OGH 8Ob62/19d

OGH8Ob62/19d27.6.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch SLUKA HAMMERER TEVINI Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei J*****, vertreten durch Mag. Christof Brunner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 15. April 2019, GZ 4 R 137/18x-18, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00062.19D.0627.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin stützt ihr Begehren auf Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts an den mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteilen des Beklagten an einer Salzburger Liegenschaft auf die Ausübung eines Vorkaufsrechts.

1. Das Vorkaufsrecht gemäß § 1072 ABGB ist ein Gestaltungsrecht, welches zum bevorzugten Erwerb einer Sache berechtigt ( Apathy/Perner in KBB 5 § 1072 ABGB Rz 1; vgl RIS-Justiz RS0123147). Es steht unter der Bedingung, dass der Vorkaufsverpflichtete die Sache verkaufen will (RS0020164; 8 Ob 526/86; Verschraegen in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.06 § 1072 Rz 1). Durch die Erklärung, den Vorkauf auszuüben, wird der Kaufvertrag zwischen dem Verpflichteten und dem Vorkaufsberechtigten abgeschlossen (RS0020189).

2.1 Entgegen den Ausführungen der Revisionswerberin hat das Berufungsgericht die Klageabweisung nicht damit begründet, dass kein bindendes Offert der Drittkäuferin – hier der Lebensgefährtin des Beklagten – vorliege. Vielmehr hat das Berufungsgericht die Auffassung vertreten, dass die Klägerin wider Treu und Glauben von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht habe, nachdem sie bei den vertragsschließenden Teilen – dem Beklagten und dessen Lebensgefährtin – den Eindruck erweckt habe, auf ihr Vorkaufsrecht zu verzichten.

2.2 Nach der Rechtsprechung darf sich niemand durch eigenes unredliches Verhalten Rechtsvorteile verschaffen (RS0016433). So kann sich niemand auf den Eintritt einer Bedingung berufen, die er selbst wider Treu und Glauben herbeigeführt hat (RS0015330). Ob eine treuwidrige Beeinflussung des Laufs der Dinge vorliegt, ist eine nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilende Rechtsfrage (RS0110900; siehe auch Kietaibl in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.04 § 897 Rz 35).

2.3 Nach den Feststellungen trat die Klägerin von sich aus an die Lebensgefährtin des Beklagten heran, nachdem diese und der Beklagte von einem Kauf der Eigentumswohnung wegen der von der Klägerin für die Nichtausübung ihres Vorkaufsrechts gestellten Bedingungen bereits Abstand genommen hatten, und erklärte, einem Kauf nicht mehr im Wege zu stehen, weil sie nicht wolle, dass jemand anderer in die Wohnung einziehe. Bedingung war nur, dass der Klägerin im Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und dessen Lebensgefährtin wiederum ein Vorkaufsrecht eingeräumt wird. In der Folge kritisierte die Klägerin einen Vertragsentwurf, weil er einen Verzicht auf ihr Vorkaufsrecht anstelle der Einräumung eines solchen Rechts zu ihren Gunsten vorsah, woraufhin ein zweiter Entwurf erstellt wurde, der ein Vorkaufsrecht der Klägerin beinhaltete. Schließlich meinte die Klägerin bei einem Treffen mit dem Beklagten und dessen Lebensgefährtin zu den beiden, sie müssten diesen Vertrag unterschreiben, damit sich am (einzuräumenden) Vorkaufsrecht nichts mehr ändern könne, ohne zu erwähnen, dass sie daran denke, das bestehende Vorkaufsrecht auszuüben. Daraufhin unterschrieben der Beklagte und seine Lebensgefährtin den Kaufvertrag, was sie aber keinesfalls getan hätten, hätten sie gewusst, dass die Klägerin ihr Vorkaufsrecht ausüben wird.

2.4 Vor diesem Hintergrund bewegt sich die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne sich hier nicht auf den Eintritt des Vorkaufsfalls berufen, im Rahmen der Rechtsprechung. Ob die Klägerin bei diesem Sachverhalt bereits (schlüssig) auf die Ausübung ihres Vorkaufsrechts verzichtet hat oder aber einen solchen Verzicht nur in Aussicht gestellt hat, kann mangels Schutzwürdigkeit der Klägerin auch im zweiteren Fall dahingestellt bleiben.

3. Auf die Rechtzeitigkeit der Einlösungserklärung kommt es damit ebenfalls nicht mehr an.

4. Da es der Klägerin mit ihren Ausführungen nicht gelingt, eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte