OGH 5Ob100/19w

OGH5Ob100/19w31.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin O* GmbH, *, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. P*, 2. V*, 3. T*, 4. P*, alle vertreten durch Dr. Mag. Erhard Buder, Dr. Gabriele Herberstein, Rechtsanwälte in Wien, wegen §§ 12a iVm 37 Abs 1 Z 8 MRG über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Teilsachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. April 2019, GZ 38 R 55/19y‑24, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E125852

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die Frage, ob die Antragsgegner als Vermieter eines Geschäftslokals von der Antragstellerin als nunmehriger Mieterin fristgerecht die Anhebung des Hauptmietzinses unter Berufung auf § 12a Abs 2 MRG begehrt haben.

Das Erstgericht sprach mit Zwischensachbeschluss aus, dass die Antragsgegner als Vermieter dem Grunde nach berechtigt seien, den Hauptmietzins ab 1. 10. 2016 gemäß § 12a Abs 1 MRG iVm § 12a Abs 2 MRG anzuheben.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass es mittels Teilsachbeschluss den Antrag der Antragstellerin abwies, die Unwirksamkeit der Anhebung des Hauptmietzinses gemäß § 12a Abs 2 MRG und die daraus resultierende (Teil‑)Unwirksamkeit des Hauptmietzinses dem Grunde nach festzustellen. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Nach gesicherter Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0113457) beginnt die in § 12a Abs 2 MRG normierte sechsmonatige Frist für die Geltendmachung des Anhebungsbegehrens nur durch die Anzeige der Unternehmensveräußerung zu laufen. Mehrfach sprach der Fachsenat auch bereits aus (5 Ob 171/98b; 5 Ob 109/00s = RS0113457 [T3]; 5 Ob 59/01i; vgl auch Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 12a MRG Rz 85), dass für die Fristwahrung ein formloses Anhebungsbegehren ausreicht. Ob eine konkrete Erklärung der Vermieterin ausreichend erkennen lässt, dass damit die Anhebung nach § 12a MRG begehrt wird, betrifft die Auslegung einer rechtsgeschäftlichen Erklärung im Einzelfall, die grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufwirft (vgl RS0042555). Eine im Interesse der Rechtssicherheit auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung der Vorinstanzen ist hier nicht zu erkennen.

2.1 Entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs wertete das Rekursgericht nicht die bloße Übermittlung von per 1. 10. 2016 erhöhten Mietzinsvorschreibungen an die Antragstellerin als ausreichendes Anhebungsbegehren iSd § 12a Abs 2 MRG. Auf die Frage, ob hiezu höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt, kommt es daher gar nicht an. Das Rekursgericht verwies vielmehr darauf, dass es die Antragstellerin selbst war, die mit der – sämtliche konkreten Angaben enthaltenden – Anzeige der Unternehmsveräußerung vom 3. 8. 2016 (./D) unter Hinweis auf § 12a MRG um Vorschreibung an sie ab 1. 10. 2016 ersuchte. Dazu kam das Vorbringen in der Mahnklage der Antragsgegner vom 11. 10. 2016, wo sie unter Berufung auf den Unternehmenskaufvertrag, die Übernahme der Mietrechte durch die Antragstellerin ab 1. 10. 2016 und die Bestimmung des § 12a MRG den erhöhten Mietzins laut Erhöhungsschreiben für Oktober 2016 einklagten und letztlich die Stellungnahme der Antragsgegner im Schlichtungsstellenverfahren betreffend die Mietzinsüberprüfung vom 22. 12. 2016, die auf die Vorschreibung der erhöhten Mietzinse ab 1. 10. 2016 nach § 12a MRG Bezug nahm.

2.2 Dass der Fachsenat zu 5 Ob 21/04f den Antrag auf Überprüfung des Hauptmietzinses für die Anhebung nur aufgrund eines Verweises auf die mangelnde Formstrenge im Außerstreitverfahren als wirksames Erhöhungsbegehren gewertet hätte, ist dieser Entscheidung nicht zu entnehmen; dass mit einem dem Mieter zugestellten Sachantrag im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG eine fristgerechte Mietzinsanhebung begehrt werden kann, sprach der Fachsenat vielmehr bereits zu 5 Ob 59/01i und 5 Ob 188/04i aus. 5 Ob 101/11f (wobl 2012/93 [Schauer]) sah selbst in der telefonischen Bekanntgabe der Erhöhung des Hauptmietzinses an den Unternehmenserwerber ein ausreichendes Anhebungsbegehren.Die Auffassung der Vorinstanzen, auch Prozessvorbringen in einem streitigen Verfahren könne grundsätzlich als Anhebungsbegehren im Sinn des § 12a Abs 2 MRG gewertet werden, hält sich in diesem von der Rechtsprechung bereits vorgegebenen Rahmen. Dem Argument der Revisionsrekurswerberin, es handle sich dabei um eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung gegenüber dem Mieter, Prozessvorbringen sei hingegen bloße Wissenserklärung, ist entgegenzuhalten, dass nach ständiger Judikatur (RS0105354) etwa auch die rechtsgestaltende Aufhebung eines Bestandverhältnisses nach § 1118 ABGB durch die in der Klage nach dieser Gesetzesstelle enthaltene Aufhebungserklärung erfolgt.

3. Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen bildet somit keine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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