OGH 4Ob158/20v

OGH4Ob158/20v20.10.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichische Zahnärztekammer, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Schulz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, Deutschland, vertreten durch Pollak & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 63.000 EUR), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. Juli 2020, GZ 1 R 134/19m‑15, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 29. August 2019, GZ 30 Cg 27/19a‑10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0040OB00158.20V.1020.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin, eine Körperschaft öffentlichen Rechts mit Sitz in Wien, ist gesetzlich zur Wahrnehmung der Interessen der Österreichischen Zahnärzte und Dentisten berufen. Die Beklagte ist eine deutsche GmbH mit Sitz in Berlin. Die Mehrheit ihrer Gesellschafter ist nicht zur selbständigen Berufsausübung des zahnärztlichen Berufs berechtigt.

[2] Die Beklagte verkauft individuell angefertigte Zahnschienen aus Kunststoff samt Behandlungsplan, der durch Zahnärzte erstellt wird. Die Beklagte bewirbt ihr Angebot auf ihrer Website, wobei sie unter anderem auf folgende Leistungen hinweist:

‑ Optimale ärztliche Betreuung;

‑ ob online oder persönlich, unsere Zahnärzte und Kieferorthopäden sind immer für dich ansprechbar;

‑ jede Behandlung mit unseren Zahnschienen wird von einem approbierten und spezialisierten Zahnarzt oder Kieferorthopäden durchgeführt, der durchschnittlich von über 20 Jahren Berufserfahrung profitiert.

 

[3] Die Website der Beklagten ist auch auf den österreichischen Markt ausgerichtet. Dabei verweist die Beklagte auf einen Standort in Wien unter Angabe des Namens und der Adresse eines Kooperationszahnarztes. Auf der Website sind auch die Kosten für die Leistungen der Beklagten angegeben, und zwar 1.899 EUR inklusive USt für Deutschland und 2.199 EUR inklusive USt für Österreich.

[4] Mit ihren Kunden schließt die Beklagte Verträge ab, die folgende Leistungen enthalten:

‑ Die Erstellung eines Abdrucks,

‑ dessen Beurteilung durch einen Zahnarzt,

‑ die Anfertigung und Zustellung der individuellen Zahnschienen und

‑ die Überwachung bzw Überprüfung des Behandlungsverlaufs.

[5] Bei Abweichungen vom normalen Behandlungsverlauf erfolgt eine Begutachtung durch einen Kooperationszahnarzt. Zu diesem Zweck schließt die Beklagte mit den Kooperationszahnärzten Verträge über deren Leistungserbringung samt Verrechnung ab; die Kosten für diese Leistungen werden direkt mit der Beklagten verrechnet.

[6] Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen – auf § 1 Abs 1 Z 1 UWG (Rechtsbruch) gestützten – Unterlassungsbegehrens beantragt die Klägerin, der Beklagten mittels einstweiliger Verfügung zu verbieten,

1. auf in Österreich abrufbaren, deutschsprachigen Webseiten

a) Werbung für ihre medizinischen Produkte dadurch zu betreiben, dass die mitwirkenden Zahnärzte namentlich oder zumindest bestimmbar genannt werden, und

b) Preise für privatzahnärztliche Leistungen in öffentlichen Ankündigungen zu nennen und/oder nennen zu lassen

sowie

2. im Gebiet der Republik Österreich zahnärztliche Tätigkeiten, wie zB Abdrucknahmen im menschlichen Mund, vorzunehmen und/oder zahnärztliche Tätigkeiten in Österreich anzukündigen, wenn diese Leistungen durch (wenn auch fachkundige) Personen erbracht werden, die lediglich als Erfüllungsgehilfen für die Beklagte tätig werden.

[7] Der Rechtsbruch liege im standeswidrigen Bewerben zahnärztlicher Leistungen im Zusammenhang mit einem Medizinprodukt (§ 35 Abs 1 ZÄG iVm Art 3 lit d der Werbe‑RL [Werberichtlinien der österreichischen Zahnärztekammer]), in der standeswidrigen Nennung des Preises für privatzahnärztliche Leistungen in der Öffentlichkeit (§ 35 Abs 1 ZÄG iVm Art 3 lit e der Werbe‑RL) und in der § 26 Abs 3 iVm § 3 Abs 1 ZÄG widersprechenden Ausübung des zahnärztlichen Berufs in Österreich.

[8] Die Beklagte entgegnete, dass eine sachliche, wahre und das Ansehen der Ärzteschaft nicht beeinträchtigende Information über Medizinprodukte zulässig sei. Der Gesamtpreis für ihre Leistungen müsse gemäß § 4 Abs 1 Z 4 FAGG auf ihrer Website genannt werden. Sie selbst erbringe in Österreich keine zahnärztliche Tätigkeit; die Kooperationszahnärzte seien gegenüber den Kunden lediglich Erfüllungsgehilfen.

[9] Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Die von der Klägerin geltend gemachten Verstöße gegen die Werbe‑RL lägen vor. Die Beklagte erbringe über ihre Kooperationszahnärzte, die ihre Erfüllungsgehilfen seien, auch in Österreich zahnärztliche Leistungen und verstoße dadurch gegen den in § 26 ZÄG normierten Zahnärztevorbehalt.

[10] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Dadurch, dass die Beklagte zahnärztliche Leistungen gemeinsam mit von ihr vertriebenen Medizinprodukten anpreise, verstoße sie gegen Art 3 lit d der Werbe‑RL. Eine standeswidrige Werbung nach Art 3 lit e der Werbe‑RL liege außerdem bei Nennung des Preises für privatzahnärztliche Leistungen in der Öffentlichkeit vor. Das FAGG sei nicht anzuwenden, weil Gesundheitsdienstleistungen von dessen Anwendungsbereich ausgenommen seien. Die in § 1 Abs 2 Z 3 FAGG vorgesehene Gegenausnahme für den Vertrieb von Arzneimitteln und Medizinprodukten liege nicht vor, weil diese Bestimmung eng auszulegen sei.

[11] Zahnärzte dürften nach § 26 ZÄG im Rahmen einer Gruppenpraxis auch in der Rechtsform einer GmbH zusammenarbeiten, wobei als Gesellschafter aber nur zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Angehörige des zahnärztlichen Berufs zugelassen seien. Diese Voraussetzung sei im Anlassfall nicht erfüllt. Die Beklagte biete daher in unzulässiger Weise Leistungen an, die unter den Zahnärztevorbehalt fielen.

[12] Gegen diese Entscheidung, konkret gegen die Spruchpunkte 1.b (Werbeankündigung unter Angabe des Preises) und 2. (Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit in Österreich) der einstweiligen Verfügung des Erstgerichts, richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten, der auf eine Abweisung dieser Sicherungsbegehren abzielt.

[13] Mit ihrer Revisionsrekursbeantwortung beantragt die Klägerin, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

[14] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

[15] I. Zur Preisangabe auf der Website der Beklagten (Spruchpunkt 1.b der EV):

[16] 1. Dazu beruft sich die Beklagte vor allem auf die gesetzliche Informationspflicht zur Angabe des Gesamtpreises nach § 4 Abs 1 Z 4 FAGG.

[17] 1.1 Nach Art 3 lit e der Werbe‑RL ist die Nennung des Preises für privatzahnärztliche Leistungen in der Öffentlichkeit standeswidrig und damit unzulässig, außer in jenen Fällen, in denen die Angabe des Preises gesetzlich vorgeschrieben ist.

[18] Bei der Werbe‑RL handelt es sich um eine Verordnung auf der Grundlage des § 35 Abs 5 ZÄG (RIS‑Justiz RS0108833 [T2]). Das in Rede stehende Verbot dient der Wahrung des Standesansehen und ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sachlich gerechtfertigt (RS0089503; 4 Ob 79/12i [Pkt 5.1]; 4 Ob 58/16g). Die Sachlichkeitsgrenze wäre erst dann erreicht, wenn der Verordnungsgeber durch grob unsachliche Bestimmungen gegen den Gleichheitsgrundsatz verstieße. Darauf abzielende verfassungsrechtliche Bedenken hat auch der VfGH bereits verworfen (B 1778/07).

[19] Das Werbeverbot gilt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch für Angehörige eines freien Berufsstands mit Sitz im Ausland, die im Inland tätig werden (RS0051613 [T2]; 4 Ob 161/16d Pkt 1.1). Dafür genügt es, wenn der Zahnarzt durch Werbemaßnahmen versucht, Patienten für eine Behandlung an seinem ausländischen Ordinationsstandort zu gewinnen (RS0051613 [T3]).

[20] Mit den beanstandeten Werbeankündigungen auf ihrer Website verstößt die Beklagte gegen das in Rede stehende Werbeverbot.

[21] 1.2 Mit dem Hinweis auf die Informationspflicht nach § 4 Abs 1 Z 4 FAGG nimmt die Beklagte auf die in Art 3 lit e der Werbe‑RL normierte Ausnahme Bezug, die für den Fall gilt, dass die Angabe des Preises gesetzlich vorgeschrieben ist.

[22] Beim FAGG handelt es sich um die Umsetzungsnorm zur Verbraucherrechte-RL 2011/83/EU . Nach Art 3 Abs 3 lit b der Verbraucherrechte‑RL gilt diese nicht für Verträge über Gesundheitsdienstleistungen gemäß Art 3 lit a der RL 2011/24/EU (über die Ausübung der Patientenrechte; das Gleiche gilt nach Art 2 Abs 2 lit f der Dienstleistungs‑RL 2006/123/EG ).

[23] In der Entscheidung zu C‑57/12, Femarbel, hat der EuGH ausgesprochen, dass der Ausschluss der Gesundheitsdienstleistungen vom Anwendungsbereich der genannten Richtlinien für jede Tätigkeit gilt, mit der der Gesundheitszustand der Patienten beurteilt, erhalten oder wiederhergestellt werden soll, sofern diese Tätigkeit (nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats) von Fachkräften vorgenommen wird. Zu den einschlägigen Tätigkeiten gehören nur solche, die unmittelbar und eng mit dem menschlichen Gesundheitszustand zusammenhängen und nicht bloß das allgemeine Wohlbefinden steigern (Rn 37). Bei der Beurteilung, ob es sich um eine Fachkraft handelt, ist auf Art 3 lit f der RL 2011/24/EU über Patientenrechte abzustellen, der darunter – neben Ärzten und anderen Kernberufen – alle Fachkräfte versteht, die im Gesundheitsbereich Tätigkeiten ausüben, die einem reglementierten Beruf vorbehalten sind (Rn 38). Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, bleibt der Beurteilung der nationalen Gerichte vorbehalten, die darauf abzustellen haben, ob die genannten Gesundheitsdienstleistungen den Hauptbestandteil der Tätigkeit ausmachen (Rn 41).

[24] Für das Vorliegen einer Gesundheitsdienstleistung gilt somit das „Überwiegensprinzip“. Danach liegt im Anlassfall eine Gesundheitsdienstleistung vor, weil für die Verwendung der individuell angepassten Zahnschiene die Herstellung und Beurteilung des Abdrucks (die Gebissanalyse) sowie die Erstellung, Kontrolle und Anpassung des Behandlungsplans als zahnärztliche Leistungen im Vordergrund stehen. Auf die Verbraucherrechte‑RL kann sich die Beklagte damit nicht stützen.

[25] 1.3 Allerdings geht die österreichische Umsetzungsnorm des FAGG in ihrem Anwendungsbereich über die Verbraucherrechte‑RL (zulässigerweise) hinaus. Gemäß § 1 Abs 2 Z 3 FAGG gilt dieses Gesetz nicht für Verträge über Gesundheitsdienstleistungen, dies aber mit Ausnahme des Vertriebs von Arzneimitteln und Medizinprodukten im Fernabsatz. Diese Gegenausnahme wurde vom österreichischen Gesetzgeber aus Verbraucherschutzgründen bewusst normiert (vgl RV 89 BlgNR 25. GP  5 und 23).

[26] Die in Rede stehende Gegenausnahme ist eng auszulegen (RS0008903 [T4]). Dementsprechend halten die Gesetzesmaterialien (RV 89 BlgNR 25. GP  23) fest, dass beispielsweise die Tätigkeit eines Bandagisten, eines Orthopädieschuhmachers oder eines Hörgeräteakustikers nicht unter die Gegenausnahme fallen, weil diese Berufsgruppen Medizinprodukte nach individuell auf den Patienten angepasster Beratung bzw Behandlung verkaufen.

[27] Es ergibt sich somit, dass die Gegenausnahme in § 1 Abs 2 Z 3 FAGG für den Vertrieb von Arzneimitteln und Medizinprodukten nur für den reinen Verkauf standardisierter Massenprodukte gilt, aber nicht individuell angefertigte oder angepasste Medizinprodukte erfasst.

[28] Damit fällt die Tätigkeit der Beklagten unter die Ausnahme (nicht aber unter die Gegenausnahme) des § 1 Abs 2 Z 3 FAGG, weshalb dieses Gesetz auf den Anlassfall nicht anzuwenden ist. Die Beklagte kann sich daher auch nicht auf die Informationspflicht nach § 4 Abs 1 Z 4 FAGG zur Angabe des Gesamtpreises berufen.

[29] 1.4 Auch die Bezugnahme der Beklagten auf § 2 Abs 6 Z 3 UWG (Angabe des Bruttopreises bei einer Aufforderung zum Kauf) schlägt fehl.

[30] Diese Bestimmung beruht auf Art 7 Abs 4 (iVm Art 2 lit i) der RL‑UGP. Art 3 Abs 4 dieser Richtlinie enthält eine Subsidiaritätsregel und normiert, dass dann, wenn die Bestimmungen dieser Richtlinie mit anderen unionalen Rechtsvorschriften kollidieren, die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, die spezielleren Regeln vorgehen. Demnach gelten die Anforderungen der RL‑UGP dann nicht, wenn zu absatzrelevanten (werbe- oder verkaufsrelevanten) Aspekten, wie etwa zu Informationsanforderungen, spezifische sektorale Vorschriften auf Unionsebene bestehen (vgl EuGH C‑363/19, Konsumentombudsmannen, Rn 59).

[31] Dies ist hier der Fall, weil die einschlägige RL 2011/24/EU über Patientenrechte konkrete Informationsverpflichtungen für die Gesundheitsdienstleister vorsieht und unter anderem auch normiert, dass diese klaren Preisinformationen zur Verfügung zu stellen haben (Art 4 Abs 2 lit b). Zudem enthält die RL 93/42/EWG über Medizinprodukte spezifische Informationsanforderungen (vgl 4 Ob 135/20m).

[32] Aus diesen Erwägungen folgt, dass § 2 Abs 6 Z 3 UWG im Anlassfall nicht zur Anwendung gelangt.

[33] 1.5 Schließlich zeigt die Beklagte mit ihrem Argument, die Ärztekammer habe anders als die Zahnärztekammer das Werbeverbot für Preisangaben zwischenzeitlich abgeschafft, weshalb eine unsachliche Differenzierung vorliege, keine verfassungsrechtliche Bedenken auf. Bei Ärzten und Zahnärzten handelt es sich um unterschiedliche Berufsgruppen. Die jeweiligen Kammern haben als normsetzende Körperschaften zwar über gleiche oder ähnliche Regelungsgegenstände zu befinden, können dabei aber den ihnen im Rahmen der Selbstverwaltung eingeräumten Ermessensbereich selbst ausgestalten. Diese Sachlage ist etwa mit unterschiedlichen Regelungen auf vergleichbaren Sachgebieten in den einzelnen Bundesländern vergleichbar. Dazu judiziert der VfGH, dass bloß der Umstand, dass länderweise verschiedene Regelungen zum selben Sachgebiet bestehen, nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt (vgl B 1697/88; B 1088/93).

[34] 1.6 Die Revision der Beklagten vermag die Beurteilung der Vorinstanzen zu Spruchpunkt 1.b der EV somit nicht zu entkräften.

[35] II. Zur Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit in Österreich (Spruchpunkt 2. der EV):

[36] 2. Dazu führt die Beklagte aus, dass sie selbst keine zahnärztlichen Dienstleistungen in Österreich ausübe. Ein Vertragsabschluss mit österreichischen Kunden reiche dafür nicht aus. Der Anwendungsbereich des § 26 ZÄG sei daher nicht eröffnet.

[37] 2.1 Nach dem bescheinigten Sachverhalt umfassen die vertraglichen Leistungen der Beklagten auch die Herstellung und Beurteilung des Abdrucks (die Gebissanalyse), die Kontrolle des Behandlungsverlaufs und erforderlichenfalls die Anpassung des Behandlungsplans nach erfolgter Begutachtung, die von einem österreichischen Kooperationszahnarzt vorgenommen werden, mit dem die Beklagte einen Kooperationsvertrag geschlossen hat. Der Kooperationszahnarzt wird damit als Erfüllungsgehilfe der Beklagten tätig (vgl 1 Ob 269/99m). Die von ihm erbrachte Tätigkeit ist der Beklagten zuzurechnen und wird unstrittig in Österreich ausgeübt. Die Beklagte ist daher mit ihrer Ansicht nicht im Recht, dass die gesamte Behandlung in Deutschland erfolge.

[38] In dieser Hinsicht ist nur maßgebend, dass der Kooperationszahnarzt als Erfüllungsgehilfe fungiert. Auf die genaue Vertragsgestaltung zwischen der Beklagten und den Korrespondenzzahnärzten kommt es nicht an, weshalb der von der Beklagten dazu geltend gemachte sekundäre Feststellungsmangel nicht vorliegt.

[39] 2.2 Nach § 26 Abs 1 Z 2 ZÄG darf eine (selbständig berufsbefugte) zahnärztliche Gruppenpraxis auch in der Rechtsform einer GmbH betrieben werden. Nach Abs 3 leg cit dürfen der Gruppenpraxis als Gesellschafter aber nur zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Angehörige des zahnärztlichen Berufs angehören. Diese Bestimmung enthält somit ein Verbot von „sonstigen“ Zahnärzte‑GmbH und – iVm § 4 Abs 3 ZÄG – einen Zahnärztevorbehalt (vgl 4 Ob 211/18k).

[40] Die Beklagte entspricht den Anforderungen nach § 26 Abs 3 ZÄG nicht, weil auch standesfremde Personen Gesellschafter sind. Die Tätigkeit der Beklagten in Österreich, die sie über einen österreichischen Kooperationszahnarzt ausübt, greift damit in den Zahnärztevorbehalt ein (vgl 4 Ob 87/12s).

[41] 2.3 Dass die Tätigkeit der Beklagten nach ihren Behauptungen nach deutschem Recht zulässig ist (vgl dazu Scholz, Medizinrecht3 § 23a MBO Rz 2), hilft ihr nicht weiter, weil § 31 ZÄG (Dienstleistungsfreiheit) nur auf berufsberechtigte natürliche Personen abstellt.

[42] 2.4 Schließlich greift auch das Argument der Beklagten nicht, dass der Gebissabdruck auch vom Patienten selbst erstellt werden könnte, weil nach dem bescheinigten Sachverhalt eine Reihe von weiteren zahnärztlichen Leistungen verbleiben, die vom österreichischen Kooperationszahnarzt erbracht werden.

[43] 2.5 Auch mit den inhaltlichen Ausführungen zu Spruchpunkt 2. der EV ist die Beklagte demnach nicht im Recht.

[44] 2.6 Entgegen den Ausführungen der Beklagten ist das Sicherungsbegehren zu Spruchpunkt 2. auch nicht überschießend. Da jeder Vertrag, der mit der Beklagten abgeschlossen wird, ein Vertrag über eine Gesamtleistung ist und zahnärztliche Leistungen eines (österreichischen) Kooperationszahnarztes umfasst, ist das Ausübungsverbot wegen Verstoßes gegen den Zahnärztevorbehalt nicht auf die Handlungen der (österreichischen) Erfüllungsgehilfen zu beschränken.

[45] 3. Insgesamt gelingt es der Beklagten mit ihren Ausführungen nicht, eine unrichtige Beurteilung der Rechtssache durch die Vorinstanzen aufzuzeigen. Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

[46] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO; §§ 78, 402 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte