OGH 4Ob178/19h

OGH4Ob178/19h21.2.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Priv.‑Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin B***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch CMS Reich‑Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Beklagte A***** GmbH, *****, vertreten durch Tonninger Schermaier & Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung, Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 34.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin und den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten jeweils gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 29. August 2019, GZ 129 R 70/19s‑12, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 13. Juni 2019, GZ 53 Cg 19/19v‑5, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0040OB00178.19H.0221.000

 

Spruch:

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

2. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass die vom Rekursgericht in abgeändertem Umfang erlassene einstweilige Verfügung zu Punkt 1. des Unterlassungsgebots bestätigt wird, Punkt 2. des Sicherungsbegehrens hingegen abgewiesen wird.

Die Klägerin hat ihre Kosten des Sicherungsverfahrens erster Instanz vorläufig selbst zu tragen; ihre Kosten des Rechtsmittelverfahrens hat sie zur Hälfte vorläufig selbst und die andere Hälfte dieser Kosten endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten binnen 14 Tagen den mit 2.586,14 EUR (darin 323,77 EUR USt und 643,50 EUR Barauslagen) bestimmten Anteil ihrer Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Klägerin betreibt in Österreich eine Drogeriemarktkette, über welche sie diverse Kosmetikprodukte sowie Reinigungs-, Spül- und Waschmittel (Detergenzien) vertreibt. Die Beklagte verkauft ebensolche Waren in zahlreichen Filialen in Österreich.

Bei einem Testkauf der Klägerin in einer Filiale der Beklagten stellte sie diverse Mängel der Produktkennzeichnung fest.

Die Klägerin beantragte zur Sicherung ihres Unterlassungsbegehrens die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach der Beklagten aufgetragen werden möge, es zu unterlassen,

1. Kosmetische Mittel iSd Art 1 Abs 1 lit a der KosmetikVO (EG) Nr. 1223/2009, die nicht den Kennzeichnungsvorschriften des Art 19 dieser Verordnung und der österreichischen Kosmetik-Durchführungsverordnung entsprechen, insbesondere weil sie die Vorsichtsmaßnahmen für den Gebrauch gemäß Art 19 Abs 1 lit d nicht anführen oder diese gemäß Art 19 Abs 1 lit d iVm § 2 Kosmetik-Durchführungsverordnung nicht in deutscher Sprache angegeben sind, den Verwendungszweck gemäß Art 19 Abs 1 lit f iVm § 2 Kosmetik-Durchführungsverordnung nicht in deutscher Sprache anführen, die Chargennummer gemäß Art 19 Abs 1 lit e nicht in unverwischbarer Weise angegeben ist oder das Mindesthaltbarkeitsdatum gemäß Art 19 Abs 1 lit c fehlt, in Österreich zum Verkauf anzubieten, zu vertreiben und/oder zu solchen Zwecken zu besitzen.

 

Sie beantragte weiters, die Beklagte für schuldig zu befinden, es zu unterlassen,

2. Detergenzien iSd Art 2 Z 1 der DetergenzienVO (EG) Nr. 648/2004, die nicht den Kennzeichnungsvorschriften des Art 11 der DetergenzienVO (EG) Nr. 648/2004 und den §§ 24, 30 ChemikalienG entsprechen, insbesondere weil die in Art 11 Abs 2 EU‑DetergenzienVO geforderten Angaben nicht gemäß §§ 30 Abs 1, 24 ChemikalienG in deutscher Sprache angegeben sind oder der Name des Wirtschaftsteilnehmers gemäß Art 11 Abs 2 lit b und c DetergenzienVO in abgekürzter Form angegeben ist, in Österreich zum Verkauf anzubieten, zu vertreiben und/oder zu solchen Zwecken zu besitzen.

 

Die angeführten Verstöße gegen die Kennzeichnungsvorschriften des Art 19 der KosmetikVO (EG) Nr 1223/2009 und der österreichischen Kosmetik-Durchführungsverordnung sowie gegen die Kennzeichnungsvorschriften des Art 11 der DetergenzienVO (EG) Nr 648/2004 und die §§ 24, 30 ChemikalienG seien ein Rechtsbruch gemäß § 1 Abs 1 UWG. Die Beklagte verschaffe sich durch den billigen Erwerb von mangels ausreichender Kennzeichnung nicht verkehrsfähigen Produkten einen Wettbewerbsvorteil, weil sie diese am Markt billiger anbieten könne als ihre Konkurrenten. Es liege auch ein Verstoß gegen § 2 UWG vor, weil wesentliche nach Unionsrecht festgelegte Informationsanforderungen nicht erfüllt würden.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Namentlich genannte (bei den Testkäufen erworbene) Produkte fielen in den Anwendungsbereich der EU‑KosmetikVO. Diese sehe in Art 19 Abs 1 vor, dass bestimmte Angaben unverwischbar, leicht lesbar und deutlich sichtbar auf den Behältnissen und Verpackungen kosmetischer Mittel anzugeben seien. Gemäß § 2 der österreichischen Kosmetik-Durchführungsverordnung seien die in Art 19 Abs 1 lit b, c, d und f der EU‑KosmetikVO genannten Angaben in deutscher Sprache anzuführen. Die Beklagte sei Händler gemäß Art 1 lit e der EU‑KosmetikVO und müsse diese Anforderungen überprüfen. Wenn sie Grund zur Annahme habe, dass ein kosmetisches Mittel den Anforderungen nicht genüge, dürfe sie das kosmetische Mittel so lange nicht auf dem Markt bereithalten, bis es mit den geltenden Anforderungen in Übereinstimmung gebracht worden sei. Zudem müsse sie die erforderlichen Korrekturmaßnahmen ergreifen, um die Konformität des kosmetischen Mittels mit den gesetzlichen Vorschriften herzustellen, oder das Produkt gegebenenfalls vom Markt nehmen und zurückrufen. Die Beklagte habe mit dem Verkauf der angeführten Produkte gegen die EU‑KosmetikVO (teilweise in Verbindung mit der Kosmetik-Durchführungsverordnung) verstoßen. Es seien zum Teil der Verwendungszweck, zum Teil die Vorsichtsmaßnahmen nicht auf Deutsch angeführt, teilweise seien die Chargennummern nicht unverwischbar angegeben und teilweise fehle das Mindesthaltbarkeitsdatum.

Weitere bei den Testkäufen erworbene Produkte fielen in den Anwendungsbereich der EU‑DetergenzienVO. Gemäß Art 11 Abs 2 dieser Verordnung müssten auf den Verpackungen, in denen die Detergenzien dem Verbraucher angeboten werden, leserlich, deutlich und unverwischbar bestimmte Angaben angebracht sein. Darüber hinaus seien gemäß Art 11 Abs 3 der EU‑DetergenzienVO auch der Inhalt des Waschmittels sowie auf der Verpackung erforderlichenfalls Anweisungen für die Verwendung und besondere Vorsichtsmaßnahmen anzugeben. Gemäß Art 11 Abs 4 sei darüber hinaus die Dosierung des Waschmittels gemäß Anhang VII Abschnitt B anzugeben. Soweit Detergenzien gemäß der EU‑DetergenzienVO zu kennzeichnen seien, sei die Kennzeichnung auf den Verpackungen, wenn die Detergenzien zur Abgabe im Inland bestimmt seien, gemäß § 30 iVm § 24 ChemikalienG in deutscher Sprache anzubringen. Die Beklagte sei gemäß § 71 Abs 1 ChemikalienG für die Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften der EU‑DetergenzienVO verantwortlich, da sie die Detergenzien in Österreich in Verkehr bringe. Die Testkaufprodukte entsprächen diesen Kennzeichnungsvorschriften nicht vollständig, weil teilweise keine der erforderlichen Angaben, teilweise keine oder nicht alle der geforderten Angaben unverwischbar auf Deutsch angegeben seien. Der Verkauf von kosmetischen Mitteln und Detergenzien, die nicht den Kennzeichnungsvorschriften der EU‑KosmetikVO und der EU‑DetergenzienVO entsprechen, verstoße gegen § 1 Abs 1 UWG (Fallgruppe Rechtsbruch), weil sich der Unternehmer dadurch einen unlauteren Vorsprung gegenüber Mitbewerbern verschaffe. Der von der Beklagten zu verantwortende Gesetzesverstoß habe Wettbewerbsrelevanz und sei unlauter, weil er nicht mit guten Gründen vertreten werden könne; die Kennzeichnungsvorschriften der EU‑KosmetikVO und der EU‑DetergenzienVO ließen nämlich keinen Interpretationsspielraum. Überdies sei auch der Irreführungstatbestand des § 2 UWG erfüllt. Die Beklagte habe wesentliche Informationen iSv § 2 Abs 4 und Abs 5 UWG nicht erteilt. Eine gesonderte Prüfung der Irreführungseignung der gemäß der oben genannten Verordnungs-Bestimmungen vorgesehenen, aber auf den Produktverpackungen unterbliebenen Informationen könne nach § 2 Abs 5 UWG entfallen.

Das Rekursgericht änderte die einstweilige Verfügung dahingehend ab, dass es in beiden Spruchpunkten das Wort „insbesondere“ strich, da es keine ausreichende Einschränkung des Unterlassungsbegehrens auf die begangenen und allenfalls ähnlichen Verstöße bewirke und letztlich auf eine generelle Untersagung des Vertriebs von Kosmetikprodukten bzw Detergenzien hinausliefe, die dem Art 19 bzw Art 11 der Kosmetik‑ bzw DetergenzienVO (iVm den jeweils zitierten innerstaatlichen Vorschriften) nicht entsprechen. Diese Bestimmungen enthielten aber auch Gebote, gegen welche die Beklagte nicht verstoßen habe. Mit dem Weglassen des Worts „insbesondere“ erhalte das Unterlassungsbegehren eine engere Fassung, die auf die tatsächlich festgestellten Verstöße beschränkt sei. Überdies übernahm das Rekursgericht die Feststellung, dass die Schrift des Aufklebers auf einem Reinigungsgel verwischbar sei, mangels Bescheinigung nicht und ließ folglich die auf die in nicht unverwischbarer Weise angegebene Chargennummer bezogene Wortfolge des Spruchs entfallen. Das Rekursgericht bemaß den Wert des Entscheidungsgegenstands mit 30.000 EUR übersteigend und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung richten sich die außerordentlichen Revisionsrekurse sowohl der Klägerin als auch der Beklagten mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung in der Fassung des Erstgerichts wiederherzustellen (Klägerin) bzw den Sicherungsantrag zur Gänze abzuweisen (Beklagte).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist unzulässig, jener der Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.

I. Zum Revisionsrekurs der Klägerin

Die Klägerin macht geltend, das Unterlassungsgebot sei so zu fassen, dass es auch ähnlich naheliegende Rechtsverletzungen umfasse. Dies sei beim Unterlassungsgebot des Rekursgerichts nicht der Fall. Im Übrigen führe das Anbringen von verwischbaren Chargennummern durch die Beklagte dazu, dass das Erfordernis des Art 19 Abs 1 lit e KosmetikVO nicht erfüllt sei.

1.1. Zur Reichweite des Unterlassungsbegehrens

1.1.1. Ein Unterlassungsgebot muss das verbotene Verhalten so deutlich umschreiben, dass es dem Beklagten als Richtschnur für sein künftiges Verhalten dienen kann (RS0119807). Dabei ist eine gewisse allgemeine Fassung des Begehrens in Verbindung mit Einzelverboten meist schon deshalb erforderlich, um nicht die Umgehung des erwähnten Verbotes allzu leicht zu machen (RS0037607), zumal es praktisch unmöglich ist, alle nur denkbaren Eingriffshandlungen zu beschreiben. Das erlassene Eingriffsverbot umfasst alle gleichen oder ähnlichen Handlungsweisen (RS0000845). Ein Unterlassungsgebot hat sich aber in seinem Umfang immer an der konkreten wettbewerbswidrigen Handlung zu orientieren (RS0037645). Ein zu allgemein gefasstes Begehren ist auf die tatsächlich erwiesenen Wettbewerbsverstöße einzuschränken. (RS0079278 [T5, T8]). Besteht die dringende Befürchtung, der Verletzer werde bei einem Verbot dessen, was er tatsächlich begangen hat, das gleiche auf andere Weise wiederholen, dann wäre es nahezu sinnlos, ihm nur die konkrete Verletzungshandlung im engsten Sinn zu untersagen (RS0037733). Werden dabei Beispielsfälle unter "insbesondere" angeführt, so wird das Unterlassungsgebot dadurch nur verdeutlicht, nicht aber eingeschränkt (RS0037634 [T4]; 4 Ob 206/18z).

1.1.2. Bei der Frage, ob ein Unterlassungsgebot zu weit oder zu eng gefasst wurde, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, sodass in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (RS0037671 [T5]).

Eine solche liegt auch hier nicht vor. Insbesondere hat der Oberste Gerichtshof bereits dazu Stellung genommen, dass aus einem bestimmten Verstoß gegen die Kosmetik‑VO kein Anspruch erwächst, dem Beklagten allgemein den Vertrieb kosmetischer Produkte zu untersagen, „die den dafür jeweils geltenden gesetzlichen Vorschriften nicht entsprechen“ (4 Ob 47/94). Wenn das Rekursgericht sich an dieser Entscheidung orientiert und ausgeführt hat, der Beklagten könne nicht allgemein verboten werden, gegen die Kosmetik‑VO zu verstoßen, begründet dies keine gravierende Fehlbeurteilung, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste. Der Revisionsrekurs geht auf diese Entscheidung auch nicht weiter ein.

1.1.3. Die tatsächlich vorgebrachten Argumente der Klägerin zeigen ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Soweit sie zunächst behauptet, sie habe seit Erlassung der erstgerichtlichen einstweiligen Verfügung weitere Testkäufe durchgeführt und dabei weitere Verstöße gegen die Kosmetik‑VO entdeckt, verstößt sie gegen das im Revisionsrekursverfahren geltende Neuerungsverbot (RS0042091 [T5]). Bereits deswegen kann auf diese Einwände nicht weiter eingegangen werden.

1.1.4. Weiters argumentiert die Klägerin mit markenrechtlichen Entscheidungen, wonach auch die Benutzung ähnlicher Zeichen verboten werden könne. Dabei vernachlässigt sie den Umstand, dass sie ihr Begehren auf Rechtsbruch gestützt hat. Der auf Rechtsbruch gestützte Unterlassungsanspruch setzt auf Sachverhaltsebene den Verstoß gegen eine (bestimmte) generelle abstrakte Norm voraus. Er besteht daher nur dann zu Recht, wenn die Beklagte dadurch verbotswidrig (und damit unlauter iSd § 1 UWG) gehandelt hat, dass sie gegen eine der im Sachvorbringen genannten Verbotsnormen verstoßen hat (RS0129497). Der Vorwurf eines Verstoßes „gegen Normen der Rechtsordnung“ wäre hingegen unvollständig, weil offen bliebe, welcher Verbotstatbestand das beanstandete Verhalten zum Rechtsbruch macht (zuletzt etwa 4 Ob 237/18h [4.2]). Dass Rechtsbruch auf Sachverhaltsebene den Verstoß gegen eine konkrete Norm erfordert, wirkt auf die Reichweite des Unterlassungsgebots. Denn das genannte Erfordernis kann nicht dadurch umgangen werden, dass auf Sachverhaltsebene nur ein Verstoß gegen eine konkrete Bestimmung behauptet, in das Urteilsbegehren aber ein ganzes Gesetz aufgenommen wird. Damit geht auch dieser Einwand fehl.

1.1.5. Letztlich vermeint die Klägerin, das vom Erstgericht erlassene Verbot sei ausreichend bestimmt und daher vollstreckbar.

Bei der Fassung des Unterlassungsbegehrens und Unterlassungsgebotes sind zwei Fragen auseinanderzuhalten, nämlich jene, ob das Begehren hinreichend bestimmt ist, und jene, wie weit es angesichts der – begangenen oder drohenden – Rechtsverletzung gehen darf (RS0037518). Dass ihr Begehren hinreichend bestimmt ist, um exekutiert werden zu können, hat das Rekursgericht der Klägerin ohnehin nicht abgesprochen. Es hat vielmehr die zweite Frage dahin beantwortet, dass der Klägerin kein materieller Anspruch auf ein derart weitreichendes Verbot zustehe. Auch dieser Einwand des Revisionsrekurses geht daher ins Leere.

1.1.6. Dem Rekursgericht ist in diesem Zusammenhang auch kein Verfahrensfehler vorzuwerfen. Das Gericht ist (auch noch in höherer Instanz) nur dann verpflichtet, dem Urteilsspruch eine klare und deutlichere, vom Begehren abweichende Fassung zu geben, wenn diese in den Behauptungen des Klägers ihre eindeutige Grundlage findet und sich im Wesentlichen mit dem Begehren deckt (RS0038852 [T16]). Auf welche „ähnlichen“ Verstöße das Rekursgericht das Begehren umzustellen gehabt hätte, wird im Revisionsrekurs nicht weiter ausgeführt; im Übrigen wäre solcherart keine Klarstellung, sondern ein Plus zum tatsächlichen Urteilsantrag herbeigeführt worden.

1.2. Zur „unverwischbaren Chargennummer“

Die Klägerin bekämpft weiters die Abweisung ihres Begehrens, soweit es auf die Anbringung einer unverwischbaren Chargennummer gerichtet war.

1.2.1. Dabei geht sie aber nicht von den getroffenen Feststellungen aus. Das Rekursgericht hat die Feststellung des Erstgerichts, dass beim gekauften Testprodukt die Chargennummer nicht unverwischbar eingeprägt sei, nicht übernommen und durch eine gegenteilige Ersatzfeststellung ersetzt. Indem der Revisionsrekurs Überlegungen dahingehend anstellt, ob es sich um die richtige Chargennummer handelt, bekämpft er unzulässig die Würdigung der Bescheinigungsmittel durch das Rekursgericht.

1.2.2. Soweit die Klägerin letztlich einen sekundären Feststellungsmangel zur Anbringung eines Aufklebers (mit einer anderen Nummer) rügt, verstößt sie einerseits gegen das Neuerungsverbot, andererseits ist ihr zu entgegnen, dass ihr Rechtschutzantrag nicht darauf gerichtet ist, die damit behauptete Irreführung von Verbrauchern über die richtige Chargennummer abzustellen. Der Beklagten soll vielmehr allein untersagt werden, entgegen Art 19 Abs 1 lit e Kosmektik‑VO die Chargennummer nicht in unverwischbarer Weise anzugeben.

Zusammengefasst zeigt der Revisionsrekurs der Klägerin keine erheblichen Rechtsfragen auf und ist somit zurückzuweisen.

II. Zum Revisionsrekurs der Beklagten

Die Beklagte macht geltend, das Rekursgericht habe die KosmetikVO unrichtig ausgelegt, indem es aus der Produktaufmachung mangels Verwendung der deutschen Sprache nicht auf den Verwendungszweck geschlossen habe. Überdies habe ein Händler wie die Beklagte gar nicht zu prüfen, ob ein Mindesthaltbarkeitsdatum bzw eine Verwendungsdauer anzugeben sei. Das Rekursgericht habe auch die DetergenzienVO unrichtig ausgelegt, da es etwa den Handelsnamen eines Produkts oder die Firmenangaben übersetzt wissen wolle. Schließlich sei auch der Schluss unrichtig, es sei einem Verbraucher vor dem Kauf eines Produkts nicht gestattet, einen vom Händler angebrachten Aufkleber zu entfernen.

2.1. Zur Aufmachung der Kosmetikprodukte

2.1.1. Gemäß Art 19 Abs 1 lit f KosmetikVO ist die – gesonderte – Angabe des Verwendungszwecks nicht erforderlich, wenn sich der Verwendungszweck aus der Aufmachung ergibt. Unter Aufmachung ist das gesamte äußere Erscheinungsbild der Packung oder des Behältnisses zu verstehen. Dazu gehören neben den schriftlichen Angaben auch Abbildungen. Dem steht die Verpflichtung zur Kennzeichnung gemäß Art 4 KosmetikVO in deutscher Sprache nicht entgegen; denn die Angabe des Verwendungszwecks – in deutscher Sprache – ist gerade dann nicht erforderlich, wenn die Aufmachung des Erzeugnisses den Verbraucher ausreichend informiert (Rathke in Zipfel/Rathke, 174 EL, Art 19 Kosmetik‑VO Rz 71). Insofern ist der Beklagten zu folgen, und es bedarf dazu auch keiner Befassung des EuGH.

2.1.2. Der Revisionsrekurs der Beklagten zeigt im gegebenen Zusammenhang dennoch keine Fehlbeurteilung des Rekursgerichts auf, denn etwa die Produktaufmachung der klagsgegenständlichen „Nivea pure & natural Reinigingsmelk/ Lait démaquillant“, bei der die Verletzung des Art 19 lit f der EU‑KosmetikVO iVm § 2 Kosmetik‑DurchführungsVO beanstandet wird, lässt den Verwendungszweck tatsächlich nicht eindeutig erkennen. Es könnte sich nämlich ebenso um eine Körperlotion oder um ein Duschgel handeln.

2.2. Zum Ablaufdatum

Die Beklagte argumentiert, als Händler müsse sie nicht prüfen, ob ein Ablaufdatum angegeben ist, sondern nur, ob es überschritten wurde. Dieser Aspekt wurde im Rekurs nicht geltend gemacht, er kann daher im Revisionsrekursverfahren nicht nachgeholt werden (RS0043573 [T50]).

2.3. Auch die Beurteilung des Rekursgerichts, dass es einem Verbraucher nicht gestattet sei, vor dem Kauf eines Produkts vom Händler angebrachte Aufkleber zu entfernen, ist nicht zu beanstanden, ergibt sich dies doch schon aus dem mangelnden Eigentums- oder Verfügungsrecht des Käufers vor Übergabe der Ware.

2.4. Zur DetergenzienVO

2.4.1. Detergenzien (Wasch- und Reinigungsmittel) und für Detergenzien bestimmte Tenside im Sinne des Art 2 Z 5 der Verordnung (EG) Nr 648/2004 über Detergenzien dürfen nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr 648/2004 über Detergenzien entsprechen. Soweit Detergenzien und Tenside gemäß § 24 und gemäß Art 11 der genannten Verordnung (EG) zu kennzeichnen sind, ist die Kennzeichnung auf den Verpackungen deutlich sicht- und lesbar und dauerhaft, und wenn die Detergenzien oder Tenside zur Abgabe im Inland bestimmt sind, in deutscher Sprache, anzubringen (§ 30 Abs 1 ChemikalienG).

2.4.2. Art 11 Abs 2 VO (EG) 648/2004 besagt, dass auf den Verpackungen, in denen die Detergenzien dem Verbraucher angeboten werden, leserlich, deutlich und unverwischbar folgende Angaben angebracht sein müssen:

a) Name und Handelsname des Erzeugnisses;

b) Name, Handelsname und Warenzeichen sowie vollständige Anschrift und Telefonnummer des Wirtschaftsteilnehmers, der für das Inverkehrbringen des Produkts verantwortlich ist;

c) Anschrift, E-Mail-Adresse, soweit vorhanden, und Telefonnummer, unter der das in Artikel 9 Absatz 3 genannte Datenblatt erhältlich ist.

Die gleichen Angaben müssen in allen Begleitpapieren von lose beförderten Detergenzien enthalten sein.

Art 11 Abs 3, 4 und 5 der genannten VO lauten:

(3) Auf der Verpackung von Detergenzien wird der Inhalt gemäß den Vorschriften in Anhang VII Abschnitt A angegeben. Ferner sind auf der Verpackung erforderlichenfalls Anweisungen für die Verwendung und besondere Vorsichtsmaßnahmen anzugeben.

(4) Darüber hinaus werden auf der Verpackung von Detergenzien, die an die Allgemeinheit verkauft werden und zur Verwendung als Waschmittel bestimmt sind, die in Anhang VII Abschnitt B vorgesehenen Informationen angegeben.

(5) Gibt es in einem Mitgliedstaat innerstaatliche Anforderungen, die Kennzeichnung in der bzw den Sprachen des Landes abzufassen, so entsprechen der Hersteller und der Vertreiber diesen Anforderungen in Bezug auf die Informationen nach den Absätzen 3 und 4.

 

2.4.3. Dem Revisionsrekurs der Beklagten ist darin zuzustimmen, dass eine Pflicht zur deutschsprachigen Kennzeichnung nur Abs 3 und 4, nicht aber Angaben nach Abs 2 der genannten VO erfassen kann, worunter auch der Handelsname (Produktbezeichnung) und die Anschrift des Inverkehrbringers gehören. Insoweit ist § 30 ChemikalienG unionsrechtskonform zu interpretieren. Die Klägerin beanstandet jedoch nur eine Verletzung von Art 11 Abs 2 DetergenzienVO, nicht aber eine solche von Abs 3 und 4. Insoweit ist der Revisionsrekurs der Beklagten berechtigt.

2.4.4. Unbegründet ist auch der Vorwurf der Klägerin, dass der Wirtschaftsteilnehmer entgegen Art 11 Abs 2 lit b und c DetergenzienVO in abgekürzter Form angegeben sei, da es hier nur darauf ankommt, ob ein Hersteller identifiziert werden kann, was im gegebenen Fall, insbesondere in Verbindung mit der angegebenen Adresse,zu bejahen ist (vgl dazu Art 19 Abs 1 lit a KosmetikVO).

Der Sicherungsantrag der Klägerin zu Punkt 1 des Begehrens ist daher bescheinigt, nicht jedoch jener zu Punkt 2. Dem Revisionsrekurs der Beklagten ist somit teilweise Folge zu geben, indem die einstweilige Verfügung des Rekursgerichts zu Punkt 1. des Unterlassungsgebots bestätigt, Punkt 2. des Sicherungsbegehrens hingegen abgewiesen wird.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm § 43 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat sich erst im Rechtsmittelstadium am Verfahren beteiligt, wobei es ihr letztlich gelungen ist, einen kostenmäßig mit rund 50 % zu bewertenden Teil des Sicherungsantrags abzuwenden. Die Klägerin hat daher ihre Kosten des Sicherungsverfahrens erster Instanz und die Hälfte ihrer Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst und die Hälfte ihrer Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen und ist verpflichtet, der Beklagten die Hälfte ihrer Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

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