OGH 1Ob135/19p

OGH1Ob135/19p29.8.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei H* S*, vertreten durch die Dr. Helene Klaar Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG, Wien, gegen die beklagte und gefährdende Partei Mag. K* S*, vertreten durch Dr. Anton Cuber und Mag. Claudia Kopp‑Helweh, Rechtsanwälte in Graz, wegen Ehescheidung (hier: wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Juni 2019, GZ 2 R 122/19d, 2 R 123/19a‑74, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichts Graz‑Ost vom 24. Dezember 2018, GZ 248 C 68/17f‑51, und vom 10. April 2019, GZ 248 C 68/17f‑67, abgeändert wurden, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E126113

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Beschluss des Erstgerichts vom 24. 12. 2018, mit dem es die einstweilige Verfügung erließ, enthält keinen bescheinigten Sachverhalt, sondern legt nur das Vorbringen des Antragstellers der rechtlichen Beurteilung zugrunde. Im Rekurs rügte die Antragsgegnerin, dass sein Vorbringen nicht mit einem bescheinigten Sachverhalt gleichgesetzt werden könne und dem Antragsteller keine Gefahrenbescheinigung gelungen sei. Auch wenn auf der Grundlage eines nicht bescheinigten Sachverhalts keine Sicherungsverfügung erlassen werden durfte, vermag der Revisionsrekurswerber keine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens aufzuzeigen, wenn dort (erstmals) ein Sachverhalt als bescheinigt angenommen wurde, mag dieser auch nicht seinen Vorstellungen entsprechen.

2. Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers trifft nicht die Antragsgegnerin, sondern ihn die Behauptungs‑ und Bescheinigungslast für den Deckungsmangel, also dafür, dass insgesamt nicht genügend Vermögen vorhanden wäre, um den zu sichernden Aufteilungsanspruch zu decken (s dazu nur 1 Ob 233/18y [2.3.]).

3. Der im Rechtsmittel ausgeführten Beweisrüge ist zu erwidern, dass der Oberste Gerichtshof bei der Entscheidung über einen Revisionsrekurs auch im Provisorialverfahren nur Rechts‑ und nicht Tatsacheninstanz ist und von jenem Sachverhalt auszugehen hat, den das Rekursgericht als bescheinigt angesehen hat (RIS‑Justiz RS0002192).

4. Mit einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c zweiter Fall EO soll der Anspruch des gefährdeten Ehegatten auf einen angemessenen Anteil an der Aufteilungsmasse, der auch durch eine Ausgleichszahlung (§ 94 EheG) substituiert werden kann, gesichert werden (RS0005175 [T28]; RS0115099 [T5]). Gesichert werden dabei nicht die Vermögensobjekte selbst, Sicherungsobjekt ist vielmehr die gerichtliche Durchsetzung des Aufteilungsanspruchs nach den §§ 81 ff EheG (RS0037061 [T3]). Wenn daher der Antragsteller zu sämtlichen Sachen, auf die sich sein Sicherungsbegehren bezieht, einen emotionalen Bezug herstellen will, ist dieser Umstand nicht von Relevanz. Seine Ausführungen zur Rückübertragung wegen groben Undanks und enttäuschter Erwartung sind bruchstückhaft und insgesamt nicht recht verständlich.

5.1. Die hier im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Ehescheidung beantragte Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse ist eine einstweilige Verfügung zur Sicherung künftiger Leistungsansprüche, die nur unter der Voraussetzung einer konkreten Gefahrenbescheinigung bewilligt werden darf (RS0005175 [T19]; RS0006039 [T2]; RS0006055 [T8]; RS0115099 [T4]). Nach der Rechtsprechung ist die erforderliche Gefährdung des Anspruchs dann nicht anzunehmen, wenn insgesamt genügend Vermögen vorhanden ist, um den Aufteilungsanspruch zu decken (RS0005175 [T23]; RS0006039 [T6]; RS0115099 [T3]).

Bei der Beurteilung der Anspruchsgefährdung nach § 381 EO kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (RS0005118; RS0005175 [T16]). Ob im Einzelfall die Bescheinigung gelungen ist, wirft keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf (RS0013475).

5.2. Das Rekursgericht verneinte in vertretbarer Weise das Vorliegen einer konkreten Anspruchsgefährdung. Die Liegenschaften, auf die sich das Sicherungsbegehren bezieht und die der nachehelichen Aufteilung unterliegen, repräsentieren einen Wert von 1.144.400 EUR; der Wert der Motoryacht beträgt 520.000 USD. Demgegenüber liegt der (bescheinigte) Wert der weiteren im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden und der Aufteilung unterliegenden Liegenschaften weit über 10 Mio EUR. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass damit insgesamt genügend Vermögen vorhanden sei, um den behaupteten Aufteilungsanspruch des Antragstellers zu decken, sodass selbst bei einem Verkauf der genannten Objekte keine Anspruchsgefährdung vorliege, ist nicht zu beanstanden.

6. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§§ 402 Abs 4, 78 EO iVm §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO).

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