OGH 8ObA77/20m

OGH8ObA77/20m25.8.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Karl Schmid (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** P*****, vertreten durch Schmidberger-Kassmannhuber-Schwager, Rechtsanwalts-Partnerschaft in Steyr, gegen die beklagte Partei ***** F***** GmbH, *****, wegen 464 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 23. April 2020, GZ 11 Ra 16/20g‑18, mit dem das Urteil des Landesgerichts Steyr als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 14. November 2019, GZ 9 Cga 48/19b‑14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:008OBA00077.20M.0825.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Kläger war bis Juni 2019 bei der beklagten Partei beschäftigt, das Dienstverhältnis endete durch seinen Austritt. Es steht außer Streit, dass er zum vertraglich vereinbarten Ersatz von Ausbildungskosten verpflichtet war.

Gegenstand des Verfahrens ist nur die Frage, ob die der Höhe nach unstrittige, von der Endabrechnung des Klägers abgezogene Ersatzforderung der Beklagten der Umsatzsteuerpflicht unterlag.

Das Erstgericht wies das auf Zahlung des Abzugs für Umsatzsteuer gerichtete Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision mangels einschlägiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung für zulässig.

Die Umsatzsteuerpflicht des Ausbildungskostenrückersatzes sei in der zweitinstanzlichen Rechtsprechung des seinerzeitigen Unabhängigen Finanzsenats Wien bejaht worden und werde seither auch im arbeitsrechtlichen Schrifttum überwiegend vertreten.

Die einzige in der Literatur vertretene kritische Stellungnahme, auf die sich der Kläger beziehe, stütze sich auf den Gedanken, dass der Arbeitgeber die Ausbildungsmaßnahme im Interesse einer besseren Arbeitsleistung des Dienstnehmers und nicht im Hinblick auf einen Leistungsaustausch durch allfälligen künftigen Rückersatz finanziert habe. Das Berufungsgericht schließe sich dieser Ansicht nicht an, vielmehr sei der Wille des Arbeitgebers, bei einer vorzeitigen arbeitnehmerseitigen Beendigung des Dienstverhältnisses einen Ersatz seines Aufwands zu verlangen, bereits in der vor Beginn der finanzierten Ausbildung zu treffenden Vereinbarung zum Ausdruck gekommen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers, die mit ihrer Rechtsrüge eine Abänderung im klagsstattgebenden Sinn anstrebt. Die Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Die Revision ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der ordentlichen Gerichte fallenden Rechtsmaterien kommt dem Obersten Gerichtshof keine Leitfunktion zu (RIS‑Justiz RS0116438; RS0113455). Es begründet daher für sich allein keine erhebliche Rechtsfrage, wenn Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Bestimmungen des Steuerrechts fehlt, sofern die Instanzgerichte die Entscheidungspraxis der primär zuständigen Behörden richtig wiedergeben und daraus keine unvertretbaren Schlussfolgerungen für den konkret zu beurteilenden Sachverhalt ziehen (RS0123321 [T1]). In Steuersachen ist die Revision nur zur Korrektur grober Beurteilungsfehler der Vorinstanzen aus Gründen der Rechtseinheit und Rechtssicherheit zulässig (RS0113455).

2. Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass die Rückzahlung von aufgewendeten Ausbildungskosten durch den Arbeitnehmer nach der durch eine zweitinstanzliche Entscheidung des vormaligen Unabhängigen Finanzsenats Wien bestätigten Praxis der Steuerbehörden als Teil eines Leistungsaustausches, nämlich als Entgelt für eine Sachleistung des Arbeitgebers, angesehen wird. Danach gilt die Kompensationszahlung nicht als (echter) Schadenersatz und ist steuerbar. In der Literatur ist diese Auffassung weit überwiegend unwidersprochen aufgenommen worden (UFS Wien FINDOK 44106, Wieland in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig , UStG-ON 3.00 § 1 Rz 246; Shubshizky ASoK 2010, 224; Höfle/Ortner in PV-Info 5/2007, 8; Ghahramani-Hofer in Reissner/Neumayr , ZellHB AV‑Klauseln 2 Besonderer Teil, 34. Klausel 34.90).

3. Die Revisionsausführungen enthalten nach einem unbeachtlichen Verweis auf den Inhalt des Berufungsschriftsatzes (RS0007029; RS0043616; RS0043579) eine Wiederholung der in der Literatur vertretenen kritischen Stellungnahme zur herrschenden Auffassung ( Gaedke/Tumpel , Umsatzsteuerpflicht bei Ausbildungskostenrückersatz durch den Arbeitnehmer, SWK 2010, 636). Auf die Begründung des Berufungsgerichts, weshalb es dieser Ansicht nicht gefolgt ist, gehen die Revisionsausführungen nicht ein.

4. Eine Rechtsrüge, die sich im Ergebnis nur darauf beschränkt, die Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen zu behaupten, weil sie sich mit den Argumenten des Berufungsgerichts gar nicht auseinandersetzt, ist nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0041719 [T4]; RS0043603 [T9]).

Mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision des Klägers daher zurückzuweisen.

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