OGH 6Ob100/20d

OGH6Ob100/20d16.9.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. J*****, vertreten durch pletschinger.renzl, Rechtsanwalts‑Partnerschaft in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Prof. H*****, 2. ***** GmbH & Co KG, *****, beide vertreten durch Lansky Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung und Widerrufs, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Februar 2020, GZ 4 R 97/19t‑27, womit über Berufung beider Streitteile das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 21. Juni 2019, GZ 57 Cg 41/17f‑21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00100.20D.0916.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass diese insgesamt, somit einschließlich der nicht in Beschwerde gezogenen Teile, zu lauten haben wie folgt:

„1. Die beklagten Parteien sind schuldig, es zu unterlassen, über den Kläger die Behauptung, dass er neonazistisches Propagandamaterial mit dem Text: 'Alle Lehrer Österreichs, die mit ihren Schülern nach Mauthausen pilgern, um dem Gasbetrug zu huldigen, werden, wenn wir die Macht gewinnen, durch ein Gesetz mit rückwirkender Kraft zu Verbrechern erklärt und solange am Halse aufgehängt, bis dass der Tod eintritt' verteilt habe, oder sinngleiche Behauptungen aufzustellen.

2. Die beklagten Parteien sind schuldig, binnen 14 Tagen die Behauptungen gemäß Punkt 1. gegenüber den Lesern des Buchs 'Stille Machtergreifung. Hofer, Strache und die Burschenschaften' zu widerrufen und diesen Widerruf zu veröffentlichen:

2.1 Über den Facebook‑Kanal https://www.facebook.com/ ***** und den twitter-Kanal https://twitter.com/ ***** der erstbeklagten Partei.

2.2. Auf der Website http://*****/ sowie über den Facebook-Kanal https://www.facebook.com/ ***** und den Twitter‑Kanal https://twitter.com/ ***** der zweitbeklagten Partei.

Die darüber hinausgehenden Begehren, die Beklagten seien schuldig,

3. es zu unterlassen, über den Kläger folgende oder sinngleiche unwahre Behauptungen aufzustellen, nämlich der Kläger

3.1. sei gewaltbereit und ein neo‑nationalsozialistischer Führer gewesen;

3.2. sei der gewaltbereiten VAPO von Gottfried Küssel nahegestanden und habe mit diesem gemeinsame Sache gemacht;

3.3. habe gemeinsame Sache mit der gewaltbereiten NF des Gerd Honsik gemacht, die Anschläge verübt, die 'Straße erobern' und die Demokratie 'nach dem Vorbild der SA' gewaltsam beseitigen habe wollen;

3.4. habe nationalsozialistisches Propaganda-material verbreitet sowie

3.5. sei wegen Wiederbetätigung strafrechtlich verurteilt worden;

4. die identifizierende Berichterstattung über die politische Gesinnung der klagenden Partei in seiner Kindheit, seiner Jugend und seinem frühen Erwachsenenalter zu unterlassen;

5. die beklagten Parteien seien schuldig, die Behauptungen gemäß Punkt 3.1. bis 3.5. durch Veröffentlichung eines Widerrufs

‑ auf der Website http://www ***** gegenüber den Lesern des Buchs 'Stille Machtergreifung. Hofer, Strache und die Burschenschaften' durch Veröffentlichung eines Widerrufs

‑ im Standard (Print und online);

‑ auf der Website http://www ***** sowie über den Facebook-Kanal https://www.facebook.com/ ***** und über den Twitter‑Kanal https://twitter.com/ ***** der zweitbeklagten Partei sowie

‑ über den Facebook-Kanal https://www.facebook.com/ ***** und den Twitter-Kanal https://twitter.com/ ***** der erstbeklagten Partei sowie die Behauptungen gemäß Punkt 1.1 des Urteilsspruchs zusätzlich im Standard (Print und online) zu widerrufen,

werden abgewiesen.“

Der Kläger ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit 6.915,10 EUR (darin 1.150,12 EUR USt und 9,60 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die mit 3.106,21 EUR (darin 413,02 EUR USt und 628,10 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 2.314,47 EUR (darin 175,86 EUR USt und 1.259,28 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt

Der Erstbeklagte ist Autor, die Zweitbeklagte Verlegerin des im Jahr 2017 erschienenen Buches „Stille Machtergreifung. Hofer, Strache und die Burschenschaften“. Das Buch beschäftigt sich mit der Rolle rechtsextremer Burschenschaften innerhalb der FPÖ sowie mit engen Verbindungen des ehemaligen Bundespräsidentschafts-kandidaten Norbert Hofer und von Heinz-Christian Strache mit diesen Burschenschaften. Die Zweitbeklagte vertreibt es als Hardcover in bisher dritter Auflage und als E‑Book. Es ist in erster und zweiter Auflage in Printform vergriffen und als E‑Book nicht mehr erhältlich. Bislang wurden rund 18.000 Exemplare verkauft.

Im Kapitel „Hofers Marko-Germania: Verräterische Festschrift“ enthält es folgende Passagen zum Kläger als Mitautor der angesprochenen Festschrift anlässlich der Gründung der Burschenschaft im Jahr 1994: „[…] Zum Gastautor dieser Selbstdarstellung wählte man mit [dem Kläger] einen der damals radikalsten Führer der Neonazi-Szene und Aktivisten der gewaltbereitesten Gruppierungen Österreichs. Gemeinsame Sache machte [der Kläger] unter anderem mit

‑ der VAPO (Volkstreue außerparlamentarische Opposition) von Gottfried Küssel […] und

‑ mit Gerhard Honsiks Nationaler Front (NF) […].

‑ Als stellvertretender Führer der NF verteilte [der Kläger] neonazistisches Propagandamaterial mit Texten wie dem folgenden: ‚Alle Lehrer Österreichs, die mit ihren Schülern nach Mauthausen pilgern, um den Gasbetrug zu huldigen, werden, wenn wir die Macht gewinnen, durch ein Gesetz mit rückwirkender Kraft zu Verbrechern erklärt und solange am Halse aufgehängt, bis dass der Tod eintritt.‘

‑ [Der Kläger] verteilte neonazistische Blätter wie Honsiks Halt oder Walter Ochensbergers Sieg. […]

‑ [Der Kläger] agitierte unter anderem gegen die 'Ersatzreligion der Menschenrechte', gegen den Staatsvertrag, gegen das Anschlussverbot an Deutschland und gegen das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Seine Verurteilung wegen Verbreitung national-sozialistischen Gedankenguts beklagte [der Kläger] als österreichischen 'Staatsterrorismus'.* [Fußnote:] *Ende der 1990er-Jahre distanzierte sich [der Kläger] von der gewaltbereiten Neonazi-Szene und vertritt seither ein gemäßigteres, national-konservatives Weltbild ohne seine rechtsextremen Überzeugungen zu verleugnen […].

Bei einer Burschenschaft, die einen so eindeutig aus der neonazistischen Gewaltszene stammenden Mann zum Autor ihrer Gründungsfestschrift macht, erübrigt sich die Frage nach dem ideologischen Standort.[…]

Hofers Burschenschaft […] ließ sich in ihrer Gründungsfestschrift von [dem Kläger], ehemals einer der radikalsten Führer der Neonazi-Szene, als Autor repräsentieren.“

Der Kläger wird in der ersten und zweiten Auflage in den hier inkriminierten Passagen mit vollem Namen, in der dritten Auflage nur mit den Initialen bezeichnet. In der zur Zeit in Vorbereitung stehenden vierten Auflage wurde die Passage zur „Verurteilung“ des Klägers durch „verwaltungsrechtlich bestraft“ ersetzt.

Der im Jahr 1968 geborene Kläger ist derzeit als selbständiger Journalist tätig. Mit rund 16 Jahren kam er in die Neonazi-Szene, war bis zur Matura als Neonazi aktiv und erhielt mit 16 oder 17 Jahren eine Verwaltungsstrafe wegen Schwarzplakatierens von „Ausländer-raus-Aufklebern“. Bis ca 1987 war er Referent auf diversen rechtsextremen Veranstaltungen. Am 31. Dezember 1988 nahm er am Sylvestertreffen der deutschen Wiking‑Jugend, einer gewaltbereiten neonazistischen Gruppierung, teil.

Nach seiner Matura war er zunächst als Journalist im Umfeld der FPÖ in der Landtagsberichterstattung tätig und publizierte von 1989 bis 1993 in der Kärnten FP‑Wochenzeitung „Kärntner Nachrichten“. Ab 1991 bis Ende der neunziger Jahre publizierte der Kläger im deutschen Medium „Junge Freiheit“, einem Zentralorgan der „Neuen Rechten“, und begann während seiner Tätigkeit bei den „Kärntner Nachrichten“, im politisch rechtem Umfeld zu publizieren. Von 1990 bis 1995 verfasste er 113 Artikel in der Zeitschrift „Aula“. In der Ausgabe der „Aula“ 6/1991 bezeichnete er Menschenrechte als „Ersatzreligion“ und „Glaubensnotwendigkeit“, in der Ausgabe 2/1992 das Anschlussverbot als „Widerspruch zum Selbstbestimmungsrecht der Völker“ und als „Souveränitätsbeschränkung“ und forderte „Weg mit dem veralteten Staatsvertrag“.

Er wurde 1991 Redakteur der im Jahr 1994 eingestellten „Identität“, einer rechtsextremen Zeitschrift des Aula-Verlags, in der der Kläger „neurechte“ Theorien aus Frankreich importierte und für das „völkisch-korporierte FPÖ-Vorfeld“ publizistisch aufbereitete. Weiters publizierte er bis in die neunziger Jahre im Medium „Nationen Europa“, einer neonazistischen Publikation.

Der Kläger hatte sich zwei- oder dreimal mit der von Gerd Honsik gegründeten NF getroffen und sich dieser anschließen wollen. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 3. 3. 1987, B 682/86, wurde die Rechtspersönlichkeit der NF wegen Wiederbetätigung im Sinn des Verbotsgesetzes verneint. Deshalb kam es nicht mehr zu einer Mitgliedschaft des Klägers bei der NF, der er sich allerdings bis zu diesem Zeitpunkt zugehörig gefühlt hatte. Er war an der Verteilung neonazistischen Propagandamaterials bzw Aufklebern der NF mit folgendem Text nicht beteiligt: „Alle Lehrer Österreichs, die den Auftrag der Siegermächte erfüllen, die Verbrechen am deutschen Volk leugnen und gleichzeitig mit den ihnen anvertrauten Schülern nach Mauthausen pilgern, um dem Gasbetrug zu huldigen, werden, wenn wir die Macht gewinnen, durch ein Gesetz mit rückwirkender Kraft zu Verbrechern erklärt und so lange am Halse aufgehängt, bis dass der Tod eintritt!“

Mitglied der VAPO war der Kläger nie. Gottfried Küssel war er zwei- oder dreimal bei diversen Treffen und Vortragsveranstaltungen begegnet. Nie wurde er wegen eines Gewaltdelikts oder Verstoßes gegen das Verbotsgesetz verurteilt.

Der Erstbeklagte ist Autor politischer Sachbücher, namentlich ca 50 Büchern und Beiträgen über Rechtsextremismus, und hielt zum Thema rund 150 Vorträge an Universitäten und diversen Bildungsanstalten. Vor der Veröffentlichung des inkriminierten Werks nahm er mit dem Kläger keinen Kontakt auf. Er zog im Zuge der Recherchen für das Buch sämtliche im Quellenverzeichnis angeführten 563 Quellen heran, darunter rund zehn wissenschaftliche Quellen, wie etwa das „Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus“, 1993, von Bernhard Weidinger, „Die ordentlichen Rechten“, 1996, von Reinhold Gärtner, „Die Ordnung die sie meinen“, „Neue Rechte in Österreich“, 1994, und „Aufbruch aus dem Völkischen“, 1992, jeweils von Wolfgang Purtscheller. Zudem recherchierte er in Universitäten, Archiven sowie Bibliotheken und wertete Informationen von Zeitzeugen und journalistische Arbeiten, wie auch Veröffentlichungen aus Zeitungen und Magazinen aus, die er einer Plausibilitätskontrolle aufgrund eigenen Wissens sowie Informationen aus der Neonazi-Szene unterzog. Er erkundigte sich bei diversen Autoren über etwaige Entgegnungen oder Beschwerden hinsichtlich ihrer Veröffentlichungen.

Im „Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus“ von Bernhard Weidinger wird der Kläger rund 40 mal namentlich angeführt. Es findet sich darin folgende – der Wahrheit entsprechende – Passage: „Neben Mölzer tritt seit 1990 […] [der Kläger] in den Vordergrund des rechtsextremen FPÖ-Umfelds. [Der Kläger] […] war noch Mitte der achtziger Jahre im Umfeld der neonazistischen Gruppe von Gerd Honsik anzutreffen, verbreitete die Zeitungen 'Sieg' und 'Halt' in Kärnten und nahm an Wehrsportübungen teil. Wolfgang Purtscheller erwähnt, dass ein 'FPÖ-Redakteur [der Kläger] in einer Versandliste des im April 1991 an Aids verstorbenen deutschen Neonazi-Chefs Michael Kühnen' aufscheint, und fügt hinzu, dass das interne Mitteilungsblatt Kühnens aus 'konspirativen Gründen' in Österreich nur an 'Kameradschaftsführer' und 'handverlesene Kader' versandt wurde. Seine Sympathien für Walter Ochensbergers neonazistischer Zeitschrift 'Sieg' brachte [der Kläger] in Leserbriefen unmissverständlich zum Ausdruck: 'Ihre Zeitschrift ist meiner Meinung nach die beste, die es zur Zeit auf dem deutschen Markt gibt.'* [Fußnote:] *Sieg, 4/1995. Zwei Jahre später beklagte er den 'Staatsterrorismus in Österreich‘ und führte an, dass er wegen Anbringung von Aufklebern 'Ausländer raus', 'Laßt Heß frei – sperrt Reagan ein') nach Verwaltungsstrafrecht wegen Verbreitung 'nationalsozialistischen Gedankenguts‘ mit einer Geldstrafe belegt worden war.* [Fußnote:] *siehe dazu: Sieg, 9/1987. […] In der Tat scheint sich [der Kläger] neben Mölzer zum zweiten Vordenker und Publizisten des FPÖ‑Rechtsextremismus zu entwickeln. Er beeilte sich zwar, sich von nationalsozialistischen Tendenzen zu distanzieren, seine grundsätzliche Ablehnung der Menschenrechte weist ihn jedoch eindeutig als Rechtsextremisten aus […]. [Der Kläger] publiziert in einschlägiger Gesellschaft, wie beispielsweise in dem im rechtsextremen Arun-Verlag erschienen Buch 'Multikultopia', wo er unter anderen neben dem ehemaligen NPD-Funktionär Rolf Kosiek und dem neurechten Theoretiker Alain de Benoist im Inhaltsverzeichnis aufscheint.“

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger im Jahr 1991 auf der Versandliste des Blattes „Neue Front“ angeführt war. Bei den vom Kläger verteilten Zeitschriften „Sieg“ und „Halt“ handelt es sich um nationalsozialistische Publikationen. In der von Walter Ochensberger herausgegebenen Zeitschrift „Sieg“ veröffentlichten zahlreiche Autoren, die den Holocaust und NS-Verbrechen in Frage stellten oder leugneten und zur Gewalt aufriefen. In der Zeitschrift „Halt“ verbreiteten Gottfried Küssel und Gerd Honsik nationalsozialistisches Gedankengut.

In weiteren vom Erstbeklagten verwerteten Werken über den Rechtsextremismus finden sich auszugsweise folgende Passagen über den Kläger:

In „Aufbruch der Völkischen – das braune Netzwerk“ von Wolfgang Purtscheller wird, ebenso wie im „Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus“ von Bernhard Weidinger, ausgeführt, der Kläger sei Mitte der 80er Jahre „stellvertretender Führer“ der neo‑nationalsozialistischen NF in Kärnten gewesen. In „Die Ordnung die sie meinen“ ergänzt Manfred Purtscheller, der Kläger habe zum Jahreswechsel 1988/89 beim traditionellen Sylvestertreffen der Wiking-Jugend als Festredner auftreten dürfen.

Auch in „Das Plagiat – der völkische Nationalismus der jungen Freiheit“, 1994, von Helmut Kellershohn findet sich der Hinweis, der Kläger sei 1985/86 stellvertretender Führer der mittlerweile in Österreich verbotenen NF in Kärnten gewesen, habe sich in einem Leserbrief dazu bekannt, verwaltungsrechtlich „wegen Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts“ mit einer Geldstrafe belegt worden zu sein. Er halte weiterhin Kontakt zum militanten Lager.

In „Konservative Revolution und Neue Rechte – Rechtsextremistische Intellektuelle gegen den demokratischen Verfassungsstaat“, 1998, von Armin Pfahl-Traughber ist ebenfalls davon die Rede, dass der Kläger sich 1985/86 in hoher Funktion als stellvertretender Führer der NF in Kärnten betätigt habe und aufgrund des Anbringens von Aufklebern wegen Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts mit einer Geldstrafe belegt worden sei.

In „Die Letzten von gestern – die Rechten und die Kunst“, 1996, von Klaus Tieber findet sich die Bemerkung, der Kläger sei wegen Verbreitung „nationalsozialistischen Gedankengutes“ zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

In „Die ordentlichen Rechten“, 1996, von Reinhold Gärtner, wird der Kläger, der auf 25 Seiten rund dreiundfünfzig mal genannt wird, neuerlich als stellvertretender Führer der NF in Kärnten 1985/86 bezeichnet. Beim Kläger sei der „Abschied“ von seiner neonazistischen Jugend nur bedingt ernst zu nehmen.

II. Parteienvorbringen

Der Kläger begehrt,

1. den Beklagten die – auch sinngemäße – Behauptung zu verbieten, der Kläger

1.1. sei gewaltbereit und ein neo-nationalsozialistischer Führer gewesen;

1.2. sei der gewaltbereiten VAPO von Gottfried Küssel nahe gestanden und habe mit diesem gemeinsame Sache gemacht;

1.3. habe gemeinsame Sache mit der gewaltbereiten NF des Gerd Honsik gemacht, die Anschläge verübt, die „Straße erobern“ und die Demokratie „nach dem Vorbild der SA“ gewaltsam beseitigen habe wollen;

1.4. habe nationalsozialistisches Propagandamaterial verbreitet, in dem sie [NF] den Holocaust geleugnet und mit dem Mord von Andersdenkenden gedroht hat;

1.5. sei wegen Wiederbetätigung strafrechtlich verurteilt worden;

2. den Beklagten die identifizierende Berichterstattung über die politische Gesinnung des Klägers in seiner Kindheit, seiner Jugend und seinem frühen Erwachsenenalter zu verbieten;

3. den Beklagten zu gebieten, die Behauptungen gemäß Punkt 1. und/oder den Namen des Klägers gemäß Punkt 2. in den sich in ihrer Verfügung befindlichen Auflagen sowie im abrufbar gehaltenen E‑Book durch Schwärzen bzw Löschen zu beseitigen (in eventu: die noch vorhandene Auflage zu vernichten);

4. den Beklagten zu gebieten, die Behauptungen gemäß Punkt 1. durch Veröffentlichung eines Widerrufs in bestimmten Medien gegenüber den Lesern des Buches „Stille Machtergreifung. Hofer, Strache und die Burschenschaften“ zu widerrufen.

Er sei zwar im jugendlichen Alter Neonazi und einer lokalen Splittergruppe der NF zugehörig gewesen, habe sich aber im Jahr 1987 aus der Neonazi-Szene verabschiedet und sich politisch gemäßigt. Er sei nie wegen eines Gewaltdelikts oder nach dem Verbotsgesetz verurteilt worden, habe keine Führungsposition bei der NF innegehabt und habe weder Flugblätter mit den Holocaust leugnenden Inhalten noch die Zeitschriften „Sieg“ und „Halt“ verteilt. Mitglied der VAPO sei er nie gewesen. Seit 20 Jahren sei er nicht mehr in die Politik involviert und daher keine in der Öffentlichkeit stehende Person. Aus Anlass seines Gastbeitrags im Jahr 1994 für die Festschrift jener Burschenschaft, der der Politiker Norbert Hofer seit 2003 als Ehrenmitglied angehöre, unterschiebe ihm der Erstbeklagte ohne Faktenbasis rechtsradikale Handlungen und rechtfertige deren Unwahrheit bloß pseudo‑wissenschaftlich, nämlich mit unzureichenden Zitaten und mit einseitiger Herangehensweise. Der Erstbeklagte habe vor der Veröffentlichung auch nicht mit ihm Kontakt aufgenommen und damit gegen seine journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen. Der Zweitbeklagten hätte anlässlich des Lektorats die Unzulässigkeit der im Buch gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe auffallen können. Dies führe gemäß § 1330 ABGB zum Unterlassungs-, Beseitigungs- und Widerrufsanspruch. Darüber hinaus habe der Kläger insbesondere nach § 16 ABGB Anspruch darauf, im Zusammenhang mit seinen Jugendsünden, seiner neo‑nationalsozialistischen Verirrung, von der er sich ausreichend distanziert habe und an der kein öffentliches Interesse bestehe, nicht namentlich genannt zu werden.

Die Beklagten wenden ein, die Tatsachengrundlage der inkriminierten Äußerungen sei wahr und entspreche den verwendeten, umfassend geprüften wissenschaftlichen Quellen; die daraus gezogenen Schlüsse seien intersubjektiv nachvollziehbar. Das Werk falle daher unter den Schutz der Wissenschaftsfreiheit. Im Übrigen habe der Erstbeklagte unter Einhaltung der journalistischen Sorgfalt zum Ergebnis kommen dürfen, die veröffentlichten Behauptungen seien wahr. Der Kläger sei auch noch nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Neonazi-Szene im Jahr 1987 dem Rechtsextremismus verbunden geblieben, habe etwa 1988 das Sylvestertreffen der Wiking‑Jugend besucht und noch im Jahr 1991 das Blatt „Neue Front“ des deutschen Neonazi-Chefs Michael Kühnen bezogen. Das überwiegende Veröffentlichungsinteresse folge daraus, dass der Kläger nach Distanzierung von den neonazistischen Aktivitäten seiner Jugend- und jungen Erwachsenenzeit weiterhin als führender rechtsextremer Publizist tätig sei. In den Folgeauflagen sei es auch schon zu textlichen Änderungen gekommen: Der Kläger werde nicht mehr namentlich, sondern nur noch mit seinen Initialen genannt; anstelle „verurteilt“ sei „verwaltungsrechtlich bestraft“ getreten.

III. Bisheriger Verfahrensgang

Das Erstgericht gab der Klage teilweise statt. Es verurteilte die Beklagten zur Unterlassung in den Punkten 1.2. (VAPO-Nähe) und 1.5. (strafgerichtliche Verurteilung) sowie zum Widerruf laut den Punkten 4.(b) und (c) des Klagebegehrens (Websites, Facebook, Twitter); im Übrigen wies es die Klage ab. Ausgehend vom eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Urteilssachverhalt führte es – soweit für das Revisionsverfahren relevant – in rechtlicher Hinsicht aus, die inkriminierten Äußerungen seien nach dem Gesamtzusammenhang und dem damit vermittelten Gesamteindruck für den unbefangenen Durchschnittsadressaten als auf ihre Richtigkeit überprüfbare ehrverletzende Tatsachenbehauptungen zu beurteilen. Dem Werk der Beklagten sei zwar der wissenschaftliche Charakter nicht abzusprechen; allerdings deckten weder das Recht auf freie Meinungsäußerung noch die Freiheit der Wissenschaft das Aufstellen unwahrer Tatsachenbehauptungen sowie auf solchen basierende Werturteile. Die Behauptung, dass der Kläger „seine Verurteilung wegen Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts als österreichischen Staatsterrorismus beklagte“, suggeriere, dass der Kläger wegen Wiederbetätigung strafgerichtlich verurteilt worden sei. Tatsächlich habe er eine (verwaltungsrechtliche) Geldstrafe wegen Schwarzplakatierens erhalten. Diese – notwendige – Unterscheidung sei im inkriminierten Werk unterblieben. Die Tatsachenbehauptung sei somit unwahr und finde sich auch in keiner der vorgelegten Publikationen. Jedenfalls liege aber ein von der Freiheit der Wissenschaft nicht gedeckter Wertungsexzess vor. Dasselbe gelte für die Behauptung, der Kläger habe mit der VAPO von Gottfried Küssel gemeinsame Sache – im Sinn von Wiederbetätigung – gemacht. Die sonstigen inkriminierten Äußerungen seien demgegenüber unter Berücksichtigung ihres Bedeutungsinhalts und der zugrundeliegenden Ergebnisse der wissenschaftlichen Recherche des Erstbeklagten nicht zu beanstanden: So finde sich in den relevierten Passagen des Buches unter Bedachtnahme auf den Gesamteindruck zum einen gar nicht die Behauptung, der Kläger selbst sei gewaltbereit gewesen. Zum anderen stehe die Behauptung, der Kläger sei stellvertretender Führer der NF gewesen, im Einklang mit zahlreichen Quellen. Schließlich beziehe sich die mit dem Urteilsbegehren inkriminierte Behauptung, der Kläger habe nationalsozialistisches Propagandamaterial verbreitet, in dem der Holocaust geleugnet und mit dem Mord von Andersdenkenden gedroht wird, nicht auf einen konkreten Text (Beilage ./E), sodass unter Bedachtnahme darauf, dass der Kläger tatsächlich mit den Zeitschriften „Halt“ und „Sieg“ solches Propagandamaterial verteilt hat, keine Bedenken gegen die Wissenschaftlichkeit des Werks in diesem Punkt bestünden. Auch das Begehren auf Unterlassung identifizierender Berichterstattung über die frühere politische Gesinnung des Klägers bestehe nicht zu Recht: Bei Eingriffen in den höchstpersönlichen Lebensbereich bedürfe es einer Abwägung der berührten Persönlichkeitsinteressen und der Gegeninteressen, insbesondere der Informationsinteressen der Öffentlichkeit und der öffentlichen Aufgabe der Medien. Ausgehend von der Bedeutung und Bekanntheit des Klägers als regelmäßiger Autor in der „Aula“ sowie in weiteren rechtsextremen Publikationen bis Ende der neunziger Jahre wiege das öffentliche Interesse an seiner damaligen Gesinnung weit schwerer als das Recht an der Geheimhaltung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung sowohl des Klägers als auch der Beklagten teilweise Folge, änderte das Ersturteil teilweise ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es gab dem Unterlassungsbegehren zu Punkt 1.5. (strafgerichtliche Verurteilung) zur Gänze und zu Punkt 1.4. (Verbreitung von Propagandamaterial) teilweise, nämlich in Bezug auf die spezifische Behauptung statt, der Kläger habe den Text laut Beilage ./E verteilt. Dem Unterlassungsbegehren zu Punkt 1.1. (gewaltbereit und Neonazi-Führer), zu Punkt 1.2. (VAPO-Nähe), 1.3. (gemeinsame Sache mit der NF) und zu Punkt 2. (identifizierende Berichterstattung) gab es insoweit teilweise statt, als es die Beklagten schuldig erkannte, es im Buch „Stille Machtergreifung. Hofer, Strache und die Burschenschaften“ oder in ähnlichem Zusammenhang zu unterlassen, den Kläger (auch nur sinngemäß) als einen der radikalsten Führer der Neonazi-Szene und Aktivisten der gewaltbereitesten Gruppierungen Österreichs zu bezeichnen, der gemeinsame Sache gemacht habe mit den Organisationen VAPO und NF, der als stellvertretender Führer der NF neonazistisches Propagandamaterial verteilt habe und der wegen Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts verwaltungsrechtlich bestraft worden sei. Zugleich verurteilte es die Beklagten im Umfang der Punkte 4.(b) und (c) (Websites, Facebook, Twitter) zum Widerruf in Bezug auf die Behauptungen laut den Punkten 1.5. und 1.4. des Klagebegehrens. Im Übrigen wies es die Unterlassungs- und Widerrufsbegehren sowie das Beseitigungsbegehren ab.

Bei den inkriminierten Textstellen handle es sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck der Äußerung für den unbefangenen Durchschnittsadressaten teils um ehrenrührige Werturteile, nämlich bezogen auf den Punkt 1.1. des Unterlassungsbegehrens (gewaltbereit und Neonazi-Führer), aber auch auf die Punkte 1.2. (VAPO-Nähe) und 1.3. (gemeinsame Sache mit der NF). Tatsachenbehauptungen seien demgegenüber die Äußerungen laut Punkt 1.4. (Verbreiten von Propagandamaterial) und 1.5. (Wiederbetätigungsverurteilung): Letztere suggeriere ein verurteilendes Erkenntnis eines Strafgerichts. Im Gesamtzusammenhang mit der Bezeichnung des Klägers als besonders radikaler Neonazi-Führer werde der Leser an eine Straftat nach dem Verbotsgesetz denken; die Bezugnahme auf „nationalsozialistisches Gedankengut“ führe ohne Notwendigkeit eine gedankliche Verbindung zu einem schwerwiegenden Kriminaldelikt herbei. Mehrere von den Beklagten vorgelegte Quellen hätten das (bloße) Anbringen von Aufklebern und eine (bloße) Geldstrafe nach Verwaltungsstrafrecht klargelegt, sodass die inkriminierte Behauptung die maßgebliche Quellenlage nur unvollständig und sinnstörend wiedergebe. Ihr sei ein Wissenschaftlichkeitsanspruch zu versagen. Das Unterlassungsbegehren zu Punkt 1.4. (Verbreiten von Propagandamaterial) orientiere sich erkennbar an der Passage im Buch, wonach der Kläger Texte wie jenen über die Ermordung aller Lehrer, die mit ihren Schülern „nach Mauthausen pilgern, um dem Gasbetrug zu huldigen“ verteilt habe. Der Durchschnittsleser verstehe diese Passage nicht dahingehend, dass der Kläger irgendein Propagandamaterial, sondern jedenfalls auch das wörtlich angeführte verteilt habe. Diese Behauptung sei aber unwahr und auch nicht durch die zusammengetragenen Quellen gestützt. Da ein seinem Umfang nach berechtigtes Begehren als Minus im zu weiten Begehren enthalten sei, habe der Kläger jedenfalls einen Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die Behauptung, er habe den konkret erwähnten Propagandatext verteilt. Bei den übrigen inkriminierten Äußerungen („gewaltbereiter Neonazi‑Führer“; „Gemeinsame-Sache-Machen“), die für sich genommen Werturteile seien, hänge die Beurteilung der Rechtswidrigkeit, soweit zumindest ein ausreichend wahrer Tatsachenkern vorliege, vom Ergebnis einer vorzunehmenden Abwägung der berührten Persönlichkeitsinteressen des Klägers (konkret seines aus § 16 ABGB abgeleiteten Rechts auf Namensanonymität) und der Gegeninteressen, etwa an Meinungsäußerungs- und Wissenschaftsfreiheit, ab. Entsprechend den Wertungen der §§ 7a ff MedienG und des § 1 Z 5 JGG sei im Rahmen der Interessenabwägung auch zu beachten, inwieweit die Namensnennung der Resozialisierung des Betroffenen im Hinblick auf eine weit in der Vergangenheit liegende „Gesinnungsverirrung“, namentlich eine Verwicklung in neonazistische Umtriebe im jungen Erwachsenenalter, zuwiderlaufe. Nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers lasse sich der Behauptung, der Kläger sei „einer der radikalsten Führer der Neonazi‑Szene und Aktivisten der gewaltbereitesten Gruppierungen“ ableiten, der Kläger selbst sei besonders gewaltbereit gewesen. Zugleich beziehe sich die Passage zeitlich unter Bedachtnahme auf den Gesamtzusammenhang auf das Gründungsjahr der in Rede stehenden Burschenschaft 1994 (arg: „damals“). Diese Zuschreibung als „besonders gewaltbereiter Neonazi-Führer“ in zeitlicher Nähe zum Jahr 1994 sei ein ehrenrühriges Werturteil, für das es – auch unter Berücksichtigung des vorgelegten Quellenmaterials – keine ausreichende Tatsachenbasis gebe. Durch seine rege publizistische Tätigkeit, auch wenn man diese dem äußerst rechten Meinungsspektrum zuordne, sei der Kläger im maßgeblichen Zeitraum nicht wie ein Neonazi-Führer oder Aktivist der gewaltbereitesten Gruppen in Erscheinung getreten. Die Beklagten hätten somit in weitester Vergangenheit gelegene schwerwiegende, verwerfliche neonazistischen „Gesinnungsverirrungen“ des Klägers aus der Zeit seines Heranwachsens wieder der Öffentlichkeit preisgegeben, obwohl er selbst dazu keinen Anlass gegeben habe. Ihrer Rechtfertigung, seine Vergangenheit zeige aktuelle politische Hintergründe auf, falle schon deshalb nicht ins Gewicht, weil der Vorhalt unveränderten neonazistischen oder sonst gewaltbereiten Agierens auch noch im zeitlichen Naheverhältnis zum Festschriftbeitrag jeder Tatsachengrundlage entbehrte und als Wertungsexzess zu qualifizieren sei. Unter Berücksichtigung des dargelegten Resozialisierungsaspekts sei somit sowohl die Äußerung des abträglichen Werturteils als auch der damit einhergehenden Tatsachenbehauptungen rechtswidrig erfolgt. Allerdings rechtfertige der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Klägers nicht das begehrte Unterlassungsgebot in vollem Umfang, erscheine doch in anderem Zusammenhang bei abweichender Interessenlage und Tatsachenbasis ein anderes Abwägungsergebnis nicht ausgeschlossen. Der Widerrufsanspruch nach § 1330 Abs 2 ABGB im Hinblick auf die inkriminierten unwahren Tatsachenbehauptungen scheitere unter Bedachtnahme auf das Quellenmaterial nicht am Verschulden der Beklagten.

Die Beklagten streben mit ihrer Revision die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im gänzlich klagsabweisenden Sinn an; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

IV. Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Die Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; sie ist auch teilweise berechtigt.

1. Zur Intensität der Nachprüfung der Auslegung der inkriminierten Äußerungen

1.1. Die Revisionswerber kritisieren die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zum jeweiligen Bedeutungsinhalt der inkriminierten Textpassagen des Buches. Weder sei darin zum Ausdruck gebracht worden, dass der Kläger strafgerichtlich verurteilt worden sei, noch, dass er Propagandamaterial mit einem bestimmten Text verteilt habe. Ebenso wenig gehe aus dem Werk hervor, dass der Kläger selbst gewaltbereit gewesen sei.

1.2. Beim Bedeutungsinhalt einer Äußerung kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerungen an; das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers oder Durchschnittshörers, nicht aber der subjektive Wille des Erklärenden ist maßgebend (RS0031883 [T1]). Die Ermittlung des Bedeutungsinhalts ist im Allgemeinen eine Rechtsfrage, die von den näheren Umständen des Einzelfalls, insbesondere aber von der konkreten Formulierung in ihrem Zusammenhang abhängt (RS0031883 [T6]). Auch wertende Äußerungen sind nach dem Gesamtzusammenhang, in dem sie verbreitet wurden, zu beurteilen (RS0031883 [T12]).

1.3. Wie eine Äußerung im Einzelnen zu verstehen ist, hängt freilich in der Regel so sehr von den Umständen des konkreten Falls ab, dass dieser Frage grundsätzlich keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt und sie daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO bildet (RS0031883 [T28]). Anderes würde nur bei einer unvertretbaren Fehlbeurteilung der zweiten Instanz gelten (RS0107768 [T1]). Im Rahmen der meritorischen Erledigung einer Revision ist jedoch unabhängig von dieser Einschränkung auch die Richtigkeit der vom Berufungsgericht im Einzelfall vorgenommenen Beurteilung nachzuprüfen.

2. Zur Interessenabwägung

2.1. Allgemeine Gesichtspunkte

2.1.1. Im vorliegenden Fall sind nicht nur die Persönlichkeitsinteressen des Klägers, und zwar konkret das Rechtsgut der Ehre bzw das Recht auf Namensanonymität (RS0008998) und Achtung der Privatsphäre (RS0009003) berührt, sondern auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sowie die Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Freiheit der Wissenschaft. Das Spannungsverhältnis zwischen den betroffenen Rechten ist im Wege einer umfassenden Interessenabwägung zu lösen (zur Interessenabwägung betreffend die Rechtmäßigkeit der Namensnennung vgl insb 6 Ob 266/06w mwN; zum Resozialisierungsinteresse siehe 6 Ob 147/10a).

2.2. Meinungs- und Pressefreiheit

2.2.1. Bei Würdigung des den Persönlichkeitsinteressen gegenüberstehenden Interesses an einer freien Presseberichterstattung ist zu berücksichtigen, dass die öffentliche Vermittlung und Kommunikation wahrer Tatsachen von allgemeinem Interesse zu den elementaren Aufgaben einer freien Presse gehört (vgl BVerfG 23. 6. 2020, 1 BvR 1240/14, Rz 23 mwN). Dabei ist es Ausgangspunkt und unaufhebbare Voraussetzung einer freien Presse, selbst zu entscheiden, was berichtenswert ist und wie berichtete Umstände miteinander verknüpft, bewertet und zu einer Aussage verwoben werden (BVerfG, 23. 6. 2020, 1 BvR 1240/14, Rz 23 mwN).

2.2.2. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Fotos und Artikeln und der Interessenabwägung zwischen Art 8 EMRK und Art 10 EMRK ist nach der Rechtsprechung des EGMR danach zu unterscheiden, ob die Veröffentlichungen nur dem Zweck dienten, die Neugier eines bestimmten Publikums im Hinblick auf Einzelheiten aus dem Privatleben einer bekannten Person zu befriedigen, oder ob sie als Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse angesehen werden können; in ersterem Fall gebietet die freie Meinungsäußerung eine weniger weite Auslegung (RS0123987). Der EGMR billigt den Vertragsstaaten für die Einschränkungen politischer Äußerungen oder Diskussionen in Angelegenheiten des öffentlichen Interesses einen sehr engen Beurteilungsspielraum zu (RS0123667 [T5]).

2.2.3. Die Interessenabwägung muss regelmäßig schon dann zugunsten der Berichterstattung ausfallen, wenn nicht überwiegende Gründe deutlich dagegen sprechen, ist doch die Einschränkung der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit andernfalls nicht im Sinne des Art 10 Abs 2 EMRK ausreichend konkretisiert (RS0008990 [T8]).

2.2.4. Zudem muss dem Handelnden ex ante erkennbar sein, ob seine Berichterstattung zulässig ist oder nicht. Die Furcht vor Inanspruchnahme aufgrund nicht ausreichend klar konturierter Persönlichkeitsrechte der Genannten könnte – im Sinne eines „chilling effect“ (dazu Grabenwarter/Pabel, EMRK6 397 mwN) – die unverzichtbare Rolle der Presse als „öffentlicher Wachhund“ und ihre Fähigkeit, präzise und zuverlässige Informationen zu liefern, beeinträchtigen (RS0008990 [T9]).

2.3. Persönlichkeitsrecht

2.3.1. Allgemein ist zunächst zu berücksichtigen, dass eine Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte zu einer unerträglichen Einschränkung der Interessen anderer und jener der Allgemeinheit führen würde (RS0008990).

2.3.2. Im Rahmen der Interessenabwägung ist danach zu differenzieren, in welche Sphäre der Persönlichkeit eingriffen wurde. Keinen so weitgehenden Schutz genießt die Sozialsphäre, insbesondere die Betätigung im öffentlichen und politischen Leben. Da der Betroffene hier als in Gemeinschaft stehender Mensch in Kommunikation mit Außenstehenden tritt, muss er sich auf Beobachtung und Bewertung seines Verhaltens einstellen. Verboten sind aber auch hier jedenfalls schwerwiegende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht, insbesondere Stigmatisierung und Ausgrenzung (Sprau in Palandt, BGB79 [2020] § 823 Rz 96 mwN). Die Mitteilung solcher Tatsachen und Handlungen, die dem Kern der Privatsphäre zuzurechnen sind, sind im Grundsatz einer öffentlichen Erörterung entzogen. Hierzu gehören etwa Details privater Beziehungen und persönliche Ausdrucksformen der Sexualität (BVerfG 23. 6. 2020, 1 BvR 1240/14, Rz 17 f mwN).

2.3.3. Die Mitteilung wahrer Tatsachen mit Sozialbezug ist demgegenüber im Allgemeinen grundsätzlich hinzunehmen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt kein Recht, in der Öffentlichkeit so dargestellt zu werden, wie es dem eigenen Selbstbild und der beabsichtigten öffentlichen Wirkung entspricht. Betroffene können sich nicht von Rechts wegen aus der Gesamtheit ihres vergangenen sozialbezogenen Verhaltens und der darin zum Ausdruck kommenden Persönlichkeit diejenigen Aspekte herausgreifen, von denen sie sich eine positive Außenwirkung versprechen und alles andere einseitig dem Blick der Öffentlichkeit entziehen (BVerfG 23. 6. 2020, 1 BvR 1240/14, Rz 15 mwN). Allein, dass ein mitgeteilter Umstand nicht dem Bild entspricht, das man öffentlich vermitteln will und bisher vermittelt hat, beeinträchtigt die freie Persönlichkeitsentfaltung nicht (BVerfG 23. 6. 2020, 1 BvR 1240/14, Rz 17).

2.4. Politische Debatte

2.4.1. Der Persönlichkeitsschutz von Politikern ist insofern eingeschränkt, als die Grenzen der zulässigen Kritik – zumal wenn sie selbst öffentliche Äußerungen tätigen, die geeignet sind, Kritik auf sich zu ziehen – bei ihnen weiter gezogen sind als bei Privatpersonen, weil sie sich unweigerlich und wissentlich der eingehenden Beurteilung ihrer Worte und Taten durch die Presse und die Öffentlichkeit aussetzen. Bei diesen ist die Grenze dort zu ziehen, wo unabhängig von den zur Debatte gestellten rein politischen Verhaltensweisen ein persönlich vorwerfbares unehrenhaftes Verhalten vorgeworfen wird und bei Abwägung der Interessen ein nicht mehr vertretbarer Wertungsexzess vorliegt (so schon 6 Ob 18/94). Diese großzügige Auslegung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung und damit ein eingeschränkter Persönlichkeitsschutz darf aber nicht in gleicher Weise auf andere Personen, wie etwa Beamte eines von einem Politiker geführten Ministeriums erweitert werden (RS0082182).

2.4.2. Entsprechendes hat nach der Judikatur des EGMR für Privatpersonen zu gelten, sobald sie die politische Bühne, also die Arena der politischen Auseinandersetzung, betreten (RS0115541; vgl RS0082182, RS0075552). Wer in Fragen der politischen Haltung gezielt Einfluss nehmen will, muss das Risiko öffentlicher, auch scharfer abwertender Kritik seiner Ziele auf sich nehmen und Polemik gegen seine Person hinnehmen (Sprau in Palandt, BGB79 [2020], § 823 BGB Rn 98 mwN). So wurden im Einzelfall sogar Bezeichnungen wie „bekennende Rassistin“ (OLG Karlsruhe GRUR‑RS 2016, 115437), „Neonazi“ (OLG Stuttgart GRUR‑RS 2016, 04395) sowie „Nazi-Schlampe“ (LG Hamburg GRUR-RS 2017, 110240) als erlaubt beurteilt.

2.4.3. Für den Kläger, der nicht nur als Heranwachsender in den 80er‑Jahren, sondern insbesondere auch noch in der Folgezeit als Journalist bis zum Ende der 1990er-Jahre versucht hat, den politischen Diskurs in Österreich mit extremistischen Positionen mitzubestimmen, kann nichts anderes gelten. Er ist – ungeachtet des Umstands, dass er seit rund 20 Jahren nicht mehr vergleichbar exponiert an der öffentlichen Debatte teilnimmt – nicht als „personne ordinaire“ im Sinn der Judikatur des EGMR (vgl 17. 10. 2006, Gourguenidze/Georgien, Bsw 71678/01) zu qualifizieren, mit der Folge, dass er mitunter auch jetzt noch scharfe Kritik an seinem früheren Verhalten und Polemik gegen seine Person zu tolerieren hat, auch wenn er dazu selbst keinen aktuellen Anlass gegeben hat. Der Kläger mag seine politischen Überzeugungen über die Jahre verändert haben. Unbeschadet dessen nimmt er seit jeher am politischen Diskurs teil.

2.5. Freiheit der Wissenschaft

2.5.1. Ergänzend ist auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheit der Wissenschaft (Art 12 StGG) zu verweisen. Diese steht im Gegensatz zur Meinungsfreiheit nicht unter einem Gesetzesvorbehalt. Damit geht das StGG davon aus, dass wissenschaftliche Forschung und Lehre von bloßen Meinungen unterscheidbar ist (vgl Gärditz in Maunz/Dürig, 90. EL Februar 2020, Art 5 Abs 3 GG Rz 53). Konflikte zwischen der Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit und dem Schutz anderer verfassungsrechtlich garantierter Rechtsgüter sind nach Maßgabe der verfassungsgesetzlichen Wertordnung und unter Berücksichtigung der Einheit dieses Wertsystems im Einzelfall durch Verfassungsauslegung und Güterabwägung zu lösen (vgl OLG München 15. 5. 1996, 21 U 2607/96; zur Berücksichtigung der Wissenschaftsfreiheit im Rahmen der Interessenabwägung vgl auch OLG Hamm 12. 8. 2015, 3 U 70/13 bei einem Lehrbeauftragten an einer Universität; Sprau in Palandt, BGB79 [2020] § 823 BGB Rz 99).

2.5.2. Für das Vorliegen von „Wissenschaft“ genügen naturgemäß weder der selbst erhobene Anspruch des Äußernden noch rein formale Kriterien wie Vorliegen oder Anzahl von Fußnoten oder Ähnliches. So ist Wissenschaftlichkeit abzulehnen, wenn rein ergebnisorientiert gesellschaftliche oder ideologische Ziele verfolgt werden. Keine Wissenschaft ist schließlich auch – mitunter auf wissenschaftlich fundierten Thesen gründender – politischer Aktivismus, dem es nicht um eigenständigen rationalen Erkenntnisgewinn, sondern um die Durchsetzung gesellschaftlich‑politischer Ziele bzw um (akademisch verbrämtes) politisches Agenda-Setting geht. Hier wird gerade vorausgesetzt, dass man das Richtige bereits erkannt und nur noch in Praxis umzusetzen hat. Dies ist selbstverständlich nicht illegitim, sondern normaler Bestandteil des demokratischen Prozesses, der voluntaristisch und nicht rationalistisch kodiert ist, ist aber eben keine Wissenschaft im verfassungsrechtlichen Sinne (Gärditz aaO Art 5 Abs 3 GG Rz 72).

2.5.3. Zu unwahren Tatsachenbehauptungen berechtigt auch die Freiheit der Wissenschaft nicht (6 Ob 182/15f mwN; näher dazu Wagner in MünchKomm BGB7 [2017] § 824 Rz 49). Insoweit kommt es daher auf die Frage, ob die inkriminierten Äußerungen im vorliegenden Fall in einer wissenschaftlichen Maßstäben genügenden Publikation erfolgt sind, nicht an.

2.6. Anlass und Medium der Meinungsäußerung

2.6.1. Im Rahmen der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, ob es um die Frage des Wiederaufgreifens von vergangenen Ereignissen durch eine aktuelle Presseberichterstattung geht, oder das langfristige öffentliche Vorhalten von personenbezogenen Informationen und Berichten, etwa in Online‑Archiven, und deren spätere Auffindbarkeit mittels namensbezogener Suchanfragen (BVerfG 23. 6. 2020, 1 BvR 1240/14, Rz 15 mwN).

2.6.2. Für die Schwere des Eingriffs ist auch zwischen (Online‑)Archiven und (Online‑)Enzyklopädien zu differenzieren. Letztere werden stets aktualisiert und sind daher eher mit einer erneuten Berichterstattung vergleichbar (Specht-Riemenschneider in BeckOK § 823 BGB Rn 1485). Bei Archiven erlaubt es der EGMR selbst bei einer von Beginn an rechtswidrigen Verdachtsberichterstattung, sie zu Archivzwecken in einem Online-Archiv bereitzuhalten, wenn eine Anmerkung hinzugefügt wird, um die Öffentlichkeit über den Ausgang des Verfahrens zu informieren (EGMR, 16. 7. 2013, Bsw 33846/07, Wegrzynowski und Smolczewski gegen Polen).

2.7. Gewicht des Eingriffs

2.7.1. Bei der vorzunehmenden Interessen-abwägung ist auch das Gewicht des Eingriffs zu berücksichtigen. In diesem Rahmen kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass der Kläger selbst gar nicht im Fokus des Buches steht. Auch ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht um eine statische, für alle Zeiten feststehende Größe handelt, sondern dass sein Bestand in gewissem Umfang auch von der tatsächlichen Anerkennung durch die Öffentlichkeit abhängt und es seinem Träger keinen Anspruch darauf vermittelt, öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist. Der Umstand, dass eine – wahre – Tatsache bereits einer größeren Öffentlichkeit bekannt ist und deren Sicht auf die betroffene Person schon wesentlich mitprägt, ist daher jedenfalls geeignet, das Gewicht ihrer Weiterverbreitung gegenüber dem Ersteingriff erheblich zu mindern (BVerfG NJW-RR 2010, 1195, 1197 mwN).

2.7.2. In diesem Zusammenhang kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass sich bereits mehrere Sachbücher über Rechtsextremismus mit der Person des Klägers und seiner einschlägigen Vergangenheit auseinandergesetzt haben (vgl dazu BVerfG 1 BvR 1240/14 mwN). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat sich die wissenschaftliche und Sachbuchliteratur schon zuvor wiederholt namentlich mit dem Werdegang des Klägers auseinandergesetzt. Die Beklagten veröffentlichten keine Informationen über den Kläger, die nicht ohnehin bereits allgemein zugänglich sind. So meinte schon Bernhard Weidinger im „Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus“, der Kläger entwickelte sich Anfang der 1990er-Jahre neben Mölzer zum zweiten Vordenker und Publizisten des FPÖ-Rechtsextremismus. Die inkriminierten Passagen stellen als Wortberichterstattung auch gegenüber den bisherigen Medien keinen qualitativ schwereren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, wie dies etwa bei einer Tonbild- oder Onlineberichterstattung der Fall sein kann.

2.7.3. Für die vorzunehmende Abwägung können auch Gegenstand und Herkunft der mitgeteilten Information von Bedeutung sein. War eine Information ohne Weiteres zugänglich, darf sie eher öffentlich berichtet werden, als wenn sie über aufwendige Recherchen oder sogar rechtswidrige Handlungen erlangt wurde. Ebenso erheblich kann es sein, ob der mitgeteilte Umstand eher dem privaten Bereich zugeordnet ist oder ein Verhalten betrifft, das einen stärkeren Sozialbezug aufweist. Für die Schwere der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts erheblich ist schließlich die Breiten- und Öffentlichkeitswirkung der beanstandeten Berichterstattung, also etwa der Adressatenkreis der betreffenden Publikation, die Auflagenzahl und die Verfügbarkeit im Internet (BVerfG 23. 6. 2020, 1 BvR 1240/14, Rz 21 f mwN).

2.8. Resozialisierungsinteresse

2.8.1. Das Berufungsgericht hat bei der Interessenabwägung dem Resozialisierungsinteresse des Klägers mit Blick auf dessen weit in der Vergangenheit liegende „Gesinnungsverirrung“ im jungen Erwachsenenalter besonderes Gewicht zugemessen. Daran trifft zu, dass im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung auch die Wertungen der §§ 7a ff MedienG und des § 1 Z 5 JGG zu berücksichtigen sind. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der Kläger zumindest im Zeitpunkt der verwaltungsstrafrechtlichen Geldstrafe noch Jugendlicher war. In Hinblick auf die vorgesehene bloß verwaltungsstrafrechtliche Sanktion handelte es sich hinsichtlich der Schwere der Schuld zudem nur um eine geringergradige Verfehlung.

2.8.2. Gleichwohl ist der vom Berufungsgericht vorgenommenen diesbezüglichen Gewichtung des Resozialisierungsinteresses nicht zu folgen: Zwar gewinnt mit zeitlicher Distanz zur Straftat das Interesse des Täters, von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung (BGH NJW 2012, 2197, 2200 mwN). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt Straftätern jedoch keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit ihrer Tat konfrontiert zu werden (BGH aaO). Das Resozialisierungsinteresse bedeutet auch nicht, dass Tat und Täter nicht Gegenstand historischen Interesses oder wissenschaftlicher Analyse werden dürfen. Das Typische oder Kriminalgeschichtliche eines Verbrechens oder Vergehens muss nicht verschwiegen werden. Das Persönlichkeitsrecht des Straftäters schützt der Kommunikationsfreiheit gegenüber davor, dass die Erinnerung an ihn als Schuldigen wach gehalten wird, verlangt aber nicht, das Ereignis als ungeschehen zu behandeln (Rixecker in MünchKomm BGB8 [2018] Anh zu § 12 BGB Rz 214). Für die Abwägung kommt es neben der Art und Weise der Darstellung auch auf Natur und Schwere der Tat und die Person des Täters an, sowie darauf, wie lange die Tat bereits zurückliegt und ob ein aktueller Anlass für die Berichterstattung besteht (BGH NJW 2009, 757, 759 f mwN). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren, besteht (BGH NJW 2012, 2197, 2201 mwN).

2.8.3. Bei der Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts iSd Art IX Abs 1 Z 7 EGVG 1950 (nunmehr Art III Abs 1 Z 4 EGVG 2008) ist zweifellos das allgemein politische Interesse betroffen. Zudem dient die Berichterstattung über die bereits sehr lange zurückliegenden extremistischen Umtriebe des Klägers nicht allein der Befriedigung der Neugier des Publikums, sondern leistet einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft. Im vorliegenden Fall bestand ein konkreter berechtigter Anlass, die extremistische Vergangenheit des Klägers in den inkriminierten Textpassagen des Buches zu thematisieren, als die Beklagten darauf abzielten, eine öffentliche Debatte über allfällige Verstrickungen von Burschenschaften und führender FPÖ‑Politiker zum rechtsextremen Milieu anzufachen: Die Beklagten zielen darauf, vom Werdegang des Klägers Schlussfolgerungen hinsichtlich der Einordnung und Bewertung der FPÖ und der Burschenschaften zu ziehen. Insofern sollen sich die Informationen über die Privatperson des Klägers mittelbar auf das Verhalten einer politischen Partei als Trägerin öffentlicher Funktionen beziehen. Dabei bestand mit dem im Jahr 2017 stattfindenden Präsidentschaftswahlkampf ein konkreter Anlass, sich mit den Zusammenhängen der Lebensgeschichte des Klägers und dem Führungspersonal der FPÖ auseinanderzusetzen. Der Umstand, dass der Kläger im Jahr 1994, zu einem Zeitpunkt, als er seine rechtsextreme Gesinnung noch nicht aufgegeben hatte, einen Beitrag in der Gründungsfestschrift gerade jener Burschenschaft verfasst hatte, der der damalige Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer angehört, rechtfertigt die Berichterstattung über die früheren Aktivitäten des Klägers in der Neonazi-Szene. Darin liegt ein sachlicher Bezug zum gegenwärtigen Geschehen, der dazu führt, das dem Informationsinteresse der Allgemeinheit der Vorrang zukommt(Rixecker in MünchKomm BGB8 [2018] Anh zu § 12 BGB Rz 215).

2.8.4. Sofern das Berufungsgericht hervorhebt, dass der Kläger damals noch Jugendlicher war, trägt es dem Umstand zu wenig Rechnung, dass der Kläger noch über das Jahr 1994 hinaus, also nicht mehr als Heranwachsender, das neonazistische Milieu unterstützte, namentlich durch seine publizistische Tätigkeit im einschlägigen Medium „Nationen Europa“ und durch seinen Leserbrief in der Zeitschrift „Sieg“ im Jahr 1995. Eine Regelvermutung des grundsätzlichen Vorrangs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegenüber der Meinungsfreiheit, sobald schutzbedürftige Interessen von jungen Erwachsenen beziehungsweise Jugendlichen in Rede stehen, besteht nicht (vgl BVerfG ZUM-RD 2012, 250, 252 f). Schließlich ist hinsichtlich des Resozialisierungsinteresses des Klägers zu berücksichtigen, dass das Buch auf derselben Doppelseite auf die Ende der 1990er Jahre erfolgte Distanzierung des Klägers ausdrücklich hinweist.

2.8.5. Unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung ist auch nicht zwingend Voraussetzung, dass die Beklagten ein konkretes Interesse der Allgemeinheit an der Veröffentlichung auch der Identität des Betroffenen dartun (vgl aber 6 Ob 147/10a). Die Zulässigkeit identifizierender Berichterstattung vom Vorliegen eines eigenständigen Nachrichtenwerts der preisgegebenen Identität abhängig zu machen, widerspräche der Judikatur des EGMR, nach der die Art und Weise, wie ein Gegenstand behandelt wird, der journalistischen Freiheit unterfällt: Grundsätzlich überlasse Art 10 EMRK es den Journalisten zu entscheiden, welche Details veröffentlicht werden müssen, um die Glaubwürdigkeit einer Publikation sicherzustellen; die Aufnahme von identifizierenden Elementen in eine Berichterstattung, wie des kompletten Namens der betroffenen Person, stelle einen wesentlichen Aspekt der Arbeit der Presse dar (vgl EGMR 28. 6. 2018, ML und WW gegen Deutschland, Bsw 60798/10 und 65599/10).

2.9. Zeitablauf

2.9.1. Jenseits dieser besonderen Fälle ist im Rahmen der Abwägung auch allgemein zu berücksichtigen, dass das öffentliche Berichterstattungsinteresse durch Zeitablauf weniger akut werden kann (BVerfG 23. 6. 2020, 1 BvR 1240/14, Rz 19 f mwN). Dieses Abflauen des Berichterstattungsinteresses in der Zeit lässt sich jedoch nicht aus dem zeitlichen Abstand des zu berichtenden Ereignisses als solchem ableiten, sondern ist bei einer neuerlichen Berichterstattung anhand des Anlasses der jeweiligen Berichterstattung zu bemessen, der neu entstehen und aktualisiert werden kann. Andernfalls könnte man etwa über Fehltritte, Ansichten oder Äußerungen von Politikern und anderen öffentlich bekannten Personen, die diese als Heranwachsende oder in früheren Lebensphasen charakterisieren, regelmäßig nicht berichten, da oftmals seit dem betreffenden Ereignis mehrere Jahrzehnte vergangen sein werden, wenn diese erstmals in die Öffentlichkeit treten. Eine aktiv in die Öffentlichkeit tretende und dort kontinuierlich präsente Person kann nicht in derselben Weise verlangen, dass ihr vergangenes Verhalten nicht mehr Gegenstand öffentlicher Erörterung wird, wie eine Privatperson, deren zwischenzeitliches Verhalten von einem „Vergessenwerdenwollen“ getragen war (BVerfG aaO).

2.9.2. Für die Abwägung bedeutsam ist auch, ob die Berichterstattung allein der Befriedigung der Neugier des Publikums dient oder ob sie einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet und die Presse mithin ihre Funktion als „Wachhund der Öffentlichkeit“ wahrnimmt (BGH NJW 2013, 230 mwN). Es kommt also darauf an, ob die Informierten aus der Information Konsequenzen ziehen können (Specht‑Riemenschneider in BeckOK § 823 BGB Rz 1456). Einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet zB eine Äußerung, die sich kritisch mit der Frage auseinandersetzt, wie der Betroffene mit seiner Stasi-Vergangenheit umgeht (BGH NJW 2013, 231).

2.9.3. Diskreditierende Vorgänge der Vergangenheit dürfen dem Betroffenen somit nicht in jedem Fall ein Leben lang öffentlich vorgehalten werden, so lange nicht ein sachlicher Bezug zum gegenwärtigen Geschehen vorrangige Informationsinteressen der Allgemeinheit begründet. So muss zB über ein Bekenntnis zu extremen politischen Strömungen „Gras wachsen“ dürfen. Mit gewissem zeitlichen Abstand muss das vielleicht einmal zulässige Gespräch verstummen, soweit nicht konkreter berechtigter Anlass besteht, sich mit der Lebensgeschichte einer Person zu befassen (Rixecker in MünchKomm BGB8 [2018] Anh zu § 12 BGB Rz 215). Im vorliegenden Fall bildete aber – wie ausgeführt – derPräsidentschaftswahlkampf einen berechtigten Anlass, sich auch mit dem Kläger als Teil des Umfelds eines Präsidentschaftskandidaten näher auseinanderzusetzen.

3. Zu den Begehren des Klägers im Einzelnen

3.1. Zur Behauptung, der Kläger sei gewaltbereit und ein neo‑nationalsozialistischer Führer gewesen (Pkt 1.1. des Klagebegehrens)

3.1.1. Die Revisionswerber argumentieren, ein Durchschnittsleser verstehe die inkriminierte Passage nicht dahingehend, der Kläger sei selbst gewaltbereit gewesen, sondern die Gruppierungen, in denen der Kläger Aktivist gewesen sei. Es könne entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keinesfalls davon die Rede sein, eine „Gesinnungsverwirrung“ (sic!) des Klägers werde durch das inkriminierte Werk „ans Licht gezerrt“. Träfe die Ansicht des Berufungsgerichts zu, gingen wissenschaftliche Erkenntnisse über historische Ereignisse unnötig verloren, obwohl an ihnen ein öffentliches Interesse bestehe. Den vorgelegten Quellen könne übereinstimmend entnommen werden, der Kläger sei zumindest die gesamten 1990er-Jahre höchst aktiv dabei gewesen, rechtsextremes Gedankengut zu verbreiten. Selbst wenn man „damals“ als den Zeitpunkt 1994 verstünde, wäre die Aussage im Sinne wissenschaftlicher Recherche und im Sinne der Gesamtbetrachtung zutreffend und zulässig. Der Kläger sei jemand, der sich vom stellvertretenden Führer der NF zur zentralen Figur der „Neuen Rechten“ hin entwickelt habe. Dessen entscheidende Rolle sei auch daraus ersichtlich, dass ihm derart viele wissenschaftliche Werke, zahlreiche Einträge, teils ganze Kapitel widmen und er noch im Mauthausen Jahrbuch 2014 als maßgeblicher „Importeur neurechter Theorien“ beschrieben werde. Die neo‑nationalsozialistische Vergangenheit sei der Ausgangspunkt der Karriere gewesen und in den wissenschaftlichen Werken werde gerade eine Kontinuität herausgearbeitet, mit der der Kläger auch in den 1990er‑Jahren an seinen Überzeugungen festgehalten habe. Es handle sich lediglich um einzelne Textpassagen einer Doppelseite eines gesamten Buches. Die Resozialisierung des Klägers werde durch das Inkriminierte nicht unmittelbar erschwert. Im Übrigen hätten die Beklagte ihre journalistische Sorgfalt gewahrt.

3.1.2. Dieser Auffassung ist im Ergebnis beizupflichten. Entgegen dem Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts beruhen die beanstandeten Werturteile auf einem ausreichend wahren Tatsachenkern (vgl dazu RS0054817 [T20, T22, T49]). Die inkriminierte Passage ist nicht dahingehend zu verstehen, dass der Kläger persönlich selbst gewaltbereit gewesen sei. Die inkriminierte Passage muss nämlich im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Darin wird dem Kläger aber gerade kein Gewaltdelikt vorgehalten. Vielmehr bezieht sich die Zuschreibung der Gewaltbereitschaft jeweils nicht unmittelbar auf den Kläger, sondern nur auf bestimmte Gruppierungen. Dabei heißt es auf der folgenden Seite auch (nur), die Kontakte Ochensbergers seien Bombenwerfer, Brandstifter und Schläger gewesen. Mit diesen wird der Kläger nicht gleichgestellt, sondern nur dargelegt, der Kläger habe Ochensbergers Zeitschrift „Sieg“ verteilt, der die besagten Kontakte gehabt hat.

3.1.3. Die Äußerungen, der Kläger sei ein neo‑nationalsozialistischer Führer und Aktivist der gewaltbereitesten Gruppierungen gewesen, stellt ein Werturteil mit Tatsachengrundlage dar. „Führer“ meint dabei nach dem allgemeinen Sprachgebrauch jemanden, der eine Organisation, Bewegung oder Ähnliches leitet bzw ein Kopf oder eine treibende Kraft ist. Dabei bezieht sich in der inkriminierten Passage „Führer“ auf die „Neonazi-Szene“ und „Aktivist“ auf „gewaltbereite Gruppierungen“. Somit wird weder behauptet, der Kläger sei etwa der einzige, also allerwichtigste Anführer der Neonazi-Szene gewesen, noch dass er eine Art Anführer oder Mitglied einer Art rechten Schlägertruppe gewesen sei. Ein durchschnittlicher Betrachter versteht die betreffende Passage vielmehr dahin, der Kläger habe eine herausgehobene Rolle im rechtsextremen Milieu gespielt („ein Führer“) und aktiv gewaltbereite Gruppierungen unterstützt („Aktivist“).

3.1.4. „Damals“ bezieht sich im Ausgangspunkt auf den Zeitpunkt das Erscheinen der Festschrift im Jahr 1994. Im Kontext ist aber auch zu berücksichtigen, dass in der darauffolgenden Fußnote 12 aus dem 1993 erschienen „Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus“ zitiert wird. Zudem stellt die Passage „damals radikalsten Führer der Neonazi-Szene und Aktivisten der gewaltbereitesten Gruppen Österreichs“ ein Werturteil über die Bedeutung und Rolle des Klägers dar. Dieses kann sich nicht punktgenau auf einen Zeitpunkt beziehen und ist ein Werturteil auf Grundlage des Werdegangs des Klägers in den Jahren vor und um 1994. Gleiches gilt umgekehrt für die Distanzierung des Klägers vom Rechtsextremismus. Im Übrigen heißt es in der Passage auf S 198 des inkriminierten Buches nur, der Kläger sei „ehemals einer der radikalsten Führer der Neonazi-Szene“ gewesen. Dort ist die Zeitangabe, ab wann er es nicht mehr gewesen ist, offener gehalten.

3.1.5. Damit ist der objektive Sinngehalt der inkriminierten Passagen dahingehend zu verstehen, der Kläger sei eine treibende Kraft der Neonazi-Szene und aktiver Unterstützer gewaltbereiter Neonazi-Gruppierungen ungefähr bis ins Jahr 1994 gewesen. Dieses Werturteil fußt insbesondere auf den nach den Feststellungen der Vorinstanzen wahren Tatsachen, dass der Kläger in den Jahren 1985/86 stellvertretender Führer der Neonazigruppe „Nationale Front“ in Kärnten und Anfang der 1990er-Jahre Redakteur der rechtsextremen Zeitschrift „Identität“ war. Wenngleich der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht persönlich an der Verteilung eines Textes der „Nationalen Front“ beteiligt war, in dem angedroht wird, dass Lehrer, die „dem Gasbetrug huldigen“ rückwirkend zu Verbrechern erklärt und aufgehängt werden sollen, zeigt schon allein dieser Text deutlich die Gesinnung dieser Gruppierung. Außerdem nahm der Kläger an „Wehrsportübungen“ teil. Nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Neonazi-Szene war der Kläger seit dem Ende der 80er-Jahre nicht nur als Journalist in politisch teils weit rechts stehenden Medien tätig, sondern publizierte insbesondere auch bis in die 1990er‑Jahre im neonazistischen Medium „Nationen Europa“. In der „Aula“ vertrat er 1991 und 1992 extremistische Positionen, indem er Menschenrechte als „Ersatzreligion“ und „Glaubensnotwendigkeit“ und das Anschlussverbot an Deutschland als völkerrechtswidrige Souveränitätsbeschränkung bewertete. Vor allem aber veröffentlichte er noch im Jahr 1995 in der nationalsozialistischen Zeitschrift „Sieg“, in der der Holocaust geleugnet und zu Gewalt aufgerufen wurde, einen Leserbrief, in dem er diese Zeitschrift als die beste bezeichnete, die es zur Zeit auf dem deutschen Markt gebe.

3.1.6. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass der Kläger in der ersten Hälfte der 1990er‑Jahre innerhalb des Aula-Verlags eine zentrale Stellung als Journalist innehatte und solcherart als opinion leader den rechtsextremen Diskurs in Österreich entscheidend mitzugestalten vermochte. Damit beruhen die inkriminierten Äußerungen aber im Wesentlichen auf einem wahren Tatsachenkern; ein Wertungsexzess liegt nicht vor. Jedenfalls hat der Erstbeklagte insoweit angesichts der vorgelegten Quellen, die dies bekunden, seine journalistische Sorgfalt gewahrt.

3.2. Zur Behauptung, der Kläger sei der gewaltbereiten VAPO von Gottfried Küssel nahe gestanden und habe mit diesem gemeinsame Sache gemacht (Pkt 1.2. des Klagebegehrens)

3.2.1. Die Revisionswerber argumentieren, der Erstbeklagte ziehe daraus, dass der Kläger persönlich „Sieg“ und „Halt“ verteilte, den Schluss, der Kläger habe gemeinsame Sache mit Honsik und Küssel bzw der Küssel zugeordneten VAPO gemacht.

3.2.2. Ein „gemeinsames Sache-Machen“ ist ähnlich wie das Verb „nahestehen“ das Ergebnis einer subjektiven Bewertung der Beziehung zwischen dem Kläger und der VAPO. Es meint nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein negativ konnotiertes Zusammenwirken. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts suggeriert die Passage nicht, der Kläger habe mit der VAPO „gemeinsame Sache“ im Sinne einer (strafgesetzwidrigen) Wiederbetätigung gemacht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beruht das beanstandete Werturteil auf einem ausreichend wahren Tatsachenkern (vgl dazu RS0054817 [T20, T22, T49]).

3.2.3. Ausgehend davon, dass der unbefangene Durchschnittsleser die Äußerung, der Kläger habe „gemeinsame Sache“ mit der VAPO und der NF gemacht, nicht ausschließlich als aktives Zusammenwirken zwischen dem Kläger und den erwähnten Gruppierungen versteht, sondern in einem weiteren Sinn, nämlich dahingehend, dass auch derjenige gemeinsame Sache mit einem anderen macht, der von sich aus den Entschluss fasst, die Ziele des anderen zu unterstützen, bzw sich mit diesem solidarisiert (vgl RS0121107 zur am Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung zu messenden Unklarheitsregel), gründet auch dieses Werturteil auf einer ausreichenden Faktenbasis:

3.2.4. Nach den Feststellungen war der Kläger zwar nicht Mitglied der VAPO. Dies behauptet aber die inkriminierte Passage auch nicht. Der Kläger war Gottfried Küssel zwei- oder dreimal bei diversen Treffen und Vortragsveranstaltungen begegnet. In der nach den Feststellungen vom Kläger verteilten Zeitschrift „Halt“ publizierte Gottfried Küssel nationalsozialistisches Gedankengut. Bis zur Flucht des Herausgebers Gerd Honsik im Jahre 1992 kam dem Kläger eine führende Stellung in diesem Bereich zu. Nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Neonazi-Szene seit dem Ende der 80er-Jahre war der Kläger nicht nur als Journalist in politisch teils weit rechts stehenden Medien tätig, sondern er publizierte insbesondere auch bis in die 1990er-Jahre im neonazistischen Medium „Nationen Europa“. Dazu ist auf die Ausführungen unter Punkt 3.1.6. zu verweisen.

3.3. Zur Behauptung, der Kläger habe gemeinsame Sache mit der gewaltbereiten Nationalen Front des Gerd Honsik gemacht, die Anschläge verübt, die „Straße erobern“ und die Demokratie „nach dem Vorbild der SA“ gewaltsam beseitigen habe wollen (Pkt 1.3. des Klagebegehrens)

3.3.1. Hierzu kann zunächst auf die Ausführungen unter Punkt 3.2. verwiesen werden.

3.3.2. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war der Kläger Mitte der 1980er Jahre im Umfeld der neonazistischen Gruppe von Gerd Honsik anzutreffen. Er traf diese Gruppierung zwei- oder dreimal und wollte sich dieser anschließen. Er war Mitte der 1980er Jahre „stellvertretender Führer Kärnten“ der „Nationalen Front“. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 3. 3. 1987 – B 682/86‑10 – wurde die Rechtspersönlichkeit der „Nationalen Front“ wegen Wiederbetätigung im Sinne des Verbotsgesetzes verneint. Aufgrund dessen kam es nicht mehr zu einer Mitgliedschaft des Klägers bei der „Nationalen Front“, der er sich allerdings bis zu diesem Zeitpunkt zugehörig fühlte. Ferner verteilte der Kläger die von Honsik herausgegebene Zeitschrift „Halt“, der bis zu Honsiks Flucht 1992 eine führende Stellung in diesem Bereich zukam. Er nahm am 31. 12. 1988 am „Sylvestertreffen“ der deutschen Wiking‑Jugend in Fulda/Röhn teil, die in ihren Publikationen gelegentlich Beiträge von Gerd Honsik abdruckte. Zudem hat der Kläger die Zeitschrift „Halt“ kolportiert, in der der Gründer der VAPO sein nationalsozialistisches Gedankengut verbreitete. Insgesamt liegt sohin eine ausreichende Tatsachengrundlage für die inkriminierte Äußerung vor. Überwiegende Interessen des Klägers, die der Veröffentlichung entgegenstünden, sind nach dem Gesagten nicht erkennbar.

3.4. Zur Behauptung, der Kläger habe nationalsozialistisches Propagandamaterial verbreitet, in dem sie [Nationale Front] den Holocaust geleugnet und mit dem Mord von Andersdenkenden gedroht hat (Pkt 1.4. des Klagebegehrens)

3.4.1. Die Revisionswerber stehen auf dem Standpunkt, in der inkriminierten Passage werde nicht behauptet, der Kläger habe den konkreten Text persönlich verbreitet. Er habe als Führungsfigur zu verantworten, dass derartige Texte von der „Nationalen Front“ verbreitet wurden und dies seien Texte wie der inkriminierte gewesen. Mit „Sieg“ und „Halt“ habe er persönlich rechtsextremes Propagandamaterial verteilt.

3.4.2. Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, dass die Passage dahingehend zu verstehen ist, der Kläger habe gerade auch den Text „Alle Lehrer Österreichs […]“ verteilt. Denn die Konjunkion „wie“ schließt hier nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein oder mehrere zur Veranschaulichung eines vorher genannten Begriffs angeführte Beispiele an. Dabei ist die zentrale Aussage das Handeln des Klägers und nicht, welchen Inhalt die benannten Blätter losgelöst vom Verteilen des Klägers beispielhaft hatten.

3.4.3. Soweit die Revisionswerber in diesem Zusammenhang sinngemäß vorbringen, der Erstbeklagte habe sich bei der Berichterstattung über die Verteilung von Propagandatexten durch den Kläger über die bei der Machtergreifung durch die NF angedrohte Erhängung von Lehrern, die mit ihren Schülern „nach Mauthausen pilgern, um den (sic!) Gasbetrug zu huldigen“, auf das von ihm umfassend recherchierte und nach wissenschaftlichen Methoden aufgearbeitete Quellenmaterial verlassen dürfen, lassen sie unberücksichtigt, dass die aufgestellten Tatsachenbehauptungen durch die zusammengetragene Quellenlage nicht gedeckt sind. Die Beklagten haben keine einzige Quelle dargelegt, nach der der Kläger den inkriminierten Text verteilt habe. Schon deshalb ist die Berufung der Revisionswerber auf den Gutglaubensbeweis der Einhaltung der journalistischen Sorgfalt (vgl dazu 6 Ob 291/00p; 6 Ob 23/05h; RS0031856) nicht zielführend.

3.4.4. Mit ihrer weiteren Argumentation, wonach auch eine allenfalls unvollständige bzw sinnstörende Wiedergabe der Quellenlage im Hinblick auf den wissenschaftlichen Charakter des Werks nicht schade, weil die Beurteilung der Richtigkeit der angewandten Methoden sowie der auf Basis der Forschungsergebnisse formulierten Thesen ausschließlich im wissenschaftlichen Diskurs erfolge, in dem allein die Richtigkeit und Stichhaltigkeit der Argumentation einer Prüfung zu unterziehen sei, ist ihnen entgegenzuhalten, dass es sich bei der Behauptung, der Kläger habe einen spezifischen Propagandatext verteilt, nicht um eine wertende Schlussfolgerung, sondern schlicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt. Zu einer solchen berechtigt aber auch die Freiheit der Wissenschaft nicht (6 Ob 182/15f mwN; näher dazu Wagner in MünchKomm BGB7 [2017] § 824 Rz 49). Einer näheren Auseinandersetzung mit der von den Revisionswerbern aufgeworfenen Frage, ob das Werk unter den verfassungsrechtlichen Schutz der Wissenschaftsfreiheit nach Art 17 StGG, Art 10 EMRK fällt, bedarf es deshalb nicht. In diesem Punkt ist somit die Stattgebung des Unterlassungsbegehrens nicht zu beanstanden.

3.4.5. Hingegen hat der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Zeitschriften „Halt“ und „Sieg“ verteilt. Bei diesen handelt es sich um nationalsozialistische Publikationen. Ob diese „Propagandamaterial“ darstellen, ist eine Meinungsäußerung und keine Tatsachenbehauptung, die insoweit auf wahren Tatsachen beruht. Zudem ist der Kläger nach den Feststellungen stellvertretender Führer der Nationalen Front in Kärnten gewesen. Hinsichtlich der Abwägung mit dem Resozialisierungsinteresse des Klägers gilt das im Vorigen Ausgeführte. Insoweit ist das Unterlassungsbegehren daher nicht berechtigt.

3.4.6. Hingegen lassen sich entgegen den Revisionsausführungen aus dem Umstand, dass der Kläger mit den Zeitschriften „Sieg“ und „Halt“ persönlich rechtsextremes Propagandamaterial verteilt hat, keine Rückschlüsse auf die mangelnde Berechtigung des Unterlassungsbegehrens auch hinsichtlich der Behauptung „Alle Lehrer Österreichs …“ ziehen. Vielmehr ist das diesbezügliche Rechtsschutzziel des Klägers, wie sich aus der gesamten Klageerzählung ergibt, zweifelsfrei (auch) auf die Untersagung dieser konkreten Behauptung gerichtet (zur Maßgeblichkeit des vom Wortlaut des Begehrens abweichenden Rechtsschutzziels und der allfälligen Notwendigkeit, den Urteilsspruch dem tatsächlichen Begehren – unter Beachtung des Dispositionsgrundsatzes nach § 405 ZPO – anzupassen (vgl RS0037440 [T4]; RS0039010 [T3]; RS0041254 [T12, T15, T16]).

3.5. Zur Behauptung, der Kläger sei wegen Wiederbetätigung strafrechtlich verurteilt worden (Pkt 1.5. des Klagebegehrens)

3.5.1. Die Revisionswerber ziehen zunächst die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach es sich bei den Äußerungen betreffend die Verurteilung des Klägers und die Verteilung von Propagandamaterial jeweils um nach § 1330 Abs 2 ABGB zu beurteilende Tatsachenbehauptungen handelt, zu Recht nicht in Zweifel: Die Behauptung betreffend die Verurteilung des Klägers im Zusammenhang mit der Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes ist einem Wahrheitsbeweis zugänglich, sodass es sich nicht um ein bloßes Werturteil handelt (vgl RS0032212). Nichts anderes gilt für die behauptete Verteilung von Propagandamaterial, soweit die inkriminierte Äußerung – wie vom Berufungsgericht angenommen – nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers die Behauptung beinhaltet, der Kläger habe jedenfalls einen ganz konkreten Propagandatext verteilt. Im Übrigen handelt es sich dagegen bei den beanstandeten Äußerungen um – jeweils konkludente Tatsachenbehauptungen enthaltende – Werturteile.

3.5.2. Dem Kläger ist einzuräumen, dass im allgemeinen Sprachgebrauch vielfach zwischen der „Verurteilung“ durch ordentliche (Straf-)Gerichte und der „Verhängung von Verwaltungsstrafen“ durch Verwaltungsbehörden und -gerichte differenziert wird. Laut Duden meint „verurteilen“, „jemanden durch Gerichtsbeschluss mit einer bestimmten Strafe belegen“ oder „jemanden oder etwas sehr kritisch beurteilen bzw. vollständig ablehnen“. Auch ist in vier einschlägigen vorgelegten Quellen nicht von einer „Verurteilung“, sondern von „Verwaltungsstrafrecht“ bzw „Verwaltungsstrafe“ und von „belegt“ bzw „verdonnert“ die Rede. Hingegen verwenden Tieber und Wikipedia den Wortlaut „verurteilt“.

3.5.3. Andererseits enthält die Passage selbst weder das Wort „Verbotsgesetz“ noch „Wiederbetätigung“. Vielmehr heißt es im davorstehenden Satz, der Kläger habe gegen das Verbot der Wiederbetätigung „agitiert“. Es wird also gerade nicht nahegelegt, der Kläger habe gegen gerade dieses auch verstoßen. Vielmehr bezeichnet der Erstbeklagte (nur) Ochensberger ausdrücklich als Immer‑Wieder‑Betätiger. Die Passage verwendet mit „Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts“ den technischen Begriff der Verwaltungsübertretung nach Art IX Abs 1 Z 7 EGVG 1950. Nach dieser Bestimmung ist verwaltungsbehördlich zu bestrafen, „[w]er nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 25/1947, verbreitet“. Hingegen lautet der Tatbestand der gerichtlichen Strafbestimmung des § 3g Verbotsgesetz: „Wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt.“

3.5.4. Zudem wird das Wort „Verurteilung“ keineswegs ausnahmslos im Zusammenhang mit gerichtlichen Entscheidungen verwendet. Vielmehr finden sich bei allen drei Höchstgerichten Entscheidungen, in denen im Zusammenhang mit Verwaltungsdelikten von „Verurteilung“ gesprochen wird. So spricht der VwGH beispielsweise davon, dass „[e]ine gerichtliche oder verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung [...] nicht Voraussetzung für den Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO“ ist (VwGH 8. 11. 2012, 2009/04/0025). Der VfGH formuliert in einer anderen Entscheidung: „Vorauszuschicken ist, dass die belangte Behörde aufgrund der rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen des seinerzeitigen Obmannes annehmen konnte […]“ (VfGH 10. 6. 2010, B 897/09). Der Oberste Gerichtshof hat ausgesprochen, dass „die rechtskräftige Verurteilung des Vorstandsmitglieds der Schuldnerin gemäß § 137 Abs 5 lit b WRG idF BGBl 1990/252 zu einer Verwaltungsstrafe keine Bindungswirkung für die Kostenersatzpflicht der Gesellschaft nach § 31 Abs 3 WRG entfaltet. Nach ständiger Rechtsprechung besteht auch nach der Entscheidung des verstärkten Senats des Obersten Gerichtshofs keine Bindung der Gerichte an Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden, weil die Bindungswirkung auf strafgerichtliche Verurteilungen beschränkt ist. Die verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung betrifft zudem nur ein Vorstandsmitglied, nicht aber die Schuldnerin selbst.“ (1 Ob 127/13b).

3.5.5. Im Übrigen verwendet auch der Kläger selbst den Begriff der Verurteilung nicht in einem engeren Sinne, sondern bringt ausdrücklich vor, er sei „niemals wegen Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts verurteilt [worden], sondern wegen 'Schwarzplakatierens'“.

3.5.6. Im Hinblick darauf ergibt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang kein abweichendes Verständnis. Zusammenfassend ist die inkriminierte Äußerung daher nicht dahin zu verstehen, dass damit behauptet wird, der Kläger sei gerichtlich verurteilt worden. Vielmehr bezeichnet die inkriminierte Passage zutreffend das Verwaltungsdelikt, dessentwegen über den Kläger eine Geldstrafe verhängt wurde. Die inkriminierte Behauptung trifft daher zu. Einer Berichterstattung entgegenstehende überwiegende Interessen des Klägers liegen nicht vor, sodass das Klagebegehren insoweit nicht berechtigt ist.

3.6. Identifizierende Berichterstattung (Pkt 2. des Klagebegehrens)

3.6.1. Zur Zulässigkeit der identifizierenden Berichterstattung kann auf die im Vorigen erwähnten Abwägungsgesichtspunkte verwiesen werden. Die wahrheitsgetreue Berichterstattung über die neonazistischen Aktivitäten des Klägers ist als Teil der öffentlichen Debatte über den Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer zulässig. Hier überwiegt die Meinungsfreiheit entgegenstehende Persönlichkeitsinteressen des Klägers deutlich. Die identifizierende Berichterstattung über die in der Vergangenheit liegenden Aktivitäten des Klägers in der Neonazi-Szene stellt daher keinen unzulässigen Eingriff in dessen Persönlichkeitsrechte dar.

3.7. Beseitigung und Widerruf (Pkt 3. und 4. des Klagebegehrens)

Hinsichtlich des Widerrufsbegehrens kann auf die insoweit zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Widerrufsanspruch steht nur nach Maßgabe der Erforderlichkeit zu. Der Umfang der Veröffentlichung des Widerrufs wird in der Revision nicht konkret bekämpft.

Das Beseitigungsbegehren wurde bereits vom Erstgericht abgewiesen; das Berufungsgericht hat die Abweisung des Klagebegehrens in diesem Punkt bestätigt. Dieser Anspruch ist daher nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.

4. Ergebnis

Zusammenfassend erweist sich die Revision sohin mit Ausnahme von Teilen des Punktes 1.1. des Klagebegehrens und des sich darauf beziehenden Teils des Widerrufsbegehrens als berechtigt. Insoweit waren die Urteile der Vorinstanzen daher spruchgemäß abzuändern.

5. Kostenentscheidung

Aufgrund der Abänderung waren auch die Entscheidungen über die Kosten des Verfahrens vor den Vorinstanzen neu zu fassen. Diese sowie die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Dabei war davon auszugehen, dass die fünf Unterpunkte des Punktes 1 des Klagebegehrens jeweils gleich zu bewerten sind. Der Schwerpunkt des Verfahrens betraf das Unterlassungsbegehren, während dem Veröffentlichungs- und Beseitigungsbegehren demgegenüber nur untergeordnete Bedeutung zukommt (vgl zum UWG‑Verfahren 3 Ob 549/56 JBl 1957, 417). Dies wird auch dadurch bestätigt, dass der Kläger das Unterlassungsbegehren mit 17.620 EUR, das Widerrufs- und Beseitigungsbegehren hingegen nur mit jeweils 1.000 EUR bewertet hat. Im erstinstanzlichen und Berufungsverfahren hat der Kläger jeweils mit einem Teil des ersten Punktes seines fünfgliedrigen Unterlassungsbegehrens und insoweit auch mit dem Widerrufsbegehren obsiegt; das Beseitigungsbegehren wurde hingegen zur Gänze abgewiesen. Dabei kann der Prozesserfolg des Klägers hinsichtlich des Widerrufsbegehrens vernachlässigt werden, weil das Begehren auf (kostenintensive) Veröffentlichung im Standard abgewiesen wurde und er nur mit dem Begehren auf Veröffentlichung auf (eigenen) Websites bzw Facebook- und Twitter-Seiten der Beklagten durchdrang. Insgesamt hat der Kläger daher mit lediglich rund 10 % seines Begehrens obsiegt, was bei der Ermittlung des Prozesserfolgs vernachlässigt werden kann (Obermaier, Kostenhandbuch³ Rz 1.177 mwN).

Im Revisionsverfahren war das Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren nur mehr in jenem Umfang Verfahrensgegenstand, in dem das Berufungsgericht dem diesbezüglichen Teil des Klagebegehrens stattgegeben hatte. Das Beseitigungsbegehren war nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. Im Revisionsverfahren ist die Obsiegensquote des Klägers daher höher anzusetzen. Hier entspricht dem Prozesserfolg des Klägers eine Obsiegensquote von 20 %. Er hat daher den Beklagten 60 % ihrer Anwaltskosten und 80 % der Pauschalgebühr zu ersetzen (§ 43 Abs 1 letzter Satz ZPO).

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