VfGH B682/86

VfGHB682/863.3.1987

Zurückweisung einer Berufung

gegen die Untersagung einer Versammlung, da die Veranstalterin keine Rechtspersönlichkeit besitze; wenn als Veranstalter einer Versammlung ein Verein oder eine politische Partei auftritt, kommt nur dieser, nicht aber einem Funktionär oder Mitglied Parteistellung zu; alle Behörden sind verpflichtet; im anhängigen Verfahren zu untersuchen, ob eine Vereinigung durch Hinterlegung ihrer Satzung als politische Partei Rechtspersönlichkeit erlangt hat; die §§3 ff VerbotsG sind auch bei der Bildung politischer Parteien zu beachten; jede Behörde (auch der VfGH) hat gegebenenfalls als Vorfrage zu beurteilen, ob die Hinterlegung der Satzung einer politischen Partei mit dem Ziel, daß sie Rechtspersönlichkeit erlangt, eine nationalsozialistische Wiederbetätigung darstellt; sie hat mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln diese Frage zu beantworten; hiebei ist auch das tatsächliche Geschehen seit Satzungshinterlegung zu berücksichtigen; zur Qualifikation eines Verhaltens als Wiederbetätigung; versuchte Bildung der "Nationalen Front" stellte - insbesondere vor dem Hintergrund ihres "provisorischen Programms" - eine Wiederbetätigung dar; Hinterlegung der Satzung bewirkte daher nicht, daß die "Nationale Front" Rechtspersönlichkeit erlangte; Zurückweisung der von der "Nationalen Front" (durch den Bf.) erhobenen Beschwerde mangels Legitimation

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
VerbotsG §§3 ff
VersammlungsG
ParteienG §1 Abs3 erster Satz
ParteienG §1 Abs4
VerbotsG §3a
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
VerbotsG §§3 ff
VersammlungsG
ParteienG §1 Abs3 erster Satz
ParteienG §1 Abs4
VerbotsG §3a

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. G H hinterlegte am 1. Oktober 1984 beim Bundesministerium für Inneres mit Bezugnahme auf §1 Abs4 des Parteiengesetzes, BGBl. 404/1975, die Satzung der "Nationalen Front". Die Satzung war in der periodischen Druckschrift "Halt-Demokratisches Kampfmittel gegen ausländische Unterwanderung" Nr. 22, Ausgabe vom August 1984, veröffentlicht worden.

Nach der Satzung ist das Ziel der Nationalen Front "Befassung mit politischen und wirtschaftlichen Fragen auf allen Ebenen, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, wobei die Interessen unseres Volkes und unserer Heimat im Mittelpunkt zu stehen haben. Die Nationale Front will an der politischen Willensbildung mitwirken und sich an Wahlen beteiligen." In der Satzung sind auch die nach §1 Absatz 4 ParteienG vorgeschriebenen Angaben enthalten.

2.a) Am 7. Mai 1985 zeigte G H "namens der Nationalen Front" der Bundespolizeidirektion Wien fernschriftlich die Absicht an, am 8. Mai 1985 in der Zeit von 18,30 bis 20,30 Uhr in Wien 7., Urban Loritzplatz und Parkanlage zwischen dem Inneren und Äußeren Gürtel eine Kundgebung zum Thema "8. Mai, ein Tag zum Feiern oder Nachdenken?" abzuhalten.

Die Bundespolizeidirektion untersagte mit dem an G H gerichteten Bescheid vom 7. Mai 1985 gemäß §6 des Versammlungsgesetzes 1953 (VersG) die Abhaltung dieser Versammlung. Es sei bereits früher für dieselbe Zeit und denselben Ort von einer politisch rivalisierenden Gruppe eine andere Versammlung angezeigt worden. Es sei zu befürchten, daß es zwischen den beiden Teilnehmergruppen zu Auseinandersetzungen kommen werde. Die Abhaltung der von G H angezeigten Versammlung würde daher die öffentliche Sicherheit und das öffentliche Wohl gefährden.

b) Gegen diesen Bescheid erhob G H "als Vorsitzender der Nationalen Front und als deren Proponent namens der Partei" fristgerecht Berufung.

Mit dem an die "Nationale Front zu Handen Herrn G H" adressierten Bescheid vom 22. August 1985 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien die Berufung gemäß §66 Abs4 iVm §§8 und 9 AVG 1950 als unzulässig zurück. Mit Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 1.3.1983 B195/82 (= VfSlg. 9648/1983) vertrat die Sicherheitsdirektion die Meinung, daß die Versammlungsveranstalterin und Berufungswerberin, die "Nationale Front", keine Rechtspersönlichkeit besitze; sie verfolge neonazistische Ziele; die Hinterlegung ihrer Satzungen beim Bundesministerium für Inneres habe daher nicht die im §1 Abs4 letzter Satz des ParteienG vorgesehene Rechtsfolge, nämlich die Erlangung der Rechtspersönlichkeit als politische Partei, bewirkt. Die Berufung sei daher ungeachtet des Umstandes, daß schon die Versammlungsanzeige zurückzuweisen gewesen wäre, mangels Rechtspersönlichkeit und somit mangels Parteistellung der Berufungswerberin als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

c) Dagegen berief G H.

Der Bundesminister für Inneres entschied über dieses Rechtsmittel mit dem an "G H als Vertreter der Nationalen Front" gerichteten Bescheid vom 28. Mai 1986. Der Berufung wurde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Sicherheitsdirektion bestätigt. Nach einer Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens wird der Bescheid des Bundesministers wie folgt begründet:

"Nach der in Verfassungsrang stehenden Bestimmung des §1 Absatz 3 Parteiengesetz ist die Gründung politischer Parteien frei, soferne bundesverfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist. In dem bereits mehrfach zitierten Erkenntnis des VfGH hat dieser u.a. ausgesprochen, daß, wenn eine Satzung die in §1 Parteiengesetz festgelegten Voraussetzungen nicht erfüllt, die Veröffentlichung und Hinterlegung einer Satzung die in §1 Absatz 4 Parteiengesetz vorgesehene Rechtsfolge des Erlangens der Rechtspersönlichkeit als politische Partei nicht bewirkt. Daraus folge aber, daß - wenn den in §1 Parteiengesetz normierten Voraussetzungen für die Gründung einer politischen Partei überhaupt normative Bedeutung zukommen soll - alle Verwaltungsbehörden und alle Gerichte für Zwecke der bei ihnen anhängigen Verfahren incidenter zu beurteilen haben, ob die Behauptung einer dort auftretenden Personengruppe, als politische Partei Rechtspersönlichkeit zu besitzen, zutrifft oder nicht. Die Sicherheitsdirektion für Wien hat konform mit dieser Auslegung der Bestimmungen des §1 Parteiengesetz durch den VfGH in dem bei ihr anhängig gewesenen Berufungsverfahren vor Eingehen in die Sache selbst geprüft und beurteilt, ob die 'Nationale Front', als deren Vorsitzender sich G H in der Berufung bezeichnete und in deren Namen er dieses Rechtsmittel eingebracht hatte, Rechtspersönlichkeit und damit auch Rechts- und Parteifähigkeit im Sinne des AVG besitzt. Sie kam dabei zu dem Ergebnis, daß aufgrund der im nun bekämpften Bescheid ausführlich dargelegten, gegen bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen verstoßenden Zielsetzungen der Nationalen Front die Hinterlegung einer Satzung nicht das Erlangen der Rechtspersönlichkeit als politische Partei gemäß §1 Absatz 4 Parteiengesetz bewirkt habe.

Gemäß §66 Absatz 4 AVG hat die Berufungsbehörde nur dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Berufung nicht als unzulässig ... zurückzuweisen ist.

G H hat am 9.7.1984 beim Bundesministerium für Inneres die Satzung der Nationalen Front zur Hinterlegung im Sinne des §1 Parteiengesetz eingebracht. Diese Satzung enthält über die Ziele der Nationalen Front die Angabe 'Befassung mit politischen und wirtschaftlichen Fragen auf allen Ebenen, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, wobei die Interessen unseres Volkes und unserer Heimat im Mittelpunkt zu stehen haben. Die Nationale Front will an der politischen Willensbildung mitwirken und sich an Wahlen beteiligen.' In der Satzung sind auch die nach §1 Absatz 4 ParteienG vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Veröffentlichung der Satzung erfolgte in der periodischen Druckschrift 'HALT Demokratisches Kampfmittel gegen ausländische Unterwanderung'.

In der Novemberausgabe von 'HALT', Nr. 23, wurde das im Bescheid der Sicherheitsdirektion für Wien angeführte Programm der Nationalen Front unter der Überschrift 'Das provisorische Programm der Nationalen Front! Vorschläge zur Beseitigung des bestehenden Systems' publiziert, aus welchem die von der Sicherheitsdirektion als Beurteilungskriterien dafür, ob die Zielsetzungen der Nationalen Front bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen zuwiderlaufen, herangezogenen programmatischen Erklärungen entnommen sind. Die von der Sicherheitsdirektion getroffene Feststellung, daß die Nationale Front im Hinblick auf die Bestimmungen des §1 Absatz 3 Parteiengesetz wegen gegen bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen verstoßender Ziele durch die Hinterlegung ihrer Satzung beim Bundesministerium für Inneres nicht Rechtspersönlichkeit als politische Partei erlangt hat, ist dem Grunde nach zutreffend. Das Bundesministerium für Inneres ist allerdings der Auffassung, daß im gegenständlichen Zusammenhang die Bezugnahme auf das Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs, BGBl. 211/1955, den Artikel 6 StGG und die Proklamation samt Unabhängigkeitserklärung vom 27.4.1945, StGBl. Nr. 1, bei richtiger Auslegung des §1 Absatz 3 Parteiengesetz rechtlich nicht begründet ist.

Das politische Wollen der Nationalen Front, wie es insbesondere schon durch die oben wiedergegebene Überschrift zum 'Provisorischen Programm' ('Vorschläge zur Beseitigung des bestehenden Systems') sowie durch Programmpunkte wie 'Beseitigung des österreichischen Staatsvertrages (Diktat von Wien). Alle wirtschaftlichen Beschränkungen, die Österreich in Hinblick auf Deutschland auferlegt wurden, müssen fallen' (Pkt. II.4. des provisorischen Programmes), ferner 'Kampf den Geschichtslügen. Der deutsche Soldat hatte das Völkerrecht auf seiner Seite, als er ..... Österreich ..... betrat. Die unbewiesenen deutschen Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkrieges sind von unabhängigen Wissenschaftern neu zu prüfen. Die erwiesenen Massenmorde der Alliierten, insbesonders der von Amerika geplante Völkermord an uns Deutschen (Morgenthauplan) und die Verbrechen der Polen, Tschechen, Jugoslawen sowie der Unmenschlichkeit der Roten Armee dürfen der Jugend nicht länger verheimlicht werden.' (Pkt. II.6. des provisorischen Programmes) und 'Rücksiedlung der Gastarbeiter. Alle Gastarbeiter und deren Nachkommen - egal ob schon eingebürgert oder nicht - sind in ihre Herkunftsländer zurückzusiedeln.' (Pkt. V.11. des provisorischen Programmes) zum Ausdruck kommt, ist vielmehr in seiner Gesamtheit und im Zusammenhang als Ausfluß nationalsozialistischen Gedankengutes und dessen Verwirklichung oder auch nur Propagierung als nazistische Tätigkeit und Propaganda im Sinne des Artikel 9 Absatz 1 Staatsvertrag von Wien sowie ferner unter diesem Prätext hinsichtlich der Forderung nach Beseitigung 'aller wirtschaftlichen Beschränkungen, die Österreich in Hinblick auf Deutschland auferlegt wurden' auch als in Widerspruch zu Artikel 4 des Staatsvertrages von Wien (Anschlußverbot) anzusehen.

Sowohl Artikel 9 als auch Artikel 4 des Staatsvertrages von Wien sind bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen (siehe BGBl. Nr. 59/64). Wie der VfGH in seinem Erkenntnis vom 29.11.1985, G175/84-34, ausgesprochen hat, enthält §3 Verbotsgesetz, der jedermann untersagt, sich für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen, ein unmittelbar wirksames, von jedem Staatsorgan im Rahmen seines Wirkungsbereiches zu beachtendes Verbot, durch das auch die Bestimmungen des Artikel 9 Staatsvertrag von Wien sanktioniert sind. In diesem Erkenntnis heißt es weiter, der Vorbehalt des §1 Absatz 3 Parteiengesetz diene nur der Klarstellung, daß §3 Verbotsgesetz durch die nachfolgende Verfassungsbestimmung des Parteiengesetzes für diesen Bereich nicht aufgehoben wurde.

Der in der Berufung erhobene Vorwurf, die Sicherheitsdirektion für Wien hatte - entgegen der Auslegung des Parteiengesetzes durch den VfGH im Erkenntnis B195/82-11 ohne gesetzliche Befugnis in ihrem Bescheid eine allgemein verbindliche Feststellung über das Nichtbestehen der Nationalen Front getroffen, ist unberechtigt. Die Sicherheitsdirektion hat 'für den Zweck des bei ihr anhängig gewesenen Berufungsverfahrens incidenter beurteilt, ob die Behauptung, der als Berufungswerber aufgetretenen Nationalen Front (vertreten durch G H), als politische Partei Rechtspersönlichkeit zu besitzen, zutrifft oder nicht'. Die Feststellung, daß die Nationale Front durch Hinterlegung einer Satzung beim Bundesministerium für Inneres nicht Rechtspersönlichkeit erlangt hat, erfolgte deshalb, weil von dieser Vorfrage die Beachtlichkeit des im Berufungsantrag der Nationalen Front gestellten Begehrens abhing (siehe VfGH G175/84-34). Sie ist keine allgemein verbindliche Feststellung, weil sie nicht im Spruch des Bescheides der Sicherheitsdirektion enthalten, sondern lediglich zur Begründung der Zurückweisung der Berufung im Bescheid angeführt ist und nur mit Bezug auf dieses Berufungsverfahren getroffen wurde.

Einer Personengruppe, der als solcher keine Rechtspersönlichkeit zukommt, mangelt es an der Rechtsfähigkeit und damit auch an der Parteifähigkeit im Sinne der §§9 und 8 AVG. Im vorliegenden Fall also an der Fähigkeit, Veranstalter einer dem Versammlungsgesetz 1953 unterliegenden Versammlung zu sein sowie auch, mit Rechtswirksamkeit bei der Behörde eine Versammlungsanzeige zu erstatten und schließlich gegen einen Bescheid, mit dem die Abhaltung einer Versammlung untersagt wird, Berufung zu erheben. Die Zurückweisung der Berufung gegen den Untersagungsbescheid der Bundespolizeidirektion Wien durch die Sicherheitsdirektion wegen Unzulässigkeit ist daher mit keiner Rechtswidrigkeit behaftet.

Wenn in der hier behandelten Berufung geäußert wird, nach Ansicht der Sicherheitsdirektion für Wien gebe es die Nationale Front überhaupt nicht, so werden faktische (physische) und rechtliche Existenz miteinander verwechselt. Es existiert offenbar wohl eine Personengruppe, welche für sich aufgrund der Tatsache einer Satzungshinterlegung beim Bundesministerium für Inneres Rechtspersönlichkeit als politische Partei in Anspruch nimmt, die eine solche aber wegen gesetzlicher Hindernisse nicht erlangen konnte.

Die vom Berufungswerber vertretene Meinung, die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion, durch die ihm neuerlich ein Berufungsrecht eingeräumt wurde, widerlege schon die Rechtsansicht dieser Behörde, die 'Nationale Front' sei nicht existent, ist irrig. Das Berufungsrecht bezieht sich auf die Entscheidung der Sicherheitsdirektion, die Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien sei als unzulässig zurückzuweisen gewesen, weil der von G H vertretenen Gemeinschaft die Rechtspersönlichkeit fehle und ihr daher keine Parteistellung zukomme. Ob der Nationalen Front im Einklang mit den relevanten Rechtsvorschriften Rechtspersönlichkeit abgesprochen wurde, konnte damit nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen im Instanzenzug überprüft werden.

Bei der dargelegten Rechtslage erübrigt sich ein Eingehen auf den Berufungsantrag, den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 7.5.1985, mit dem die Abhaltung einer Versammlung am 8.5.1985 untersagt wurde, als verfassungswidrig aufzuheben."

3. Gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Mai 1986 erhebt G H die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Es stehe wie sich aus dem klaren Wortlaut des §1 ParteienG ergebe - weder dem BMI noch einer anderen Behörde das Recht zu, die Gründung einer politischen Partei und den Erwerb der Rechtspersönlichkeit zu verhindern oder ihr die Rechtspersönlichkeit nachträglich wieder abzuerkennen. Darüber hinaus bleibe der angefochtene Bescheid eine Begründung dafür schuldig, inwiefern die darin angeführten Zitate nationalsozialistischen Charakter trügen.

4. Der Bundesminister für Inneres als bel. Beh. erstattete eine Gegenschrift, in der er beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1.a) Wenn als Veranstalter einer Versammlung ein Verein (vgl. hiezu zB VfSlg. 2910/1955) oder eine politische Partei auftritt, kommt nur dieser, nicht aber einem Funktionär oder einem Mitglied Parteistellung zu.

Als Veranstalter trat hier die "Nationale Front" auf, die den Status einer politischen Partei beansprucht hat.

Hätte also G H die vorliegende -Beschwerde im eigenen Namen erhoben, so wäre sie von vornherein wegen Fehlens der Legitimation unzulässig und deshalb zurückzuweisen.

Die Beschwerde kann aber - im Hinblick auf das vorangegangene Verwaltungsgeschehen (s.o. I.2.) - auch anders gedeutet werden, nämlich dahin, daß G H sie in seiner Eigenschaft als nach außen vertretungsbefugtes Organ der "Nationalen Front", also in deren Namen, erhebt. In diesem Fall - und diese Deutung ist im Sinne einer rechtsschutzfreundlichen Auslegung von Verfassungsgerichtshofbeschwerden vorzuziehen - wäre Bf. die "Nationale Front", die auch als Versammlungsveranstalter auftrat und an die auch der angefochtene Bescheid adressiert ist. Sie wäre beschwerdelegitimiert; dies allerdings nur unter der Voraussetzung, daß sie überhaupt rechtlich existent ist (vgl. zB VfSlg. 6697/1972, S 287 f.), was die bel. Beh. verneint.

2.a) Der VfGH hat daher zunächst zu untersuchen, ob die "Nationale Front" Rechtspersönlichkeit besitzt, insbesondere, ob sie diese nach §1 Abs4 ParteienG erlangt hat oder ob diese Rechtsfolge etwa deshalb nicht eingetreten ist, weil das eine Wiederbetätigung iS des VerbotsG bedeuten würde.

b) Der (als Verfassungsbestimmung erlassene) §1 ParteienG lautet:

"§1. (1) Die Existenz und Vielfalt politischer Parteien sind wesentliche Bestandteile der demokratischen Ordnung der Republik Österreich (Art1 B-VG).

(2) Zu den Aufgaben der politischen Parteien gehört die Mitwirkung an der politischen Willensbildung.

(3) Die Gründung politischer Parteien ist frei, sofern bundesverfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Ihre Tätigkeit darf keiner Beschränkung durch besondere Rechtsvorschriften unterworfen werden.

(4) Die politischen Parteien haben Satzungen zu beschließen, die in einer periodischen Druckschrift zu veröffentlichen und beim Bundesministerium für Inneres zu hinterlegen sind. Aus der Satzung hat insbesondere ersichtlich zu sein, welches ihre Organe sind und welche hievon zur Vertretung nach außen befugt sind, sowie welche Rechte und Pflichten die Mitglieder besitzen. Mit der Hinterlegung der Satzung erlangt die politische Partei Rechtspersönlichkeit."

c) Der VfGH hat im Erkenntnis VfSlg. 9648/1983 zu dieser verfassungsgesetzlichen Vorschrift ausgeführt:

". . . Nach §1 Abs3 ParteienG ist die Gründung

politischer Parteien frei. Ausnahmen von diesem Grundsatz

bestehen nur in den vom ParteienG selbst angeführten Fällen. Die

absolute Freiheit, politische Parteien zu gründen, ist sohin nur

insofern eingeschränkt, als nach §1 Abs2 ParteienG die zu

bildende Vereinigung nach ihrer Satzung das Ziel verfolgen muß,

an der politischen Willensbildung mitzuwirken, als dem §1 Abs3

erster Satz zufolge die zu gründende Vereinigung nach ihrer

Satzung nicht gegen bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen wie

etwa gegen §3a des auf Verfassungsstufe stehenden Verbotsgesetzes

(wonach ua. die Gründung nationalsozialistischer Verbindungen unter

Strafsanktion untersagt ist) - verstoßen darf, und als gemäß §1 Abs4

zweiter Satz die Satzung bestimmten Mindestanforderungen zu genügen

hat. . . .

Das ParteienG ermächtigt . . . den Bundesminister für

Inneres nicht, die Hinterlegung einer Satzung zu verweigern; das

Gesetz ermöglicht . . . ferner keiner Behörde - auch nicht der

Bundesregierung -, die Gründung einer politischen Partei zu

verbieten; das Gesetz räumt . . . schließlich keiner Behörde auch

nicht dem Bundesminister für Inneres oder der Bundesregierung - die Befugnis ein, allgemeinverbindlich (bescheidmäßig) festzustellen, daß etwa infolge des faschistischen Charakters einer Organisation, deren 'Versuch', sich durch Vornahme der in §1 Abs4 ParteienG vorgesehenen Handlungen als politische Partei zu konstituieren, 'gescheitert' ist, daß also die Rechtsfolge der Rechtspersönlichkeit als politische Partei nicht eingetreten ist.

Zwar trifft es zu, daß, wenn eine Satzung die (oben)

aufgezählten Voraussetzungen nicht erfüllt, die Veröffentlichung

und Hinterlegung der Satzung beim Bundesministerium für Inneres

die in §1 Abs4 letzter Satz ParteienG vorgesehene Rechtsfolge

- Erlangen der Rechtspersönlichkeit als politische Partei - nicht

bewirkt. . . . Aus dem . . . Gesagten aber folgt, daß - wenn anders

den im §1 ParteienG normierten Voraussetzungen für die Gründung

einer politischen Partei unter diesen Umständen überhaupt normative

Bedeutung zukommen soll - alle Verwaltungsbehörden und alle Gerichte

für Zwecke der bei ihnen anhängigen Verfahren incidenter zu

beurteilen haben, ob die Behauptung einer dort auftretenden

Personengruppe, als politische Partei Rechtspersönlichkeit zu

besitzen, zutrifft oder nicht. . . ."

d) Aus dieser Judikatur ergibt sich, daß alle Behörden gegebenenfalls verpflichtet sind, in den bei ihnen anhängigen Verfahren zu untersuchen, ob eine Vereinigung durch Hinterlegung ihrer Satzung als politische Partei Rechtspersönlichkeit erlangt hat. Hier ist also der VfGH verhalten zu klären, ob die "Nationale Front" als politische Partei Rechtspersönlichkeit besitzt. So hat sich der VfGH schon bei Prüfung der Frage, ob die "Nationale Front" beschwerdeberechtigt ist, damit auseinanderzusetzen, ob der Versuch ihrer Gründung etwa gegen §3 VerbotsG (wonach es jedermann untersagt ist, sich für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen) oder gegen §3a leg.cit. (der eine bestimmte Form der Wiederbetätigung, nämlich die Gründung nationalsozialistischer Verbindungen, unter Strafe stellt) verstößt.

Zur unmittelbaren Anwendbarkeit der §§3 ff. VerbotsG hat der VfGH im Erkenntnis VfGH 29.11.1985 G175/84 dargetan:

"§3 VerbotsG enthält ein unmittelbar wirksames, von

jedem Staatsorgan im Rahmen seines Wirkungsbereiches zu

beachtendes Verbot. . . . Wer eine Verbindung gründet, deren

Zweck es ist, durch Betätigung ihrer Mitglieder im

nationalsozialistischen Sinn die Selbständigkeit und

Unabhängigkeit der Republik Österreich zu untergraben oder die

öffentliche Ruhe und den Wiederaufbau Österreichs zu stören, der

begeht nicht nur ein (nach der ursprünglichen Fassung)

todeswürdiges Verbrechen; die Gründung einer solchen Vereinigung

in der Form eines Vereines müßte von der Behörde allein schon

kraft des §3 VerbotsG untersagt werden, auch wenn §6 VereinsG

nicht jeglichen nach Zweck und Einrichtung gesetz- oder

rechtswidrigen Verein verbieten würde. . . .

§3 VerbotsG ist auch dann anwendbar, wenn das für die Behörde maßgebliche Gesetz seine Beachtung nicht ausdrücklich oder durch einen allgemeinen Vorbehalt der Rechtmäßigkeit des Vorhabens oder Begehrens vorschreibt. Als allgemeine Generalklausel steht dieses Verbot neben und über allen Einzelvorschriften.

. . .

Die kompromißlose Ablehnung des Nationalsozialismus ist ein grundlegendes Merkmal der wiedererstandenen Republik. Ausnahmslos jede Staatstätigkeit hat sich an diesem Verbot zu orientieren. Es darf kein behördlicher Akt gesetzt werden, der eine Mitwirkung des Staates an nationalsozialistischer Wiederbetätigung bedeuten würde.

Das rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfassung steht dieser Annahme nicht im Weg. Denn jede Behörde hat §3 VerbotsG nur in dem für die Bewältigung ihrer Aufgaben vorgesehenen rechtsstaatlich geordneten Verfahren zu beachten. Daß niemand ohne ordentliches Verfahren wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilt werden darf, kann kein Hindernis für die Feststellung einer Verbotsverletzung sein, wenn von dieser Vorfrage die Beachtlichkeit eines Vorhabens oder Begehrens abhängt. Denn anders als die Verurteilung hat eine solche Feststellung nur jene Rechtsfolgen, die Gegenstand des vor der Behörde jeweils durchzuführenden Verfahrens sind. Die Rechtsordnung darf auch dann der nationalsozialistischen Wiederbetätigung keine Unterstützung gewähren, wenn eine Verurteilung noch nicht ergangen ist. Im Bereich des Vereins- und Versammlungswesens steht das übrigens außer Streit. Nicht nur die Vereinsbehörde hat das Vorliegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung zu prüfen. Auch der Vorbehalt des §1 Abs3 ParteienG dient nur der Klarstellung, daß §3 VerbotsG durch die nachfolgende Verfassungsbestimmung des ParteienG für diesen Bereich nicht aufgehoben wurde. Wie daher jede Behörde, wenn sie in den bei ihr anhängigen Verfahren inzidenter zu beurteilen hat, ob einer politischen Partei wegen Erfüllung der formellen Voraussetzungen des §1 ParteienG Rechtspersönlichkeit zukommt, auch das Nichtvorliegen der durch §3a VerbotsG untersagten Zielsetzungen feststellen muß (VfSlg. 9648/1983), so hat auch jede andere Behörde zu beurteilen, ob der ihrer Beurteilung unterliegende Akt dem VerbotsG widerspricht.

. . .

Fraglich kann nur sein, ob die der Behörde kraft ihrer allgemeinen Aufgabe zur Verfügung stehenden Mittel jeweils ausreichen, um das Vorliegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung in dem ihr vorliegenden Geschehen verläßlich feststellen zu können. Diese Frage ist aber nur im konkreten Fall zu beantworten. Allgemeine Aussagen über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit dieser Feststellung lassen sich nicht treffen. . . ."

e) Im Hinblick auf den ausdrücklichen Vorbehalt des §1 Abs3 erster Satz des ParteienG (der auf Verfassungsstufe steht) sind die §§3 ff. VerbotsG auch bei der Bildung politischer Parteien iS der oben wiedergegebenen Rechtsprechung zu beachten.

Jede Behörde (so auch der VfGH) hat also - wenn dies für das Verfahren relevant ist - als Vorfrage zu beurteilen, ob die Hinterlegung der Satzung einer politischen Partei mit dem Ziel, daß sie Rechtspersönlichkeit erlangt, eine nationalsozialistische Wiederbetätigung darstellt. Sie hat mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln diese (Vor-)Frage zu beantworten; bei der zu treffenden Prognose ist auch das tatsächliche Geschehen seit Satzungshinterlegung zu berücksichtigen.

f) aa) Die Frage, ob eine Wiederbetätigung iS des VerbotsG vorliegt, läßt sich - wie schon der Oberste Gerichtshof (mit Bezugnahme auf frühere Judikatur) im Urteil vom 25. Juni 1986, 9 Os 132/85, zutreffend dartut - nicht durch eine abschließende Beschreibung der denkbaren Betätigungsakte beantworten, waren doch die Ziele der NSDAP und ihrer Gliederungen allzu vielfältig und mannigfaltig. Jedenfalls aber stellt etwa eine Rechtfertigung oder Verharmlosung der (verbrecherischen) Maßnahmen des NS-Regimes und die Verherrlichung der Annexion Österreichs im Jahre 1938 ebenso wie jede sonstige völlig einseitige, propagandistisch vorteilhafte Darstellung nationalsozialistischer Maßnahmen und Ziele eine Wiederbetätigung nach dem VerbotsG dar.

Bei der Beurteilung, ob ein Verhalten als Wiederbetätigung zu qualifizieren ist, kommt es nicht darauf an, ob einzelne Formulierungen schon bei isolierter Betrachtung bereits als typischer Ausdruck nationalsozialistischer Ideologie anzusehen sind oder ob manche Ideen in der Vergangenheit von anderen politischen Gruppierungen ebenfalls vertreten wurden und einzelne davon auch heute noch in Programmen demokratischer Parteien enthalten sind. Denn neben Einzelhandlungen, die schon bei isolierter Betrachtungsweise als typische Betätigung im Sinne des Nationalsozialismus zu erkennen sind, kann auch ein komplexes Handeln eine Wiederbetätigung darstellen, selbst wenn einzelne Teilakte des betreffenden Gesamtverhaltens für sich allein noch nicht als typisch nationalsozialistische Handlungen angesehen werden können. Bei dieser Gesamtschau kommt es auf den Inhalt der geäußerten Gedanken, aber auch darauf an, ob sie in einer dem Sprachgebrauch der Nationalsozialisten deutlich angenäherten Form geäußert werden.

bb) Im vorliegenden Fall ist der Bundesminister für Inneres zur Annahme einer Wiederbetätigung gelangt. Er hat dies im angefochtenen Bescheid (s.o. I.2.c) ausführlich und nachvollziehbar begründet.

cc) Insbesondere zeigt - vor dem Hintergrund der vorstehenden allgemeinen Überlegungen (sublit. aa) - das "Provisorische Programm der Nationalen Front! Vorschläge zur Beseitigung des bestehenden Systems" (abgedruckt in der Zeitschrift "Halt" Nr. 23 vom November 1984) deutlich, daß die versuchte Bildung der "Nationalen Front" eine Wiederbetätigung darstellte.

In diesem Programm lautet es auszugsweise:

"1. Beseitigung der Parlamentarischen Demokratie und Einführung der Präsidialdemokratie.

. . . Heute darf das Volk den OHNMÄCHTIGEN erwählen.

Eines Tages soll es den MÄCHTIGEN auserwählen können. Damit die Macht vom Volke ausgeht. Und nicht die Ohnmacht.

2. Die Medien als 'Vierte Gewalt'.

. . . Dieser verbrecherische Einfluß (der Medien) muß

gebrochen, der Journalistenstand muß gesäubert, befreit und dem Volk verantwortlich gemacht werden.

3. Kampf der Lüge vom 'Geeinten Europa'.

. . .

Europa ja! - Ein Europa der Nationalstaaten - eine Welt der Nationalstaaten.

Die 'Europa-Idee' der Sieger, der Freimaurer, ist Opium für das deutsche Volk. Sie ist Gift gegen Deutschlands Wiedergeburt.

4. Beseitigung des Österreichischen Staatsvertrages (Diktat von Wien).

Die österreichische Neutralität ist der Versuch der Siegermächte, unser Schicksal von dem der übrigen deutschen Nation abzukoppeln. Diese aufgezwungene Neutralität muß durch eine freiwillige, die nicht Deutschland sondern den Weltmächten gilt, ersetzt werden.

Alle wirtschaftlichen Beschränkungen, die Österreich in Hinblick auf Deutschland auferlegt wurden, müssen fallen.

. . .

5. Brechung der Macht der multinationalen Konzerne.

Die multinationalen Konzerne sind die Hauptschuldigen an der Verschmutzung unserer Umwelt, für unsere Abhängigkeit vom Ausland, für das Hereinholen von Einwanderern und für die Aushöhlung unserer Demokratie durch die Lenkung unserer Medien und damit unserer Politik. Sie verkörpern den Brückenkopf unserer Feinde, der Freimaurer und des internationalen Kapitals, in Österreich. Ihre Macht muß durch Enteignung gebrochen werden! Deutsche Konzerne gelten in unserem Bereich nicht als multinational.

6. Kampf den Geschichtslügen.

Der deutsche Soldat hatte das Völkerrecht auf seiner Seite als er das Rheinland, das Saarland, Österreich, die Tschechoslowakei, Polen und Elsaß-Lothringen betrat. Die unbewiesenen deutschen Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkrieges sind von unabhängigen Wissenschaftern neu zu prüfen. Die erwiesenen Massenmorde der Alliierten, insbesondere der von Amerika geplante Völkermord an uns Deutschen (Morgenthauplan) und die Verbrechen der Polen, Tschechen, Jugoslawen sowie die Unmenschlichkeiten der Roten Armee dürfen der Jugend nicht mehr länger verheimlicht werden.

. . .

8. Neutralisierung der deutschen Staaten.

Wir bekennen uns zur deutschen Nation als politisch

bindende Einheit. . . .

Nicht als Tummelplatz der Vereinten Nationen und als

Spielball der Weltmächte will man uns, man will uns als

geschichtsbewußten deutschen Staat. . . .

9. Los vom Dollar - Los vom Gold - Los von der Zinsenknechtschaft.

Hinter dem Weltwährungssystem stehen Mächte, denen das Schicksal der Völker Europas wenig, das des deutschen Volkes nichts bedeutet.

Die Macht dieses internationalen Geldkapitalismus, der unsere Volkswirtschaft versklavt, muß gebrochen werden.

. . .

11. Rücksiedlung der Gastarbeiter.

Alle Gastarbeiter und deren Nachkommen - egal ob schon

eingebürgert oder nicht - sind in ihre Herkunftsländer

zurückzusiedeln. . . .

. . ."

Wenngleich einerseits manche Punkte des "Vorläufigen Programms" der "Nationalen Front" isoliert betrachtet nicht als für den Nationalsozialismus signifikant bezeichnet werden können, andererseits im Programm Ziele nicht aufscheinen, die der Nationalsozialismus typischerweise verfolgte, zeigt doch das Gesamtbild des "Vorläufigen Programmes" insgesamt eine geradezu ins Auge springende inhaltliche und sprachliche Ähnlichkeit mit NS-Thesen. Eine ins einzelne gehende Betrachtung und Erörterung eines jedes Satzes dieses Programmes ist nach dem Gesagten (sublit. aa) nicht am Platze.

Dennoch sei auf einige besondere Parallelen zwischen dem "Vorläufigen Programm" der Nationalen Front (Programm NF) und dem Programm der NSDAP (abgedruckt etwa in: Der Nationalsozialismus, Dokumente 1933 - 1945, hsg. von Walter Hofer, Fischer Bücherei, Frankfurt am Main 1957) hingewiesen:

Zu Pkt. 1 Programm NF:

Pkt. 6 und 25 Programm NSDAP ("..... Wir bekämpfen die

korrumpierende Parlamentswirtschaft .... Zur Durchführung dessen

fordern wir: Die Schaffung einer starken Zentralgewalt des Reiches. Unbedingte Autorität des politischen Zentralparlaments

.....")

Zu Pkt. 2 Programm NF:

Pkt. 23 Programm NSDAP ("..... Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen die bewußte politische Lüge und ihre Verbreitung durch die Presse ....")

Zu Pkt. 4 Programm NF:

Pkt. 2 Programm NSDAP ("..... Wir fordern .... die Aufhebung der Friedensverträge von Versailles und St. Germain")

Zu Pkt. 9 Programm NF:

Pkt. 11 Programm NSDAP ("..... Brechung der Zinsknechtschaft")

Zu Pkt. 11 Programm NF:

Pkt. 5,7 und 8 Programm NSDAP ("Wer nicht Staatsbürger

ist, soll nur als Gast in Deutschland leben können und muß unter

Fremdengesetzgebung stehen". "..... Wenn es nicht möglich ist,

die Gesamtbevölkerung des Staates zu ernähren, so sind die

Angehörigen fremder Nationen (Nicht-Staatsbürger) aus dem Reich

auszuweisen." "..... Wir fordern, daß alle Nichtdeutschen, die seit

dem 2. August 1914 in Deutschland eingewandert sind, sofort zum Verlassen des Reiches gezwungen werden."

Besonders bemerkenswert sind auch jene Stellen des Programmes der Nationalen Front, die darauf abzielen, die verbrecherischen und völkerrechtswidrigen Maßnahmen des NS-Regimes zu verharmlosen oder zu rechtfertigen (wie etwa Pkt. 6 dieses Programmes).

g) Zusammenfassend ist - in Übereinstimmung mit dem zum VerbotsG ergangenen Urteil des OGH vom 25. Juni 1986, 9 Os 132/85 - festzuhalten, daß die Hinterlegung der Satzung der Nationalen Front beim Bundesministerium für Inneres auf eine Wiederbetätigung iS des Verbotsgesetzes gerichtet war.

Die Hinterlegung der Satzung bewirkte daher nicht, daß die "Nationale Front" Rechtspersönlichkeit erlangte. Die "Nationale Front" war und ist demnach keine juristische Person.

Ein rechtlich nicht existentes Gebilde kann am Rechtsleben nicht teilnehmen, so auch nicht vor dem VfGH Beschwerde führen.

Die von der "Nationalen Front" (durch G H) erhobene Verfassungsgerichtshofbeschwerde war sohin mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG beschlossen werden, ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

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