OGH 3Ob93/20b

OGH3Ob93/20b23.9.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Roch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch Dr. Gerda Schildberger, Rechtsanwältin in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei K*, vertreten durch Dr. Zsizsik & Dr. Prattes Rechtsanwälte OG in Bruck an der Mur, wegen Unterhalt, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Berufungsgericht vom 4. November 2019, GZ 2 R 204/19b‑48, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 8. Juli 2019, GZ 5 C 5/16m‑40, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E129685

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 501,91 EUR (darin 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin begehrte vom Beklagten Ehegattenunterhalt für vergangene Zeiträume sowie laufenden Unterhalt.

[2] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

[3] Das Berufungsgericht ließ nachträglich die Revision mit der Begründung zu, dass man der Auffassung sein könne, das Erstgericht hätte wegen der aktenkundigen Bestellung eines Erwachsenenvertreters für die Klägerin weitere Nachforschungen anstellen müssen, bevor es das Nichterscheinen dieser Partei im Sinn des § 381 ZPO würdigte.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

[5] 1. In ihrer Berufung gegen das Urteil des Erstgerichts rügte die Klägerin zwar ihre unterbliebene Einvernahme als Partei, jedoch nur mit dem Hinweis darauf, dass ihr die Möglichkeit eingeräumt hätte werden müssen, bei einem weiteren Termin einvernommen zu werden. Eine Bezugnahme auf § 381 ZPO erfolgte in der Berufung nicht. Das Berufungsgericht verneinte den geltend gemachten Verfahrensmangel der unterbliebenen Einvernahme der Klägerin als Partei, weshalb dieser an den Obersten Gerichtshof nicht (neuerlich) herangetragen werden kann (RIS‑Justiz RS0042963).

[6] Die – von in der Revision erstmals behauptete, vom Berufungsgericht in seiner Zulassungsbegründung angeführte – unberechtigte Anwendung des § 381 ZPO (RS0040679) muss unbeachtet bleiben, weil ein Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens, der in der Berufung nicht beanstandet wurde, in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden kann (RS0043111; RS0042916 [T2]). Selbst wenn aber davon ausgegangen würde, dass die Klägerin in ihrer Berufung implizit auch eine unrichtige Anwendung des § 381 ZPO gerügt hätte, stünde die (implizite) Verneinung (auch) dieses Verfahrensmangels durch das Berufungsgericht ebenfalls einer Befassung des Obersten Gerichtshofs mit diesem entgegen.

[7] 2. Den weiteren (bereits in der Berufung gerügten) Verfahrensmangel, den die Klägerin in der Zurückweisung ihres Beweisantrags auf Beiziehung eines Sachverständigen (zum Beweis dafür, dass sie allfällige unterhaltsrechtliche Verwirkungsgründe ohne ihr Verschulden gesetzt habe) wegen Verspätung zu erkennen meinte, verneinte das Berufungsgericht ebenfalls. Daher kann auch dieser in der Revision nicht mehr wirksam geltend gemacht werden (RS0042963). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben (RS0042963 [T58]).

[8] 3. Fest steht, dass die Klägerin vor der Klagseinbringung ein außereheliches intimes Verhältnis mit einem anderen Mann begann, dass dieses dem Beklagten bekannt wurde und zur Zerrüttung der Ehe sowie zur Auflösung des ehelichen Haushalts führte. Die Revision ist der Ansicht, aus der Negativfeststellung in diesem Zusammenhang, nach der es nicht feststellbar sei, „dass es der Klägerin nicht möglich gewesen wäre, die Ehewidrigkeit ihrer außerehelichen Beziehung (...) zu erkennen“, ergebe sich die fehlende subjektive Verantwortlichkeit und eine besonders schwere Eheverfehlung sei damit nicht verwirklicht. Gleichzeitig weist die Revision auf die Rechtsprechung zu § 49 EheG (RS0056498) hin, nach der es Sache des Gegners (hier der Klägerin) ist, einen Gesundheitszustand zu beweisen, der einer nachgewiesenen Eheverfehlung die Qualifikation als Scheidungsgrund nimmt. Eine erhebliche Rechtsfrage wird damit nicht aufgezeigt, denn aus der Negativfeststellung ergibt sich – entgegen der Meinung der Klägerin – gerade nicht eine fehlende subjektive Verantwortlichkeit bzw Vorwerfbarkeit für die von ihr begangenen Eheverfehlungen. Die Annahme der Verwirkung durch die Vorinstanzen ist daher jedenfalls vertretbar (vgl RS0014288 [T2]).

[9] 4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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