OGH 3Ob35/20y

OGH3Ob35/20y20.4.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr. Roch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Priv.‑Doz. Dr. Rassi und Mag. Painsi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch Dr. Uwe Niernberger, Dr. Angelika Kleewein, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei C*, vertreten durch Mag.a Silvia Fahrenberger, Rechtsanwältin in Scheibbs, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 8. August 2019, GZ 1 R 160/19k‑19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Weiz vom 15. Mai 2019, GZ 22 C 29/18k‑14, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E128397

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.316,40 EUR (hierin enthalten 1.323,90 EUR USt und 373 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile wurde einvernehmlich geschieden. In der Scheidungsfolgenvereinbarung verpflichtete sich der Kläger zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags in Höhe von 811,36 EUR an die Beklagte.

Mit Beschluss vom 20. September 2018 wurde der Beklagten als Betreibender aufgrund dieses Titels gegen den Kläger als Verpflichteten die Exekution zur Hereinbringung der aushaftenden Unterhaltsbeiträge für August und September 2018 (1.622,72 EUR) sowie des laufenden Unterhalts (811,36 EUR monatlich) ab Oktober 2018 bewilligt.

Die Streitteile haben drei gemeinsame Söhne im Alter von sieben, 15 und 16 Jahren, für die ihnen die gemeinsame Obsorge zukommt, wobei die Kinder ihren hauptsächlichen Aufenthalt im Haushalt der Mutter haben.

Die Beklagte lernte Ende Jänner 2014 einen Mann kennen; irgendwann 2014 kam es zum ersten Geschlechtsverkehr zwischen den beiden und Anfang 2015 intensivierte sich die Beziehung. Seit nunmehr vier Jahren verbringen sie fast jedes Wochenende (meist von Freitag Abend bis Sonntag Abend oder Montag Früh) gemeinsam, und zwar abwechselnd in ihrem Haus in der Steiermark bzw in seinem Haus (bis 2018 in seiner Mietwohnung) in Niederösterreich. Wenn die Beklagte das Wochenende bei ihm in Niederösterreich verbrachte, nahm sie häufig ihren jüngsten Sohn mit, hingegen die beiden älteren Söhne nur sehr selten, weil diese dann meist beim Kläger waren. Die Beklagte und der Mann haben jeweils einen Schlüssel für das Haus des anderen und sie bewahren auch persönliche Fahrnisse im Haus des jeweils anderen auf.

Ab Sommer 2017 trug sich die Beklagte mit dem Gedanken, zum Mann nach Niederösterreich zu ziehen. Die Übersiedlung sollte im Sommer 2018 stattfinden und der jüngste Sohn im Herbst 2018 am Wohnort des Mannes mit der Volksschule beginnen. Die Beklagte teilte dieses Vorhaben sowohl dem Kläger als auch dessen Mutter mit. Der Kläger war gegen eine Übersiedlung der gemeinsamen Kinder nach Niederösterreich und riet auch den beiden älteren Söhnen davon ab. Er bot ihnen an, dass sie im Fall der Übersiedlung der Mutter bei ihm wohnen könnten. Als die älteren Söhne sich dezidiert gegen die Übersiedlung aussprachen und auch Schulkollegen von ihnen im Haus der Beklagten erschienen, um diesem Wunsch Ausdruck zu verleihen, gab die Beklagte ihre Umzugspläne auf.

Seit 2015 fuhren die Beklagte und der Mann zweimal pro Jahr gemeinsam auf Urlaub. Den Sommerurlaub in der Dauer von einer Woche verbrachten sie mit den Kindern der Beklagten. Der zweite jährliche Urlaub dauerte etwa drei bis vier Tage. Beide Partner unternahmen auch Kurzurlaube allein bzw nur mit Bekannten.

Der Mann hat eine sehr gute Beziehung zum jüngsten Sohn der Beklagten, er ist für ihn eine Art Papa-Ersatz. Zu den beiden älteren Söhnen hat er ein gutes Verhältnis, er hat auch zumindest zwei Mal etwas mit ihnen allein unternommen. Bei Familienfeiern im Verwandtenkreis des Mannes war die Beklagte in den letzten Jahren dabei, wenn es für sie zeitlich machbar war und sie sich bei ihm in Niederösterreich befand, so bei Geburtstagsfeiern, bei der kirchlichen und standesamtlichen Hochzeit seines Sohnes und der Taufe seines Enkelkinds. Auch an Veranstaltungen seines Unternehmens nahm sie teilweise teil, so etwa in den letzten drei Jahren jeweils an einer einmal jährlich stattfindenden Kulturfahrt; einmal nahm sie auch ihren jüngsten Sohn mit. Bei Feiern in der Familie der Beklagten war der Mann stets dabei, wenn es für ihn beruflich machbar war. Es gab auch gemeinsame Ausflüge mit den Schwestern und der Schwiegermutter der Beklagten. Er war auch bei der Firmung der beiden älteren Söhne und beim anschließenden Firmungsessen dabei. Dem Kläger hatte die Beklagte davor mitgeteilt, dass seine Anwesenheit beim Firmungsessen nicht erwünscht sei.

Seit 2015 feierte der Mann Weihnachten stets mit der Beklagten und deren Kindern in der Steiermark, wobei er sich dort jeweils einige Tage aufhielt. Er stellte immer wieder Fotos von gemeinsamen Freizeitunternehmungen oder Urlauben mit der Beklagten und deren Kindern auf seine Facebook-Seite und gab dort auch bekannt, mit der Beklagten „in einer Beziehung“ zu sein. Diesen Beziehungsstatus änderte er inzwischen dahin, dass dies nur mehr für seine „Facebook-Freunde“ ersichtlich ist.

Die Beklagte und der Mann sind auf den Konten des jeweils anderen nicht zeichnungsberechtigt. Sie trägt sämtliche Kosten für die gemeinsamen Wochenenden bei ihr, und umgekehrt trägt er sämtliche Kosten, wenn sich die Beklagte – allein oder mit ihren Söhnen – bei ihm aufhält. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Beklagte und der Mann zu irgendeinem Zeitpunkt gemeinsam gewirtschaftet oder sich gegenseitig durch Geldzahlungen unterstützt hätten.

Der Mann arbeitete stets gerne im Garten der Beklagten, wo er zum Beispiel einen großen Baum fällte oder einmal jährlich die Hecke schnitt, sodass die Beklagte für diese Arbeiten keine Gärtnerei beauftragen musste. Er verrichtete auch manchmal Arbeiten in der Wohnung der Beklagten, wie etwa den Transport eines Kühlschranks oder einer Waschmaschine aus dem Keller des Hauses. Einmal errichtete er gemeinsam mit ihr und den Kindern im Kinderzimmer Trennwände. Weiters installierte er einmal eine Alarmanlage, die sein Weihnachtsgeschenk an die Beklagte darstellte. Für die Anschaffung der Spanplatten für die Trennwände, diverser Möbelstücke und Geräte im Haushalt der Beklagten kam diese selbst auf.

Der Kläger macht in seiner Oppositionsklage geltend, der betriebene Unterhaltsanspruch ruhe, weil sich die Beklagte in einer aufrechten Lebensgemeinschaft befinde.

Die Beklagte wendete ein, sie lebe nicht in einer Lebensgemeinschaft, sondern habe lediglich einen Freund, der 230 km von ihr entfernt wohne.

Das Erstgericht sprach aus, dass die bewilligte Exekution „für unzulässig erklärt“ werde (richtig: dass der betriebene Unterhaltsanspruch gehemmt sei), weil insgesamt vom Vorliegen einer Lebensgemeinschaft auszugehen sei. Das Vorliegen einer Geschlechtsgemeinschaft sei unbestritten. Eine Wohngemeinschaft liege hingegen nicht vor, weil von keinem gemeinsamen Lebensmittelpunkt auszugehen sei. Allerdings hätten beide einen eigenen Schlüssel für die Wohnung des anderen und bewahrten dort auch persönliche Fahrnisse auf. Der Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft sei sowohl von einer wirtschaftlichen als auch von einer zwischenmenschlichen Komponente geprägt. Zwischen der Beklagten und dem Mann bestünden nicht nur freundschaftliche und geschlechtliche Verflechtungen, sondern es gebe auch Sachverhaltselemente, die auf eine Wirtschaftsgemeinschaft hindeuteten. Sie führten zwar getrennte Konten und übernähmen die Kosten für die eigene Lebensführung offensichtlich selbst; das Gegenteil sei aber auch zwischen Ehegatten, bei denen eine Wirtschaftsgemeinschaft bestehe, nicht Voraussetzung. In der heutigen Zeit seien häufig beide Ehegatten berufstätig, sodass jeder sein eigenes Geld erwirtschafte und oft auch getrennte Konten bestünden. Gerade dann träten aber die finanziellen Leistungen des einen Partners an den anderen in den Hintergrund und es zeige sich auch bei Ehepartnern oft nur eine rudimentäre Wirtschaftsgemeinschaft.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Aus der Absicht, zum Partner zu übersiedeln, sei zwar noch keine Wohngemeinschaft abzuleiten, allerdings zeige die über längere Zeit gehegte und nur durch den Widerstand der Kinder vereitelte Absicht zusammenzuziehen, dass die Qualität und Intensität der Beziehung zwischen der Beklagten und dem Mann weit über die von ihnen zugestandene Beziehung oder Freundschaft mit sexuellen Kontakten hinausgehe. Es sei daher zwar eine Wohngemeinschaft im Sinn eines dauernden gemeinsamen Lebensmittelpunkts zu verneinen, die Regelmäßigkeit der gemeinsam verbrachten Wochenenden und Urlaube entspreche allerdings der nicht seltenen Gestaltung einer Ehe, wenn beispielsweise die Partner unter der Woche beruflich an unterschiedliche Orte gebunden seien. Auch hier sei das Zusammenziehen nicht mangels entsprechenden Willens der Partner unterblieben, sondern aufgrund äußerer Umstände, indem sich die Kinder dagegen ausgesprochen hätten. Überdies entspreche es gerade einer Lebensgemeinschaft als einer rechtlich nicht gesicherten Beziehung, dass sich ein Partner nicht leicht entschließen werde, eine ihm zur Verfügung stehende Wohngelegenheit aufzugeben. Das Bestehen einer intimen Beziehung seit rund vier Jahren sei unstrittig. Dass daneben eine enge persönliche Beziehung im Sinn einer wechselseitigen Teilnahme an Freuden, Sorgen und Nöten anzunehmen sei, könne aus der Gesamtheit des festgestellten Sachverhalts abgeleitet werden. Eine Wirtschaftsgemeinschaft in materieller Hinsicht sei hingegen nur in geringem Ausmaß vorhanden. Der Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft sei aber neben der wirtschaftlichen auch von einer zwischenmenschlichen Komponente geprägt. Deren Vorliegen sei hier evident. Die materiellen Aspekte dürften zwar nach der Rechtsprechung nicht völlig vernachlässigt werden, hier stehe aber fest, dass die Beklagte und der Mann zwar getrennte Kassen führten, ihr Zusammenleben aber auch nicht ohne jede Erbringung von Diensten für den jeweils anderen und ohne wechselseitige Teilhaben an den eigenen Gütern gestalteten. Selbst wenn darin für sich allein betrachtet nur unbedeutende Leistungen zu erblicken seien, rechtfertigten sie dennoch im Rahmen einer lebensnahen Einschätzung über den langen Zeitraum der Beziehung die Annahme eines Mindestmaßes einer dauernden wirtschaftlichen Verbindung, wie sie auch der Gestaltung von Ehen zweier berufstätiger Gatten nicht unähnlich sei. Im Zusammenhalt mit der (wenn auch überwiegenden) zwischenmenschlichen Komponente liege daher in der Bejahung einer Wirtschaftsgemeinschaft keine unvertretbare Fehleinschätzung des Erstgerichts. Insgesamt seien die Elemente einer Lebensgemeinschaft ausreichend deutlich ausgeprägt, sodass die Rechtsfolge des Ruhens der Unterhaltspflicht des Klägers gerechtfertigt sei.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nachträglich mit der Begründung zu, dass es sich um einen Grenzfall handle und die gegenteilige Rechtsansicht mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ebenfalls begründbar wäre.

In ihrer Revision macht die Beklagte insbesondere geltend, das Berufungsgericht sei von den Grundsätzen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen, indem es das Vorliegen einer (materiellen) Wirtschaftsgemeinschaft bejaht habe.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen einer vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fehlbeurteilung der Vorinstanzen zulässig und berechtigt.

1. Nach ständiger Rechtsprechung ruht der Unterhaltsanspruch einer geschiedenen Ehegattin für die Dauer ihrer Lebensgemeinschaft unabhängig davon, ob sie von ihrem Partner Unterhaltsleistungen bezieht (RIS‑Justiz RS0047108; RS0047130).

2. Eine allgemein gültige gesetzliche Definition der Lebensgemeinschaft fehlt. Nach den vom Obersten Gerichtshof entwickelten Kriterien wird unter einer Lebensgemeinschaft ein jederzeit lösbares familienrechtsähnliches Verhältnis verstanden, das der Ehe nachgebildet, aber von geringerer Festigkeit ist (RS0021733 [T5]). Der Begriff der Lebensgemeinschaft beschränkt sich nicht auf die rein materielle Seite; es handelt sich vielmehr um eine aus einer seelischen Gemeinschaft und dem Zusammengehörigkeitsgefühl heraus entstandene Bindung (RS0047064). Für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft spielen neben der Eheähnlichkeit aber auch eine gewisse Dauer, auf die sie eingerichtet ist (RS0047000 [T8]), und das Zusammenspiel der Elemente Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft eine Rolle, wobei anerkannt ist, dass im Sinn eines beweglichen Systems nicht stets alle drei Merkmale vorhanden sein müssen (RS0047000).

3.1. Eine Wohngemeinschaft liegt grundsätzlich vor, wenn die Lebensgefährten tatsächlich in einer Wohnung leben, die ihr dauernder gemeinsamer Lebensmittelpunkt sein soll; sie muss über die bloßen „Nebenerscheinungen“ der Geschlechtsgemeinschaft hinausgehen. Durch fallweises gemeinsames Übernachten in unregelmäßigen Abständen wird sie daher nicht begründet; allerdings indiziert die fehlende Wohngemeinschaft allein noch nicht zwingend, dass keine Lebensgemeinschaft vorliegt, weil auch in einer Ehe, bei der die Ehegatten nach § 91 ABGB ihre eheliche Lebensgemeinschaft unter Rücksichtnahme aufeinander einvernehmlich gestalten sollen, einvernehmlich getrenntes Wohnen als zulässig betrachtet wird. Gerade einer Lebensgemeinschaft als einer rechtlich nicht gesicherten Beziehung entspricht es, dass sich ein Partner nicht leicht entschließen wird, eine ihm zur Verfügung stehende Wohngelegenheit aufzugeben (3 Ob 237/11s mwN).

3.2. Der Annahme eines gemeinsamen Lebensmittelpunkts steht zwar nicht entgegen, dass einer der beiden nicht jeden Tag in die Ehewohnung zurückkehrt, etwa wegen (regelmäßiger) auswärtiger Berufstätigkeit (3 Ob 31/14a mwN). Im vorliegenden Fall ist allerdings eine Wohngemeinschaft der Beklagten und des Mannes zu verneinen, weil sie nach den Feststellungen keinen gemeinsamen Lebensmittelpunkt haben: Weder wohnen sie dauerhaft gemeinsam in einem Haus, noch kommt der – in Niederösterreich berufstätige – Mann jedes Wochenende zur Beklagten in die Steiermark oder umgekehrt. Die bloßen abwechselnden Wochenendbesuche bei ihr bzw bei ihm reichen für die Annahme eines gemeinsamen Lebensmittelpunkts nicht aus.

4.1. Der Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft beschränkt sich nicht auf die rein materielle Seite; darunter wird verstanden, dass die beiden Partner Freud und Leid miteinander teilen, einander Beistand und Dienste leisten und einander an den zur Bestreitung des Unterhalts, der Zerstreuung und der Erholung dienenden gemeinsamen Gütern teilnehmen lassen (RS0047035). Die Lebensgemeinschaft ist allerdings sowohl von einer zwischenmenschlichen als auch von einer wirtschaftlichen Komponente geprägt. Wenngleich ein Abstellen allein auf materielle Aspekte unter Ausblendung der seelischen Gemeinschaft unzulässig ist, dürfen die materiellen Aspekte dennoch nicht völlig vernachlässigt werden, weil sonst ein Zustand, wie er für das Zusammenleben von Ehegatten typisch ist, nicht mehr angenommen werden darf und die wirtschaftliche Bedeutung der Ehe für die Gatten nicht mehr ausreichend bedacht würde; ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Gemeinschaft ist daher unverzichtbar (3 Ob 237/11s; 3 Ob 241/13g; RS0047035 [T4]; RS0047130 [T5]).

4.2. Die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Gemeinschaft zu bejahen sei, hält sich nicht im Rahmen dieser Rechtsprechung: Den Feststellungen ist insoweit nämlich lediglich zu entnehmen, dass der Mann die Beklagte vereinzelt bei Gartenarbeiten– einmaliges Fällen eines großen Baums; einmal jährliches Heckenschneiden – unterstützte und im Haushalt (nur) sporadisch bei körperlich schweren Arbeiten (Transport von Kühlschrank oder Waschmaschine aus dem Keller des Hauses) half und ansonsten nur offenkundig einmalig anfallende Arbeiten (Installation der noch dazu ein Weihnachtsgeschenk darstellenden Alarmanlage; Errichtung der von der Beklagten finanzierten Trennwände gemeinsam mit ihr und ihren Kindern) erbrachte. Diese Tätigkeiten des Mannes reichen aber angesichts der sonst völlig fehlenden wirtschaftlichen Verflechtungen im Sinn einer gemeinsamen Haushaltsführung, eines gemeinsamen Wirtschaftens, gemeinsamer Konten oder einer weitreichenden gegenseitigen finanziellen Unterstützung für die Annahme einer materiellen Wirtschaftsgemeinschaft nicht aus (vgl 3 Ob 241/13g).

5. Die gebotene Gesamtschau ergibt somit, dass zwischen der Beklagten und dem Mann – neben der unstrittig gegebenen Geschlechtsgemeinschaft – lediglich eine teilweise Wirtschaftsgemeinschaft, nämlich beschränkt auf die zwischenmenschliche Komponente, vorliegt. Dies reicht aber für die Annahme einer Lebensgemeinschaft nicht aus.

6. In Stattgebung der Revision sind die Urteile der Vorinstanzen daher im klageabweisenden Sinn abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Pauschalgebühr für die Berufung beträgt bei einer Bemessungsgrundlage nach GGG von 750 EUR (§ 16 Abs 1 Z 1 lit d GGG) lediglich 144 EUR und nicht, wie verzeichnet, 1.143 EUR. Der Erhöhungsbetrag nach § 23a RATG beträgt sowohl für die Äußerung ON 3 als auch für die Berufung nicht 4,10 EUR, sondern nur 2,10 EUR, weil es sich dabei jeweils nicht um den verfahrenseinleitenen Schriftsatz handelt. Für die Berufung steht auch nur der dreifache Einheitssatz zu, weil keine Berufungsverhandlung stattgefunden hat (§ 23 Abs 9 RATG).

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