OGH 16Ok1/20p

OGH16Ok1/20p12.3.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Solé und Dr. Kodek sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Dorothea Herzele und KR Mag. René Tritscher als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin M***** S.A., *****, vertreten durch Dorda Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Ö*****, 2. Ö***** GmbH & Co KG, beide *****, beide vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Abstellung einer Zuwiderhandlung gemäß § 26 KartG, in eventu Feststellung gemäß § 28 Abs 1 KartG, über die Rekurse der Antragstellerin und der Bundeswettbewerbsbehörde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht vom 7. November 2019, GZ 27 Kt 3/19x‑33, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0160OK00001.20P.0312.000

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Die Antragstellerin ist seit über 20 Jahren als Anbieterin von Satelliten-TV-Diensten in mehreren EU‑Mitgliedstaaten tätig; in Österreich ist sie unter der Marke H***** aktiv. Ihre Tätigkeit in Österreich umfasst einerseits den Betrieb einer Plattform zur Übertragung von TV-Programmen via Satellit und andererseits das Anbieten von Programmpaketen einschließlich Zusatzdiensten als Programmaggregator iSd § 9 Abs 5 AMD-G (BGBl I Nr 84/2001 idgF), nicht aber auch die Gestaltung und Produktion von TV‑Programmen.

Der Erstantragsgegner ist der öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter Österreichs. Zu seinem Versorgungsauftrag zählt ua die Ausstrahlung von Programmen über Satellit. Die Zweitantragsgegnerin steht zu 60 % im Eigentum des Erstantragsgegners und ist innerhalb der Gruppe für die Errichtung und den Betrieb der technischen Einrichtungen und die Verbreitung des TV‑Angebots zuständig, sie ist also die Sendernetzbetreiberin des Erstantragsgegners.

Bei Verbreitung über Satellit können die ausgestrahlten Fernsehprogramme technisch im gesamten Empfangsbereich des Satelliten empfangen werden. Aus lizenzrechtlichen Gründen werden daher praktisch alle österreichischen Sender über Satellit verschlüsselt ausgestrahlt. Damit Sendeinhalte von Endkonsumenten empfangen werden können, muss das Signal entschlüsselt werden. Ver- und Entschlüsselung erfolgt über Plattformbetreiber, die eine Vielzahl von Sendern über ihr Verschlüsselungssystem zugänglich machen. Der Endkonsument kann somit alle relevanten Sender mit einem einzigen vom Plattformbetreiber freigeschalteten Endgerät (SAT‑Modul oder SAT‑Receiver) empfangen. Zu diesem Zweck werden gemeinsam mit dem Bild/Ton-Signal auch Verschlüsselungsinformationen übertragen. Das Bild/Ton-Signal ist für alle Plattformen gleich, die Verschlüsselungsinformationen sind jedoch für jede Plattform unterschiedlich. Das Verschlüsseln eines Bild/Ton-Signals mit mehreren Verschlüsselungsinformationen wird als Simulcrypt bezeichnet.

Als Betreiber einer Satellitenplattform (Entschlüsselungssystem) ermöglicht die Antragstellerin ihren Kunden den Empfang von TV‑Programmen, die über die Kommunikationssatelliten Astra 19.2°E ausgestrahlt werden. Die zum Empfang und zur Entschlüsselung der verschlüsselt ausgestrahlten Programme benötigten Endgeräte (SAT‑Modul oder SAT‑Receiver) werden von der Antragstellerin vertrieben. Gegen eine technische Gebühr von 17,99 EUR für fünf Jahre oder 6 EUR pro Jahr bei jährlicher Zahlung können Kunden österreichische Free‑TV‑Kanäle empfangen, also auch die Fernsehprogramme des ORF.

Als Programmaggregator fasst die Antragstellerin darüber hinaus Rundfunkprogramme (einschließlich Pay‑TV‑Kanäle) und Zusatzdienste zur Verbreitung über Satellit zu Programmpaketen zusammen, die sie gegen eine monatliche Gebühr an Endkunden vertreibt. Die Verbreitung der Programmpakete der Antragstellerin erfolgt primär über die von ihr selbst betriebene SAT‑Plattform; daneben werden sie aber auch über eine im Auftrag des Erstantragsgegners betriebene Plattform an Nutzer der ORF Digital‑SAT‑Karte vertrieben.

Der Erstantragsgegner und dessen Konzernunternehmen sind in der gesamten TV‑Wertschöpfungskette tätig. Der Erstantragsgegner gestaltet und produziert Inhalte und Fernsehprogramme, die verschlüsselt ausgestrahlt werden und sowohl terrestrisch als auch via Satellit über Plattformen empfangen werden können. Zwischen der vorgelagerten Tätigkeit des Erstantragsgegners in der Gestaltung und dem Vertrieb von Fernsehprogrammen („vorgelagerter Großhandelsmarkt für TV‑Sender“) und den nachgelagerten Aktivitäten der Plattformbetreiber besteht somit ein Vertikalverhältnis. Auf dem vorgelagerten Großhandelsmarkt für TV‑Sender kommt dem Erstantragsgegner eine marktbeherrschende Stellung zu.

Auf den nachgelagerten Märkten stehen die Konzernunternehmen des Erstantragsgegners mit der Antragstellerin im Wettbewerb: Einerseits sind sie beide als Programmaggregatoren tätig, die Endkunden Programmpakete aus Free- und Pay‑TV‑Programmen sowie Zusatzdienste anbieten. Andererseits betreiben sie beide Satelliten-Plattformen und lizenzieren Entschlüsselungslösungen teilweise an Hersteller von Empfangshardware (SAT‑Modul oder SAT‑Receiver), teilweise verkaufen sie solche Hardware direkt an Endkunden. Um den Besitzern der Empfangshardware auch die Freischaltung der wichtigsten österreichischen Sender gegen Entgelt anbieten zu können, müssen mit den Sendern entsprechende Simulcrypt‑Verträge abgeschlossen werden („Markt für den Betriebvon Satellitenplattformen/Entschlüsselungssystemen“). Als Plattformbetreiberin ist die Antragstellerin deshalb darauf angewiesen, mit dem Erstantragsgegner eine Vereinbarung über die Mitübertragung der Verschlüsselungsinformationen bezüglich des ORF‑Bild/Ton-Signals zu treffen, um ihren Kunden den Empfang der ORF‑HD-Programme ermöglichen zu können.

Auf der Marktebene „Betreiber von Satelliten-Plattformen, die Lösungen zur Entschlüsselung der Satellitensignale anbieten“, gibt es in Österreich neben der Antragstellerin und einem Konzernunternehmen des Erstantragsgegners (s***** GmbH & Co KG – S*****TV) nur die S***** GmbH (im Folgenden: S*****). Letztere ist in diesem Bereich nicht sehr aktiv. Der hauptsächliche Wettbewerb findet daher zwischen den Antragsgegnern und der Antragstellerin statt. Die Antragsgegner sind mit einem Marktanteil von rund 90 % der mit Abstand größte Marktteilnehmer.

Während Plattformbetreiber und Sender in der Regel voneinander unabhängig sind, besteht am österreichischen SAT‑TV‑Markt die besondere Situation, dass die größte Sendergruppe gleichzeitig auch die dominante Plattform betreibt.

Im September 2015 schlossen die Antragsgegner mit der Antragstellerin nach mehr als einjährigen Verhandlungen und Vermittlung durch die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) eine Simulcrypt‑Vereinbarung 2015, die es Kunden der Plattform der Antragstellerin ermöglichte, mit Hilfe der entsprechenden Hardware (SAT‑Modul oder SAT‑Receiver) die ORF‑HD‑Kanäle entschlüsselt zu empfangen. Als Gegenleistung für die technischen Dienstleistungen der Zweitantragsgegnerin, die zur Unterstützung und Umsetzung der Simulcrypt‑Lösung erforderlich werden, wurde ein jährliches Fixentgelt in Höhe von 130.200 EUR netto vereinbart. Weiters wurde die Reduktion dieses Fixentgelts um 1 EUR pro freigeschaltetem Kunden der Antragstellerin vereinbart, weil sie mit ihrer eigenen Plattform einen weiteren Vertriebsweg für die ORF‑TV‑Programme eröffnete und Kundendienstleistungen übernahm. Diese Vereinbarung wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen, wobei beide Parteien für die Dauer von fünf Jahren auf die ordentliche Kündigung verzichteten. Allerdings wurde ein Sonderkündigungsrecht des Erstantragsgegners zum 31. März 2019 vereinbart. Hintergrund dafür war, dass die zwischen S***** und dem Erstantragsgegner bestehende Simulcrypt-Vereinbarung mit 31. März 2019 auslief. Nach dem damals bestehenden Vertrag verlangte der Erstantragsgegner von S***** für das Recht, die ORF-Signale über die eigene Plattform zu entschlüsseln, kein Entgelt. Er wollte jedoch die bisherige Form der Zusammenarbeit mit S***** beenden und auf eine neue wirtschaftliche Basis stellen. Ab 1. April 2019 wollte er von S***** für das Recht zur Entschlüsselung des ORF‑Programmsignals ein Entgelt pro freigeschaltetem Kunden verlangen.

Mit Schreiben vom 23. März 2018 machte der Erstantragsgegner von seinem Sonderkündigungsrecht gegenüber der Antragstellerin Gebrauch und kündigte die Simulcrypt-Vereinbarung 2015 zum 31. März 2019. Im Kündigungsschreiben kündigte der Erstantragsgegner an, dass er der Antragstellerin ein Angebot über die Fortsetzung der Kooperation zu nicht diskriminierenden Bedingungen unterbreiten werde, sobald mit dem Wettbewerber S***** eine Vereinbarung getroffen sei.

Die Verhandlungen zwischen den Streitteilen über die Simulcrypt-Folgevereinbarung zogen sich bis November 2018 hin. Mit E‑Mail vom 28. November 2018 übermittelte der Erstantragsgegner einen Vereinbarungsentwurf, der in seinem Punkt 4.1. statt des bisherigen jährlichen Fixentgelts für die technischen Dienstleistungen der Zweitantragsgegnerin ein Serviceentgelt von 136.600 EUR netto (ohne die bisher vereinbarte Reduktion pro freigeschaltetem Kunden) und darüber hinaus ein neues Entgelt von 6 EUR pro freigeschaltetem Endgerät vorsah.

Aufgrund einer solchen Vereinbarung hätte sich der von der Antragstellerin für die Entschlüsselung zu zahlende Preis – unter der Annahme einer gleichbleibenden Anzahl von 72.000 Kunden – von 58.200 EUR pro Jahr (aufgrund des Abzugs von 1 EUR pro freigeschaltetem Nutzer) auf 568.000 EUR pro Jahr erhöht, also – bei gleichbleibenden Leistungen der Antragsgegner – auf das über Neunfache. Eine solche Preissteigerung hätte zur Folge, dass die Antragstellerin ihr Produkt nicht mehr verkaufen könnte, weil sie, würde sie die erhöhten Kosten auf ihre Kunden umlegen, mit einem Endkundenpreis von mehr als 50 EUR für fünf Jahre gegenüber den Antragsgegnern, die eine Freischaltungsgebühr von 18 EUR für fünf Jahre verlangen, nicht mehr konkurrenzfähig wäre.

Die Antragstellerin war deshalb nicht bereit, den Entwurf der Folgevereinbarung zu unterfertigen. Es war von den Antragsgegnern beabsichtigt und allen Beteiligten klar, dass dann, wenn bis 31. März 2019 keine neue vertragliche Regelung getroffen werde, die Kunden der Antragstellerin ab 1. April 2019 die ORF‑Programme nicht mehr empfangen könnten.

Am 31. Jänner 2019 wurde im Rahmen eines Gesprächs der Parteien bei der KommAustria, die sich nicht in der Lage sah, eine für die Parteien bindende Entscheidung über die Basis der Fortsetzung der Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien zu treffen, vereinbart, dass der Erstantragsgegner der Antragstellerin bis längstens 14. Februar 2019 den Entwurf einer Zusatzvereinbarung schicken werde, mit der das Entgeltmodell laut dem Entwurf der Simulcrypt-Folgevereinbarung aus dieser herausgenommen und einer späteren Vereinbarung vorbehalten werden sollte.

Am 16. Februar 2019 übermittelten die Antragsgegner der Antragstellerin den Entwurf einer solchen Zusatzvereinbarung. Darin war festgehalten, dass zwischen dem Erstantragsgegner und der Antragstellerin keine Einigkeit im Zusammenhang mit dem strittigen Thema einer Vergütung für den Erstantragsgegner für die Erteilung der Erlaubnis zur Freischaltung der ORF‑Programme sowie sonstige Leistungen im Rahmen der Simulcrypt-Vereinbarung dem Grunde und der Höhe nach bestehe. Daher werde vereinbart, dass die Simulcrypt-Folgevereinbarung mit Beginn des 1. April 2019 ohne Geltung von deren Punkt 4.1., also ohne Regelung des Entgelts, in Kraft trete, wobei ausdrücklich keine Unentgeltlichkeit vereinbart werde. Bis zum 30. Juni 2019 werde eine einvernehmliche Lösung gesucht und diesbezüglich von rechtlichen Schritten abgesehen. Ab 1. Juli 2019 seien sowohl der Erstantragsgegner als auch die Antragstellerin zur Beschreitung des gerichtlichen oder verwaltungsrechtlichen Weges zur Klärung dieser strittigen Frage berechtigt. Der Erstantragsgegner könne seine Ansprüche rückwirkend ab 1. April 2019 geltend machen. Nach Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung eines österreichischen Gerichts oder einer österreichischen Behörde zum strittigen Thema der Vergütung seien sowohl der Erstantragsgegner – auch mit Wirkung für die Zweitantragsgegnerin – als auch die Antragstellerin berechtigt, die Simulcrypt-Folgevereinbarung binnen drei Monaten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten außerordentlich zu kündigen.

Die Antragstellerin war mit diesem Vertragsentwurf nicht einverstanden, weil sie davon ausging, dass sie mit der Unterfertigung dieser Zusatzvereinbarung die Simulcrypt-Folgevereinbarung zur Gänze übernehmen müsste, obwohl sie gegen einige darin enthaltene Bestimmungen aus rechtlichen Gründen Vorbehalte hatte.

Nach weiteren intensiven Verhandlungen schlossen die Parteien letztlich am 27. Februar 2019 vor dem Erstgericht in dem dort anhängigen Verfahren auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit den Antragsgegnern bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptverfahren primär verboten werden sollte, die Übertragung des Verschlüsselungssignals der Antragstellerin gemeinsam mit dem Bild/Ton‑Signal sämtlicher ORF‑Programme einzustellen, einen Vergleich, wonach die Simulcrypt-Vereinbarung 2019 nach Maßgabe der folgenden Zusatzvereinbarung mit Beginn des 1. April 2019 zwischen den Vertragsparteien als abgeschlossen gilt und in Kraft tritt:

1. Zu Punkt 4.1. der Simulcrypt-Vereinbarung 2019 besteht keine Einigkeit zwischen dem [Erstantragsgegner] und der [Antragstellerin]. Die Vertragsparteien vereinbaren daher, dass die Simulcrypt-Vereinbarung 2019 mit Beginn des 1. April 2019 ohne Geltung von deren Punkt 4.1. in Kraft tritt.

2. Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass zwischen den Parteien die Frage einer Vergütung für den [Erstantragsgegner] für die Erteilung der Erlaubnis zur Freischaltung der ORF‑Programme sowie sonstige Leistungen des [Erstantragsgegners] im Rahmen der Simulcrypt-Vereinbarung 2019 dem Grunde und der Höhe nach strittig ist […] und, sofern eine Einigung im Verhandlungsweg nicht erreicht werden kann, einer Entscheidung im Rechtsweg zugeführt werden soll. Es wird daher ausdrücklich keine Vereinbarung über eine allfällige Unentgeltlichkeit getroffen (§ 354 Abs 1 UGB), weder eine Vereinbarung über (i) die von [der Antragstellerin] geforderte Unentgeltlichkeit für die Erteilung der Erlaubnis der Freischaltung, noch über (ii) das von [der Antragstellerin] geforderte Distributionsentgelt von 1 EUR/Nutzer/Jahr, noch (iii) das [vom Erstantragsgegner] geforderte Entgelt in Höhe von 6 EUR/Nutzer/Jahr.

3. Der [Erstantragsgegner] als auch [die Antragstellerin] sind berechtigt, den gerichtlichen oder verwaltungsrechtlichen Weg in Österreich zwecks Klärung des strittigen Themas bzw zwecks Durchsetzung ihres jeweiligen Standpunkts (bzw auf diesem beruhender Ansprüche) zu beschreiten. Zur Klarstellung wird festgehalten, dass der [Erstantragsgegner] oder [die Antragstellerin] seine [ihre] Ansprüche auch anteilig (zB pro Monat oder Quartal), auch betreffend die Zeit ab 1. April 2019 – vorbehaltlich des letzten Satzes – geltend machen kann. Der [Erstantragsgegner] wird bei der Einführung eines Entgelts für die Erteilung der Erlaubnis der Freischaltung, auch hinsichtlich des Zeitpunkts der Einführung, das Gleichbehandlungsgebot nach § 2 Abs 4 ORF‑G beachten.

4. Die Vertragsparteien halten (auch in Einklang mit Punkt 7.2. der Simulcrypt-Vereinbarung 2019) fest, dass das strittige Thema einer Vergütung für den [Erstantragsgegner] oder [die Antragstellerin] sowie allfällige künftige Vereinbarungen oder Rechtsstreitigkeiten zu diesem strittigen Thema nur das Vertragsverhältnis zwischen [dem Erstantragsgegner] und [der Antragstellerin] betreffen und jenes zwischen [der Antragstellerin] und [der Zweitantragsgegnerin] nicht berühren. Allfällige künftige Vereinbarungen oder Rechtsstreitigkeiten bzw Verfahren zum strittigen Thema […] bedürfen daher keiner Teilnahme oder Zustimmung der [Zweitantragsgegnerin].

5. Die Vertragsparteien vereinbaren, dass [der Erstantragsgegner] und [die Antragstellerin] die Simulcrypt-Vereinbarung 2019 binnen eines Monats nach Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung eines österreichischen Gerichts oder einer österreichischen Behörde zum strittigen Thema einer Vergütung für den [ Erstantragsgegner] oder [die Antragstellerin] entsprechend den Entscheidungsergebnissen umsetzen und bei Bedarf erforderliche Änderungen, insbesondere zu Punkt 4.1. der Simulcrypt-Vereinbarung 2019, unverzüglich vereinbaren.

[…]

8. Zur Entscheidung aller Streitigkeiten aus oder in Zusammenhang mit dieser Zusatzvereinbarung und/oder der Simulcrypt-Vereinbarung 2019 – einschließlich solcher über das Bestehen oder Nichtbestehen – ist ausschließlich das für Handelssachen wertzuständige Gericht in Wien zuständig. […]

Die Antragsgegner verpflichten sich, vom ordentlichen Kündigungsrecht gemäß Punkt 7.4.1. der Simulcrypt-Vereinbarung laut Vergleich bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens 27 Kt 2/19z [gemeint wohl: 27 Kt 3/19x] keinen Gebrauch zu machen.

Punkt 7.4.1. der Simulcrypt-Vereinbarung 2019 lautet wie folgt:

Die vorliegende Simulcrypt-Vereinbarung tritt mit Unterfertigung durch die Vertragsparteien in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Sie kann von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten zum Monatsende (Datum des Poststempels) schriftlich gekündigt werden. Der [Erstantragsgegner] verzichtet bis zum 30. 9. 2020 auf das Recht zur ordentlichen Kündigung (diese kann daher erstmals zum Ablauf zum [sic!] 30. 9. 2020 ausgesprochen werden).

Die Antragstellerin brachte am 14. Juni 2019 bei der KommAustria eine Beschwerde gegen die Antragsgegner wegen Verstoßes gegen das Verbot der wettbewerbsverzerrenden Verwendung von Programmentgelten gemäß § 31c Abs 1 ORF‑G und gegen das Diskriminierungsverbot gemäß § 2 Abs 4 ORF‑G ein. Gegenstand dieser Beschwerde sind die nach Ansicht der Antragstellerin nicht kostendeckenden Endkundenangebote des Plattformbetriebs des Erstantragsgegners. Infolge des Nettokostenprinzips würden diese Endkundenangebote aus Programmentgelten quersubventioniert. Außerdem werde die Antragstellerin gegenüber den nachgelagerten Diensten der Gruppe des Erstantragsgegners durch Verrechnung des Vorleistungsentgelts von 6 EUR pro Nutzer und Jahr diskriminiert. Über diese Beschwerde wurde noch nicht entschieden.

Ein Verfahren beim Handelsgericht Wien zur Bestimmung des angemessenen Entgelts gemäß § 354 UGB wurde bisher von keiner der Parteien eingeleitet.

Die Antragstellerin begehrt mit ihrem am 15. Februar 2019 eingebrachten Antrag, den Antragsgegnern gemäß § 26 KartG aufzutragen, a) das Verschlüsselungssignal der Antragstellerin weiterhin mit dem ORF‑Bild/Tonsignal zu übertragen und dafür erforderliche technische Dienstleistungen entsprechend der Simulcrypt-Vereinbarung Beilage ./G, insbesondere deren Anhang A, zu erbringen, und b) es zu unterlassen, von der Antragstellerin für die Leistung gemäß Punkt a) ein Entgelt zu fordern, das höher sei als ein vom Kartellgericht zu bestimmendes angemessenes Entgelt; hilfsweise begehrt sie die Feststellung gemäß § 28 Abs 1 KartG, dass die Antragsgegner durch a) die Weigerung, das Verschlüsselungssignal der Antragstellerin weiterhin mit dem ORF‑Bild/Tonsignal zu übertragen und dafür erforderliche technische Dienstleistungen entsprechend der Simulcrypt-Vereinbarung Beilage ./G, insbesondere deren Anhang A, zu erbringen, und/oder b) die Forderung eines Entgelts für die Leistung gemäß Punkt a), das höher sei als ein vom Kartellgericht zu bestimmendes angemessenes Entgelt, gegen § 5 KartG bzw Art 102 AEUV verstoßen hätten.

Das von den Antragsgegnern geforderte Entgelt verstoße gegen das Verbot der Forderung unangemessener Preise (Art 102 Abs 2 lit a AEUV und § 5 Abs 1 Z 1 KartG). Die Forderung weiche von allen Referenzentgelten erheblich ab und sei auch im Vergleich zu den Kosten der Antragsgegner unangemessen. Das nun geforderte Entgelt sei nämlich fast neunmal höher als das bisherige. Ausländische öffentlich-rechtliche Rundfunkbetreiber stellten ihr Programmsignal via SAT sowohl Endkunden als auch B2B‑Kunden, etwa Programmaggregatoren wie der Antragstellerin, kostenlos zur Verfügung. Das geforderte Entgelt weiche außerdem maßgeblich von sachlichen Referenzpreisen ab, weil die Kosten anderer Simulcrypt-Vereinbarungen zwischen der Antragstellerin und österreichischen Sendern deutlich unter den nun von den Antragsgegnern geforderten lägen. Zudem leisteten auch Anbieter von IP‑TV und Kabelnetzbetreiber kein Entgelt für die Zugänglichmachung von Programmen an Free‑TV‑Veranstalter. Dem neu geforderten Entgelt von 6 EUR pro Endgerät und Jahr stünden – anders als dem bisher verrechneten Fixentgelt für technische Services – keine Leistungen gegenüber. Nach eigenen Angaben versuche der Erstantragsgegner, die Antragstellerin im Wege dieses Entgelts an seinen Ausstrahlungskosten zu beteiligen. Diese seien jedoch unabhängig von der genutzten Plattform, dem Verschlüsselungssystem und dem genutzten Empfangssystem des Endkunden. Daher sei eine Weiterverrechnung der Ausstrahlungskosten in der geforderten Form, während der Erstantragsgegner von Nutzern seiner eigenen (marktdominanten) Plattform keine entsprechende Kostenbeteiligung verlange, jedenfalls unsachlich. Darüber hinaus widerspreche das geforderte Entgelt der gängigen Marktlogik: Den Ausstrahlungskosten des Erstantragsgegners stünden Werbeeinnahmen gegenüber, die selbstverständlich ihm zukämen und an denen die Antragstellerin nicht beteiligt werde, obwohl mit der Umsetzung des Simulcrypt die ORF‑Programme einem weiteren Zuschauerkreis eröffnet würden, nämlich den Nutzern der Plattform der Antragstellerin. Außerdem sei die Verbreitung der Programme via Satellit Teil des gesetzlich vorgeschriebenen Auftrags des Erstantragsgegners, für dessen Erfüllung er Rundfunkgebühren erhalte.

Das Verhalten der Antragsgegner sei zudem eine missbräuchliche Diskriminierung iSd § 5 Abs 1 Z 3 KartG bzw Art  102 Abs 2 lit c AEUV. Anders als von der Antragstellerin forderten die Antragsgegner von Kabelnetzbetreibern und IP‑TV‑Anbietern kein Entgelt für die Zugänglichmachung ihrer HD‑Programme. Dieses Verhalten sei geeignet, sich auf die Interessen der Antragstellerin auszuwirken, weil der Betrieb einer eigenen Satelliten-Plattform durch sie gänzlich unattraktiv werde und sich überdies das Verhalten der Antragsgegner maßgeblich auf ihre Kosten und Gewinne in Österreich und damit auch auf ihre Investitionsanreize auswirke.

Außerdem sei der Abbruch laufender und die Verweigerung weiterer Geschäftsbeziehungen missbräuchlich iSd § 5 KartG und Art 102 AEUV, wenn der Abbruch oder die Geschäftsverweigerung seitens des marktbeherrschenden Unternehmens nicht durch objektive Gründe gerechtfertigt sei; solche lägen hier nicht vor. Ohne Folgevereinbarung zwischen den Streitteilen könnten Kunden der Antragstellerin die ORF‑Fernsehprogramme ab April 2019 nicht mehr entschlüsselt empfangen, obwohl sie weiterhin GIS-Gebühren zahlen. Die Antragstellerin sei daher auf eine Vereinbarung mit den Antragsgegnern angewiesen.

Die Hauptanträge würden trotz des Vergleichsabschlusses im Provisorialverfahren aufrecht erhalten, weil der Erstantragsgegner in der Zusatzvereinbarung zur Simulcrypt-Vereinbarung weiterhin ein Entgelt von 6 EUR pro Nutzer und Jahr fordere und berechtigt sei, dieses Entgelt auch rückwirkend für die Zeit ab 1. April 2019 geltend zu machen. Da sich die Antragstellerin folglich in Zukunft erheblichen rückwirkenden Zahlungsforderungen ausgesetzt sehen könnte, habe sie weiterhin ein rechtliches und wirtschaftliches Interesse iSd § 36 Abs 4 Z 4 KartG an der begehrten Entscheidung. Die Zuwiderhandlung dauere noch an, weil die Antragsgegner das überhöhte Entgelt rückwirkend seit 1. April 2019 verlangen könnten.

Für den Fall der Abweisung des Hauptantrags habe die Antragstellerin ein berechtigtes Interesse an der hilfsweise begehrten Feststellung, weil die Gefahr bestehe, dass die Antragsgegner in Zukunft ihr wettbewerbswidriges Verhalten wiederholen und Kündigungsrechte erneut nutzen könnten, um unangemessen hohe Forderungen zu stellen. Damit liege ein besonderes Bedürfnis an der Klärung der Rechtslage vor. Die Antragsgegner hätten im Vergleich auf die Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechts bis zum Abschluss des Kartellverfahrens verzichtet. Sobald dieses beendet sei, würden sie ihr Kündigungsrecht potenziell wahrnehmen.

Das Feststellungsinteresse ergebe sich auch daraus, dass es seit 1. April 2019 zu Nachforderungen der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin kommen könnte. Wäre gerichtlich festgestellt, dass bereits die Forderung eines solchen Entgelts missbräuchlich sei, müsste es die Antragstellerin nicht leisten.

Die Antragsgegner wendeten insbesondere ein, der Erstantragsgegner habe die Verbreitung seiner Fernsehprogramme über Satellit erst mit der Einführung der digitalen Sendetechnik im Jahr 2000 aufgenommen. Damals sei die Antragstellerin noch nicht auf dem Markt gewesen und es habe in Österreich eine einheitliche Plattform zur Entschlüsselung aller kodiert ausgestrahlten Sender gegeben. Erst seit 2003 gebe es mehrere Plattformen zur Entschlüsselung von digitalen SAT‑Programmsignalen. Das Auseinanderfallen der Entschlüsselungstechnologie hätte damals dazu geführt, dass rund 150.000 Konsumenten, die sowohl P***** (jetzt: S*****) als auch die Programme des Erstantragsgegners über ihren SAT‑Receiver empfangen hätten, ein neues Endgerät benötigt hätten. Um das zu vermeiden, sei die erste Simulcrypt‑Vereinbarung zwischen dem Erstantragsgegner und S*****/P***** abgeschlossen worden. Aufgrund der damaligen besonderen Umstände habe der Erstantragsgegner von S*****/P***** kein Entgelt für das Recht verlangt, die ORF‑Signale über ihre eigene Plattform zu entschlüsseln. In den Jahren danach sei implizit davon ausgegangen worden, dass die vom Erstantragsgegner und S***** erbrachten Leistungen – die Vertriebsleistung von S***** zur Verbreitung der ORF‑Programme samt der dort ausgestrahlten Werbung auf der eigenen Seite, und die Bereitstellung des Programmsignals durch den Erstantragsgegner, wodurch S***** die Vereinnahmung zusätzlicher Abo-Erlöse ermöglicht worden sei, auf der anderen Seite – im Wesentlichen gleichwertig seien, sodass sich eine wechselseitige Verrechnung erübrige. Die dahinterstehenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich aber in den letzten Jahren signifikant geändert. Nach Auslaufen der derzeit bestehenden Simulcrypt-Vereinbarung zwischen S***** und dem Erstantragsgegner mit 31. März 2019 werde der Erstantragsgegner von S***** für das Recht zur Entschlüsselung des ORF‑Programmsignals pro freigeschaltetem Endkunden ein Entgelt in gleicher Höhe verlangen wie von der Antragstellerin. In den dem Abschluss der Simulcrypt-Vereinbarung 2015 vorangehenden Verhandlungen habe die Antragstellerin mit großer Vehemenz Gleichbehandlung mit S***** gefordert. Vor diesem Hintergrund sei ihr zugestanden worden, für eine gewisse Zeit ebenfalls kein Entgelt für das Recht zur Entschlüsselung der ORF‑Signale bezahlen zu müssen. Während des gesamten Verhandlungsprozesses habe sich der Erstantragsgegner aber vorbehalten, mit Auslaufen des S*****‑Vertrags auch die Entgelte gegenüber der Antragstellerin neu zu regeln. Das sei ausführlich diskutiert worden und der tragende Grund für das Sonderkündigungsrecht des Erstantragsgegners gewesen.

Die Antragsgegner seien ohnehin zur Fortsetzung der Simulcrypt-Vereinbarung zu angemessenen Bedingungen bereit, sodass keine Geschäftsverweigerung vorliege. Auch ein marktbeherrschendes Unternehmen könne autonom darüber entscheiden, mit wem und auf welcher Grundlage es kontrahieren wolle, welche Vertriebswege gewählt und welche Preise für die eigenen Produkte bzw Dienstleistungen berechnet würden. Der Umstand, dass für die Nutzung eines bestimmten Vertriebswegs in der Vergangenheit kein Entgelt verrechnet worden sei, verschaffe den Marktteilnehmern keinen Anspruch darauf, dass dies auch weiterhin der Fall sei.

Auch die behauptete Diskriminierung der Antragstellerin liege nicht vor, weil Kabelnetzbetreiber und IP-TV-Anbieter kein Recht auf Entschlüsselung in Anspruch nähmen, sondern – anders als eine SAT‑Plattform – das unverschlüsselte Signal erhielten.

Die Forderung nach einem Entgelt von 6 EUR pro freigeschaltetem Kunden verstoße auch nicht gegen § 5 Abs 1 Z 1 KartG. Die Antragstellerin zahle auch an andere Free‑TV‑Veranstalter Lizenzgebühren für das Entschlüsselungsrecht, die mit dem vom Erstantragsgegner geforderten Betrag durchaus vergleichbar seien.

Die Antragsgegner hätten vor, sich an den geschlossenen Vergleich zu halten. Sie würden zunächst das Verfahren vor der KommAustria abwarten. Sofern das Ergebnis dieses Verfahrens das zulasse, würden sie der Antragstellerin ein Entgelt von 6 EUR pro Nutzer und Jahr in Rechnung stellen, zumal sie davon ausgingen, dass es sich dabei um das angemessene Entgelt handle; die entsprechende Kalkulation sei der Antragstellerin bekannt.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht sowohl den Haupt- als auch den Eventualantrag ab. Gemäß § 5 KartG sei der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verboten. Missbräuchlich seien all jene Verhaltensweisen, die die Struktur eines Marktes beeinflussen könnten, somit Behinderungs- und Ausbeutungsmissbrauch. Nach Art 102 AEUV sei die missbräuchliche Ausnützung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen verboten, soweit dadurch der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden könne. Eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten liege bereits dann vor, wenn eine wettbewerbsbeschränkende Maßnahme unter Berücksichtigung der Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten lasse, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder der Möglichkeit nach den Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflusse, die der Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteilig sein könnte. Es komme daher nicht darauf an, ob der zwischenstaatliche Handel tatsächlich beeinträchtigt werde. Der in Rede stehende Sachverhalt wirke sich iSd § 24 Abs 2 KartG auf den inländischen Markt aus, und die Zwischenstaatlichkeit sei zu bejahen. Daher sei sowohl europäisches als auch nationales Wettbewerbsrecht anzuwenden.

Die Missbrauchsaufsicht des § 5 KartG und des Art 102 AEUV setzten eine marktbeherrschende Stellung und deren Missbrauch voraus. Komme einem Unternehmen keine marktbeherrschende Stellung zu, scheide ein Missbrauch per se aus. Für die Missbrauchsaufsicht sei daher die Frage der Marktabgrenzung von wesentlicher Bedeutung. Der sachlich relevante Markt sei hier jener der Betreiber von Satelliten-Plattformen, die Lösungen zur Entschlüsselung der Satelliten-Signale anbieten. Der geografisch relevante Markt sei mit dem österreichischen Bundesgebiet abzugrenzen. Nach den Feststellungen komme den Antragsgegnern auf dem sachlich relevanten Markt mit einem Marktanteil von rund 90 % marktbeherrschende Stellung zu.

Die Erlangung und Behauptung einer marktbeherrschenden Stellung sei für sich allein keine von § 5 KartG (bzw Art 102 AEUV) verpönte Verhaltensweise. Hingegen sei die Liefer- bzw Abschlussverweigerung, also der Abbruch oder die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen mit Handelspartnern, als Missbrauch iSd Generalklausel des Art 102 AEUV und des § 5 Abs 1 KartG verboten. Ein solches Verhalten sei missbräuchlich, weil den aktuellen oder potenziellen Vertragspartnern des marktbeherrschenden Unternehmens aufgrund der marktbeherrschenden Position auf dem sachlich relevanten Produktmarkt keine oder nur geringe Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stünden und daher eine Leistungsbeschränkung oder -verweigerung das betreffende Unternehmen im Wettbewerb massiv beeinträchtigen könne. Nur dann, wenn es eine ausreichende sachliche Rechtfertigung für das Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmens gebe, könne der Abbruch bestehender oder die Verweigerung der Aufnahme neuer Geschäftsbeziehungen nicht als Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung angesehen werden. Da beim Abbruch bestehender Geschäftsbeziehungen aktiv in das funktionierende Marktgeschehen eingegriffen werde, seien dabei strengere Maßstäbe anzulegen als bei der Verweigerung der Aufnahme neuer Geschäftsbeziehungen. Der Abbruch laufender Geschäftsbeziehungen sei nur in Ausnahmefällen, insbesondere aus zwingenden wirtschaftlichen oder technischen Gründen gerechtfertigt. Dazu gehörten etwa die finanzielle Unzuverlässigkeit des Handelspartners, die mangelnde Qualität seiner Produkte, Zahlungsunfähigkeit, [gemeint: schlechte] Zahlungsmoral, Haftungsverhältnisse, schwerwiegende Verletzungen vertraglicher Verpflichtungen oder geschäftsschädigendes Verhalten, verbunden mit der Zerstörung der Vertrauensbasis. Der Abbruch der laufenden Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien als Folge der Ausübung des Sonderkündigungsrechts der Antragsgegner hätte für die Antragstellerin bedeutet, dass für sie ab 1. April 2019 eine Entschlüsselung des ORF‑Programms für ihre Kunden nicht mehr möglich gewesen wäre. Dies hätte für die Antragstellerin fatale Konsequenzen gehabt, weil sie wohl einen Großteil ihrer Kunden verloren hätte. Diese Problematik sei den Antragsgegnern durchaus bewusst gewesen. Sie seien vom Angebot der Simulcrypt-Vereinbarung, die eine Erhöhung des Preises um das über Neunfache beinhaltet habe, bereits vor dem 1. April 2019 abgegangen, indem sie einen angemessenen Preis iSd § 354 UGB gefordert hätten. Während es zuvor hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeit noch keinen Konsens zwischen den Parteien gegeben habe, hätten sie sich in dem am 27. März 2019 geschlossenen Vergleich in sämtlichen Punkten einschließlich der Kündigungsmöglichkeit geeinigt. Aufgrund des endgültigen Bindungswillens der Parteien sei § 354 UGB anwendbar. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass nach der subjektiven Vorstellung der Antragsgegner der Preis von 6 EUR pro Nutzer und Jahr angemessen sei, während dies nach Auffassung der Antragstellerin keineswegs der Fall sei. Mit dem Vergleichsabschluss hätten die Parteien die Festlegung des angemessenen Preises in die Hände eines Dritten gelegt, sodass der angemessene Preis Inhalt der zwischen ihnen geschlossenen Simulcrypt-Vereinbarung sei. Es liege an ihnen, das entsprechende Verfahren zur Bestimmung des angemessenen Preises beim Handelsgericht Wien, dessen Zuständigkeit sie im Vergleich vereinbart hätten, einzuleiten. Die Vereinbarung eines angemessenen Preises könne per se keine Forderung nach unangemessen hohen Preisen iSd § 5 Abs 1 Z 1 KartG sein.

Die von der Antragstellerin ins Treffen geführte Diskriminierung iSd § 5 Abs 1 Z 3 KartG baue argumentativ ebenfalls auf dem Simulcrypt-Entgelt von 6 EUR je Endgerät auf, das die Antragsgegner ursprünglich gefordert hätten. Mit der Vereinbarung eines angemessenen Entgelts sei der Behauptung einer Diskriminierung jedoch der Boden entzogen. Auch ein Abbruch der Geschäftsbeziehung zur Antragstellerin iSd § 5 Abs 1 KartG bzw Art 102 Satz 1 AEUV sei mit Abschluss des Vergleichs jedenfalls nicht gegeben.

Punkt I.a) des Abstellungsantrags sei schon deshalb nicht berechtigt, weil die Antragstellerin gar nicht behaupte, dass die Antragsgegner derzeit das Verschlüsselungssignal der Antragstellerin nicht mit dem ORF‑Bild‑/Tonsignal übertragen und die dafür erforderlichen technischen Dienstleistungen im Sinn der Simulcrypt-Vereinbarung Beilage ./G Anhang A erbringen. Eine Festsetzung des angemessenen Entgelts iSd § 354 UGB habe entgegen Punkt I.b) des Abstellungsantrags nicht durch das Kartellgericht zu erfolgen, sondern nach den Bestimmungen des Zivilrechts durch das zuständige Handelsgericht Wien.

Die Feststellung eines bereits beendeten Kartellrechtsverstoßes nach § 28 Abs 1 KartG setze ein berechtigtes Interesse des Antragstellers voraus. Dieses berechtigte Interesse decke alle Bereiche ab, die auch vom rechtlichen Interesse iSd § 228 ZPO erfasst würden. Die Antragstellerin habe ihr rechtliches Interesse am Feststellungsantrag mit der Gefahr begründet, dass die Antragsgegner in Zukunft ihr wettbewerbswidriges Verhalten wiederholen und ihr Kündigungsrecht erneut nutzen könnten, um unangemessen hohe Forderungen zu stellen. Sollten die Antragsgegner ihr Kündigungsrecht nach dem 30. September 2020 (laut Punkt 7.4.1. der Simulcrypt-Vereinbarung 2019) oder nach dem Abschluss des Kartellverfahrens ausüben, werde unter Berücksichtigung der hiefür ins Treffen geführten Gründe zu beurteilen sein, ob damit ein kartellrechtlich relevanter Abbruch der Geschäftsbeziehungen durch ein marktbeherrschendes Unternehmen verbunden sei. Die Ausübung des zwischen den Parteien in der Vergangenheit bis zum 30. März 2019 vereinbarten Sonderkündigungsrechts könne mangels Präjudizialität für die Beurteilung der Frage einer in Zukunft allenfalls stattfindenden Kündigung kein rechtliches Interesse der Antragstellerin an der begehrten Feststellung begründen.

Die Antragstellerin habe ihr rechtliches Interesse überdies damit begründet, dass es zu Nachforderungen der Antragsgegner ihr gegenüber seit 1. April 2019 kommen könnte, die sie nicht erfüllen müssen, wenn gerichtlich festgestellt wäre, dass bereits die Forderung eines solchen Entgelts missbräuchlich sei. Dabei übersehe sie jedoch, dass die Antragsgegner laut Vergleich vom 27. März 2019 nur ein angemessenes Entgelt iSd § 354 UGB ab 1. April 2019 fordern könnten. Die Forderung eines angemessenen Entgelts könne kein Missbrauch iSd § 5 Abs 1 Z 1 KartG und Art 102 lit a AEUV sein. Daher bestehe auch insoweit kein rechtliches Interesse der Antragstellerin an der begehrten Feststellung.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Rekurse der Antragstellerin und der Bundeswettbewerbsbehörde jeweils mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Kartellrechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Antragsgegner beantragen in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekursen nicht Folge zu geben.

Die Rekurse sind nicht berechtigt.

Aus systematischen Gründen werden die Rekurse im Folgenden gemeinsam behandelt.

1. Zur Beweisrüge der Antragstellerin:

1.1. Die Antragstellerin wendet sich gegen die „Feststellung“, wonach die Antragsgegner vom Angebot der Simulcrypt-Vereinbarung 2019, die eine Erhöhung des Preises um das über Neunfache beinhaltet und auf die die Antragstellerin ihren Abstellungsantrag gestützt habe, bereits vor dem 1. April 2019 abgegangen sei und einen angemessenen Preis iSd § 354 UGB gefordert habe, und begehrt stattdessen die Feststellung, dass die Antragsgegner nach wie vor ein Entgelt von 6 EUR pro Nutzer und Jahr begehren. Bei der zitierten Passage handelt es sich jedoch nicht um eine Tatsachenfeststellung, sondern vielmehr um einen Teil der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts. Darauf wird bei Behandlung der Rechtsrüge einzugehen sein.

1.2. Gleiches gilt für die weiters bekämpfte „Feststellung“, wonach es an den Parteien liege, ein Verfahren zur Bestimmung des angemessenen Preises beim Handelsgericht Wien einzuleiten, dessen Zuständigkeit sie im Vergleich vereinbart hätten.

2. Zum Abstellungsantrag:

2.1. Beide Rekurswerber machen geltend, missbräuchlich iSd § 5 Abs 1 Z 1 KartG sei nicht erst die Durchsetzung unangemessener Preise, sondern bereits deren Einforderung. Eine solche liege hier vor, weil die Antragsgegner nach wie vor der Auffassung seien, dass ein Entgelt von 6 EUR pro Nutzer und Jahr angemessen sei.

2.1.1. Als missbräuchlich iSd § 5 KartG werden sämtliche Verhaltensweisen eines Unternehmers in beherrschender Stellung bezeichnet, die die Struktur eines Marktes beeinflussen können, auf dem der Wettbewerb gerade wegen der Anwesenheit des fraglichen Unternehmers bereits geschwächt ist, und die die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Wettbewerbs oder dessen Entwicklung durch die Verwendung von Mitteln behindern, die von den Mitteln eines normalen Produktwettbewerbs oder Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistungen der Marktbürger abweichen (RS0063530).

2.1.2. Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung iSd § 5 Abs 1 Z 1 KartG kann insbesondere in der Forderung nach Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder nach sonstigen Geschäftsbedingungen bestehen, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden (Preis- und Konditionenmissbrauch). Angebotsseitig besteht dieser Missbrauchstatbestand in besonders hohen Preisen oder der Forderung nach unvorteilhaften Verkaufsbedingungen (Vartian/Schuhmacher in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 5 Rz 27). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu § 19 Abs 4 GWG – der Vorbildnorm für § 5 Abs 1 Z 1 Halbsatz 1 KartG – begründet die Überschreitung des wettbewerbsanalogen Preises für sich genommen noch nicht die Annahme eines missbräuchlichen Preises; ein solcher ist nur gegeben, wenn eine erhebliche Überschreitung vorliegt, enthält doch der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ein Unwerturteil (16 Ok 13/13 mwN).

2.1.3. Das durch § 5 Abs 1 Z 1 KartG untersagte (bloße) „Fordern“ missbräuchlicher Preise oder Geschäftsbedingungen kann im Rahmen von Vertragsverhandlungen erfolgen, aber auch im Festhalten an einem bestehenden Vertrag, also in der Verweigerung einer Preissenkung oder Vertragsanpassung liegen (16 Ok 13/13 mwN = RS0129668).

2.1.4. In seiner Entscheidung vom 23. 1. 2019, KVR 3/17, Edeka, führte der BGH aus, dass es in diesem Zusammenhang nicht darauf ankomme, ob der Normadressat (also das marktbeherrschende Unternehmen) sofort oder aber erst nach mehr oder weniger langwierigen Verhandlungen im Ergebnis sachlich nicht gerechtfertigte Vorteile tatsächlich vereinbaren könne; Zweck des Verbots des Forderns missbräuchlicher Preise oder Geschäftsbedingungen sei es nämlich, marktbeherrschende Unternehmen schon im Vorfeld einer Vereinbarung an der Forderung sachlich nicht gerechtfertigter Vorteile zu hindern. Ein Verstoß liege daher schon dann vor, wenn das Unternehmen seine Forderung nicht als nicht verhandelbar darstelle, sondern selbst als Ausgangspunkt für weitere Verhandlungen verstanden habe.

2.1.5. Die Rekurswerber verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass die Antragsgegner nach ihrem eigenen Vorbringen weiterhin auf dem Standpunkt stehen, dass der von ihnen zunächst verlangte Preis von 6 EUR pro Nutzer und Jahr angemessen sei, und dass sie – bei entsprechendem Ausgang des anhängigen Verfahrens vor der KommAustria – vorhaben, diesen Preis von der Antragstellerin zu verlangen.

2.1.6. Allerdings ist der vorliegende Fall, wie bereits das Erstgericht richtig erkannt hat, von der Besonderheit gekennzeichnet, dass die Antragsgegner der Antragstellerin aufgrund des im Provisorialverfahren abgeschlossenen Vergleichs einerseits den Zugang zu den von ihr benötigten Leistungen nach der (Änderungs‑)Kündigung der vorherigen Vereinbarung nahtlos weiter gewährt haben, und die Parteien andererseits – mangels Einigkeit über die dafür zu erbringende Gegenleistung und infolge ausdrücklichen Ausschlusses der Unentgeltlichkeit – iSd § 354 Abs 1 UGB vereinbart haben, dass die Antragstellerin für die Leistungen der Antragsgegner ein – der Höhe nach noch nicht bekanntes, erst in einem künftigen Verfahren zu klärendes – angemessenes Entgelt zu leisten hat (sofern sich dieses nicht, wie es dem Standpunkt der Antragstellerin entspricht, auf Null belaufen sollte).

2.1.7. Damit unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt aber grundlegend von jenem, der der in Punkt 2.1.4. zitierten Entscheidung des BGH zugrunde lag: Dort forderte das marktbeherrschende Unternehmen von seinen Geschäftspartnern (Lieferanten) – offensichtlich bewusst – unangemessene Konditionen („Hochzeitsrabatt“). Hingegen ist es auch einem marktbeherrschenden Unternehmen durch § 5 Abs 1 Z 1 KartG bzw Art 102 AEUV nicht verboten, einen bestimmten Preis für angemessen zu erachten und diesen Standpunkt gegebenenfalls auch in einem gerichtlichen (oder behördlichen) Verfahren zu vertreten.

2.1.8. Daraus folgt, dass unabhängig davon, ob das von den Antragsgegnern im Rahmen der Vertragsverhandlungen im Gefolge der Kündigung der Simulcrypt-Vereinbarung 2015 geforderte Entgelt von 6 EUR pro Nutzer und Jahr unangemessen hoch ist oder nicht, jedenfalls seit Abschluss dieses Vergleichs kein aktueller Wettbewerbsverstoß der Antragsgegner (mehr) vorliegt. Entgegen der Auffassung der Bundeswettbewerbsbehörde ist nämlich der marktmachtbedingte Druck auf die Verhandlungsposition der Antragstellerin durch den Vergleich weggefallen, weil sie den für den Fortbestand ihres Unternehmens unabdingbaren Zugang zu den Leistungen der Antragsgegner durch Abschluss der Simulcrypt-Vereinbarung 2019 bereits erlangt hat, weshalb es in einem künftigen (Gerichts‑)Verfahren nur noch um die Höhe des von ihr zu leistenden Entgelts geht. Nach ständiger Rechtsprechung kann aber nur ein aktuelles, im Zeitpunkt der Entscheidung (erster Instanz) noch andauerndes kartellrechtswidriges Verhalten Gegenstand eines Abstellungsauftrags gemäß § 26 KartG sein (RS0116044 [T3]).

2.2. Die Antragstellerin behauptet weiters einen Begründungsmangel, weil dem angefochtenen Beschluss nicht mit Sicherheit zu entnehmen sei, ob der Verweis auf die ausschließliche Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien für die Entscheidung über das angemessene Entgelt einen eigenständigen Abweisungsgrund bilde oder nur die Ausführungen zur Auslegung von § 5 Abs 1 Z 1 KartG stützen solle. Jedenfalls aber wäre eine Abweisung der Anträge der Antragstellerin aufgrund der Gerichtsstandsvereinbarung rechtsfehlerhaft, weil die Antragsbefugnis gemäß § 36 Abs 4 Z 4 KartG durch vertragliche Gerichtsstandsklauseln nicht beseitigt werden könne.

2.2.1. Ein qualifizierter Begründungsmangel iSd § 57 Z 1 AußStrG liegt nur dann vor, wenn die Fassung des Beschlusses so mangelhaft ist, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, der Beschluss mit sich selbst in Widerspruch steht oder keine Begründung enthält und diesen Mängeln durch eine Berichtigung des Beschlusses nicht abgeholfen werden kann. § 57 Z 1 AußStrG entspricht also im Wesentlichen dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO, weshalb die in Lehre und Rechtsprechung zu dieser Bestimmung entwickelten Kriterien herangezogen werden können (G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG2 § 57 Rz 14 mwN; RS0121710 [T4]). Ein qualifizierter Begründungsmangel liegt daher nur dann vor, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt (RS0007484). Davon kann hier keine Rede sein.

2.2.2. Ob die Gerichtsstandsvereinbarung laut der (einen Bestandteil des Vergleichs bildenden) Zusatzvereinbarung zur Simulcrypt-Vereinbarung 2019 tatsächlich so auszulegen ist, dass dem Kartellgericht die Ermittlung des angemessenen Entgelts (als Vorfrage im Verfahren über den Abstellungs- oder auch Feststellungsantrag) verwehrt wäre, muss hier nicht beantwortet werden, weil mangels aktuellen Verstoßes gegen das Kartellrecht der Abstellungsantrag jedenfalls abzuweisen ist und, wie noch darzulegen sein wird, auch der Feststellungsantrag von vornherein unberechtigt ist.

2.3. Auf die übrigen in erster Instanz geltend gemachten Rechtsgründe (Diskriminierung; Abbruch bzw Verweigerung von Geschäftsbeziehungen) kommen die Rekurswerber in zweiter Instanz nicht mehr zurück, sodass sich ein Eingehen darauf erübrigt.

3. Zum Feststellungsbegehren:

3.1. Wenn die Zuwiderhandlung gegen ein im ersten Hauptstück des KartG enthaltenes Verbot bereits beendet ist, hat das Kartellgericht gemäß § 28 Abs 1 KartG die Zuwiderhandlung festzustellen, soweit daran ein berechtigtes Interesse besteht.

3.2. Die Antragstellerin hat ihr Feststellungsinteresse in erster Linie damit begründet, dass die Gefahr bestehe, dass die Antragsgegner in Zukunft ihr wettbewerbswidriges Verhalten wiederholen und Kündigungsrechte erneut nutzen könnten, um unangemessen hohe Forderungen zu stellen, zumal sie im Vergleich nur bis zum Abschluss des Kartellverfahrens auf die Ausübung ihres ordentlichen Kündigungsrechts verzichtet hätten.

3.2.1. Das berechtigte Interesse iSd § 28 Abs 1 KartG unterscheidet sich vom (bereits Voraussetzung für die Antragslegitimation eines Unternehmens bildenden) Vorliegen eines rechtlichen oder wirtschaftlichen Interesses an der Entscheidung iSd § 36 Abs 4 Z 4 KartG (16 Ok 8/08, 16 Ok 13/08). Es ist – abgesehen von den (hier schon mangels entsprechenden Vorbringens nicht in Betracht kommenden) Fällen des § 28 Abs 1a leg cit – insbesondere dann zu bejahen, wenn die ernste Gefahr einer Wiederaufnahme der wettbewerbswidrigen Praxis besteht und deshalb eine Klarstellung der Rechtslage geboten erscheint (16 Ok 13/08 SZ 2009/5 = RS0124467). Die Bejahung eines berechtigten Interesses aufgrund von Wiederholungsgefahr setzt ein ausreichendes Tatsachenvorbringen voraus, aus dem auf das Bestehen einer konkreten Gefahr einer Wiederaufnahme einer bereits beendeten Zuwiderhandlung gegen das Kartellrecht geschlossen werden könnte (16 Ok 8/08).

3.2.2. Wenngleich an das Erfordernis des berechtigten Interesses kein allzu strenger Maßstab zu legen ist (Vartian/Schuhmacher in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 28 Rz 24), kann die bloße (abstrakt bestehende) Möglichkeit, dass die Antragsgegner trotz der im Vergleichsweg getroffenen Vereinbarung, für ihre Leistungen (nur) ein angemessenes Entgelt zu fordern, die Simulcrypt-Vereinbarung kündigen könnten, um von der Antragstellerin ein höheres (somit unangemessen hohes) Entgelt zu verlangen, ohne Hinzutreten weiterer (hier weder behaupteter noch nach der Aktenlage evidenter) Umstände nicht mit der ernsten (also: konkreten) Gefahr einer Wiederaufnahme der (allenfalls) wettbewerbswidrigen Praxis gleichgesetzt werden. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass eine Kündigung durch die Antragsgegner bereits mit Ablauf des 30. September 2020 (oder auch schon mit rechtskräftiger Beendigung des Kartellverfahrens) möglich wäre.

3.2.3. Aus den von der Antragstellerin ins Treffen geführten Ausführungen der Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen vom 28. 2. 2011, Rs C‑681/11 Schenker (Rn 114), wonach vor dem Hintergrund des Effektivitätsgebots, das im Ziel einer wirksamen Durchsetzung des Unionskartellrechts seinen Ausdruck finde, in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer Zuwiderhandlung bestehen werde, ist für die Antragstellerin schon deshalb nichts zu gewinnen, weil es dort um die Frage der Feststellungsbefugnis nationaler Wettbewerbsbehörden gegenüber Kronzeugen ging.

3.2.4. Auch die Entscheidung des EuGH vom 2. 3. 1983, Rs 7/82 GVL/Kommission, ist hier nicht einschlägig: Dort wurde das Bedürfnis nach einer Feststellung zwecks Klarstellung der Rechtslage damit begründet, dass das betreffende Unternehmen zwar eine Änderung seiner inkriminierten (Muster‑)Vertragsbestimmungen vorgenommen, im Verfahren aber betont hatte, gemeinschaftsrechtlich nicht zur Einführung dieser Änderungen verpflichtet zu sein, weshalb es ihm völlig freistehe, zu seiner früheren Praxis zurückzukehren; ausgehend davon bejahte der EuGH die Gefahr einer Wiederaufnahme der inkriminierten Praxis. Im vorliegenden Fall haben die Antragsgegner demgegenüber nicht etwa zum Ausdruck gebracht, dass es ihnen freistehe, die im Vergleichsweg abgeschlossene Simulcrypt-Vereinbarung 2019 künftig zu kündigen, um ihre Entgeltforderung in den daran anschließenden Vertragsverhandlungen mit der Antragstellerin doch noch (ohne ein Gerichtsverfahren) durchzusetzen, sondern lediglich betont, dass das von ihnen gewünschte Entgelt – dessen Berechtigung (dem Grunde und der Höhe nach) der Klärung in einem künftigen Verfahren vorbehalten wurde – ihres Erachtens ohnehin angemessen sei.

3.2.5. Bereits das Erstgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass in einer von den Rekurswerbern befürchteten baldigen Kündigung der Simulcrypt-Vereinbarung 2019 durch die Antragsgegner – abhängig von deren Hintergrund – allenfalls ein kartellrechtlich relevanter Abbruch der Geschäftsbeziehungen durch ein marktbeherrschendes Unternehmen zu erblicken sein könnte.

3.3. Die Antragstellerin begründete ihr Feststellungsinteresse auch damit, dass es zu Nachforderungen der Antragsgegner rückwirkend ab 1. April 2019 kommen könnte, denen sie, sofern die Missbräuchlichkeit der Forderung eines solchen Entgelts festgestellt sei, nicht nachkommen müsste. Der Beurteilung des Erstgerichts, wonach die – nach dem Vergleich allein zulässige – Forderung eines angemessenen Entgelts von vornherein nicht missbräuchlich sein könne, hält sie nur entgegen, dass die Antragsgegner auch nach Abschluss des Vergleichs nicht von der Forderung unangemessener Preise abgegangen seien. Dass dies nicht zutrifft, wurde bereits ausgeführt.

4. Das Erstgericht hat daher zu Recht sämtliche Anträge abgewiesen, sodass die Rekurse erfolglos bleiben müssen.

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