European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00012.20A.0226.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
Der Beklagten wurde im März 2014 im Verfahren 2 Nc 12/12a des Erstgerichts zugunsten ihrer Grundstücke ein Notwegerecht über ein Grundstück der Klägerin eingeräumt, und zwar „im Sinne eines Fahrrechts … zum Zwecke der Nutzung als Ferienwohnung“.
Die Klägerin behauptete, die Beklagte nutze das Gebäude nun zu gewerblichen Zwecken und nicht mehr als Ferienwohnung, somit werde der Weg über das eingeräumte Notwegerecht hinaus befahren.
Tatsächlich nutzt die Beklagte aber ihre Grundstücke (und die Hütte) unverändert in der gleichen Weise und auch im gleichen Umfang, wie dies schon anlässlich der Einräumung des Notwegs zugrunde gelegt worden war, nämlich durch eine Vermietung an Feriengäste. Allerdings verfügt sie nun (und zwar schon seit 2. 12. 2014) über eine Gewerbeberechtigung für die Beherbergung von Gästen, wenn nicht mehr als zehn Fremdenbetten bereitgestellt werden, und Verabreichung des Frühstücks und von kleinen Imbissen und Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen sowie von gebrannten geistigen Getränken als Beigabe zu diesen Getränken an die Gäste.
Die Vorinstanzen wiesen das Unterlassungsbegehren übereinstimmend ab.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts – nicht zulässig. Die Klägerin zeigt darin nämlich keine erhebliche Rechtsfrage auf, was nur einer kurzen Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO):
1. Ein Unterlassungsanspruch setzt eine Unterlassungspflicht und die Gefahr, dass dieser zuwider gehandelt wird, voraus (RIS-Justiz RS0037660 [T7]). Für seine erfolgreiche Geltendmachung müsste eine schon erfolgte Störung (hier durch Überschreitung des Notwegerechts) oder doch zumindest die Gefahr künftiger Störungen feststehen, denen mit vorbeugender Unterlassungsklage begegnet werden kann (RS0114254 [T2, T7]).
2. Das Recht des Notwegs ist nach ständiger Rechtsprechung als eine Legalservitut konstruiert, die durch Richterspruch rechtliche Wirksamkeit erlangt (6 Ob 144/10k mwN). Hält sich die Nutzung des Wegs durch die Beklagte innerhalb der ihr durch das Notwegerecht eingeräumten Servitut, liegt eine Störung nicht vor.
Die Klägerin meint, es sei dafür nicht bloß auf die faktische Nutzung abzustellen, sondern auf die öffentlich-rechtliche Widmung. Dabei übersieht sie, dass die von ihr dazu zitierte Rechtsprechung Verfahren betraf, in denen es (erst) um die Einräumung eines Notwegs ging. Es mag daher zutreffen, dass anlässlich der Einräumung eines Notwegs (für die Beurteilung des Bedarfs danach), nicht nur die aktuelle faktische Nutzung, sondern auch noch eine [zulässige] künftige Nutzung entsprechend der öffentlich‑rechtlichen Widmung zu berücksichtigen ist (vgl RS0070989; RS0070979; insbesondere auch die anlässlich der Einräumung dieses Notwegs ergangene Entscheidung 8 Ob 91/14m). Ist die Servitut aber bereits geschaffen, kommt es nicht (mehr) darauf an, ob (aufgrund der Erteilung einer Gewerbeberechtigung) eine über die bisherige Nutzung hinausgehende Bewirtschaftung der erschlossenen Liegenschaft nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässig wäre. Zu vergleichen ist vielmehr (nur mehr) die aktuelle faktische Nutzung des Wegs mit dem Umfang des schon eingeräumten Notwegerechts.
3. Die folglich hier wesentliche und von den Umständen des Einzelfalls geprägte (s RS0118891 [T3, T6]) Frage der Reichweite der mit Beschluss vom 31. 3. 2014 konkretisierten Servitut ist aufgrund des Wortlauts des Spruchs und der Gründe der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung(en) in Verbindung mit dem dadurch angewandten Gesetz zu lösen (vgl 1 Ob 74/19t mwN). Bereits anlässlich der Einräumung des Notwegs geklärte Fragen (etwa zur öffentlich-rechtlichen Widmung der Grundstücke oder zu einem behaupteten „Einfrieren“ der zulässigen Nutzung auf die Verhältnisse, wie sie im Jahr 1993 bestanden haben), können von der Klägerin im Unterlassungsprozess nicht (erneut) aufgegriffen werden. Zur Widmung der Grundstücke wurde ihr bereits damals vom Obersten Gerichtshof erläutert, dass es sich bei dieser (tatsächlich auch heute noch unverändert beibehaltenen) Nutzung um eine öffentlich‑rechtlich zulässige Bewirtschaftungsart der Hütte handelt (Punkt 4.3 in 8 Ob 91/14m) und dass die Bewilligung zur Nutzung als Ferienwohnung auch die Überlassung an Dritte zu Ferienzwecken umfasst (Punkt 4.4 in 8 Ob 91/14m).
4. Die Schlussfolgerung, der Betrieb der Ferienwohnung habe, (nur) weil er nun im Wege einer gewerblichen Beherbergung von Gästen erfolgen soll und deswegen als neue Bewirtschaftungsart zu qualifizieren sei, zu einer erhöhten Belastung des dienenden Guts geführt, kann die Klägerin angesichts der Feststellungen zur faktisch unverändert gebliebenen Nutzung nicht erklären. Nur eine das dienende Gut erheblich erschwerende (tatsächliche) Mehrbelastung könnte eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit sein (vgl RS0016370). Wenn der Notweg gerade für diese (tatsächlich nach wie vor unveränderte) Nutzung der Hütte eingeräumt worden ist, bleibt unerfindlich, warum durch den bloßen Umstand, dass die Beklagte seit Dezember 2014 über eine Gewerbeberechtigung verfügt, eine Überschreitung der Servitut bewirkt worden sein sollte.
5. Die Beurteilung durch die Vorinstanzen, dass eine Störung weder erfolgte, noch zu befürchten ist (zumal durch einen geplanten Umbau des bestehenden Gebäudes die Bettenanzahl von 10 auf 8 verkleinert werden soll), begegnet damit keinen Bedenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 40 ZPO iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die mangelnde Zulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, sodass ihre Revisionsbeantwortung nicht als zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme angesehen werden kann (RS0035962; RS0035979).
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