OGH 5Ob217/19a

OGH5Ob217/19a20.2.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei B*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger, Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte und widerklagende Partei K*****, geboren am *****, vertreten durch Sluka Hammerer Tewini Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Ehescheidung und Zahlung von 991,62 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten und widerklagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 31. Oktober 2019, GZ 21 R 215/19t‑38, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00217.19A.0220.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nur die Scheidungsbegehren beider Parteien.

Das Erstgericht schied die Ehe aus gleichteiligem Verschulden der Streitteile.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien insoweit nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Die außerordentliche Revision des Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht hat sich mit dem angeblichen Begründungsmangel befasst und diesen auf aktenmäßiger Grundlage verneint. Damit kann dieser in zweiter Instanz verneinte Mangel des Verfahrens erster Instanz nicht mehr Gegenstand der Revision sein (RIS‑Justiz RS0042963).

2.1. Der Revisionswerber behauptet einen Verfahrensmangel wegen unzureichender Behandlung seiner Beweisrüge durch das Berufungsgericht. Dieses hätte als volle zweite Tatsacheninstanz die Beweisergebnisse selbst sichten und eine Beweiswürdigung vornehmen müssen. Dass das Berufungsgericht nur die Nachvollziehbarkeit, Vertretbarkeit und Plausibilität erstgerichtlicher Feststellungen zu überprüfen habe, widerspreche dem Gesetz und der höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Die an die mängelfreie Erledigung einer Beweisrüge in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Mindestanforderungen hat das Berufungsgericht allerdings hier nicht unterschritten:

2.2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist nach ständiger Rechtsprechung (RS0043150) mangelfrei, wenn es sich mit dieser überhaupt befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält. Allerdings ist das Berufungsgericht im Rahmen der Überprüfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung nicht genötigt, sich mit jedem einzelnen Beweisergebnis und jedem Argument des Berufungswerbers auseinanderzusetzen (RS0043150 [T2], RS0043162, RS0040165, RS0043371, RS0043268 [T4, T5], RS0040180). Nur dann, wenn das Berufungsgericht die Beweiswürdigung für bedenklich hält bzw es den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts nicht zu folgen vermag (RS0042081), hat es gemäß § 488 ZPO selbst die Beweise in mündlicher Berufungsverhandlung zu wiederholen und allenfalls zu ergänzen (RS0043125 [T2]). Hat es aufgrund der vom Erstgericht aufgenommenen Beweise hingegen keine Bedenken gegen dessen Beweiswürdigung, ist es selbst unter Heranziehung neuer Argumente zur Beweiswiederholung nicht verpflichtet (RS0043096, RS0043125 [T9]). Auch die Frage, ob das Berufungsgericht eine Beweiswiederholung für notwendig hält, gehört der Beweiswürdigung an und ist nicht revisibel (RS0043125).

2.3. Dass das Berufungsgericht die Beweiswürdigung des Erstgerichts nur auf deren Vertretbarkeit zu prüfen hätte und lediglich bei erheblichen Bedenken gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung zu einer Beweiswiederholung genötigt wäre, ist dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen und wird auch in der Literatur so nicht vertreten; Bedenken gegen die Richtigkeit erstgerichtlicher Feststellungen reichen aus ( Lovrek in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 503 ZPO Rz 81; Pimmer in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 488 ZPO Rz 5; Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 488 Rz 2). Ungeachtet einzelner, der Behandlung der Beweisrüge vorangestellter, allenfalls missverständlicher Formulierungen des Berufungsgerichts hat dieses im konkreten Fall aber die Feststellungen ohnedies nicht nur auf deren Vertretbarkeit bzw erhebliche Bedenken dagegen geprüft, sondern sich der als sorgfältig und mustergültig begründet bezeichneten Beweiswürdigung des Erstgerichts unter Heranziehung der Begründungserleichterung des § 500a ZPO umfassend angeschlossen. Daraus geht ausreichend deutlich hervor, dass es die Feststellungen für insgesamt unbedenklich hält.

2.4. § 500a ZPO beschränkt nach ständiger Judikatur (RS0122301) die Möglichkeit einer verkürzten Begründung nicht auf bestimmte Berufungsgründe. Es kann daher in geeigneten Fällen auch in Fragen der Beweiswürdigung mit dem Hinweis auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts und einer kurzen Zusatzbegründung das Auslangen gefunden werden. Ob den Anforderungen des § 500a ZPO dabei genügt wurde, ist eine Einzelfallfrage, die vom Obersten Gerichtshof nur bei einer grob fehlerhaften Anwendung der Möglichkeit der Begründungserleichterung aufgegriffen werden könnte (RS0122301; 5 Ob 71/19f). Dass dies hier der Fall wäre, behauptet der Revisionswerber gar nicht, auf die vom Berufungsgericht ausdrücklich herangezogene Bestimmung des § 500a ZPO geht die Revision nicht ein. Davon, dass die Beweisrüge in zweiter Instanz überhaupt unerledigt geblieben wäre, kann daher keine Rede sein (vgl RS0043185).

3. Damit war die außerordentliche Revision zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedurfte (§ 510 Abs 3 ZPO).

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