European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0080OB00128.19K.0227.000
Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung des Hauptbegehrens bestätigt werden, werden hinsichtlich des Eventualbegehrens dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:
„Es wird zwischen den Parteien mit Wirkung dieses Urteils festgestellt, dass der Beschluss des Senates 1 der beklagten Partei vom 12. 12. 2016 nichtig ist.“
Die Kostenaussprüche der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die Fällung einer neuen Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz aufgetragen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.234,70 EUR (darin 372,45 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist professioneller Fußballspieler. Er spielte zuletzt bis 14. 11. 2013 beim SV *****. Er war nicht Mitglied dieses Vereins oder eines anderen Bundesligavereins, ebenso wenig Mitglied der Beklagten.
Die Beklagte ist ein eingetragener Verein im Sinn des Vereinsgesetzes 2002. Zweck und Aufgabe der Beklagten ist auch die Durchführung von Fußballwettbewerben insbesondere in den beiden höchsten österreichischen Spielklassen. Die einzelnen Fußballvereine sind ihrerseits Mitglieder der Beklagten bzw der neun Fußball-Landesverbände. Der Verein SV ***** ist Mitglied der Beklagten.
Der Österreichische Fußball-Bund (ÖFB) ist die Vereinigung der neun Fußball-Landesverbände und der Beklagten.
Im letzten Spielervertrag des Klägers mit dem SV ***** ist unter Punkt I. „Vertragsgrundlagen“ festgehalten:
„4. Weiters wird die Geltung der Satzung und der Durchführungsbestimmungen der Österreichischen Fußball‑Bundesliga, die Satzungen und besonderen Bestimmungen des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB), die Vorschriften des Regulativs und der Straf- bzw Kontrollausschüsse für die dem ÖFB angehörigen Vereine und Spieler in der jeweilig gültigen Fassung vereinbart.“
Im „Anmeldeschein-Formular für den Vereinswechsel“ vom 9. 7. 2012 anerkannte der Kläger die Statuten, Bestimmungen, Reglements, Richtlinien, Beschlüsse und Anordnungen der FIFA, der UEFA, des ÖFB und der Verbände sowie die vom International Football Association Board erlassenen Spielregeln.
Der Kläger wurde wegen Spielmanipulationen mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 3. 10. 2014 wegen des Verbrechens des teilweise versuchten gewerbsmäßigen schweren Betrugs, des Vergehens der Veruntreuung sowie des Vergehens der falschen Beweisaussage rechtskräftig zu einer teilweise bedingten Freiheitsstrafe verurteilt.
Mit Beschluss des Senates 1 der Beklagten vom 19. 2. 2014 war über den Kläger bereits vor der strafgerichtlichen Verurteilung eine Spiel- und Funktionssperre auf Lebenszeit verhängt worden.
Die vom Senat 1 verhängte Sperre wurde nach dem Strafurteil von dem vom Kläger angerufenen Protestkomitee der Beklagten mit Beschluss vom 26. 2. 2015 bestätigt. Im nachfolgenden Verfahren beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wurde mit Urteil vom 14. 3. 2016 zwischen den Streitteilen die Nichtigkeit der Vereinsbeschlüsse vom 19. 2. 2014 und 26. 2. 2015 festgestellt. Die beiderseitigen Berufungen gegen diese Entscheidung blieben erfolglos.
Mit danach gefasstem Beschluss des Senats 1 der Beklagten vom 12. 12. 2016 wurde über den Kläger erneut eine Spielsperre, diesmal für fünf Jahre, sowie eine Funktionssperre für zehn Jahre verhängt. Eine Befassung des Protestkomitees der Beklagten im Zusammenhang mit dieser Entscheidung unterblieb.
Der Senat 1 und das Protestkomitee sind gemäß § 22 der Satzungen der Beklagten Gremien der Beklagten. Der Senat 1 ist gemäß § 22 Abs 6 der Satzungen unter anderem für „verbandsinterne Untersuchung und Bestrafung aller Vergehen nach den einschlägigen Regelwerken des ÖFB und der ÖFBL“ zuständig. Gemäß § 22 Abs 10 der Satzungen steht dem Betroffenen gegen Entscheidungen der Senate das Recht des Protests an das Protestkomitee zu, „welches verbandsintern endgültig entscheidet“. Der Protest ist gemäß § 23 Abs 3 der Satzungen der Beklagten innerhalb von drei Tagen anzumelden.
Der Kläger begehrt mit seiner Klage zwischen den Parteien festzustellen, „dass der Beschluss des Senates 1 der beklagten Partei vom 12. 12. 2016 im Sinne des § 7 VereinsG aufgehoben“, in eventu, „dass der Beschluss des Senates 1 der beklagten Partei vom 12. 12. 2016 nichtig“ ist. Der Kläger brachte mehrere Gründe für die Aufhebung bzw Nichtigkeit vor. Unter anderem bemängelte er, dass die Entscheidung des Senates 1 mit § 81 der von diesem anzuwendenden ÖFB‑Rechtspflegeordnung in Konflikt stehe. Danach sei Voraussetzung für die Eröffnung eines Verfahrens vor einem Strafausschuss eine schriftliche Anzeige, die den Namen des Spielers, den Sachverhalt, die Angabe der Beweismittel und die begehrte Entscheidung enthalten müsse. Zweck dessen sei die Eingrenzung und Konkretisierung des Entscheidungsgegenstands der Verbandsinstanzen. Im konkreten Fall sei in der dem Kläger übermittelten Anzeige von 17 Spielmanipulationen die Rede gewesen. Der Senat 1 habe eine „Anklageüberschreitung“ zu verantworten.
Zur Nichtanrufung des Protestkomitees gegen die Entscheidung des Senates 1 der Beklagten vom 12. 12. 2016 brachte der Kläger unter anderem vor, dass er in einem Verfahren vor dem Protestkomitee kein faires Verfahren zu erwarten gehabt hätte und § 8 VereinsG bei Verbandsstrafen gegen ein Nichtmitglied und sohin in diesem Fall nicht zur Anwendung komme. Angesichts eines ganzen Rechtsganges bis zum Oberlandesgericht und der Ausschöpfung des internen Verfahrenszuges seien im Übrigen mehr als sechs Monate verstrichen, seit dieses Verfahren von der Beklagten behandelt werde.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Sie bestritt das Vorbringen des Klägers und hielt diesem – soweit für das Verständnis dieser Entscheidung wesentlich – insbesondere entgegen, dass er kein Vereinsmitglied von ihr sei und deshalb die §§ 7 und 8 VereinsG hier unanwendbar seien. Insbesondere relevierte die Beklagte, dass der Kläger gegen die Entscheidung vom 12. 12. 2016 keinen Protest erhoben habe, der Gang zu den ordentlichen Gerichten aber erst zulässig sei, wenn der verbandsinterne Rechtszug ausgeschöpft sei. Die Klage sei bereits mangels Klagbarkeit von vornherein abzuweisen. Dem Vorwurf der „Anklageüberschreitung“ entgegnete die Beklagte, dass weder ihrer Satzung noch der anzuwendenden ÖFB‑Rechtspflegeordnung ein Ausschluss der Amtswegigkeit zu entnehmen sei oder dass der Senat 1 nur über Antrag tätig werden dürfe. Im Gegenteil laute die einschlägige Kompetenz „verbandsinterne Untersuchung und Bestrafung aller Vergehen nach den einschlägigen Regelwerken des ÖFB und der ÖFBL“ (§ 22 Abs 6 lit b der Satzungen). Dies werde auch durch § 62 ÖFB‑Rechtspflegeordnung bekräftigt, wonach in Disziplinarangelegenheiten die notwendigen Untersuchungen von Amts wegen unter der Leitung des Vorsitzenden durchgeführt werden.
Das Erstgericht wies die Klage mit der Form nach als Urteil ergangener Entscheidung vom 28. 9. 2018 ab. Es stellte im Wesentlichen den oben wiedergegebenen Sachverhalt fest, weiters den Wortlaut der Entscheidung des Senates 1 vom 12. 12. 2016, den wesentlichen Inhalts der strafgerichtlichen Verurteilung und jenen der wesentlichen Bestimmungen der ÖFB‑Rechtspflegeordnung und der Statuten der Beklagten. Rechtlich führte das Erstgericht aus, der Kläger habe gegen die Entscheidung des Senates 1 der Beklagten keinen Protest an das Protestkomitee erhoben. Damit habe er den vorgesehenen verbandsinternen Instanzenzug nicht ausgeschöpft. Die Nichtausschöpfung des verbandsinternen Instanzenzugs führe zwar nicht zur Unzulässigkeit des Rechtswegs, aber zur Abweisung des Klagebegehrens mangels Klagbarkeit.
Das Berufungsgericht wies die vom Kläger erhobene Berufung zurück. Der Oberste Gerichtshof behob über Rekurs des Klägers diesen Beschluss ersatzlos und trug dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund der Verspätung auf (8 Ob 56/19x).
Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Berufungsgericht der Berufung in der Hauptsache nicht Folge. Der Kläger sei weder Mitglied der Beklagten noch Mitglied eines ihrer Klubs, sodass für ihn keine gesetzliche Verpflichtung im Sinn des § 8 VereinsG zur Anrufung des Verbandsgerichts bestehe. Allerdings habe er sich vertraglich den in der Satzung der Beklagten und in den dazu gehörigen Durchführungsbestimmungen enthaltenen Regelungen unterworfen. Die entsprechenden Bestimmungen fänden daher im Verhältnis zwischen ihm und der Beklagten Anwendung.
Gemäß § 22 Abs 10 der Satzungen der Beklagten habe dem Kläger „das Recht“ zugestanden, das Protestkomitee der Beklagten anzurufen, um die gegen ihn ergangene vereinsinterne Senatsentscheidung zu bekämpfen. Diesem Recht entspreche begrifflich eine Verpflichtung zur Befassung des Protestkomitees, um den vereinsinternen Instanzenzug auszuschöpfen. Das alleinige Ablaufenlassen der Frist zur vereinsinternen Entscheidungsbekämpfung sei einer Ausschöpfung des vereinsinternen Instanzenzuges nicht gleichzusetzen, weil die in den Statuten vorgesehenen Regelungen zur anzustrebenden vereinsinternen Streitbeilegung sonst durch bloßes Abwarten des vorgesehenen Fristablaufs umgangen werden könnten und damit sinnlos wären, was dem zu beachtenden Interesse der Selbstverwaltung eines Vereins widerspräche.
Die in § 8 Abs 1 Satz 2 VereinsG vorgesehene 6‑Monats‑Frist solle sicherstellen, dass sich der verbandsintern vorgesehene Rechtsweg nicht infolge sittenwidriger Verzögerung als unzumutbar darstelle. Da der Kläger das Protestkomitee zum relevanten Beschluss überhaupt nicht befasst habe, könne er sich auf eine nicht hinzunehmende Verzögerung der vereinsinternen Rechtsverfolgung nicht berufen.
Richtig sei, dass die Anrufung einer vereinsinternen Schlichtungseinrichtung unzumutbar sein könne, wenn bei der Fassung von der Satzung entsprechenden Vereinsbeschlüssen grundlegende Verfahrensregeln missachtet worden seien oder der Beschlussinhalt gesetzwidrig oder sittenwidrig sei. Dies könne unter anderem bei einem Verstoß gegen die in § 8 Abs 2 VereinsG ausdrücklich hervorgehobenen verfahrensrechtlichen Grundprinzipien der Unbefangenheit der Schlichter und/oder der Gewährung des beiderseitigen Gehörs vorliegen. Ein Verstoß gegen diese Prinzipien ermögliche die sofortige Anrufung des ordentlichen Gerichts, da die Befassung der Schlichtungseinrichtung als unzumutbar erscheine, wenn das Verfahren gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens im Sinn des Art 6 EMRK verstoße. Eine gegen diese Grundsätze über die Besetzung der Schlichtungsstelle verstoßende Regelung in den Statuten sei auch gemäß § 879 Abs 1 ABGB nichtig, da bei der Satzung von einer verstärkten Grundrechtsbindung auszugehen sei. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers entsprächen die in der Satzung der Beklagten vorgesehenen Bestimmungen den verfahrensrechtlichen Grundprinzipien, die ein faires Verfahren garantieren sollen. Im Protestverfahren hätte der Kläger daher die Möglichkeit gehabt, seine Argumente gegen die Entscheidung des 1. Senates der Beklagten vorzubringen, und auch allfällige Befangenheiten der Mitglieder des Protestsenates geltend zu machen. Es gebe daher keinen Grund anzunehmen, dass die Befassung des Protestkomitees für ihn nicht zumutbar gewesen wäre.
Auch für ein Disziplinarverfahren eines Vereins, wie es hier vorliege, könne ein verbindlicher vereinsinterner Instanzenzug eingerichtet werden, für den die Grundsätze von Rechtsstaatlichkeit und Fairness, insbesondere der Grundsatz des Parteiengehörs gälten. In den Statuten für einen Regelverstoß vorgesehene Sanktionen seien als privatrechtliche (Disziplinar-)Maßnahme des Vereins gegen sein Mitglied und Ausdruck seiner „Strafgewalt“ in Disziplinarsachen einzuordnen. Dabei sei anerkannt, dass Disziplinarstrafen einer Grundlage in der Satzung bedürften und ihre Anwendung der gerichtlichen Kontrolle unterliege. Allerdings setze die Befassung der ordentlichen Gerichte auch im Fall der Bekämpfung einer Disziplinarstrafe die hier unterbliebene Ausschöpfung des vereinsinternen Instanzenzuges voraus.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nicht zu, da keine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, deren Bedeutung über den vorliegenden Einzelfall hinausgehe.
Gegen das Berufungsurteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit einem auf Klagsstattgebung gerichteten Abänderungs-, hilfsweise mit einem Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
In ihrer vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte die Zurückweisung des Rechtsmittels, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die außerordentliche Revision zulässig, weil sich die Rechtsansicht der Vorinstanzen als korrekturbedürftig erweist. Sie ist auch berechtigt.
Weil sich das Rechtsmittel bereits aufgrund der Rechtsrüge als berechtigt erweist, ist allein auf diese einzugehen.
I. Der Kläger vertritt in seiner Rechtsrüge unter anderem die Ansicht, er sei aufgrund der Rechtsnachteile durch die Zeitverzögerung berechtigt gewesen, die ordentlichen Gerichte sofort anzurufen. Gegenständlich sei eine Sperre als Spieler und Funktionär. Der Kläger habe das Fußballspiel als Beruf ausgeübt, sodass die Sperren einem Berufsverbot gleichkämen. Dessen ehestmögliche Aufhebung liege im Interesse des Klägers. Solle nun § 8 VereinsG sicherstellen, dass es zu keiner sittenwidrigen Verzögerung komme, so sei ein solches Korrektiv im vereinbarten Regelwerk nicht vorgesehen. Soweit die Wertungen des § 8 VereinsG auf den Fall übertragbar seien, vertrete der Kläger die Meinung, dass er im selben Rechtsstreit die Schlichtungsstelle nicht mehrfach anrufen müsse. Die Schlichtungsstelle sei mit der Angelegenheit bereits einmal befasst und nicht in der Lage gewesen, die Angelegenheit zu schlichten.
I.1. Der Kläger hat bereits in erster Instanz zum einen vorgebracht, dass er Jahrgang 1982 sei und der Fußballsport auf professioneller Basis nur bis Mitte dreißig, allenfalls bis 40 Jahre möglich sei, und zum anderen unter Bezugnahme auf § 8 VereinsG ins Treffen geführt, dass mehr als sechs Monate verstrichen seien, „seit dieses Verfahren von der beklagten Partei behandelt wird“, wobei er auf den „ganzen Rechtsgang bis zum Oberlandesgericht“ und die „Ausschöpfung des internen Verfahrenszuges“ hinwies. Entgegen der Ansicht in der Revisionsbeantwortung verstößt die außerordentliche Revision, wenn sie auf die „zeitliche Komponente“ abstellt und daraus die Unzumutbarkeit zur (erneuten) Anrufung des Protestkomitees ableitet, somit nicht gegen das Neuerungsverbot (§§ 482, 504 ZPO). Was bereits in erster Instanz vorgetragen wurde, ist nicht neu (7 Ob 24/88; Pimmer in Fasching/Konecny , Zivilprozessgesetze 3 § 482 Rz 1/1; Obermaier in Höllwerth/Ziehensack , ZPO‑TaKom § 482 Rz 2).
I.2. Der vom Kläger (nochmals) in der außerordentlichen Revision aufgezeigte Gesichtspunkt begründet die Unzumutbarkeit der (erneuten) Anrufung des Protestkomitees durch ihn:
I.2.1. Wie bereits in der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung 8 Ob 56/19x [dort Pkt II.6] ausgeführt, bestand zwar keine gesetzliche Verpflichtung des Klägers zur Anrufung des Protestkomitees im Sinne des § 8 VereinsG, sehr wohl aber war der Kläger dazu nach dem Vertrag – zumindest grundsätzlich – verpflichtet. Es lag wie bereits in 8 Ob 56/19x festgehalten letztlich nichts anderes als eine Schlichtungsklausel vor.
I.2.2. Im Falle einer vereinbarten obligatorischen
Schlichtung kann die Partei nach der Rechtsprechung den Rechtsweg nur dann beschreiten, wenn sie die
Schlichtungsstelle nicht nur angerufen hat, sondern auch an Versuchen zu einer gütlichen Einigung teilnimmt und vor Klagseinbringung alle in der vereinbarten
Schlichtungsklausel vorgesehenen Verfahrensschritte einhält. Vor Klagseinbringung ist daher die Entscheidung der
Schlichtungseinrichtung im
zumutbaren (zeitlichen) Umfang abzuwarten. Wenngleich eine unmittelbare oder auch analoge Anwendung des § 8 VereinsG nicht in Betracht kommt, weil ja hier kein gesetzlich festgelegtes oder vorgeschriebenes Verfahren vorliegt, sondern ausschließlich vertragliche Vereinbarungen, bietet diese (eine Frist von sechs Monaten vorsehende) Bestimmung doch – unter dem Aspekt des § 879 ABGB – einen gewissen Wertungsgesichtspunkt dafür, wann der Gesetzgeber im Regelfall eine unzumutbare Verzögerung bei der Rechtsverfolgung annimmt (RIS‑Justiz RS0124078).
I.2.3. Das Berufungsgericht vertritt – wie bereits inhaltlich auch das Erstgericht – in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass der Kläger das Protestkomitee „zum relevanten Beschluss“ überhaupt nicht befasst habe, und er sich deshalb nicht „auf eine nicht hinzunehmende Verzögerung der vereinsinternen Rechtsverfolgung“ berufen könne. Diese Sichtweise vertritt auch die Beklagte, wenn sie in der Revisionsbeantwortung meint, dass dem nunmehrigen Rechtsstreit „ein anderer, neuer Beschluss des Senates 1 zu Grunde [liegt], da eben der frühere Beschluss (auf Betreiben des Klägers) aufgehoben wurde“.
I.2.4. Diese Sicht übersieht, dass die Straferkenntnisse des Senates 1 vom 19. 2. 2014 und 12. 12.2016 nicht voneinander losgelöst sind, sondern dieselben Sachverhalte betrafen, nämlich (erfolgreiche oder zumindest versuchte) Manipulationen bestimmter Spiele. Wenn jemand ein gegen ihn wegen bestimmter Vorwürfe ergangenes Straferkenntnis eines Verbandsorgans in dem verbandsintern vorgesehenen Verfahren erfolglos bekämpft und nach Ausschöpfung dieses Rechtszuges das ordentliche Gericht anruft, welches das im Verbandsverfahren ergangene Straferkenntnis „aufhebt“, und hierauf das „als erste Instanz“ zuständige Verbandsorgan abermals ein Straferkenntnis wegen jener Vorwürfe fällt („zweiter Rechtsgang“), so ist es dem Betroffenen hier schon wegen des Zeitablaufs unzumutbar, abermals vor Anrufung des ordentlichen Gerichts den verbandsinternen Instanzenzug auszuschöpfen.
I.2.5. Dem Kläger kann damit entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht angelastet werden, den verbandsinternen „Rechtsweg“ vor Anrufung des ordentlichen Gerichts nicht ausgeschöpft zu haben. Zumal bereits aufgrund der zeitlichen Dimension dem Kläger die abermalige Anrufung des Protestkomitees nicht zumutbar war, kann dahingestellt bleiben, ob es auch andere Gründe gab, die dem Kläger die erneute Anrufung des Protestkomitees unzumutbar machten.
I.2.6. Damit kann entgegen der Ansicht der Vorinstanzen die Klage nicht wegen Nichtausschöpfung des verbandsinternen Instanzenzuges abgewiesen werden.
II. Folglich stellt sich die Frage der Berechtigung der vom Kläger gegen die Gültigkeit des Beschlusses des Senates 1 der Beklagten vom 12. 12. 2016 vorgetragenen Einwendungen.
II.1. Als Vorfrage ist zu beantworten, ob der Beschluss vom 12. 12. 2016 überhaupt bzw inwieweit er der gerichtlichen Überprüfung unterliegt:
II.1.1. Soweit ein Verein die Mitglieder berührende Entscheidungen und Verfügungen trifft, geschieht dies im Rahmen des durch Vereinsstatut und Beitrittserklärung begründeten Privatrechtsverhältnisses zwischen dem Verein und den Mitgliedern. Wenn diese Entscheidungen und Verfügungen des Vereins in Privatrechte seiner Mitglieder eingreifen, unterliegen sie der Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte (RS0045147 [T1]). Solche Entscheidungen und Verfügungen des Vereins unterliegen daher der Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte daraufhin, ob sie in formeller und materieller Hinsicht den Vereinsstatuten und den allgemeinen Vorschriften zwingenden Rechts entsprechen (RS0045138 [T9]). Dies gilt gleichermaßen für Vereinsbeschlüsse wie für verhängte Disziplinarstrafen (RS0045572 [T7]), wozu auch „Sperren“ zählen (vgl RS0121269 [T1]; RS0094154 [T5]). Der Beschluss eines Vereinsorgans kann insoweit auch wegen der Art seines Zustandekommens gegen die guten Sitten verstoßen und deshalb nichtig sein (RS0123632). Ungeachtet eines vereinsinternen Instanzenzugs ist eine gerichtliche Überprüfung auch von (der Satzung entsprechenden) Vereinsbeschlüssen jedenfalls insoweit zulässig, als grundlegende Verfahrensregeln missachtet wurden oder der Beschlussinhalt gesetzwidrig oder sittenwidrig ist. Solcherart gefasste Beschlüsse sind vom Gericht als unwirksam festzustellen (RS0121269).
II.1.2. Diese Rechtsprechung wurde für das Verhältnis von Vereinsmitgliedern zu ihren Vereinen entwickelt, in der Rechtsprechung aber bereits in bestimmten Situationen auf das Verhältnis eines Vereins zu einem Nichtvereinsmitglied ausgedehnt:
In 6 Ob 178/99s verhängte der beklagte Verein eine Disziplinarstrafe über jemanden, der zwar nicht bei ihm Vereinsmitglied war, sehr wohl aber unstrittig eine „Verbandsperson“ (er war unter anderem Präsident eines Landesverbandes, Schriftführer des beklagten Vereins, Trainer von Athleten und Kampfrichter). Der Oberste Gerichtshof begründete die Anwendbarkeit der Rechtsprechung über die volle Überprüfbarkeit von Vereinsbeschlüssen und verhängten Disziplinarstrafen auf jenen Fall damit, dass der beklagte Verein selbst von einer Rechtsstellung des Klägers im Verein als „Verbandsperson“ ausgegangen sei, ihn der Disziplinarordnung unterworfen und über ihn die höchste Disziplinarstrafe verhängt habe. Es bedeutete ein nicht zu rechtfertigendes Rechtsschutzdefizit, die Wirksamkeit der Satzung und ihre Anwendung im Disziplinarbereich zu bejahen und dem Disziplinarbeschuldigten die gerichtliche Überprüfung der Strafgerichtsbarkeit des Vereins zu versagen.
Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung bejahte 1 Ob 137/06p die Anwendbarkeit der Rechtsprechung über die Anfechtbarkeit von Vereinsbeschlüssen und verhängten Disziplinarstrafen im Fall einer Person, die zwar nicht Mitglied des beklagten Sportverbandes war, von dem sie gesperrt wurde, sehr wohl aber Mitglied zweier „Ortsgruppen“, die ihrerseits jeweils Mitglied eines Vereines waren, der wieder als „Verbandskörperschaft“ dem beklagten Verband angehörte. Es würde ein nicht zu rechtfertigendes Rechtsschutzdefizit bedeuten, dem auf Grundlage der Satzung „automatisch“ Gesperrten mit der Begründung, er sei nur „mittelbares“ Vereinsmitglied, die gerichtliche Überprüfung des Beschlusses bzw der darauf gegründeten Vereinsmaßnahme zu versagen.
II.1.3. Ausgehend davon vertritt der erkennende Senat die Ansicht, dass auch im Fall einer Person (wie dem Kläger), die zwar nicht Mitglied des Vereins ist, sich dessen Reglement aber vertraglich unterworfen hat, die Rechtsprechung zur vollen Überprüfbarkeit von Vereinsbeschlüssen und verhängten Disziplinarstrafen übertragen werden muss. Hierfür spricht nicht zuletzt im vorliegenden Fall, dass die Beklagte, obgleich ihr keine Fußballer als Vereinsmitglieder angehören, selbst in ihrem Reglement davon ausgeht, die Disziplinargewalt über diese zu besitzen. Dies erhellt sich etwa aus § 22 Abs 6 und 8 der Satzungen der Beklagten, wonach der „Senat 1 (Straf- und Beglaubigungsausschuss)“ unter anderem für „verbandsinterne Untersuchung und Bestrafung aller Vergehen nach den einschlägigen Regelwerken des ÖFB und der ÖFBL“ und der „Senat 3 (Stadien- und Sicherheitsausschuss, Disziplinarankläger)“ unter anderem für „Anzeigen beim Senat 1 gegen Spieler und Offizielle wegen grob unsportlichem Verhalten, das der Schiedsrichter nicht wahrgenommen und damit darüber keine positive oder negative Tatsachenentscheidung getroffen hat“, zuständig ist. Auch die ÖFB‑Rechtspflegeordnung, auf die in der die Zuständigkeit des Senats 1 regelnden Vorschrift des § 22 Abs 6 der Satzungen der Beklagten inhaltlich mitverwiesen wird, geht in zahlreichen Passagen von einer Anwendung auf (bloße) Spieler aus.
II.2. Es ist damit im Sinne der dargestellten Rechtsprechung auf die vom Kläger gegen den Beschluss des Senates 1 der Beklagten vom 12. 12. 2016 erhobenen Vorwürfe einzugehen.
II.2.1. Dem Beschluss vom 12. 12. 2016 ist zu entnehmen, dass dem vor dem Senat 1 geführten Verfahren eine Anzeige des Vorstandes der Beklagten zugrunde lag, nach der „insbesondere der Verdacht“ bestand, dass der Kläger „zumindest 17 Spiele“ manipuliert habe. Der Senat 1 bejahte in seinem Erkenntnis bei 19 Spielen (zumindest versuchte) Spielmanipulationen des Klägers und verhängte über ihn hiervon ausgehend die fünf- bzw zehnjährige Sperre. Von einer „Beurteilung“ dreier weiterer „Fakten“ (Spielmanipulationen) nahm der Senat 1 „im Zweifel aufgrund einer eingeschränkten Beweisgrundlage Abstand“. In der Begründung des Beschlusses wird dazu ausgeführt, dass die Textierung der Anzeige des Vorstandes der Beklagten den Senat 1 nicht gehindert habe „nach amtswegigen Ermittlungen sämtliche der voranstehend dargestellten Verfehlungen [nämlich vollendete oder versuchte Manipulationen von 22 Spielen; Anm] aufzugreifen. Die Textierung der Anzeige („… steht insbesondere in Verdacht ...“, „… zumindest 17 Spiele ...“) stecke nämlich keinen von vornherein konkret beschränkten Umfang ab. Die Anzeige bilde nur die Grundlage der Erhebungen und Ermittlungen des Strafsenats [gemeint: Senat 1; Anm], sie begrenze diese aber nicht.
II.2. Diese Sicht des Senates 1 steht – wie vom Kläger in der außerordentlichen Revision aufgezeigt – mit dem anzuwendenden „Regelwerk“ (vgl § 22 Abs 6 der Satzungen der Beklagten), konkret mit der – mit „Eröffnung des Verfahrens vor dem Strafausschuss“ überschriebenen – Bestimmung des § 81 ÖFB‑Rechtspflegeordnung in Widerspruch, welche wie folgt lautet:
„(1) Eine Anzeige können einbringen:
a) Spieloffizielle;
b) das Leitungsgremium eines Verbandes oder des ÖFB, sowie von diesen ermächtigte Personen;
c) der unmittelbar betroffene Verein gegen die Beglaubigung eines Spieles (z.B. §§ 103 f).
(2) Die Anzeige beim Strafausschuss muss schriftlich erfolgen. Sie muss den Namen des Vereins oder Spielers und eine kurze Darstellung des Sachverhaltes unter Angabe der Beweismittel und die begehrte Entscheidung enthalten. Im Falle einer Anzeige durch den Schiedsrichter ist der Spielbericht zu verwenden.
(3) Die Spieloffiziellen sind verpflichtet, alle Vergehen, von denen sie Kenntnis erhalten, zu melden.“
Aus der Überschrift zu § 81 ÖFB‑Rechtspflegeordnung in Verbindung mit dessen Abs 1 ergibt sich, dass ohne „Anzeige“ kein Verfahren vor dem Strafausschuss – im Falle der Beklagten damit kein Verfahren vor ihrem Senat 1 – zu eröffnen ist. Weil § 81 Abs 2 ÖFB‑Rechtspflegeordnung von einer „Anzeige“ verlangt, dass sie „schriftlich“ erfolgt und – zusätzlich zum Namen des Vereins oder Spielers – „eine kurze Darstellung des Sachverhaltes unter Angabe der Beweismittel und die begehrte Entscheidung“ enthält, ist die Anzeige funktionell nichts anderes als eine Anklageschrift. Da der Kreis der Anzeigeberechtigten begrenzt ist, besitzen diese funktionell betrachtet damit ein „Anklagemonopol“. Das notwendige Korrelat zum „Anklagemonopol“ ist der Anklagegrundsatz (Hilpert, Das Fußballstrafrecht des Deutschen Fußball-Bundes [2009] 48). Ohne „Anzeige“ ist damit kein Verfahren vor dem Strafausschuss (dies ist im Fall der Beklagten der Senat 1) und damit keine Verurteilung eines Beschuldigten denkbar. Durch die obligatorische Angabe des dem Beschuldigten zur Last gelegten Sachverhalts wird der Verfahrensgegenstand gleich einer Anklageschrift abgesteckt. Es soll damit bereits bei „Eröffnung des Verfahrens vor dem Strafausschuss“ klar sein, welchen Gegenstand dessen Verfahren haben wird. Der Beschuldigte soll über die tatsächlichen Vorkommnisse, die ihm zur Last gelegt werden, Kenntnis haben und dadurch in der Lage sein, sich entsprechend zu verteidigen (Hilpert, Fußballstrafrecht 163, 173). Dass – mit dieser Auslegung übereinstimmend – die Bestimmung „in erster Linie den Entscheidungsgegenstand der Verbandsinstanzen eingrenzen und konkretisieren [soll]“, vertrat im Übrigen bereits – wie aus der vom Kläger vorgelegten Beilage ./N ersichtlich – auch der Rechtsmittelsenat des Österreichischen Fußballbundes in seinem Beschluss vom 2. 9. 2016, Akt 4/2016, zur – § 81 Abs 2 ÖFB‑Rechtspflegeordnung in Aufbau und Inhalt entsprechenden – Bestimmung des § 53 ÖFB‑Schiedsrichterdisziplinarordnung.
Der Einwand der Beklagten in der Klagebeantwortung, ihre Statuten und die ÖFB‑Rechtspflegeordnung schließe ein amtswegiges Vorgehen des Senates 1 nicht aus, verfehlt sein Ziel. Dass der Senat 1 gemäß § 62 der von ihm anzuwendenden ÖFB‑Rechtspflegeordnung in Disziplinarangelegenheiten die notwendigen Untersuchungen von Amts wegen durchführt und dass die einschlägige Kompetenz des Senates 1 nach § 22 Abs 6 lit b der Satzungen der Beklagten „verbandsinterne Untersuchung und Bestrafung aller Vergehen nach den einschlägigen Regelwerken des ÖFB und der ÖFBL“ lautet, lässt keinen Schluss darauf zu, dass der Senat 1 auch ohne einen ihm nach § 81 ÖFB‑Rechtspflegeordnung angezeigten Sachverhalt oder außerhalb der ihm nach dieser Bestimmung angezeigten Sachverhalte von Amts wegen vorgehen und letztlich einen Beschuldigten wegen eines nicht angezeigten Sachverhalts bestrafen darf. Die amtswegige Erhebung (Untersuchung) und die Bindung an eine Anzeige durch ein dafür zuständiges Vereinsorgans sind voneinander zu unterscheiden.
II.3. Damit erweist sich der Vorwurf des Klägers als berechtigt, dass der Senat 1 der Beklagten durch seinen Beschluss vom 12. 12. 2016 die ihm von der anzuwendenden ÖFB‑Rechtspflegeordnung gesteckten Grenzen überschritt, indem er, obgleich nach der Anzeige lediglich 17 Spiele manipuliert worden sein sollen, seiner Verurteilung versuchte oder vollende Manipulationen von 19 Spielen zugrunde legte. Auf das Wort „insbesondere“ in der Anzeige durfte sich der Senat 1 nicht berufen, da eine bloß demonstrative Angabe von Sachverhalten mit dem Wortlaut und dem dargestellten Zweck von § 81 Abs 2 ÖFB‑Rechtspflegeordnung nicht vereinbar ist.
II.4. Die damit vorliegende „Anklageüberschreitung“ (Verletzung des sich aus § 81 ÖFB‑Rechtspflegeordnung ergebenden Grundsatzes, dass der Senat 1 nur innerhalb der von der „Anzeige“ gesteckten Grenzen – inkriminierte Sachverhalte – entscheiden darf) zieht unter Zugrundelegung der unter Punkt II.1.1. dargestellten und – wie bereits begründet – auch auf Nichtvereinsmitglieder, die sich vertraglich einem Verbandsregelwerk unterworfen haben, anzuwendenden Rechtsprechung die Unwirksamkeit des Beschlusses des Senats 1 der Beklagten nach sich.
II.5. Es erweist sich damit zwar nicht das Hauptbegehren, welches von einer unmittelbaren Anwendbarkeit der vereinsrechtlichen Regelungen ausgeht, aber das – von der Stoßrichtung her inhaltsgleiche – Eventualbegehren als berechtigt. Schon weil der (am 13. 3. 2018 erfolgte) Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (auch) vor Ablauf der fünfjährigen Sperre des Klägers als Spieler erfolgte (diese begann laut dem Beschluss vom 12. 12. 2016 mit dem Suspendierungsbeschluss vom 19. 12. 2013 zu laufen), ist am rechtlichen Interesse des Klägers an der eventualiter begehrten Feststellung, dass der Beschluss des Senats 1 der Beklagten vom 12. 12. 2016 nichtig ist, nicht zu zweifeln. Das rechtliche Interesse an der begehren Festellung muss (nur) im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorliegen (Frauenberger‑Pfeiler in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 § 228 ZPO Rz 130 ff).
Der außerordentlichen Revision war damit Folge zu geben.
III.1. Die Aufhebung der Kostenaussprüche der Vorinstanzen beruht auf einem Größenschluss aus § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO. Danach kann der Oberste Gerichtshof die Entscheidung der Hauptsache dem Berufungsgericht übertragen, wenn dafür aufwändige Berechnungen erforderlich sind. Umso mehr gilt das für die Kostenentscheidung, zumal sich aus den Rechtsmittelbeschränkungen der ZPO ergibt, dass der Oberste Gerichtshof grundsätzlich nicht mit Kostenfragen belastet werden soll (vgl RS0124588). Die Voraussetzungen für die analoge Anwendung der genannten Bestimmung sind im konkreten Fall wegen des Vorliegens auch eines Sicherungsverfahrens sowie von Kosteneinwendungen nach § 54 Abs 1a ZPO und Kostenrekursen gegeben.
III.2. Die Kostenentscheidung im Revisionsverfahren ist in den §§ 43 Abs 2, 50 Abs 1 ZPO begründet. Im Rechtsmittelverfahren drang der Kläger mit seinem Eventualbegehren durch. In einem solchen Fall sind nach § 43 Abs 2 ZPO die gesamten Kosten zuzusprechen, wenn der Verfahrensaufwand, der zur Prüfung der Berechtigung des Hauptbegehrens erforderlich war, auch für die Beurteilung des Eventualbegehrens verwertet werden konnte, die materiell-rechtliche Grundlage ident war und mit dem Eventualbegehren annähernd der gleiche wirtschaftliche Erfolg wie bei Stattgebung des Hauptbegehrens erreicht wurde (RS0110839; M. Bydlinski in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 § 43 ZPO Rz 2). Sämtliche Voraussetzungen liegen hier vor.
Der obsiegende Kläger genießt unter anderem im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a ZPO Verfahrenshilfe (15 Nc 3/17p des Erstgerichts). Da er Kostenersatz beansprucht und erhalten hat, hat hinsichtlich der Pauschalgebühr für das Revisionsverfahren ein gesonderter Ausspruch nach § 70 Satz 2 ZPO nicht zu erfolgen (2 Ob 200/18b; M. Bydlinski in Fasching/Konecny ; Zivilprozessgesetze 3 § 70 Rz 6; Weber/Poppenwimmer in Höllwerth/Ziehensack , ZPO‑TaKom § 70 Rz 3).
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