OGH 17Ob11/20x

OGH17Ob11/20x24.11.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätinnen Mag. Malesich und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** AG, *****, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Mag. H***** H*****, als Insolvenzverwalter im Konkurs über das Vermögen der E***** GmbH in Liquidation, vertreten durch die Holzer Kofler Mikosch Kasper Rechtsanwälte OG in Klagenfurt am Wörthersee, und die auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenientin W***** AG *****, vertreten durch die Reif & Partner Rechtsanwälte OG in Villach, wegen Feststellung, über die Revision der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 25. Mai 2020, GZ 5 R 11/20g‑22, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 12. November 2019, GZ 21 Cg 91/18v‑18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0170OB00011.20X.1124.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.061,12 EUR (hierin enthalten 843,52 EUR USt) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei die mit 18.902,62 EUR (hierin enthalten 2.208,74 EUR USt und 5.650,80 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluss vom 6. September 2018 wurde über das Vermögen der E***** GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) der Konkurs eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

Im November 2015 waren die S***** GmbH und die spätere Schuldnerin jeweils als Werkunternehmer für die Klägerin in deren Unternehmen im Zusammenhang mit der Herstellung einer Schachtabdichtung tätig. Die Schuldnerin führte Schlosser- und Schweißerarbeiten zur Herstellung eines Nirostastahldeckels durch. Aufgabe der S***** GmbH waren Arbeiten zur Isolierung dieses Deckels. Da sich beim Versuch, den Deckel einzubauen, herausstellte, dass er zu groß war, versuchte ein Mitarbeiter (Leiharbeitnehmer) der Schuldnerin (im Folgenden: Geschädigter) am 9. November 2015, ihn mit einem Winkelschleifer und einer Trennscheibe zuzuschneiden. Im Zuge dieser Arbeiten explodierte der Deckel und wurde samt der darauf angebrachten Anrissschiene in die Luft geschleudert. Die Anrissschiene traf den Geschädigten am Kopf, wodurch er (trotz Schutzhelms) schwere Schädelverletzungen erlitt, aufgrund derer er seither berufsunfähig ist.

Der Geschädigte begehrt von der S***** GmbH zu 5 Cg 5/19m des Landesgerichts Korneuburg Schadenersatz in Höhe von 57.643,80 EUR sA und Feststellung ihrer Haftung für alle künftigen Schäden aus dem Arbeitsunfall. Er steht auf dem Standpunkt, die S***** GmbH habe ihm gegenüber ihre Aufklärungspflicht (im Zusammenhang mit den Erfordernissen von Schweißarbeiten an dem von ihr zuvor isolierten Deckel) verletzt. Die S***** GmbH verkündete in jenem Verfahren der (hier) Klägerin und dem (hier) beklagten Insolvenzverwalter den Streit; beide traten dem dortigen Rechtsstreit als Nebenintervenienten auf Seiten der (dort) beklagten S***** GmbH bei.

Der Geschädigte führt zu AZ 28 Cgs 303/17v des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz ein Verfahren gegen die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA). Er begehrt mit der Behauptung, dass der Schuldnerin und der Klägerin eine grob fahrlässige Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften vorzuwerfen sei und die S***** GmbH ihre Aufklärungspflichten verletzt habe, eine Integrationsabgeltung nach § 213a ASVG. Über Streitverkündung durch die AUVA trat die Klägerin diesem Verfahren auf deren Seite bei.

Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse macht gegenüber der Klägerin aufgrund des Unfalls Regressansprüche von 153.368,13 EUR geltend. Die AUVA ersuchte die Klägerin, einen Verjährungsverzicht betreffend (etwaiger) Regressansprüche abzugeben. Auch die Pensionsversicherungsanstalt begehrt von der Klägerin 35.590,87 EUR an Regress.

Die Schuldnerin war am Unfallstag bei der Nebenintervenientin betriebshaftpflichtversichert. Vertragsgrundlage sind die Allgemeinen und Ergänzenden Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 2005 und EHVB 2005) sowie die Besonderen Bedingungen der 1HP – Beilage zur Betriebshaftpflichtversicherung-Premium. Demnach ist ein Versicherungsfall ein Schadensereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus dem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen erwachsen oder erwachsen könnten. Im Versicherungsfall übernimmt die Nebenintervenientin die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen, die der Schuldnerin wegen eines Personenschadens aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts erwachsen. Vom Versicherungsschutz sind auch Personenschäden aus Arbeitsunfällen unter Arbeitnehmern des versicherten Betriebs im Sinne der Sozialversicherungsgesetze umfasst; ausgeschlossen sind hingegen Regressansprüche der Sozialversicherer.

Die Nebenintervenientin hat der Schuldnerin aufgrund dieser Betriebshaftpflichtversicherung Deckungsschutz für den Arbeitsunfall vom 9. November 2015 gewährt.

Die Klägerin begehrt zuletzt die Feststellung, dass ihr im (näher bezeichneten) Insolvenzverfahren der Schuldnerin gemäß § 157 VersVG Ansprüche auf abgesonderte Befriedigung auf die Entschädigungssumme (Versicherungssumme) des von der Schuldnerin mit der Nebenintervenientin abgeschlossenen (näher bezeichneten) Haftpflichtversicherungsvertrags betreffend künftige Regress- und Schadenersatzansprüche der Klägerin gegen die Schuldnerin in Ansehung des (näher umschriebenen) Arbeitsunfalls vom 9. November 2015 zustünden, dies nach Maßgabe des von der Schuldnerin und der Nebenintervenientin geschlossenen Haftpflichtversicherungs-vertrags. Sie vertritt zwar primär den Standpunkt, dass sie am Arbeitsunfall keinerlei Verschulden treffe, hält es aber für möglich, dass sowohl ihr selbst als auch der Schuldnerin eine grob fahrlässige Verursachung des Arbeitsunfalls bzw eine grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften zur Last gelegt werden könnte. Letztere Konstellation zugrunde gelegt, hält sie es für möglich, dass das Dienstgeberhaftpflichtprivileg nicht mehr greife und sie für die auf die Sozialversicherungsträger übergegangenen Schadenersatzansprüche hafte. Ihrem Standpunkt nach hätte sie sodann in Ansehung tatsächlich geleisteter Zahlungen Regressansprüche gegen die Schuldnerin. Die Klägerin habe ein Feststellungsinteresse, weil derzeit noch nicht feststehe, ob es überhaupt berechtigte Schadenersatz-, Regress- und Ausgleichsansprüche gegen sie gebe. Sollten sich diese als berechtigt herausstellen, müsse sie ihre Regressansprüche gegen die Schuldnerin gemäß § 157 VersVG geltend machen können. Sie sei in Ansehung des Haftpflichtversicherungsvertrags der Schuldnerin mit der Nebenintervenientin Dritter iSd § 157 VersVG. Die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmung seien erfüllt. Gegen den eigenen Haftpflichtversicherer der Klägerin könnten Dritte wie die S***** GmbH oder die AUVA in Ansehung des Arbeitsunfalls vom 9. November 2015 keine direkten Ansprüche geltend machen, sodass für entsprechende Schadenersatz-, Regress- und Ausgleichsansprüche allein die Klägerin in Anspruch genommen werde. Auch daher bestehe diesbezüglich das entsprechende Feststellungsinteresse. Mit ihrem Begehren sichere sie den Absonderungsanspruch nach § 157 VersVG gegen Verjährung ab, zumal die gegen sie anhängigen Schadenersatzverfahren noch Jahre dauern könnten. Weil das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin dann bereits aufgehoben sein könnte, müssten rechtswirksam Absonderungsansprüche auf die Entschädigungssumme aus dem Haftpflichtversicherungs-vertrag der Schuldnerin festgestellt werden.

Der Beklagte wendete ein, die Klägerin könne sich nicht auf § 157 VersVG stützen, weil sie kein „geschädigter Dritter“ im Sinn dieser Bestimmung sei.

Die Nebenintervenientin wendete ein, der Klägerin fehle es am Feststellungsinteresse. Unabhängig davon, ob die S***** GmbH gegenüber dem Geschädigten schadenersatzpflichtig werde, treffe die Schuldnerin keinerlei Verschulden am Arbeitsunfall. Eine Verjährung allfälliger Regressforderungen der Klägerin drohe nicht, weil die Verjährungsfrist erst mit Zahlung an den Geschädigten zu laufen beginne und die Nebenintervenientin gegenüber der Schuldnerin auch nie den Deckungsschutz qualifiziert abgelehnt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Gegenüber der Klägerin würden Schadenersatz- bzw Regressforderungen in Ansehung des Unfalls vom 9. November 2015 geltend gemacht. Es sei noch nicht geklärt, wer die Verantwortung an dessen Zustandekommen trage. Sollte die Klägerin zu Ersatzleistungen verpflichtet werden, könnten ihr Regress- und Schadenersatzansprüche gegenüber der Schuldnerin zustehen. Solche Ansprüche seien nach den festgestellten Bestimmungen des Betriebshaftpflichtver-sicherungsvertrags vom Versicherungsschutz umfasst. Geschädigter Dritter iSd § 157 VersVG sei nach der Rechtsprechung in Bezug auf die Haftpflichtversicherung etwa ein Sozialversicherungsträger, der den Schädiger nach § 334 ASVG in Anspruch nehme. Hinsichtlich ihrer Regress- und Schadenersatzansprüche könne somit auch die Klägerin als geschädigte Dritte iSd § 157 VersVG qualifiziert werden. Diese könne daher die aus der Klage ersichtliche Feststellung begehren.

Das Berufungsgericht gab der Berufung (nur) der Nebenintervenientin nicht Folge.

Der Klage läge ein etwaiger künftiger Regressanspruch nach §§ 1302, 896 ABGB zugrunde. Ein solcher entstehe erst, wenn wirklich Ersatz geleistet wurde. Obwohl somit die bloße Aussicht, zur Zahlung herangezogen zu werden, noch kein Rückgriffsrecht gebe, seien bei potentiellen Rückgriffsansprüchen dennoch der Rechtsgrund und der rechtserzeugende Tatbestand zum Teil bereits gegeben. Folglich werde ein rechtliches Interesse an der Feststellung künftiger Regressansprüche schon dann bejaht, wenn solche bloß möglich sind. Hier strebe die Klägerin die Klärung an, ob sie für den Fall, dass ihr ein Regressanspruch zustehen sollte, Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus der Versicherungssumme habe. Obwohl die Nebenintervenientin der Schuldnerin (dem Beklagten) letztlich Deckungsschutz gewährt habe, bestreite der Beklagte das Bestehen des Absonderungsrechts, was ein rechtliches Interesse an der hier begehrten Feststellung begründe. Gründe, warum die Feststellung des Bestehens von (bestrittenen) Absonderungsrechten – mögen diese auf vertraglicher Grundlage beruhen oder nicht – nicht auch bei Ansprüchen zulässig sein solle, die von § 157 VersVG erfasst werden, seien nicht ersichtlich. Es bestehe vielmehr ein Bedürfnis an der Klärung, ob eine (bedingte) Regressforderung im Insolvenzverfahren die Stellung eines Absonderungsgläubigers vermittle.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige. Es ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, der Oberste Gerichtshof habe sich mit der Frage, ob ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Bestehens eines Absonderungsrechts nach § 157 VersVG betreffend bloß möglicher künftiger Regressforderungen schon dann bestehe, wenn der Insolvenzverwalter das Absonderungsrecht bestreitet, noch nicht befasst.

Mit ihrer Revision strebt die Nebenintervenientin die Abweisung des Klagebegehrens an; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

1. Ist über das Vermögen des Versicherungsnehmers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der Dritte gemäß § 157 VersVG wegen des ihm gegen den Versicherungsnehmer zustehenden Anspruchs abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers verlangen. Der Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer stellt ein Sondervermögen dar, das nicht in die Insolvenzmasse fällt, sondern zur Befriedigung des geschädigten Dritten dient (RIS‑Justiz RS0064041). Der bei einem Unfall Geschädigte kann das Absonderungsrecht nach § 157 VersVG daher auch nach Insolvenzeröffnung gemäß § 6 Abs 2 IO so geltend machen, wie wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet wäre, allerdings nur mehr gegenüber dem Insolvenzverwalter; er kann die Klage aber sofort – ohne vorherige Forderungsanmeldung – einbringen. Diese Klage ist grundsätzlich auf Zahlung bei sonstiger Exekution in den Deckungsanspruch zu richten (RS0064068 [T3, T4]).

2. Das gilt allerdings nur für den (Regel-)Fall einer bereits fälligen Forderung. Am Fehlen der Fälligkeit ändert sich, soweit ein Absonderungsrecht besteht, durch die Konkurseröffnung nichts; die §§ 14 und 16 IO sind hier nicht anwendbar (4 Ob 125/12d).

3. Nach dem Vorbringen der Klägerin könnte ihr allenfalls in Zukunft ein Regressanspruch gegen die Schuldnerin zustehen, nämlich dann, wenn sich in geführten Prozessen herausstellen sollte, dass auch sie – etwa mangels Bestimmbarkeit der Anteile der beiden am Schadenseintritt (§ 1302 ABGB) – solidarisch für den Schaden hafte. In einem solchen Fall kann sich derjenige, der den gesamten Schaden – bzw einen solchen Schadensteil, der über seinem internen Anteil liegt ( P. Bydlinski in KBB 6 § 896 Rz 1 mwN) – beglichen hat, in Anwendung des § 896 ABGB bei dem (den) Mitverpflichteten regressieren (RS0017514). Ein solcher Regressanspruch der Klägerin ist hier aber nicht nur noch nicht fällig, sondern noch nicht einmal entstanden.

4. Eine Feststellungsklage kann auch auf Feststellung befristeter oder bedingter Rechte oder Rechtsverhältnisse gerichtet sein, wenn der gesamte andere rechtserzeugende Sachverhalt feststeht und nur die bereits genau und bestimmt festgesetzte Bedingung noch nicht eingetreten ist (7 Ob 602/89 SZ 62/80 = RS0039225 [T1]; RS0039125). Ausgehend davon ist anerkannt, dass grundsätzlich auch schon vor der Zahlung ein Feststellungsbegehren des bloß potentiell Regressberechtigten betreffend die künftige Regresspflicht des Beklagten zulässig ist, vorausgesetzt, es ist mit der Möglichkeit eines künftigen Rückgriffsanspruchs des Klägers zu rechnen (RS0017548 [insb T2]; Gamerith/Wendehorst in Rummel/Lukas 4 § 896 Rz 18 mwN). Behauptet der Kläger ein Absonderungsrecht nach § 157 VersVG, so kann er die Feststellung begehren, dass der Insolvenzverwalter für zukünftige Schäden – hier: für künftige Regressansprüche – mit dem Deckungsanspruch hafte (4 Ob 125/12d mwN = RS0128127 [T1]).

5. Auch eine solche Feststellungsklage setzt allerdings gemäß § 228 ZPO ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung voraus, das etwa in drohender Verjährung begründet sein kann (4 Ob 125/12d mwN).

6. Die Klägerin hat zur Dartuung ihres Feststellungsinteresses – auf das Wesentliche zusammengefasst – ausgeführt, dass die verschiedenen Rechtsstreitigkeiten zur Feststellung des Verursachers des Arbeitsunfalls und des Verschuldens noch Jahre dauern könnten und bei deren Beendigung das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin bereits aufgehoben worden sein könnte. Auch weil gegen ihren eigenen Haftpflichtversicherer Dritte wie die S***** GmbH oder die AUVA in Ansehung des Arbeitsunfalls vom 9. November 2015 keine direkten Ansprüche geltend machen könnten und somit sie selbst für entsprechende Schadenersatz-, Regress- und Ausgleichsansprüche in Anspruch genommen werde, bestehe das entsprechende Feststellungsinteresse. Die Feststellungsklage diene unter anderem zur Abwehr der Verjährung von Ansprüchen sowie zur Klarstellung. Aus diesem Vorbringen lässt sich das Feststellungsinteresse der Klägerin aber nicht ableiten:

6.1. Dass bei Abschluss der anhängigen Verfahren das Insolvenzverfahren allenfalls schon aufgehoben sein könnte, ist ohne Relevanz, weil der Absonderungsanspruch nach § 157 VersVG nur den Zweck hat, es dem Geschädigten trotz Insolvenz des Schädigers zu ermöglichen, Befriedigung aus der den Schadensfall deckenden Haftpflichtversicherung des Schädigers zu erlangen. Ist der Schädiger nicht (mehr) insolvent, bedarf es dieses Absonderungsrechts nicht; der Geschädigte kann vielmehr, weil er ja (von wenigen, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) keinen direkten Anspruch gegen den Versicherer hat, sondern auf einen Schadenersatzanspruch gegen den Versicherungsnehmer beschränkt ist, zur exekutiven Hereinbringung der Schadenersatzforderung den Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer pfänden und sich überweisen lassen. Dieser wandelt sich dadurch jedenfalls in einen Geldanspruch um. Der Geschädigte kann dann vom Versicherer unmittelbar Ersatz verlangen: er tritt dabei in die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers ein (7 Ob 139/18v; RS0004099).

6.2. Die von der Klägerin in den Raum gestellte Verjährung ihres allfälligen künftigen Regressanspruchs bis zur Beendigung der anhängigen Prozesse droht in Wahrheit nicht, weil die Verjährungsfrist überhaupt erst mit der tatsächlichen Zahlung an den Geschädigten zu laufen beginnt (RS0017519 [T3, T5]); solange sie nicht gezahlt hat, gäbe ihr nicht einmal das Bestehen eines gegen sie ergangenen rechtskräftigen Exekutionstitels über die Gesamtforderung ein Rückgriffsrecht (RS0017519 [T4]).

6.3. Aus dem Fehlen der Möglichkeit einer Direktklage gegen ihren eigenen Haftpflichtversicherer kann für sich noch kein rechtliches Interesse der Klägerin an der hier begehrten Feststellung abgeleitet werden.

7. Am Fehlen des Feststellungsinteresses kann im Übrigen auch der Umstand nichts ändern, dass der Mitschuldner, der noch nicht gezahlt hat, die mit der Zahlung bedingte Regressforderung im Insolvenzverfahren nach § 17 Abs 2 IO bedingt für den Fall anmelden kann, dass der Gläubiger die Forderung nicht selbst geltend macht: Die Anmeldung dient nämlich der Sicherstellung gemäß § 16 IO (vgl Musger in KLS, IO § 17 Rz 5) und damit einer spezifischen Interessenlage im Rahmen des Insolvenzverfahrens; auf das Bestehen eines Feststellungsinteresses lässt sich daraus nicht rückschließen.

8. Da das Klagebegehren schon mangels Feststellungsinteresses abzuweisen ist, muss weder auf die von der Klägerin zuletzt gewählte Formulierung ihres Begehrens noch auf die Frage eingegangen werden, ob die Klägerin überhaupt „geschädigte Dritte“ iSd § 157 VersVG ist.

9. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens auf § 41 iVm § 54 Abs 1a ZPO und bezüglich des Rechtsmittelverfahrens auf §§ 41, 50 ZPO. Ein Streitgenossenzuschlag steht der Nebenintervenientin hier nicht zu (§ 15 RATG).

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