OGH 10Ob33/20f

OGH10Ob33/20f24.11.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* AG, *, vertreten durch Mag. Manfred Pollitsch und Mag. Hannes Pichler, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Univ.‑Prof. Dr. M*, vertreten durch Mag. Wolfgang Dlaska, Rechtsanwalt in Graz, wegen 38.192,63 EUR sA, über die Revisionen der klagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 25. Juni 2020, GZ 2 R 15/20y‑54, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 29. November 2019, GZ 13 Cg 10/17d‑50, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130177

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Partei werden zurückgewiesen.

Über die Kosten des Revisionsverfahrens hat das Erstgericht zu entscheiden.

 

Begründung:

[1] Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang (zum bisherigen Verfahrensverlauf siehe 10 Ob 4/18p). Für das Revisionsverfahren ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

[2] F* wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 6. 2. 2015, GZ *, schuldig gesprochen, im Zeitraum von 1. 7. 2011 bis 23. 4. 2014 seine Schwester S*, deren Gatten A* (in der Folge auch: die Geschädigten) sowie seinen Vater beharrlich im Sinn des § 107a Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB verfolgt zu haben. Insbesondere beobachtete und fotografierte er diese Personen von öffentlichem Grund aus, ging ihnen nach und beschimpfte seine Schwester und seinen Vater. Bei „Patrouillenfahrten“ mit seinem PKW beschallte er S* und A* mit Tonaufnahmen folgenden Inhalts: „Wichtige Mitteilung! Wer kennt sie noch nicht, die Erbschleicher Familie […], wohnhaft in […]. Sie belügen und betrügen alte Menschen, um an ihr Hab und gut zu kommen. Nehmen sie sich in Acht! Sonst werden auch sie von ihnen betrogen.“ F* wurde dafür zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, die bedingt nachgesehen wurde.

[3] In diesem Strafverfahren wurde der Beklagte von der Staatsanwaltschaft Graz zum Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie bestellt und unter anderem beauftragt zu prüfen, welcher Art und Schwere die von S* und A* erlittenen Körperverletzungen waren sowie die Dauer der Schmerzperioden festzustellen. Der Beklagte gelangte in seinen Gutachten zum Ergebnis, dass– jeweils komprimiert auf den 24‑Stunden‑Tag – A* mittelgradige Schmerzen in der Dauer von 285 Tagen und S* solche für die Dauer von 190 Tagen erlitten hatten. S* und A*, die sich als Privatbeteiligte dem Strafverfahren angeschlossen hatten, wurden mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

[4] Im Verfahren 11 Cg 25/15t des Erstgerichts (in weiterer Folge: Vorverfahren) begehrten A* und S* vom Beklagten F* die Zahlung von 57.000 EUR bzw 38.000 EUR an Schmerzengeld sowie jeweils die Feststellung, dass F* beiden Klägern für sämtliche aus der bis zumindest Oktober 2014 andauernden beharrlichen Verfolgung entstehenden zukünftigen, derzeit nicht bekannten Schäden hafte. Zum Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie wurde Univ.‑Prof. Dr. P* bestellt. Dieser ermittelte für A* für einen Zeitraum von global 3 Jahren jährlich 2 Schmerztage mittleren Grades und 8 Schmerztage leichten Grades, insgesamt daher 6 Schmerztage mittleren Grades und 24 Schmerztage leichten Grades. Für S* ermittelte er für einen Zeitraum von 3 Jahren jährlich 4 Schmerztage mittleren Grades und 8 Schmerztage leichten Grades, insgesamt daher 12 Schmerztage mittleren Grades und 24 Schmerztage leichten Grades. Ausgehend davon sprach das Erstgericht im Vorverfahren mit rechtskräftigem Urteil vom 5. 8. 2016 A* ein Schmerzengeld von 4.300 EUR und S* ein Schmerzengeld von 5.500 EUR zu. Die Mehrbegehren sowie die jeweiligen Feststellungsbegehren wies das Erstgericht ab.

[5] Im vorliegenden Verfahren stellte das Erstgericht unangefochten fest (Urteil S 7): „Ohne eine neuerliche Untersuchung lautet die Diagnose bei S* und A* rezidivierende depressive Episoden mit einem somatischem Syndrom F33 und Angst bzw eine Angst und eine depressive Störung gemischt F41.2 und/oder eine sonstige Reaktion auf eine schwere psychische Belastung (Anpassungsstörung) F43.8. Diagnostisch ist dem Beklagten keine Fehleinschätzung vorwerfbar.

[6] An Schmerzperioden kann man für A* im Zeitraum von Juli 2011 bis Juni 2014 20 bis 30 Tage mittelstarke seelische Schmerzen und 30 bis 50 Tage diskontinuierlich leichte seelische Schmerzen annehmen. Die Schmerzperioden für S* belaufen sich ähnlich wie bei A*.“

[7] Die Klägerin begehrt den Zuspruch von 38.192,63 EUR an Schadenersatz vom Beklagten. Der Beklagte habe im Strafverfahren rechtswidrig und schuldhaft ein (jeweils) unvertretbar unrichtiges Gutachten erstattet und viel zu hohe Schmerzperioden für A* und S* ermittelt. Aufgrund dieser unrichtigen Gutachten hätten A* und S* im Vorverfahren viel zu hohe Schmerzengeldbeträge gegen den Schädiger geltend gemacht. A* und S* hätten daher 10.499,82 EUR an gegnerischen und 27.692,81 EUR an eigenen Kosten zu zahlen gehabt, sodass ihnen in diesem Umfang ein Schaden entstanden sei, für den der Beklagte gemäß §§ 1299, 1300 ABGB hafte. Der Beklagte habe damit zu rechnen gehabt, dass die Tatopfer auf Grundlage seiner Gutachten ihre Schmerzengeldansprüche gegenüber dem Beschuldigten im Strafverfahren als Schädiger geltend machen. Die Klägerin habe den Schaden als Rechtsschutzversicherer von A* und S* gezahlt, sodass der Schadenersatzanspruch gemäß § 67 Abs 1 VersVG auf sie übergegangen sei. Dem Beklagten sei im Vorverfahren wirksam der Streit verkündet worden, er sei dem Verfahren jedoch nicht beigetreten. Er müsse daher insbesondere die Tatsachenfeststellungen des Vorverfahrens über die Schmerzperioden gegen sich gelten lassen.

[8] Der Beklagte wandte dagegen ein, dass seine Gutachten im Ermittlungsverfahren im Auftrag der Staatsanwaltschaft und lege artis erstellt worden seien. Es handle sich zumindest um eine jeweils vertretbare Meinung. Der Streit sei dem Beklagten im Vorverfahren nicht wirksam verkündet worden. Die Geschädigten treffe ein Mitverschulden, weil sie im Vorverfahren massiv überklagt hätten. Dieses Mitverschulden habe sich die Klägerin zurechnen zu lassen.

[9] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Beklagte habe im Strafverfahren ein sach‑ und fachgerechtes Sachverständigengutachten erstattet und in vertretbarer Weise Schmerzperioden für die Geschädigten ermittelt. Die Klägerin habe ein Mitverschulden zu verantworten, weil sie erkennen hätte können, dass die vom Beklagten festgestellten Schmerzperioden nicht allein zur Bemessung des Schmerzengeldanspruchs im Vorverfahren herangezogen hätten werden dürfen.

[10] Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin erhobenen Berufung teilweise Folge. Es sprach der Klägerin 10.000 EUR samt Zinsen zu und wies das Mehrbegehren ab. Die Ermittlung der Schmerzperioden durch den Beklagten im Strafverfahren sei nicht nachvollziehbar, sodass der Beklagte für sein insofern unrichtiges Gutachten hafte. Den Klägern im Vorprozess sei jedoch eine erhebliche Überklagung vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen vorzuwerfen. Sie treffe daher ein erhebliches Mitverschulden. Die vom Sachverständigen in diesem Verfahren ermittelten Schmerzperioden stellten lediglich eine Untergrenze dar. Diese hätten sich nach oben verschieben können, wenn sich die Geschädigten in diesem Verfahren einer (neuerlichen) Untersuchung durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen unterzogen hätten. Aufgrund des daraus resultierenden Beweisnotstands beider Parteien könne zur Ermittlung der Schadenshöhe auf § 273 Abs 1 ZPO zurückgegriffen werden. Das Mitverschulden der Klägerin infolge der Überklagung im Vorverfahren rechtfertige die Reduzierung des Schadens um die Hälfte. Dass die „richtigen“ Schmerzperioden mangels Bereitschaft der Geschädigten zur neuerlichen Untersuchung nicht aufgeklärt werden konnten, sei der Klägerin als weiteres Mitverschulden zuzurechnen und rechtfertige einen weiteren Abzug von rund einem Viertel des geltend gemachten Gesamtschadens. Dies führe zu einem angemessenen Schadenersatzbetrag von 10.000 EUR. Das Berufungsgericht ließ die Revision an den Obersten Gerichtshof „zur Fortentwicklung der Rechtsprechung zur Haftung von Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie – vor allem bei fehlender Mitwirkungsbereitschaft der Geschädigten an der Feststellung der Schadenshöhe“ – zu.

[11] Gegen den stattgebenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die von der Klägerin beantwortete Revision des Beklagten, mit der dieser die Abweisung des Klagebegehrens beantragt.

[12] Gegen den klageabweisenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die vom Beklagten beantwortete Revision der Klägerin, mit der diese die gänzliche Stattgebung ihrer Klage anstrebt.

[13] Beide Revisionen sind entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

[14] A) Zur Revision des Beklagten:

[15] 1. Entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung der Klägerin enthält die Revision des Beklagten die ausdrückliche Erklärung (§ 506 Abs 1 Z 2 ZPO), das Urteil des Berufungsgerichts im gänzlich klageabweisenden Sinn abzuändern. Inhaltlich wendet sich der Beklagte gegen die unrichtige rechtliche Beurteilung der Frage des Mitverschuldens durch das Berufungsgericht und macht damit ausreichend deutlich den Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO geltend (vgl RS0036561 [T1]).

[16] 2.1 Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte für sein unrichtiges Gutachten gegenüber der Klägerin hafte, stellt der Beklagte in der Revision nicht mehr in Frage, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.

[17] 2.2 Für die Annahme des Mitverschuldens im Sinn des § 1304 ABGB genügt eine Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern, sofern sie für den Schaden kausal ist (RS0022831; RS0022681 [T2]). Dass die erhebliche Überklagung durch die Geschädigten im Vorverfahren diese Voraussetzung erfüllt, hat das Berufungsgericht bejaht.

[18] 3.1 Die Kausalität ist eine Voraussetzung dafür, dass überhaupt von einem Mitverschulden gesprochen werden kann; anders als bei §§ 1301 f ABGB bestimmt sie aber nicht das Verhältnis der Schadensteilung (Schacherreiter in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.07 § 1304 Rz 12). Vielmehr richtet sich bei einem Mitverschulden die Schadensteilung nach dem Gewicht des Verschuldens (im Sinne einer Sorgfaltswidrigkeit bzw Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten), gegebenenfalls der Größe und Wahrscheinlichkeit der durch das Verschulden jeweils bewirkten Gefahr sowie der Bedeutung der verletzten Vorschriften (Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1304 Rz 35 mwH; RS0026861). Das Ausmaß eines allfälligen Mitverschuldens des Geschädigten kann jeweils nur im Einzelfall beurteilt werden und stellt daher regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (RS0022681 [T8, T10, T11]).

[19] 3.3 § 1304 ABGB sieht vor, dass der Schaden verhältnismäßig aufzuteilen ist. Maßgeblich dafür sind die Verschuldensanteile von Schädiger und Geschädigtem. Lässt sich deren Verhältnis nicht bestimmen, soll der Schädiger die Hälfte des Schadens ersetzen. Dieser Intention des Gesetzes entspricht die vom Berufungsgericht vorgenommene Verschuldensaufteilung in Bezug auf das vom Beklagten in der Revision allein geltend gemachte Mitverschulden, das in der Überklagung im Vorverfahren liegt. Eine Korrekturbedürftigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts zeigt der Beklagte nicht auf, wenn er lediglich geltend macht, eine allfällige Überklagung hätte unter Beachtung der Rechtsprechung deutlich geringer ausfallen müssen, sodass die Geschädigten im Vorverfahren infolge der Rechtswohltat des § 43 Abs 2 ZPO zur Gänze Ersatz für die ihnen entstandenen Verfahrenskosten erhalten hätten. Das unrichtige Gutachten des Beklagten und die darin angegebenen zu hoch bemessenen Schmerzperioden bildete nämlich eine wesentliche Grundlage für die Einklagung der Ansprüche der Geschädigten im Vorverfahren. Der Beklagte gesteht selbst in der Revision zu, dass die Dauer der Schmerzempfindung unter mehreren Faktoren für die Bemessung eines Schmerzengeldanspruchs ein bedeutender ist (vgl RS0031040 [T9]).

[20] Die Revision des Beklagten ist daher mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

[21] B) Zur Revision der Klägerin:

[22] 1.1 Die Klägerin thematisiert neuerlich die Frage der Wirksamkeit der Streitverkündigung an den Beklagten im Vorverfahren (s näher dazu die in diesem Verfahren ergangene Vorentscheidung 10 Ob 4/18p). Zu Unrecht sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass diese Frage bereits abschließend beurteilt worden sei. Auf Grundlage der materiellen Rechtskraft des Urteils des Vorverfahrens wäre der volle Schadenersatzbetrag zuzusprechen gewesen.

[23] 1.2 Wie ausgeführt zieht der Beklagte die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass er für das von ihm erstattete unrichtige Gutachten hafte, nicht mehr in Zweifel. Es kommt daher auf die Frage, ob ihm im Vorverfahren wirksam der Streit verkündet wurde, nicht (mehr) an. Im Revisionsverfahren ist nur mehr die Frage des der Klägerin zuzurechnenden Mitverschuldens der Geschädigten zu behandeln. Diese war kein Thema im Vorverfahren, sodass es für die Beurteilung dieser Frage auf eine allfällige Bindungswirkung des Urteils aus dem Vorverfahren nicht ankommt.

[24] 2.1 Die Entscheidung des Gerichts darüber, ob es § 273 ZPO anwenden darf, ist eine rein verfahrensrechtliche Entscheidung und daher mit Mängelrüge zu bekämpfen (RS0040282, RS0040364 [T7]). Die Klägerin macht jedoch keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend. Sie führt lediglich im Rahmen der Rechtsrüge aus, dass die von ihr behauptete Bindungswirkung der Entscheidung des Vorverfahrens der Anwendung des § 273 ZPO entgegenstünde. Dem kommt aber schon deshalb keine Berechtigung zu, weil das Berufungsgericht § 273 Abs 1 ZPO zur Ausmittlung des Schadens unter Berücksichtigung des Mitverschuldens des Geschädigten anwandte. Die Frage des Mitverschuldens war aber wie ausgeführt nicht Gegenstand des Vorverfahrens.

[25] 2.2 Die gesetzmäßige Ausführung des Rechtsmittelgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erfordert die Darlegung, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig sein soll (RS0043480 [T14, T20]). Sie fehlt daher, wenn sich der Rechtsmittelwerber mit den rechtlichen Argumenten des Berufungsgerichts gar nicht auseinandersetzt (RS0043603 [T9]). Die Klägerin führt in der Revision aus, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die fehlende Bereitschaft der Geschädigten, an der Feststellung der Schadenshöhe mitzuwirken, eine erhebliche Rolle für die Haftungsfrage spiele. Die Nichtteilnahme an einer neuerlichen Untersuchung führe zu keiner Änderung der Haftungsfrage, weil der Beklagte die Schmerzperioden krass unrichtig ermittelt habe. Sie legt damit jedoch nicht dar, aus welchen Gründen die Annahme eines (weiteren) Mitverschuldens der Klägerin von 25 % durch das Berufungsgericht aufgrund der der Klägerin zuzurechnenden Weigerung der Geschädigten, sich in diesem Verfahren vom Sachverständigen (neuerlich) untersuchen zu lassen, unrichtig sei. Die Rechtsrüge ist in diesem Punkt daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.

[26] 3.1 Schließlich macht die Klägerin geltend, dass das Berufungsgericht zu Unrecht die Auffassung vertrete, ein Rechtsanwalt müsse die Richtigkeit des Ergebnisses eines hochkomplexen psychiatrischen Sachverständigengutachtens überprüfen. Dies sei einem Rechtsanwalt nicht zumutbar und würde ihn der Gefahr einer Haftung aussetzen. In welchem Zusammenhang die vom Berufungsgericht zitierte Schmerzengeldjudikatur mit dem vorliegenden Sachverhalt stehe, sei nicht zu erkennen. Das gegen die Geschädigten gesetzte massive rechtswidrige Verhalten habe über Jahre angedauert.

[27] 3.2 Das Berufungsgericht begründete das Mitverschulden der Geschädigten infolge Überklagung im Vorverfahren nicht damit, dass diese oder ihr Rechtsvertreter das Gutachten des Beklagten nicht überprüft hätten, sondern damit, dass die Geschädigten – und der ihnen zuzurechnende Rechtsvertreter – im Vorverfahren die ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht beachtet haben, wonach Schmerzperioden nur als Berechnungshilfe dienen und der von der Rechtsprechung gezogene Rahmen für die Bemessung des Schmerzengeldes im Einzelfall nicht gesprengt werden darf (vgl RS0031075; RS0122794 [T4]). Damit setzt sich die Revisionswerberin nicht auseinander. Sie gesteht jedoch selbst zu, dass von einem Rechtsanwalt jener Fleiß und jene Kenntnisse zu verlangen sind, die seine Fachgenossen gewöhnlich haben, was dem Standpunkt des Berufungsgerichts entspricht.

[28] 3.3 Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist daher auch die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

[29] 4. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO. Das Berufungsgericht hat die Kostenentscheidung bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten. Daran ist auch der Oberste Gerichtshof gebunden (vgl RS0129336). Im Hinblick darauf ist auf die kostenrechtlichen Ausführungen in der Revisionsbeantwortung der Klägerin nicht einzugehen.

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