OGH 6Ob54/21s

OGH6Ob54/21s23.6.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J*, 2. Mag. J*, beide vertreten durch Dr. Günther Schmied, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. N*, 2. L*, 3. M*, alle vertreten durch Dr. Georg Getreuer, Rechtsanwalt in Wien, 4. Verlassenschaft nach dem am * 2010 verstorbenen R*, zuletzt *, vertreten durch Dr. Helwig Keber, Rechtsanwalt in Graz, als Verlassenschaftskurator, wegen Unwirksamerklärung eines Vertrags und Räumung, über die Revisionen der klagenden Parteien sowie der zweit- und drittbeklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 22. Jänner 2021, GZ 5 R 138/20f‑24, womit das Urteil des Bezirksgerichts Graz‑Ost vom 16. Juli 2020, GZ 220 C 239/19z‑17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132295

 

Spruch:

 

I. Die außerordentliche Revision der zweit‑ und drittbeklagten Parteien gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO wird zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

II. Der Revision der klagenden Parteien wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten haben wie folgt:

„Der Mietvertrag vom 18. 2. 1999 samt den Nachträgen vom 23. 9. 1999 und 1. 10. 1999 ist gegenüber den Klägern rechtsunwirksam.

Die Beklagten sind schuldig, die Liegenschaft KG *, EZ *, Bezirksgericht Graz‑Ost, mit dem darauf befindlichen Einfamilienwohnhaus (Grundstücksadresse *) binnen 14 Tagen zu räumen und an die klagenden Parteien geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Klägern binnen 14 Tagen die mit 5.249,79 EUR (darin enthalten 852,66 EUR an Umsatzsteuer und 133,80 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die mit 4.440,30 EUR (darin enthalten 501,92 EUR an Umsatzsteuer und 1.428,80 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.“

Die Erst-, Zweit- und Drittbeklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Klägern binnen 14 Tagen die mit 3.882,65 EUR (darin enthalten 408,61 EUR an Umsatzsteuer und 1.431 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ * KG * mit dem darauf befindlichen Einfamilienwohnhaus *. Zuvor war G*, der Vater der Kläger, der am * 2019 verstorben ist, Eigentümer der Liegenschaft. Er hatte die Liegenschaft als Vorerbe erworben, die Kläger sind die Nacherben. Die Nacherbschaft war im Grundbuch einverleibt.

[2] G* vermietete der Erstbeklagten und ihrem (mittlerweile verstorbenen) Ehegatten R* mit Mietvertrag vom 18. 2. 1999 samt Nachträgen vom 23. 9. 1999 und 1. 10. 1999 die Liegenschaft, wobei das Bestandverhältnis den Kündigungsbeschränkungen des Mietrechtsgesetzes unterlag. Die Vereinbarungen sahen einen monatlichen Mietzins von 3.000 ATS zuzüglich der auf den Mietgegenstand entfallenden Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben, einen Kündigungsverzicht des Vermieters auf 20 Jahre bis zum 28. 2. 2019, ein umfassendes Weitergaberecht der Mieter, das die Untervermietung miteinschließt, sowie den Verzicht auf die Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 Z 4 (Weitergabe), Z 7 (Änderung des Verwendungszwecks) und Z 9 (Eigenbedarf) MRG, vor. Im Gegenzug verpflichteten sich die Mieter zu umfangreichen Investitionen in das Objekt, die bei Beendigung des Mietverhältnisses entschädigungslos in das Eigentum des Vermieters übergehen sollten. Vereinbart wurde, dass der Mietgegenstand zum Zweck der Herstellung und des Betreibens eines Restaurants benützt werden würde. Im Nachtrag vom 23. 9. 1999 änderten die Vertragsparteien die Verpflichtung zur Zahlung von Mietzins derart ab, dass für den Zeitraum des Kündigungsverzichts, somit bis zum 28. 2. 2019, ein Pauschalbetrag von insgesamt 120.000 ATS zu leisten war.

[3] Den Mietern kam es bei Abschluss des Mietvertrags darauf an, ihre Investitionen insoweit abzusichern, als der Vermieter das Bestandsverhältnis nicht schon nach kurzer Zeit einseitig auflösen können sollte. Der Vermieter war einzig und allein daran interessiert, Geld mit dem Bestandobjekt zu verdienen. Seine Kinder (die Kläger und Nacherben) wollte er mit Abschluss des Mietvertrags und der Nachträge nicht benachteiligen bzw schädigen.

[4] Die Mieter versuchten nach Abschluss des Mietvertrags und der Nachträge, die Eintragung ihres Bestandrechts für den Zeitraum vom 1. 3. 1999 bis 28. 2. 2019 im Grundbuch zu ihren Gunsten zu erreichen. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde ihnen erstmals bewusst, dass zugunsten der Kläger eine fideikommissarische Substitution im Grundbuch angemerkt war.

[5] Beim Zweit- und Drittbeklagten handelt es sich um die Söhne der Erstbeklagten und des R*. Im Jahr 2014 trat die Erstbeklagte ihre Bestandrechte an ihre Söhne ab. Diese schlossen mit Bestandvertrag vom 23. 9. 2014 unter Beitritt der Erstbeklagten einen Unterbestandsvertrag mit der D* OG zu einem Mietzins von zunächst 1.250 EUR netto ab. Bei der viertbeklagten Partei handelt es sich um den ruhenden Nachlass nach dem am * 2010 verstorbenen R*; das Verlassenschaftsverfahren endete mit einer Überlassung an Zahlung statt, wobei die Bestandrechte nicht Teil des Verlassenschaftsverfahrens gewesen waren.

[6] Die Vorinstanzen gaben dem aus dem Spruch ersichtlichen Räumungsbegehren gegen den Zweit‑ und Drittbeklagten statt, wiesen jedoch das Räumungsbegehren gegen die Erst‑ und die Viertbeklagte ebenso ab wie das Begehren, den Mietvertrag vom 18. 2. 1999 samt den beiden Nachträgen für rechtsunwirksam zu erklären, gegenüber allen Beklagten. Die Kläger seien in den Mietvertrag eingetreten. Den Mietern sei bei Abschluss des Mietvertrags samt Nachträgen die Nacherbschaft nicht bekannt gewesen. Der Entscheidung 3 Ob 66/06m folgend könne ein vom Nacherben eingegangener Mietvertrag wegen Sittenwidrigkeit angefochten werden. Dabei komme es aber auf das Bewusstsein des Mieters über die Verpflichtung des Vorerben gegenüber dem Nacherben an. In Ermangelung eines Unrechtsbewusstseins der Mieter im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags samt Nachträgen liege Nichtigkeit nicht vor. Die Klage sei daher gegen Erst‑ und Viertbeklagte abzuweisen, dem Räumungsbegehren gegen Zweit‑ und Drittbeklagte jedoch stattzugeben gewesen, weil eine wirksame Abtretung der Bestandrechte an diese nicht erfolgt sei.

[7] Die Revision der Kläger ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; sie ist auch berechtigt. Hingegen ist die außerordentliche Revision der Zweit‑ und Drittbeklagten nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[8] 1.1. § 613 ABGB legt die Stellung des Vorerben dahin fest, dass ihm nur ein eingeschränktes Eigentumsrecht zukommt. Er ist zwar Eigentümer, hat aber nur die Rechte und Pflichten eines Fruchtnießers (10 Ob 85/11i; aA noch NZ 1930, 142, wonach die Berechtigungen des Vorerben größer als die des Fruchtnießers sind). Im Rahmen seines Nutzungsrechts kann der Vorerbe grundsätzlich auch längerfristige Bestandverträge abschließen (RS0012562 [T1]). Ob diese mit dem Recht des Vorerben eo ipso erlöschen, ist in der Lehre strittig (vgl Welser, Erbrechts-Kommentar § 613 ABGB Rz 13 samt Nachweisen), wird von der Judikatur jedoch verneint. Der Nacherbe tritt in sie ein und kann sie (nur) unter den allgemeinen Voraussetzungen auflösen (5 Ob 182/00a; 10 Ob 85/11i; vgl auch RS0013481).

[9] 1.2. Der Vorerbe kann demnach die Substanz der später herauszugebenden Substitutionsmasse unbeschränkt nützen; er muss die Substanz jedoch schonen und darf keine Veränderungen vornehmen, die das Wesen des Substitutionsguts umgestalten. Er darf insbesondere die wirtschaftliche Zweckbestimmung und daher auch die Bewirtschaftungsart nicht verändern (RS0011917; RS0011863; 10 Ob 85/11i). Maßgeblich ist, ob die Veränderung zu einer in größerem Ausmaß gegebenen Belastung führt als die ursprüngliche Verwendung (10 Ob 85/11i). Eine unzulässige Änderung der Bewirtschaftungsart sah der Oberste Gerichtshof unter anderem in einer unbefristeten Vermietung einer den Kündigungsschutzbestimmungen des Mietrechtsgesetzes unterliegenden Anliegerwohnung, die zuvor ausschließlich als Dienstwohnung für Chauffeur, Gärtner und Haushälterin zur Verfügung gestellt worden war, weil die dadurch entstandenen Kündigungsbeschränkungen nach dem MRG zu einer in größerem Ausmaß gegebenen Belastung führten als die ursprüngliche Verwendung als Dienstwohnung (10 Ob 85/11i).

[10] 1.3. Hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Überschreitung der Grenzen der Nutzungsberechtigung des Vorerben ist zu unterscheiden (Kletečka/Holzinger in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON § 613 Rz 39 ff mwN): Schon vor Eintritt des Substitutionsfalls kann der Nacherbe vom Vorerben Unterlassung und Sicherstellung gemäß § 520 ABGB verlangen (1 Ob 502/88; Welser, Erbrechts-Kommentar § 613 ABGB Rz 5), außerdem besteht ein Beseitigungsanspruch (Kletečka/Holzinger in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON § 613 Rz 40). Ist bereits ein Schaden entstanden, so kann der Nacherbe nach Eintritt des Substitutionsfalls Schadenersatz verlangen (Kletečka/Holzinger aaO Rz 41 mwN). Dabei kann er entweder von den Gesamtrechtsnachfolgern des Vorerben Schadenersatz fordern (vgl 10 Ob 85/11i) und/oder nach Eintritt in den Mietvertrag diesen wegen Sittenwidrigkeit nach § 879 ABGB anfechten (3 Ob 66/06m).

[11] 1.4. Daneben sind jedoch die allgemeinen Grenzen der Verfügungsbefugnis des Vorerben zu beachten: Der Vorerbe ist über die Masse nur insoweit verfügungsbefugt, als er nicht in die Rechte des Nacherben eingreift (Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 § 613 Rz 5). Insbesondere darf er – was ebenso für den Fruchtgenussberechtigten und andere Dienstbarkeits-berechtigte gilt (vgl nur Zach/Spath in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 511 Rz 3) – die Bewirtschaftungsart nicht ändern. Solcherart unzulässige Verfügungen des Vorerben sind ungültig (Welser, Erbrechts-Kommentar § 613 Rz 8; vgl auch Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 § 613 Rz 6).

[12] 1.5. Diese Drittwirkung der Nacherbschaft folgt aus der zeitlichen Beschränkung der Eigentümerstellung des Vorerben (Kletečka, Ersatz- und Nacherbschaft [1999] 232 ff; Welser inRummel/Lukas, ABGB4 § 613 Rz 6). Kletečka (aaO 250 f) hat auch gezeigt, dass dieses Ergebnis in Einklang mit § 442 letzter Satz ABGB steht. Ergänzend verweist Kletečka (aaO 251) auf § 468 ABGB, der ausdrücklich anordnet, dass das Pfandrecht mit dem zeitlichen Recht des Pfandbestellers auf die verpfändete Sache erlischt.

[13] 1.6. Diese Überlegungen müssen auch für die Einräumung bloß obligatorischer Positionen gelten, können doch auch diese nur in dem dem Einräumenden zustehenden Umfang begründet oder übertragen werden. Soweit in Lehre und Rechtsprechung die Bindung des Nacherben an vom Vorerben abgeschlossene Bestandverträge erörtert wird (vgl etwa Sailer in Kerschner/Fenyves/Vonkilch, Klang³ § 613 Rz 44 ff mwN), bezieht sich dies nur auf zulässigerweise abgeschlossene Verträge. Liegt im Abschluss des Bestandvertrags hingegen eine unzulässige Änderung der Bewirtschaftungsart, handelt es sich gerade nicht um einen zulässigen und den Nacherben bindenden Vertragsschluss „i m Rahmen seines Nutzungsrechts“ (vgl RS0012562 [T1]).

[14] 2.1. Nach den Feststellungen vermietete der Vorerbe die Liegenschaft mit dem darauf befindlichen Einfamilienwohnhaus unbefristet zur erstmaligen Errichtung eines Restaurants an die Erstbeklagte und deren Ehemann. Dieser Mietvertrag unterliegt aufgrund des Zeitpunkts des Abschlusses den Kündigungsbeschränkungen des Mietrechtsgesetzes. Zusätzlich wurde vom Vorerben auf die Ausübung der Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 Z 4 (Weitergabe), Z 7 (Änderung des Verwendungszwecks) und Z 9 (Eigenbedarf) MRG verzichtet. Dadurch erfolgte eine unzulässige Änderung der Bewirtschaftungsart, weil diese Vermietung zu einer in größerem Ausmaß gegebenen Belastung der Nacherben führt als die ursprüngliche Verwendung. Die Liegenschaft ist damit möglicherweise auf Generationen der ursprünglichen Nutzung als Wohnmöglichkeit entzogen, die bei einem Einfamilienwohnhaus üblicherweise im Vordergrund steht. Auf einen finanziellen Schaden kommt es diesfalls nicht mehr an, sodass die Frage der Ortsüblichkeit des vereinbarten Mietzinses nicht entscheidungsrelevant ist.

[15] 2.2. Damit sind aber nach dem Gesagten die Nacherben nicht an den Vertrag gebunden, ohne dass es darauf ankommt, welche Absicht der Vorerbe mit dem Abschluss des Bestandvertrags verfolgte und ob die Beklagten – aus der bücherlichen Eintragung des Substitutionsbands nicht zwingend ableitbare (zur Differenzierung zwischen bei Besichtigung der Liegenschaft erkennbaren und bloßen „Buchrechten“ in anderem Zusammenhang Frössel, Die Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte 257 ff) – positive Kenntnis von der Nacherbschaft hatten. Auch auf das Vorliegen von Sittenwidrigkeit im Sinne des § 879 ABGB kommt es nicht an, weil die Beschränkung der Wirkung des vom Vorerben abgeschlossenen Mietvertrags sich schon aus dessen beschränkter Verfügungsbefugnis ergibt.

[16] 2.3. In der Entscheidung 3 Ob 66/06m kam der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis, dass ein vom Fruchtgenussberechtigten abgeschlossener Bestandvertrag, der zur fast gänzlichen Entwertung der Liegenschaft über mehrere Generationen führt, sittenwidrig sei, wenn dem Mieter der dadurch für den Liegenschaftseigentümer eintretende Schaden zumindest erkennbar war. Der Oberste Gerichtshof leitete dort die Sittenwidrigkeit aus dem geringen Mietzins (Miete unter 10 % des ortsüblichen Mietzinses) und dem Kündigungsverzicht auf 100 Jahre „unter dem Gesichtspunkt der Bindung der Rechtsnachfolger auf Vermieterseite“ ab, weil „wohl (...) aus wichtigem Grund auch bei Unkündbarkeit gekündigt werden (kann), dies aber – wenn der Mietvertrag dem Mietrechtsgesetz oder doch zumindest dessen Kündigungsbestimmungen unterliegt – nur aus Gründen, die in der Sphäre des Bestandnehmers liegen (…). Dies bedeutet eine erhebliche Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten“.

[17] Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass die Entscheidung 3 Ob 66/06m im unter RS0011846 erfassten Leitsatz dahin zusammengefasst ist, dass der Fruchtgenussberechtigte nur zum Abschluss von ortsüblichen Mietverträgen berechtigt ist, nicht jedoch zu einer über seinen Tod weit hinausreichenden unentgeltlichen oder fast unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung, ohne dass dabei auf Sittenwidrigkeit Bezug genommen würde.

[18] 2.4. Dieser Fall betraf jedoch keine fideikommissarische Substitution. Außerdem wurde in dieser Entscheidung die Frage, ob im Abschluss des betreffenden Bestandvertrags eine unzulässige Änderung der Bewirtschaftungsart durch die Fruchtgenussberechtigte lag (sodass der Bestandvertrag schon aus diesem Grund ungültig war), nicht thematisiert.

[19] 2.5. Zumindest im vorliegenden Fall ergibt sich die Unwirksamkeit des Bestandvertrags schon aus der eingeschränkten Rechtsstellung des Vorerben, ohne dass es des Rückgriffs auf Sittenwidrigkeit bedarf. Darin liegt auch ein entscheidender Unterschied zu den vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 66/06m (ErwGr V) herangezogenen Konstellationen, in denen jeweils der (volle) Eigentümer, sohin ein unbeschränkt Berechtigter, die Vermietung vorgenommen hatte und dadurch die Position des Vorkaufsberechtigten (ErwGr V a), eines Pfandgläubigers (ErwGr V c) oder des Erstehers in der Zwangsversteigerung (ErwGr V d) beeinträchtigte: In diesen Konstellationen kann– anders als im vorliegenden Fall – die Ungültigkeit des Mietvertrags, weil dieser durch einen unbeschränkten Eigentümer abgeschlossen wurde, nur über § 879 ABGB begründet werden. Im hier zu beurteilenden Fall des Abschlusses eines Mietvertrags durch den Vorerben bedarf es dieser Konstruktion jedoch nicht, weil diesem von vornherein nur eine eingeschränkte Rechtsposition zukommt und er daher keine weitergehenden Rechte einräumen bzw übertragen kann.

[20] 2.6. Aus dem Gesagten folgt, dass die Nacherben nicht an den von den Vorerben abgeschlossenen Mietvertrag gebunden sind. Damit erweist sich das Klagebegehren aber gegenüber allen Beklagten als berechtigt. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz, sodass es keiner diesbezüglichen richterlichen Rechtsgestaltung bedarf. Der diesbezügliche Teil des Klagebegehrens war daher im Sinne des evident von den Klägern verfolgten Rechtsschutzziels im Sinne eines Feststellungsbegehrens umzuformulieren.

[21] 3.1. Aus den Feststellungen der Vorinstanzen ist entgegen dem Rechtsstandpunkt der Beklagten ein schlüssiger Bestandvertrag zwischen den Streitteilen nicht abzuleiten. Der Vorerbe ist im Mai 2019 verstorben; im November 2019 brachten die Kläger ihre Klage ein. Im Übrigen kann ein Bestandvertrag auch konkludent nur dann zustande kommen, wenn beide Teile die Absicht hatten, einen Vertrag zu schließen (RS0014313).

[22] 3.2. Nicht maßgeblich ist die von der Revision der Zweit‑ und Drittbeklagten relevierte Frage, ob eine wirksame Abtretung erfolgte. Der Zweit‑ und der Drittbeklagte leiten ihr Nutzungsrecht aus der behaupteten Übertragung der Mietrechte durch die Erstbeklagte ab. Hat der Vermieter im Vorhinein einem Mieterwechsel zugestimmt und überträgt der Mieter in der Folge sein Mietrecht einem anderen, so tritt dieser andere dann, ohne dass er einer weiteren Zustimmung des Vermieters bedarf, in die vollen Rechte und Pflichten des bisherigen Mieters ein; dieser scheidet aus dem Mietverhältnis aus, der neue Mieter wird voller Vertragspartner des Vermieters. Es liegt eine Vertragsübernahme vor (RS0032700). Auch dem Zweit‑ und dem Drittbeklagten gegenüber kann daher im Falle wirksamen Eintritts in das Bestandverhältnis Unwirksamkeit des ursprünglichen Vertrags entgegengehalten werden.

[23] 4.1. Die Beklagten erhoben gegen das Räumungsbegehren in erster Instanz einen Zug-um-Zug-Einwand. Dazu wies das Erstgericht darauf hin, dass diesbezüglich kein konkretes Beweisanbot vorliegt. Daraufhin legte der Beklagtenvertreter zwar mehrere Urkunden vor, erstattete aber kein näheres Vorbringen. Im Urteil des Erstgerichts finden sich keine Feststellungen zu diesem Punkt. Dieser Umstand wurde weder von den Zweit- und Drittbeklagten in Berufung und Revision noch von der Erstbeklagten in der Berufungsbeantwortung gerügt, obwohl die Kläger die unbedingte Rückstellung des Bestandobjekts begehrten. Schon aus diesem Grund ist darauf nicht weiter einzugehen.

[24] 4.2. Lediglich der Vollständigkeit halber ist aber auf Folgendes hinzuweisen: Ein Zurückbehaltungsrecht nach § 471 ABGB besteht gegen jene Person, welche Schuldnerin des Aufwands- bzw Schadenersatzanspruchs ist (Oberhammer/Domeji in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON § 471 Rz 12). Nach ständiger Rechtsprechung schließt aber das Bestehen eines Vertragsverhältnisses zu einer Person einen Verwendungsanspruch gegenüber einer anderen Person aus (RS0020101). Rechtsgrundlage allfälliger Investitionen der Beklagten bildete aber der Vertrag mit dem Vorerben; gegenüber den Klägern als Nacherben ist dieser Vertrag nach dem Gesagten unwirksam, sodass sich die Beklagten schon aus diesem Grund nicht auf den Vertrag berufen können.

[25] 4.3. Zudem schließt § 1440 ABGB die Erhebung des Zug-um-Zug-Einwands bei in Bestand gegebenen Sachen ausdrücklich aus. Der Oberste Gerichtshof hat diese Bestimmung auch auf den Fall des Rücktritts nach § 918 ABGB angewendet (1 Ob 241/69; vgl auch MietSlg 7113 und MietSlg 20.219). Im vorliegenden Fall ergibt sich der Ausschluss des Zug-um-Zug-Einwands jedenfalls aus dem Zweck der Ungültigkeit, der im Rahmen der Rückabwicklung jedenfalls zu berücksichtigen ist (vgl dazu allgemein Graf in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON § 879 Rz 235 ff), könnte doch andernfalls der vom Gesetz intendierte Schutz des Nacherben unterlaufen werden, wenn er plötzlich mit von ihm in keiner Weise beeinflussbaren Gegenforderungen konfrontiert werden könnte. Im Übrigen haben die Beklagten nach den Feststellungen wenige Tage nach Unterfertigung der Zusatzvereinbarung ohnedies jedenfalls positive Kenntnis vom Grundbuchstand und damit auch vom bestehenden Substitutionsband erlangt, sodass sie ihr weiteres (Investitions‑)Verhalten darauf einstellen konnten.

[26] 5. Im Hinblick auf die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen waren auch die Kostenentscheidungen betreffend das erstinstanzliche und das Berufungsverfahren neu zu fassen. Diese Entscheidung sowie jene über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Dabei waren die Beklagten gemäß § 46 ZPO solidarisch zum Kostenersatz zu verpflichten.

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