Kontoabschluss bzw der Hinweis darauf, dass Zinsen unterjährig „berechnet, kapitalisiert und angelastet“ werden, nicht aus, um den Verbraucher erkennen zu lassen, dass auch Zinseszinsen in Anschlag gebracht werden sollen. Derartige Klauseln wurden daher in Verbandsklageverfahren regelmäßig als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG beurteilt (1 Ob 124/18v [Klausel 17]; 9 Ob 11/18k [Klausel 6]; 8 Ob 128/17g [Klauseln 7 und 8]; 10 Ob 31/16f [Klausel c]; 4 Ob 179/02f [Klausel Z 38 Abs 1]; vgl RS0117273).

[31] 1.3. Die vorliegende Klausel sieht nicht ausdrücklich einen unterjährigen Kontoabschluss, sondern die „kontokorrentmäßige Verrechnung“ der Teilzahlungskosten vor, die mit 1,65 % pro Monat (19,8 % p.a.) der offenen Restschuld angegeben sind; angeführt ist weiters der sich „bei kontokorrentmäßiger Verrechnung“ ergebende Effektiv‑zinssatz von 21,7 % p.a.

[32] 2.1. Die Kontokorrentabrede ist in § 355 UGB geregelt. § 355 Abs 1 UGB definiert die Kontokorrentabrede als eine Vereinbarung mit einem Unternehmer, mit dem jemand in Geschäftsverbindung steht, dass die aus der Verbindung entspringenden beiderseitigen Ansprüche und Leistungen nebst Zinsen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung des für den einen oder den anderen Teil sich ergebenden Überschusses ausgeglichen werden. Nach § 355 Abs 4 Satz 4 UGB kann derjenige, dem beim Rechnungsabschluss ein Überschuss gebührt, Zinseszinsen verlangen.

[33] 2.2. Bei Fehlen eines oder einzelner Merkmale des im § 355 Abs 1 UGB gesetzlich definierten Kontokorrents, etwa der Unternehmereigenschaft eines Teils oder der ständigen Geschäftsbeziehung, spricht man von einer uneigentlichen Kontokorrentabrede, auf die das Kontokorrentrecht analog Anwendung finden kann (1 Ob 83/01i). So wurde die analoge Anwendung des § 355 UGB etwa für den Fall einer Abrede zwischen Nichtunternehmern bejaht (1 Ob 83/01i; W. Schuhmacher in Straube/Ratka/Rauter, UGB I/34 § 355 Rz 4).

[34] 2.3. Aufgrund der Regelung des § 1000 Abs 2 Satz 1 ABGB wird bei der Vereinbarung eines uneigentlichen Kontokorrentverhältnisses angenommen, dass Zinseszinsen nur bei ausdrücklicher Vereinbarung (iSd § 1000 Abs 2 Satz 1 ABGB) zustehen (vgl 1 Ob 83/01i; W. Schuhmacher in Straube/Ratka/Rauter, UGB I/34 § 355 Rz 4; aM Dullinger in Artmann, UGB³ § 355 Rz 3).

[35] 2.4. Dem Kontokorrent muss eine auf gewisse Dauer angelegte Geschäftsverbindung zugrunde liegen, die den wiederholten Abschluss von Geschäften erwarten lässt (Dullinger in Artmann, UGB³ § 355 Rz 4; W. Schuhmacher in Straube/Ratka/Rauter, UGB I/34 § 355 Rz 5). Ob ein einzelner Ratenkauf diesem Erfordernis bereits genügen kann (kritisch zur Beurteilung eines Abstattungskredits als Kontokorrentverhältnis Dullinger in Artmann, UGB³ § 355 Rz 4) oder ob es bei Abschluss eines einzigen Ratenkaufs an der von § 355 Abs 1 UGB vorausgesetzten (qualifizierten) Geschäftsverbindung fehlt, sodass allenfalls ein „uneigentliches“ Kontokorrentverhältnis vorliegt, muss im vorliegenden Fall nicht abschließend beurteilt werden:

[36] 3.1. Denn selbst unter der Annahme, dass die Vereinbarung einer „kontokorrentmäßigen Verrechnung“ bei einem Ratenkauf bereits unmittelbar § 355 UGB unterläge, würde dies nichts daran ändern, dass die hier zu beurteilende Klausel für den Verbraucher die Entstehung von Zinseszinsen nicht klar und verständlich iSd § 6 Abs 3 KSchG erkennen lässt. Für den wirtschaftlich nicht versierten Durchschnittskunden eines Versandhauses ergibt sich weder aus der Verwendung des Begriffs „Kontokorrent“ noch aus der Angabe der unterschiedlichen Zinssätze der Umstand, dass eine unterjährige periodische Feststellung des offenen Rechnungsbetrags samt Kapitalisierung der „Teilzahlungs‑kosten“ und deren (neuerliche) Verzinsung stattfindet. Dies ergibt sich auch nicht aus der in der Klausel offengelegten Differenz zwischen dem Jahreszinssatz und dem effektiven Jahreszinssatz. Dass eine solche Differenz auch andere Gründe als die Verrechnung von Zinseszinsen haben kann, hat das Berufungsgericht bereits zutreffend ausgeführt (§ 510 Abs 3 ZPO). Darüber hinaus kann auch die Dauer der Abrechnungsperiode von einem Monat nur aus der Angabe eines monatlichen Zinssatzes für die Teilzahlungskosten erschlossen werden. Dass mit der Regelung der „kontokorrentmäßigen Verrechnung“ in Wahrheit einzig die monatliche Verrechnung von Zinseszinsen bewirkt werden soll, ist für den Durchschnittsverbraucher daher insgesamt nicht erkennbar. Soweit die Revision argumentiert, der effektive Jahreszinssatz könne den angegebenen Jahreszinssatz nur aufgrund des Zinseszinseffekts übersteigen, weil keine anderen Kosten darin einfließen würden, ist auch dieser Umstand für den Verbraucher aus der beanstandeten Klausel nicht ohne Weiteres ersichtlich.

[37] 3.2. Wenn in der Revision weiter vorgebracht wird, die finanzielle Belastung sei für den Verbraucher durch Angabe des effektiven Jahreszinssatzes und durch das Instrument des Ratenrechners leicht erkennbar, ist daraus für die Beklagte nichts zu gewinnen. Fehlt es nämlich – wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG – an der wirksamen Vereinbarung von Zinseszinsen, so stehen der Beklagten auch der angegebene Effektivzinssatz und die vom Ratenrechner ermittelte Gesamtsumme jeweils nicht zu.

[38] Die gegen die Untersagung der Klausel 1 gerichtete Revision der Beklagten ist daher nicht berechtigt.

 

[39] Zur Geschäftspraktik 1: Beanstandet ist die Geschäftspraktik der Beklagten, Teilzahlungskäufe und/oder Teilzahlungsmöglichkeiten mit einem Gesamtkredit von zumindest 200 EUR zur Bezahlung [der] von Verbrauchern bei ihr erworbene[n] Waren zu vereinbaren, ohne die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen zu prüfen, insbesondere ohne Informationen zur Einkommenslage und/oder Vermögenslage dieser Verbraucher einzuholen.

[40] Der Kläger erblickt eine systematische Verletzung der Verpflichtung zur Durchführung einer Bonitätsprüfung nach § 7 VKrG darin, dass die Beklagte bei Abzahlungsgeschäften keine Informationen über das Einkommen und die sonstigen Verbindlichkeiten des Verbrauchers einhole. Die Beklagte habe in Reaktion auf das Abmahnungsschreiben des Klägers vielmehr ihr hohes Zinsniveau damit gerechtfertigt, dass bei den von ihr gewährten Krediten keine Sicherheiten bestellt und kein Nachweis einer Beschäftigung oder eines regelmäßigen Mittelzuflusses erbracht werden müssten. Die Datenbank‑abfrage und die Analyse des bisherigen Kaufverhaltens ließen keine Rückschlüsse auf das Einkommen und keine Prognose‑entscheidung darüber zu, ob der Verbraucher in der Lage sein werde, seine Zahlungsverpflichtungen vollständig zu erfüllen. Die Datenbankabfrage könne zwar zur Einholung von Informationen über die Einkommens- und Vermögens‑verhältnisse des Verbrauchers hinzutreten, diese aber nicht ersetzen.

[41] Die Beklagte hält dem entgegen, die Einholung von Auskünften aus einer Datenbank, konkret durch die Anfrage bei der angegebenen Kreditauskunftei, erfülle die Anforderungen des § 7 VKrG. Der Unternehmer müsse nicht jedenfalls an den Verbraucher herantreten. Der Umfang der Nachforschungspflichten richte sich nach dem Einzelfall und sei bei Warenkleinkrediten niedriger als bei typischen Bankkrediten. Die Beklagte räume Teilzahlungen bei Kaufpreisen zwischen 50 EUR und 4.000 EUR mit einer Laufzeit von höchstens vier Jahren ein; der Großteil der vergebenen Verbraucherkredite bewege sich um die durchschnittliche Höhe von 650 EUR.

[42] Das Erstgericht wies das auf Unterlassung der Geschäftspraktik 1 gerichtete Unterlassungsbegehren ab.

[43] Das Berufungsgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt. Rechtlich erörterte es, der Kreditgeber habe die Bonitätsprüfung anhand ausreichender Informationen vorzunehmen. Zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit seien zunächst die laufenden Einkünfte und liquiden Mittel des Verbrauchers heranzuziehen und mit den Kosten des Kredits und der laufenden Rückzahlung in Relation zu setzen; eine Datenbankabfrage sei nur durchzuführen, wenn dies zusätzlich notwendig sei.

[44] Die Beklagte macht in ihrer Revision geltend, eine Priorisierung der Informationsbeschaffung sei nicht vorgesehen, die Bonitätsprüfung könne flexibel gestaltet werden. Die Einkommens- und Vermögenslage von Verbrauchern weise stets gewisse Schwankungen und Unschärfen auf, die sich gerade bei geringen monatlichen Raten auswirkten, sodass die vom Verbraucher einzuholenden Informationen umso höher sein müssten, je geringer die Kreditsumme sei. In solchen Fällen sei die Einholung detaillierter Auskünfte aber unüblich und liefere keine verlässlichere Aussage über die Bonität als die eingeholte Bonitätsauskunft und die Beobachtung des laufenden Konsumentenverhaltens. Die Einholung von Auskünften sei bei Waren‑Kleinkrediten daher ausreichend.

[45] Die Revision ist berechtigt.

[46] 1.1. Wer im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Zusammenhang mit Verbraucherkredit‑verhältnissen gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot verstößt und dadurch die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt, kann unbeschadet des § 28 Abs 1 KSchG auf Unterlassung geklagt werden (§ 28a Abs 1 KSchG).

[47] 1.2. § 28a KSchG erweitert den Anwendungsbereich der Verbandsklagen auf gesetzwidrige Geschäftspraktiken von Unternehmern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern, beschränkt auf die in § 28a Abs 1 KSchG angegebenen Vertragsverhältnisse und außervertraglichen Rechtsverhältnisse (10 Ob 13/17k; 7 Ob 168/17g; Kathrein/Schoditsch in KBB6 § 28a KSchG Rz 1). Die beanstandete Verhaltensweise muss darüber hinaus für eine Vielzahl von Verträgen oder außervertraglichen Rechtsverhältnissen von Bedeutung sein, was vor allem bei gesetzwidrigen Verhaltensweisen im Massengeschäft der Fall ist (RS0121961). Damit soll jedem nach dem Gesetz für unzulässig befundenen Verhalten, das sich zu einer Praxis des jeweiligen Unternehmers entwickelt hat, wirksam vorgebeugt werden (6 Ob 228/16x).

[48] 1.3. Der Unterlassungsanspruch – auch jener nach § 28a KSchG (vgl 10 Ob 13/17k; 4 Ob 179/18d [Geschäftspraktik 2] ua) – wird durch zwei Elemente konkretisiert: Eine Unterlassungspflicht und die Gefahr, dass dieser Unterlassungspflicht zuwidergehandelt wird. Fehlt eines dieser Elemente, dann besteht kein Unterlassungsanspruch (RS0037660).

[49] 2.1. Gegenstand des Klagebegehrens und des Urteilsspruchs ist stets nur die konkrete Verletzungshandlung (RS0037478 [T2, T5]). Es ist aber zulässig, das unzulässige Verhalten verallgemeinernd zu umschreiben und durch „insbesondere“ aufgezählte Einzelverbote zu verdeutlichen. Auch bei einer solchen allgemeineren Fassung des Unterlassungsbegehrens muss der Spruch den Kern der Verletzungshandlung erfassen (4 Ob 206/19a; 9 Ob 57/20b).

[50] Das Klagebegehren ist so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klagserzählung vom Kläger gemeint ist (RS0037440).

[51] 2.2. Die vom Kläger beanstandete Geschäftspraktik 1 besteht in ihrem Kern darin, Verbrauchern Teilzahlungsmöglichkeiten einzuräumen, ohne zum Zweck der Kreditwürdigkeitsprüfung Informationen zum Einkommen „und/oder“ Vermögen einzuholen. Nach dem Urteilsbegehren und dem Klagevorbringen in seiner Gesamtheit begehrt der klagende Verband ein nicht auf bestimmte Fallgruppen oder das Vorliegen bestimmter Umstände eingeschränktes Verbot; er steht vielmehr auf dem Standpunkt, dass bei den von der Beklagten angebotenen Teilzahlungsgeschäften die genannten Informationen stets eingeholt werden müssen.

[52] Die Beklagte hat nicht behauptet, dass sie vor Gewährung einer Teilzahlungsmöglichkeit Informationen zur Einkommenssituation oder zum Vermögen ihrer Kaufinteressenten einhole. Nur dann, wenn ein Verbraucher eine Auskunft über die Gründe anfordert, aus denen er nicht alle Zahlungsarten bei der Beklagten nutzen kann (also nach Ablehnung einer vom Verbraucher gewünschten „unsicheren“ Zahlungsart) fordert die Beklagte beispielsweise Einkommensnachweise an.

[53] 2.3. Es ist daher zu prüfen, ob die Beklagte dadurch, dass sie Verbrauchern systematisch ohne Einholung von Informationen über ihr Einkommen und/oder Vermögen Teilzahlungsmöglichkeiten einräumt, gegen ein gesetzliches Verbot, konkret gegen § 7 VKrG, verstößt. Entscheidend ist demnach, ob aus § 7 VKrG die Verpflichtung abgeleitet werden kann, bei Teilzahlungsgeschäften, wie sie die Beklagte anbietet, ab einem kreditierten Kaufpreis von 200 EUR (vgl § 4 Abs 1 VKrG) stets Informationen über das Einkommen und/oder das Vermögen der Kaufinteressenten einzuholen.

[54] Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass das Unterlassungsbegehren nicht schlechthin die Durchführung der Bonitätsprüfung ohne Einholung von Auskünften über das Einkommen und/oder Vermögen der Kaufinteressenten erfasst, sondern nur die Vorgehensweise, Verbrauchern Teilzahlungsmöglichkeiten einzuräumen, ohne derartige Informationen eingeholt zu haben. Die Praxis, ohne Einholung von Informationen über die Einkommens und/oder Vermögenssituation die Einräumung von Teilzahlungs‑möglichkeiten abzulehnen, wird demnach nicht beanstandet.

[55] 3.1. Nach dem auf Ratenkaufverträge gemäß § 25 Abs 1 VKrG anzuwendenden (vgl Foglar‑Deinhardstein in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 25 VKrG Rz 69) § 7 VKrG hat der Kreditgeber vor Abschluss des Kreditvertrags die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen zu prüfen, die er – soweit erforderlich – vom Verbraucher verlangt; erforderlichenfalls hat er auch Auskünfte aus einer zur Verfügung stehenden Datenbank einzuholen (§ 7 Abs 1 VKrG). Ergibt diese Prüfung erhebliche Zweifel an der Fähigkeit des Verbrauchers, seine Pflichten aus dem Kreditvertrag vollständig zu erfüllen, hat der Kreditgeber den Verbraucher auf diese Bedenken gegen dessen Kreditwürdigkeit hinzuweisen (§ 7 Abs 2 VKrG).

[56] Damit wurde die Verpflichtung des Kreditgebers zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers gemäß Art 8 Abs 1 Verbraucherkredit‑RL (Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge) ins österreichische Recht umgesetzt. Nach Art 8 Abs 1 Verbraucherkredit‑RL stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass vor Abschluss des Kreditvertrags der Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen bewertet, die er gegebenenfalls beim Verbraucher einholt und erforderlichenfalls anhand von Auskünften aus der in Frage kommenden Datenbank. Diejenigen Mitgliedstaaten, die die Kreditgeber gesetzlich dazu verpflichten, die Kreditwürdigkeit aufgrund der Abfrage einer entsprechenden Datenbank zu beurteilen, können diese Anforderung beibehalten.

[57] 3.2. Die Verpflichtung des Kreditgebers zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers gemäß Art 8 Abs 1 Verbraucherkredit‑RL soll die Verbraucher vor der unverantwortlichen Gewährung von Krediten schützen, die ihre finanziellen Möglichkeiten überschreiten und zu ihrer Zahlungsunfähigkeit führen können (EuGH 27. 4. 2014, C‑565/12 , LCL Le Crédit Lyonnais SA, ECLI:EU:C:2014:190, Rz 42 f). Darüber hinaus soll die unionsrechtlich vorgegebene Bonitätsprüfung dem allgemeinen Interesse an einer funktionierenden Kreditwirtschaft im Binnenmarkt dienen (ErwGr 6, 7 Verbraucherkredit‑RL; Pesek in Klang³ § 7 VKrG Rz 1).

[58] 3.3. Nach § 7 Abs 1 VKrG und nach Art 8 Abs 1 Verbraucherkredit‑RL muss der Kreditgeber die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit maßgeblichen Tatsachen ermitteln (Pesek in Klang³ § 7 Rz 27). Als Informationsmittel werden in § 7 Abs 1 VKrG ebenso wie in Art 8 Verbraucherkredit‑RL die Einholung von Informationen vom Verbraucher und die Einholung von Auskünften aus einer zur Verfügung stehenden Datenbank genannt.

[59] Unter der Kreditwürdigkeit ist nicht die Bonität im kreditwirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Es geht vielmehr um die Einschätzung, ob der Verbraucher bei einer ex ante‑Betrachtung voraussichtlich in der Lage sein wird, seine Zahlungspflichten aus dem Kreditvertrag vollständig zu erfüllen, ohne dadurch an den Rand seiner wirtschaftlichen Existenz gedrängt zu werden (ErläutRV 650 BlgNR 24. GP  17; Pesek in Klang³ § 7 VKrG Rz 6 f; Zöchling‑Jud in Wendehorst/Zöchling‑Jud, Verbraucher‑kreditrecht [2010] § 7 VKrG Rz 6 f; vgl Heinrich in Schwimann/Kodek, ABGBVa § 7 VKrG Rz 4 ff).

[60] 4.1. Welchen Inhalt die Informationen haben müssen, um iSd § 7 Abs 1 VKrG als ausreichend angesehen zu werden, ist gesetzlich nicht näher umschrieben.

[61] 4.2. In der Literatur wird durchwegs vertreten, dass bei der Kreditwürdigkeitsprüfung die regelmäßigen (Netto-)Einkünfte des Verbrauchers und seine sonstigen liquiden Mittel zu berücksichtigen seien (Pesek in Klang³ § 7 VKrG Rz 10; Heinrich in Schwimann/Kodek, ABGBVa § 7 VKrG Rz 9; Zöchling‑Jud in Wendehorst/Zöchling‑Jud, Verbraucherkreditrecht § 7 VKrG Rz 9; Dehn in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht IV² [2012] Rz 2/54). Strittig ist aber die Einbeziehung nicht‑liquider Vermögensgegenstände in die Kreditwürdigkeitsprüfung (dafür: Heinrich in Schwimann/Kodek, ABGB4 Va § 7 VKrG Rz 9; Pesek in Klang³ § 7 VKrG Rz 12; dagegen: Wendehorst, Was ist Bonität? in Blaschek/Habersberger, Eines Kredites würdig? 29 f; Foglar‑Deinhardstein, Die Bonitätsprüfung beim Verbraucherkredit [2013] Rz 237 ff; Weissel, Verbraucherkredit: Erkundigungspflichten der Bank, RdW 2014, 176, 179; ders, Der durch § 7 VKrG zivilrechtlich verschaffte Schutz: Rechtswohltat oder Irrweg, ZFR 2012, 208, 210; differenzierend [zwischen kleineren Konsumkrediten und Krediten etwa zur Wohnraumschaffung, die bis zum Inkrafttreten des HIKrG am 21. 3. 2016 ebenfalls von § 7 VKrG erfasst waren] Zöchling‑Jud in Wendehorst/Zöchling‑Jud, Verbraucherkreditrecht [2010] § 7 VKrG Rz 10; Dehn in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht IV² Rz 2/55). Den Einkünften und liquiden Mitteln des Verbrauchers sowie den – je nach vertretener Rechtsauffassung ebenfalls einzubeziehenden – sonstigen Vermögenswerten sind die regelmäßigen Belastungen des Verbrauchers gegenüberzustellen (Pesek in Klang³ § 7 VKrG Rz 17; Heinrich in Schwimann/Kodek, ABGB4 Va § 7 VKrG Rz 10, 12; Zöchling‑Jud in Wendehorst/Zöchling‑Jud, Verbraucherkreditrecht § 7 VKrG Rz 12).

[62] 4.3. Einigkeit besteht darüber, dass der Umfang der Nachforschungspflicht des Kreditgebers von den Umständen des einzelnen Falls abhängt, wobei es auf die Höhe der ausbezahlten Kreditvaluta, die Laufzeit des Kredits, die Aussagekraft und Glaubwürdigkeit der vom Verbraucher erteilten Auskünfte sowie das Bestehen bzw die Dauer und Intensität der Geschäftsbeziehung zwischen dem Kreditgeber und dem Verbraucher ankommt (Heinrich in Schwimann/Kodek, ABGB4 Va § 7 VKrG Rz 14; Zöchling‑Jud in Wendehorst/Zöchling‑Jud, Verbraucherkreditrecht § 7 VKrG Rz 14; 8 Ob 76/16h).

[63] 4.4. In diesem Sinn vertreten Leupold/Ramharter für (Waren-)Kleinkredite, dass die Explorationspflichten des Kreditgebers eingeschränkt seien; sie verweisen in diesem Zusammenhang auf Informationen aus Datenbanken und lehnen eine darüber hinausgehende, mit dem Ziel effizienter Märkte nicht vereinbare Kreditwürdigkeitsprüfung ab (Leupold/Ramharter, Die Verletzung der Pflicht zur Warnung vor mangelnder Kreditwürdigkeit nach dem Verbraucherkreditgesetz, ÖBA 2011, 469, 486).

[64] 4.5. Auch der Inhalt der nach § 7 Abs 1 VKrG „ausreichenden“ Informationen muss in Abhängigkeit von den Umständen des einzelnen Falls konkretisiert werden. Nur so kann mit Hilfe der gesetzlichen Generalklausel eine sachgerechte Konkretisierung der gesetzlichen Pflichten für die große Bandbreite der von § 7 Abs 1 VKrG erfassten Verbraucherkredite – die entgeltliche Finanzierungshilfen iSd § 25 Abs 1 VKrG bis hin zu hohen Bankkrediten einschließt – ermöglicht werden.

[65] 4.6. Diese Auslegung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH zu Art 8 Abs 1 Verbraucherkredit‑RL.

[66] In der Rs CA Consumer Finance SA wurde vom EuGH klargestellt, dass die Richtlinie die Angaben, anhand derer der Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu bewerten hat, nicht abschließend festlegt und auch nicht näher ausführt, ob und wie diese Angaben zu überprüfen sind. Dem Kreditgeber ist vielmehr ein Ermessensspielraum eingeräumt, wenn es darum geht, ob die Angaben, über die er verfügt, ausreichend sind, um die Kreditwürdigkeit des Kreditbewerbers zu bescheinigen, und ob er diese anhand anderer Kriterien überprüfen muss. Der Kreditgeber muss daher in jedem Fall unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bewerten, ob die ihm zur Verfügung stehenden Angaben des Kreditwerbers sachdienlich und ausreichend sind. Ob die Angaben ausreichen, kann dabei je nach den Umständen des Abschlusses des Kreditvertrags, der persönlichen Lage des Verbrauchers oder des im Vertrag vorgesehenen Kreditvolumens variieren (EuGH 18. 12. 2014, C‑449/13 , CA Consumer Finance SA, ECLI:EU:C:2014:2464, Rz 36 f).

[67] 4.7. Eine Verpflichtung des Kreditgebers, sich bei Warenkleinkrediten zusätzlich zur Einholung von Auskünften von einer externen Kreditauskunftei in jedem Fall über die Einkommens- oder die Vermögenssituation des Verbrauchers oder über beide Aspekte zu informieren, ist daher nicht geboten.

[68] 5.1. Nach den Feststellungen holt die Beklagte vor der Gewährung von Teilzahlungsmöglichkeiten an Neukunden jeweils eine Auskunft von einer externen Auskunftei ein und limitiert die Kreditsumme mit 500 EUR; bei Bestandskunden greift sie auf allfällige in der Unternehmensgruppe vorhandene negative Bonitäts‑informationen zurück. Zusätzlich zieht sie die Höhe der Kreditsumme für ihre Entscheidungsfindung heran; dazu kommen weitere, mit der Kreditwürdigkeit iSd § 7 Abs 1 VKrG nicht im Zusammenhang stehende Faktoren, wie etwa die Wohnadresse.

[69] 5.2. Gerade bei den vom Unterlassungsbegehren erfassten Warenkleinkrediten ab einem Kreditbetrag von 200 EUR erscheint die Berücksichtigung vorhandener negativer Bonitätsinformationen, wie sie sich aus den in der Unternehmensgruppe vorhandenen Informationen ebenso wie aus der Auskunft der Kreditauskunftei ergeben können, zur Bonitätsprüfung nicht schlechthin ungeeignet. Dies wird auch vom klagenden Verband nicht behauptet. Gerade bei sehr niedrigen Kreditbeträgen (ab 200 EUR) ist auch nicht ersichtlich, dass die zusätzliche Kenntnis des Nettoeinkommens (jedenfalls, soweit damit nicht eine detaillierte Erhebung sämtlicher, auch geringfügiger finanzieller Belastungen verbunden wäre) notwendigerweise eine verlässlichere Beurteilung ermöglicht als die Abfrage, ob wegen bestehender „negativer Bonitätsinformationen“ von Vornherein die Einbringlichkeit auch sehr geringer Kreditbeträge in Zweifel zu ziehen ist. Die gleichen Erwägungen gelten auch für die Notwendigkeit der Ermittlung verwertbaren Vermögens des Verbrauchers.

[70] 5.3. Ob die vom klagenden Verband beanstandete Geschäftspraktik, bei der Einräumung von Teilzahlungsmöglichkeiten neben der Einholung von Auskünften einer externen Kreditauskunftei keine Informationen über die Einkommens- und/oder Vermögenssituation der Verbraucher einzuholen, gegen § 7 VKrG verstößt, kann daher nicht generell beantwortet werden, sondern hängt von dem Umständen des jeweiligen Falls ab.

[71] Es ist nicht ausgeschlossen, dass bei den von der Beklagten eingeräumten Teilzahlungsmöglichkeiten Fälle vorliegen, in denen die Einholung einer Auskunft über die Einkommenssituation oder die Vermögenssituation des Verbrauchers oder über beide geboten ist. Das Unterlassungsbegehren stellt aber nicht auf näher konkretisierte Fallgestaltungen ab, sondern zielt darauf ab, der Beklagten schlechthin für alle Fälle zu verbieten, mit Verbrauchern Teilzahlungskäufe oder Teilzahlungsmöglichkeiten mit einem Gesamtkredit von zumindest 200 EUR zu vereinbaren, ohne Informationen zur Einkommenslage und/oder zu deren Vermögenslage einzuholen.

[72] Dieses Begehren ist aber wegen des dem Kreditgeber eingeräumten Ermessensspielraums bei der Bonitätsprüfung nicht berechtigt. Die Revision ist deshalb, soweit sie sich gegen die Untersagung der beanstandeten Geschäftspraktik 1 richtet, berechtigt. In diesem Umfang war das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

 

[73] B. Zur Revision des Klägers:

[74] Die Revision des Klägers ist zulässig, weil die Aktivlegitimation des klagenden Verbands nach §§ 28a, 29 KSchG zur Geltendmachung von Verstößen gegen die DSGVO nicht abschließend geklärt ist.

[75] Zur Leistungsfrist (Klausel 1):

[76] Das Berufungsgericht setzte die Frist für die Unterlassung der Verwendung und des Sich‑Berufens auf die Klausel 1 wegen erforderlicher organisatorischer Maßnahmen zur EDV‑Umstellung mit sechs Monaten fest. Eine derartige Notwendigkeit ist im vorliegenden Fall, in dem die unzulässige Klausel auch die Abrechnung sämtlicher laufender Teilzahlungsverträge betrifft, nachvollziehbar (vgl RS0041265 [T12]). Die vom Berufungsgericht gesetzte Leistungsfrist ist daher im vorliegenden Einzelfall nicht zu beanstanden.

[77] Zur Geschäftspraktik 2:

[78] Beanstandet ist die Geschäftspraktik der Beklagten, die Bonitätsprüfung bei der Kreditvergabe anhand eines Scoring vorzunehmen, ohne dem Verbraucher das Recht einzuräumen, seinen eigenen Standpunkt darzulegen und seine Einstufung anzufechten.

[79] Der klagende Verband beanstandete mit diesem Unterlassungsbegehren nicht das von der Beklagten praktizierte „interne Scoring“, sondern die Entscheidung auf Grundlage der von der externen Auskunftei vorgenommenen Einstufung. Die Vorgehensweise verstoße aus im Einzelnen ausgeführten Gründen gegen Art 22 DSGVO.

[80] Die Beklagte wandte ein, dem klagenden Verband sei keine Aktivlegitimation betreffend datenschutzrechtliche Informationspflichten eingeräumt. Der behauptete Verstoß gegen Art 22 DSGVO liege nicht vor.

[81] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil die Vorgehensweise der Beklagten mit § 7 VKrG und mit Art 22 DSGVO im Einklang stehe.

[82] Das Berufungsgericht bestätigte die Klage‑abweisung mit der Begründung, dem klagenden Verband fehle die Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Datenschutz‑verstößen.

[83] Die Revision macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, das Berufungsgericht habe außer Acht gelassen, dass der systematische Verstoß gegen Art 22 DSGVO im Zusammenhang mit Verbraucherkreditverhältnissen stattfinde, sodass die Verbandsklage nach § 28a KSchG eröffnet sei.

[84] 1. Im Verfahren 6 Ob 77/20x hat der Oberste Gerichtshof dem Europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt (RS0133358):

Stehen die Regelungen in Kapitel VIII, insbesondere in Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, ABl. L 119/1 vom 4. Mai 2016, S. 1; im Folgenden „DSGVO“) nationalen Regelungen entgegen, die – neben den Eingriffsbefugnissen der zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Personen – einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die DSGVO unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten unter den Gesichtspunkten des Verbots der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken oder des Verstoßes gegen ein Verbraucherschutzgesetz oder des Verbots der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen vorzugehen?

[85] 2.1. Der Kläger im vorliegenden Verfahren ist der selbe nach § 29 KSchG klagebefugte Verein, der zu 6 Ob 77/20x – dort gestützt auf § 28 KSchG – einschreitet. Im vorliegenden Verfahren begehrt er gestützt auf § 28a KSchG die Unterlassung einer im Zusammenhang mit Verbraucher‑kreditverhältnissen von der Beklagten angewendeten Geschäftspraktik, die gegen die DSGVO verstoße.

[86] 2.2. Die Frage, ob der Kläger im Weg der Verbandsklage nach § 29 KSchG zur Geltendmachung von Verstößen gegen die DSGVO legitimiert ist, ist auch für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits maßgeblich, weil die Frage, ob der Unionsgesetzgeber mit den in der DSGVO vorgesehenen Rechtsschutzinstrumenten womöglich eine abschließende Regelung zur Rechtsdurchsetzung bei Datenschutzverstößen schaffen wollte, auch für Klagen gegen Geschäftspraktiken, die im Zusammenhang mit den in § 28a KSchG genannten Rechtsverhältnissen stehen, entscheidungswesentlich ist.

[87] So hat der Oberste Gerichtshof sein Vorab‑entscheidungsersuchen zu 6 Ob 77/20x auch auf die Verbandsklage „unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen ein Verbraucherschutzgesetz“ – also gemäß § 28a KSchG – bezogen (vgl das Vorabentscheidungsersuchen des BGH vom 28. 5. 2020, I ZR 186/17 [Rz 47, 57 ff]).

[88] 3. Der Oberste Gerichtshof hat von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs auszugehen und diese auch für andere als den unmittelbaren Anlassfall anzuwenden. Aus prozessökonomischen Gründen ist das vorliegende Verfahren daher insoweit zu unterbrechen (RS0110583).

 

[89] C. Zu den Veröffentlichungsbegehren:

[90] Wegen der Verfahrensunterbrechung hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens betreffend die Geschäftspraktik 2 (Verstoß gegen die DSGVO) kann über die von beiden Parteien gestellten Veröffentlichungsbegehren nicht abschließend entschieden werden. Ein Teilurteil ist hier nicht zweckmäßig, weil mit einer weiteren Veröffentlichung nach Vorliegen des Endurteils zusätzliche Kosten verbunden wären, die bei einer gemeinsamen Veröffentlichung nicht anfallen (Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung4 [2017] Rz 4.28; RS0079937 [T1]).

 

[91] D. Kostenentscheidung:

[92] Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 4 ZPO.

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