Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 3.309,-
bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 480,- und die Umsatzsteuer von S 257,25) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger verkaufte dem Beklagten im Jahre 1983 einen Widder mit der Abstammungsnummer 25.711 des TIROLER S*** um S 30.000. Das Tier wurde dem Beklagten gegen Bezahlung des Kaufpreises an den Kläger übergeben.
Der Kläger begehrte, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihm den Widder zu einem Kaufpreis von S 30.000 zum Kauf anzubieten. Der Verkauf des Tieres sei unter Vorbehalt des Wiederkaufes (§ 1068 ABGB) erfolgt. Sofern diese Vereinbarung nicht als Wiederkaufsrecht zu beurteilen wäre, sei der Kläger zumindest vorkaufsberechtigt. Trotzdem habe der Beklagte den Widder an Leopold P*** um S 42.000 weiterverkauft.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil weder ein Wiederkaufs- noch ein Vorkaufsrecht vereinbart worden sei. Die Herausgabe des Widders sei nicht mehr möglich, weil er bereits verkauft wurde.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf nachstehende Feststellungen:
Bei dem Widder handelte es sich um ein weißes, nicht gehörntes Tiroler Bergschaf von hohem Zuchtwert. Der Kauf erfolgte mündlich und wurde mit Handschlag besiegelt. Anläßlich der Verkaufsgespräche vereinbarten die Streitteile, daß der Beklagte das Tier nicht weiterveräußern dürfe. Falls er aber den Widder dennoch verkaufen wolle, müsse er ihn um denselben Preis, zu welchem er ihn kaufte, also um S 30.000 wieder an den Kläger verkaufen.
Die Übergabe des Widders an den Beklagten erfolgte einige Wochen später im Herbst 1983. Bei der Übergabe leistete der Beklagte dem Kläger eine Anzahlung von S 9.000, der Restkaufpreis von S 21.000 wurde mit Bankauftrag vom 15. Februar 1984 überwiesen. Im Februar 1984, nachdem die Jubiläumsausstellung des TIROLER S*** in Kematen stattgefunden hatte, verkaufte und
übergab der Beklagte den Widder an Leopold P*** um
S 42.000, ohne dem Kläger diesen Verkauf mitzuteilen und ihm die Einlösung des Widders anzubieten. So wie Leopold P*** erst nach getätigtem Kauf und erfolgter Übergabe durch den Kläger von dessen Vorkaufsrecht erfuhr, erlangte der Kläger von anderer Seite Kenntnis vom erfolgten Weiterverkauf des Widders. Danach suchte der Kläger sofort den Beklagten auf und verlangte von ihm die Zuhaltung der getroffenen Vereinbarung bezüglich des Rückkaufes des Widders. Der Beklagte wies den Kläger daraufhin an, er könne sich den Widder bei Leopold P*** abholen. Dieser ist grundsätzlich nur zu dessen Verkauf um den Preis von S 42.000 verhandlungsbereit. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß zwischen den Streitteilen ein limitiertes Vorkaufsrecht vereinbart worden sei. Dieses habe der Beklagte verletzt. Die Wiederbeschaffung des Widders sei dem Beklagten nicht unmöglich. Daher sei der Kläger berechtigt, Erfüllung zu verlangen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteigt und erklärte die Revision nicht für zulässig. Rechtlich stellte es zunächst klar, daß ein Wiederkaufsrecht nicht vereinbart worden sein konnte, weil dieses Recht nur an unbeweglichen Sachen, Unternehmen und beweglichen Gattungssachen begründet werden kann. Wohl aber könne die von den Streitteilen getroffene Vereinbarung als limitiertes Vorkaufsrecht aufgefaßt werden, auf Grund dessen der Beklagte bei Eintritt des Vorkaufsfalles verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger die Einlösung anzubieten. Ein solches Einlösungsangebot sei aber vom Beklagten nicht erfolgt. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sei die Wiederbeschaffung des Widders keineswegs unmöglich. Daher sei dem Kläger grundsätzlich ein Erfüllungsanspruch auf die Sache selbst zugestanden; der Beklagte könne sich nicht auf die Unmöglichkeit der Leistung (§ 920 ABGB) berufen. Für die Einlösung des Vorkaufsrechtes genüge aber nicht die bloße Erklärung, das Vorkaufsrecht auszuüben. Es sei wirkliche Zahlung oder ein tatsächliches Zahlungsanbot des Vorkaufsberechtigten notwendig. Der Kaufpreis sei genauso zu erlegen, wie sich hiezu der Käufer verpflichtet hatte. Eine "wirkliche Einlösung" in diesem Sinn sei nicht nur erforderlich, um den Verkäufer davor zu schützen, sein Eigentum an den Vorkaufsberechtigten übertragen zu müssen, von diesem aber dann keine Gegenleistung zu erhalten, sondern auch um zu verhindern, daß der mit dem Dritten abgeschlossene Kaufvertrag durch die Einlösungserklärung aufgehoben wird, die tatsächliche Einlösung aber dann mangels Zahlungsfähigkeit des Vorkaufsberechtigten doch nicht erfolgen kann und der Verkäufer überhaupt keinen Käufer mehr hat. Zur wirklichen Einlösung gehöre daher der Erlag des Kaufpreises in dem Maße und der Form, wie sich der Käufer hiezu verpflichtet hat. Es dürfe nicht übersehen werden, daß Leopold P*** den Kaufpreis für den Widder von S 42.000 bereits bezahlt hat. Im Hinblick darauf, daß die Wiederbeschaffung des Widders zwar möglich, aber noch nicht erfolgt ist, könne vom Kläger nicht die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises von S 30.000 an den Beklagten gleichzeitig mit der Einlösungserklärung verlangt werden. Andererseits könne es aber auch dem Beklagten nicht zugemutet werden, den Widder von Leopold P*** zurückzukaufen, ohne eine Sicherheit dafür zu haben, daß der Kläger den Kaufpreis entrichtet. Im konkreten Fall wäre es daher für eine "wirkliche Einlösung" erforderlich gewesen, daß der Kläger den Kaufpreis hinterlegt oder in anderer Weise für den Kaufpreis geeignete Sicherstellung leistet. Daß er dazu bereit sei, habe der Kläger aber nicht einmal behauptet, und sei eine solche Sicherstellung auch nicht erfolgt. Vom Kläger sei nicht einmal eine Frist genannt worden, innerhalb derer er zur Zahlung bereit wäre. Es liege daher kein "reales Angebot" vor, so daß ein Anspruch auf Herausgabe des Widders bereits aus diesem Grunde nicht bestehe.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, mit dem Antrag, diese zuzulassen, ihr Folge zu geben und die Entscheidung des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, deren Erstattung ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellt wurde, der außerordentlichen Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichtes zulässig, weil die Beurteilung der vorliegenden Fragen über den Einzelfall hinausgeht. Nach Ansicht des Klägers genüge es, daß der Vorkaufsberechtigte die Bezahlung des seinerzeit vereinbarten Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe des Tieres anbietet, wogegen der Beklagte auf der Ansicht des Berufungsgerichtes beharrt, daß die wirkliche Einlösung durch Zahlung unabhängig von einem ordnungsgemäßen Anbot zu erfolgen habe.
Dazu war zu erwägen:
Gemäß § 1072 ABGB begründet das Vorkaufsrecht ein Recht des Vorkaufsberechtigten zum bevorzugten Erwerb der Sache für den Fall, daß der Verpflichtete die Sache verkaufen will. Es beschränkt den Verpflichteten nicht in seiner Freiheit, überhaupt zu verkaufen. Lediglich der Käufer ist durch die Person des Vorkaufsberechtigten zunächst vorgegeben (Aicher in Rummel Rdz 1 zu § 1072 ABGB). Daß es sich bei der Vereinbarung der Parteien im wesentlichen um ein solches Vorkaufsrecht handelte, ist nicht mehr strittig und in den Feststellungen, wonach die Parteien vereinbarten, daß der Beklagte, falls er den Widder verkaufen wolle, ihn dem Kläger verkaufen müsse, gedeckt. Die Gestaltung des Vertragsinhaltes ist allerdings im vorliegenden Fall insoweit fixiert, als der Preis, um welchen an den Kläger verkauft werden müßte, mit S 30.000 begrenzt wurde. Hier handelt es sich demnach um ein sogenanntes limitiertes Vorkaufsrecht, bei dem ein bestimmter Höchsteinlösungspreis vorweg vereinbart wird (Aicher in Rummel aaO Rdz 11).
Der Vorkaufsfall entsteht gemäß § 1072 ABGB, wenn der Verpflichtete "wiederverkaufen will". Für dieses limitierte Vorkaufsrecht ist neben dem bindend erklärten Veräußerungswillen des Verpflichteten zumindest ein bindendes Offert eines Dritten essentiell bzw. Voraussetzung (Bydlinski in Klang 771; Aicher aaO Rdz 13). Ist der Vorkaufsfall wie hier einmal eingetreten, ist der Verpflichtete grundsätzlich gemäß § 1072 ABGB gehalten, dem Berechtigten die Einlösung anzubieten. Das Einlösungsanbot muß dem Berechtigten die Information bieten, die er benötigt, um von seinem Einlösungsrecht Gebrauch machen zu können. Eine unzureichende Anbietung löst die Einlösungspflicht nicht aus (Aicher in Rummel aaO Rdz 23, 24, 25), kann aber umgekehrt am Recht des Verkaufsberechtigten auf Ausübung des Vorkaufsrechtes an sich nichts ändern.
Der vorliegende Fall ist jedoch dadurch gekennzeichnet, daß der Widder - also die mit dem Vorkaufsrecht belastete bewegliche Sache - bereits an einen Dritten um S 42.000,- verkauft wurde. Dieser ist nach den getroffenen Feststellungen grundsätzlich nur zu dessen Verkauf um den Preis von S 42.000,- verhandlungsbereit. Nach der Rechtsprechung (3 Ob 607/80 ua) besteht nur bei Verletzung eines dinglichen Vorkaufsrechtes gegen den aus dem Vorkaufsrecht Verpflichteten auch ein Anspruch auf Naturalersatz, d.h. auf Verschaffung der Möglichkeit des Erwerbes des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Objektes. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber nach den Feststellungen des Erstgerichtes bloß um ein obligatorisches Vorkaufsrecht. In diesem Fall ist ein Erfüllungsanspruch gegen den Verpflichteten ausgeschlossen (SZ 23/356; SZ 38/148; EvBl. 1973/64 letztere Entscheidung mit ausführlicher Darstellung von Lehre und Rechtsprechung; 3 Ob 607/80 u.a.). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht trotz der Bedenken der Lehre angesichts der ausführlichen und überzeugenden Begründung der oberstgerichtlichen Entscheidung EvBl 1973/64 und zufolge des klaren Wortlautes des § 1079 ABGB auch für den erkennenden Senat kein Anlaß. Das vom Kläger als Erfüllung des Vorkaufsrechtes verstandene Begehren, das er auch in seiner Revision so aufgefaßt wissen will (vgl. AS 135) scheitert daher schon an den dargelegten Grundsätzen. Bei dieser Rechtslage war auf die vom Berufungsgericht und den Parteien angeschnittene Frage der "wirklichen Einlösung" des Widders durch den Kläger als hier nurmehr theoretischer Art nicht mehr einzugehen. Das auf Abweisung des Klagebegehrens lautende Urteil des Gerichtes zweiter Instanz war aber im Ergebnis zu bestätigen und der Revision des Klägers damit der Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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