OGH 8Ob63/21d

OGH8Ob63/21d26.5.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Reif & Wuritsch Rechtsanwälte in Judenburg, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei D*****, vertreten durch Niederbichler Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. G*****, vertreten durch Mag. Karl Heinz Fauland, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen 330.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 11. März 2021, GZ 2 R 97/20g‑60, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00063.21D.0526.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Frage, ob laesio enormis vorliegt, betrifft grundsätzlich einen Einzelfall, weshalb ihr in der Regel keine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukommt. Das trifft dann nicht zu, wenn die Berechnung auf unlogischen Prämissen aufbaut oder wenn der Ausschlussgrund (§§ 935, 1268 ABGB) falsch beurteilt wird (RIS-Justiz RS0108169). Dies ist hier nicht der Fall.

[2] 2. Nach den allgemeinen Regeln über die Beweislastverteilung trifft für die Verkürzung den „Verkürzten“ die Beweislast; für den Ausschluss der laesio enormis trägt jedoch der „Verkürzende“ die Beweislast (RS0108170). Dafür, dass dem Verkürzten der wahre Wert bekannt war, ist daher der andere Teil beweispflichtig (RS0087574).

[3] 3. Negativfeststellungen fallen demjenigen zur Last, den die Beweislast trifft (RS0039903 [T5]).

[4] 4. Das Berufungsgericht hat nach Beweiswiederholung die Negativfeststellung getroffen, dass nicht feststellbar ist, ob der Beklagte beim Kauf der als Freiland gewidmeten Liegenschaften des Klägers zum Preis von 330.000 EUR (bei einem festgestellten Verkehrswert von 98.000 EUR) von einer bevorstehenden Umwidmung einer Teilfläche von 2.300 m² in Bauland ausging.

[5] Damit steht aber gerade nicht fest, dass dem Beklagten der wahre Wert der Liegenschaften bekannt war, wäre der Verkehrswert von sogenanntem Bauerwartungsland mit 284.000 EUR beträchtlich höher als von Freiland, das – wie hier – keine Umwidmung in absehbarer Zeit erwarten lässt.

[6] Der Kläger hat damit auch nicht unter Beweis gestellt, dass die Parteien einen glücksspielhaften Vertrag abgeschlossen haben, auf den die Bestimmung des § 1268 ABGB analog Anwendung finden würde (vgl RS0106040). Die Negativfeststellung lässt nämlich offen, ob der Beklagte das Risiko der Umwidmung bewusst übernommen hat oder ob er, ohne dass ihn der Kläger darüber aufgeklärt hätte, dass die Aussicht auf Umwidmung tatsächlich gegen Null geht, von einer bevorstehenden Umwidmung ausgegangen ist. Dieses „non liquet“ schlägt zum Nachteil des Klägers aus.

[7] 5. Angesichts der skizzierten Beweislastverteilung liegt in der Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte den wahren Wert des Kaufgegenstands nicht gekannt hat, weder eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens noch eine Aktenwidrigkeit.

[8] 6. Insgesamt zeigt der Kläger jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

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