European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:010OBS00018.19Y.0326.000
Spruch:
Das Verfahren 10 ObS 18/19y wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den vom Obersten Gerichtshof am 19. Dezember 2018 zu 10 ObS 66/18f gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen.
Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Verfahren von Amts wegen fortgesetzt.
Begründung:
Die ***** 1964 geborene Klägerin lebt seit 1985 in Deutschland und hat dort ihren Wohnsitz. Sie erwarb in Österreich zwischen Juli 1979 und Mai 1985 insgesamt 96 Versicherungsmonate, davon 61 Beitragsmonate der Pflichtversicherung und 35 Monate an Ersatzzeiten. In Deutschland erwarb sie im Zeitraum von September 1985 bis Dezember 2015 zusammen 319 Versicherungsmonate für die Begründung des Anspruchs auf alle Rentenarten. Die Klägerin bezieht seit 1. 2. 2017 eine (deutsche) Rente wegen voller Erwerbsminderung, derzeit befristet mit 31. 5. 2019. Bei der Klägerin liegt seit 1. 1. 2017 vorübergehende Invalidität im Ausmaß von mindestens sechs Monaten vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 2. 5. 2018 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Invaliditätspension mangels Vorliegens dauerhafter Invalidität ab. Sie sprach gleichzeitig aus, dass bei der Klägerin vorübergehende Invalidität im Ausmaß von voraussichtlich mindestens sechs Monaten ab 1. 1. 2017 vorliege. Es bestehe kein Anspruch auf berufliche Rehabilitation. Als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sei der weitere Krankheitsverlauf abzuwarten. Es bestehe kein Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der österreichischen Krankenversicherung.
Die Klägerin begehrt im Revisionsverfahren noch die Zuerkennung von Rehabilitationsgeld seit 1. 1. 2017.
Die beklagte Pensionsversicherungsanstalt wandte dagegen vor allem ein, dass die Klägerin in Deutschland lebe und dort ihren sozialen und familiären Mittelpunkt habe. Sie weise kein Naheverhältnis zu Österreich auf, weshalb sie keinen Anspruch auf Rehabilitationsgeld habe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang der – im Revisionsverfahren allein noch strittigen – Zuerkennung von Rehabilitationsgeld ab 1. 1. 2017 statt.
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge und ließ die Revision nicht zu.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung des Klagebegehrens auf Zuerkennung eines Rehabilitationsgeldes anstrebt.
Rechtliche Beurteilung
Im Verfahren 10 ObS 66/18f hat der Senat mit Beschluss vom 19. Dezember 2018 ein zu C‑135/19 anhängiges Ersuchen um Vorabentscheidung folgender Fragen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet:
„1. Ist das österreichische Rehabilitationsgeld nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
– als Leistung bei Krankheit nach Art 3 Abs 1 lit a der Verordnung oder
– als Leistung bei Invalidität nach Art 3 Abs 1 lit c der Verordnung oder
– als Leistung bei Arbeitslosigkeit nach Art 3 Abs 1 lit h der Verordnung
zu qualifizieren?
2. Ist die Verordnung (EG) 883/2004 im Licht des Primärrechts dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat als ehemaliger Wohnstaat und Beschäftigungsstaat verpflichtet ist, Leistungen wie das österreichische Rehabilitationsgeld an eine Person mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat zu zahlen, wenn diese Person den Großteil der Versicherungszeiten aus den Zweigen Krankheit und Pension als Beschäftigte in diesem anderen Mitgliedstaat (zeitlich nach der vor Jahren stattgefundenen Verlegung des Wohnsitzes dorthin) erworben hat und seitdem keine Leistungen aus der Kranken- und Pensionsversicherung des ehemaligen Wohn- und Beschäftigungsstaats bezogen hat?“
Die in diesem Ersuchen gestellten Rechtsfragen sind auch für das vorliegende Verfahren präjudiziell. Der Oberste Gerichtshof hat von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des EuGH auszugehen und diese auch für andere als den unmittelbaren Anlassfall anzuwenden. Ein späteres Verfahren, das – wie hier – dieselben Rechtsfragen betrifft, ist daher aus prozessökonomischen Gründen zu unterbrechen (RIS‑Justiz RS0110583).
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