European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00137.18Z.0424.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 501,91 EUR (darin enthalten 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat im Jahr 2004 bei der Beklagten einen Haftpflicht-, Kasko‑ und Insassen-Unfallversicherungsvertrag für zwei Fahrzeuge, einen BMW ***** und einen Porsche *****, mit einem Wechselkennzeichen, abgeschlossen. Die Klägerin veräußerte den BMW und setzte davon die Beklagte in Kenntnis, die am 26. 5. 2004 mitteilte, dass „wir die Kündigung ihres Versicherungsvertrages zu Polizzen Nr.: ***** per 1. 8. 2004 vorgemerkt haben. Sie erhalten von uns ein Stornodokument mit Endabrechnung“. Danach buchte die Beklagte weiterhin bis 4. 8. 2016 monatlich 48,25 EUR vom Konto der Klägerin ab, was der Klägerin bis zum Sommer 2016 nicht auffiel.
Nach Mitteilung dieses Umstands und Urgenz der Rückzahlung der über die Jahre zu viel bezahlten monatlichen Beträge überwies die Beklagte die Versicherungsprämien der letzten drei Jahre in Höhe von 1.848,53 EUR und teilte der Klägerin mit Schreiben vom 12. 8. 2016 mit, dass sie das Storno der Kaskoversicherung auch hinsichtlich des Porsche ab 25. 3. 2004 mit Stornogrund Abmeldung akzeptiere.
Die Klägerin begehrt die abgebuchten Versicherungsprämien in Höhe von 5.292,75 EUR sA für die Jahre 2004–2013. Sie habe den Versicherungsvertrag hinsichtlich beider Fahrzeuge am 25. 3. 2004 storniert und im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten davon ausgehen dürfen, dass auch der Versicherungsvertrag für den Porsche beendet sei. Weil der Versicherungsvertrag bereits im März 2004 mit dem Verkauf des Porsche weggefallen sei, seien die vom Konto der Klägerin abgebuchten Beträge nicht auf eine vertragliche Leistung zurückzuführen, sondern es habe die Klägerin eine Nichtschuld bezahlt, deren Rückforderung erst nach 30 Jahren verjähre.
Die Beklagte bestritt und beantragte – soweit im Revisionsverfahren relevant – die Abweisung des Klagebegehrens, weil die Rückforderung von vertraglichen Leistungen, die regelmäßig zu erbringen seien, der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1480 ABGB unterläge.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Für Bereicherungsansprüche auf Rückforderung zu Unrecht eingehobener, wiederkehrender Zahlungen gelange die dreijährige Verjährungsfrist zur Anwendung wie auch für die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Kreditzinsen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Beklagte habe die Auflösung des Versicherungsvertrags auch den Porsche betreffend ab 25. 3. 2004 aus dem Grund der Abmeldung akzeptiert, weshalb ihr die weiterhin eingezogenen Versicherungsprämien nicht zugestanden seien. Nach § 12 Abs 1 VersVG verjährten Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in drei Jahren, alle anderen unterlägen der Regelverjährung nach dem ABGB. Das Begehren auf Rückzahlung rechtsgrundlos bezahlter Versicherungsprämien betreffe keine Forderung, die § 1486 Z 1 ABGB zu unterstellen sei. Die Verjährungsfrist für Bereicherungsansprüche nach § 1431 ABGB betrage zwar grundsätzlich 30 Jahre, die Rechtsprechung folge mittlerweile aber einem differenzierenden Ansatz dahingehend, dass die Verjährung analog der Art des Anspruchs beurteilt werde, an dessen Stelle die Kondiktion trete.
Die Revision sei zulässig, weil eine Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zur Verjährungsfrist von Bereicherungsansprüchen zu periodisch geleisteten rechtsgrundlosen Prämienzahlungen unter Berücksichtigung der jüngeren (allgemeinen) Rechtsprechung fehle.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, das Berufungsurteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
1. Gemäß § 12 Abs 1 VersVG verjähren Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag innerhalb von drei Jahren nach Fälligkeit. Davon umfasst sind alle Ansprüche, die ihre Grundlage im Versicherungsvertrag haben, die also ihrer Rechtsnatur nach auf dem Versicherungsvertrag beruhen (7 Ob 221/17a mwN), nicht jedoch Bereicherungsansprüche des Versicherungsnehmers (RIS‑Justiz RS0118104). Auf diese sind die allgemeinen Regeln des ABGB anzuwenden (vgl auch Palten in Fenyves/Schauer VersVG § 12 Rz 4).
Die Beklagte akzeptierte die Stornierung des Vertrags auch für den Pkw Porsche per März 2004. Es ist damit unstrittig, dass im Hinblick auf die Beendigung des Versicherungsvertrags im Jahr 2004 die danach bis 2016 abgebuchten Prämienzahlungen nicht auf Grundlage des Versicherungsvertrags erfolgten. Damit sind die Regeln des ABGB anzuwenden.
2. Die Klägerin macht ausdrücklich einen Anspruch nach § 1431 ABGB wegen rechtsgrundloser Zahlung geltend. Von der Rechtsprechung wird auch bei einer – wie hier vorliegend – rechtsgrundlosen Abbuchung im Lastschriftverfahren (vgl dazu 1 Ob 244/11f) ein Bereicherungsanspruch nach § 1431 ABGB analog gewährt (1 Ob 215/03d = JBl 2005, 100 [krit Dullinger]), zumindest wenn der Entreicherte die Möglichkeit hatte, auf die buchhalterischen Vorgänge rechtzeitig Einfluss zu nehmen (6 Ob 152/05d).
3. Die Verjährungsfrist für Bereicherungs-ansprüche nach § 1431 ABGB beträgt nach der allgemeinen Regel des § 1479 ABGB grundsätzlich 30 Jahre (RS0033819 [insbes T1]; RS0020167 [insbes T1]). Die jüngere Rechtsprechung folgt allerdings nunmehr einem differenzierenden Ansatz. Danach ist die Verjährung von Kondiktionsansprüchen analog nach der Art des Anspruchs zu beurteilen, an dessen Stelle die Kondiktion tritt (vgl 8 Ob 110/16h mwN). Die lange 30‑jährige Verjährungszeit gilt als Auffangtatbestand. Ist keine jener Bestimmungen, die eine kurze Verjährungsfrist vorsehen, sei es unmittelbar, sei es kraft Analogieschlusses, anwendbar, hat es bei einer Verjährungszeit von 30 Jahren zu bleiben (RS0086687; vgl RS0123539; RS0124811).
4. Nach § 1480 ABGB verjähren Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen, insbesondere von Zinsen, Renten, Unterhaltsbeiträgen, Ausgedingsleistungen sowie zur Kapitalstilgung vereinbarten Annuitäten in drei Jahren. Unter „rückständigen jährlichen Leistungen“ sind periodisch, das heißt jährlich oder in kürzeren Zeiträumen, wiederkehrende Leistungen zu verstehen (RS0034320). Die Rechtsprechung übertrug daher die dreijährige Verjährungsfrist auf Bereicherungsansprüche auf Rückforderung zu Unrecht eingehobener periodisch wiederkehrender Zahlungen. Diese Judikatur ist ungeachtet teilweiser Kritik in der Literatur nunmehr als gefestigt anzusehen (3 Ob 47/16g). So wurde die dreijährige Verjährungsfrist etwa bejaht für die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Kreditzinsen (4 Ob 73/03v; RS0117773), für die von einem Netzbetreiber zu Unrecht eingehobenen Gebrauchsabgaben (7 Ob 269/08x), für Mietzinsüberzahlungen (5 Ob 25/15k) und für periodisch zu Unrecht geleistete Leasingentgelte (3 Ob 47/16g).
5. Die Entscheidung 7 Ob 191/03v, die zu dem Ergebnis kam, dass nicht dem § 12 VersVG unterliegende Bereicherungsansprüche wegen irrtümlich bezahlter Versicherungsprämien der dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliegen, erging vor Verfestigung der dargelegten Judikatur und kann daher nicht aufrechterhalten werden (für die dreijährige Verjährungsfrist für die Rückforderung von Versicherungsprämien im Schrifttum etwa auch: Leitner in seiner Glosse zu 7 Ob 191/03v, ecolex 2004/210, R. Madl in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON § 1480 ABGB Rz 9; Vollmaier in Klang3, § 1480 Rz 27).
6. Ob die von der Judikatur genannten Gründe für die analoge Anwendung des § 1480 ABGB auch auf die Parteien des jeweils zu beurteilenden Rechtsstreits zutreffen, ist nicht entscheidend.
7. Der Senat gelangt daher zu folgendem Ergebnis:
Bereicherungsansprüche wegen der Leistung von Versicherungsprämien ohne vertragliche Grundlage unterliegen zwar nicht § 12 Abs 1 VersVG, aber der analogen Anwendung des § 1480 ABGB und damit der dreijährigen Verjährungsfrist.
8. Der Revision der Klägerin ist daher der Erfolg zu versagen.
9. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.
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