OGH 8Ob96/18b

OGH8Ob96/18b25.1.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** reg. Gen.m.b.H., *****, vertreten durch Amann-Jehle-Juen Rechtsanwälte Partnerschaft in Rankweil, gegen die beklagte Partei A***** Ö*****, vertreten durch Mag. Jürgen Nagel, Ing. Dr. Michael Bitriol, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen 8.000 EUR, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 7. März 2018, GZ 1 R 31/18v‑19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom 27. November 2017, GZ 20 C 550/16p‑15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00096.18B.0125.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 833,88 EUR (darin 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Klägerin schloss mit dem Onkel des Beklagten am 20. 8. 2010 einen Kontokorrentkreditvertrag mit einem Rahmen von 5.000 EUR und einer Laufzeit bis 31. 7. 2015; am 10. 1. 2012 wurde dieser Kreditvertrag einvernehmlich auf einen Rahmen von 20.210 EUR bei einer Laufzeit bis 31. 12. 2016 aufgestockt. Der Beklagte unterfertigte zu Gunsten dieses aufgestockten Kontokorrentkredits „Zur Sicherstellung aller bestehenden und künftigen Forderungen des Kreditgebers einschließlich Zinsen, Spesen und sonstigen Nebengebühren aus o.a. Schuldverhältnis (…) für 100 % des jeweils aushaftenden Kreditsaldos“ mit Verträgen vom selben Tag zwei Bürgschaftsverträge mit einem Haftungshöchstbetrag von 2.500 EUR und 8.000 EUR.

Am 15. 5. 2014 vereinbarte die Klägerin über Ersuchen des Onkels eine weitere Aufstockung des Kontokorrentkreditvertrags mit einem Rahmen von 35.000 EUR, dies mit einer Laufzeit bis 31. 12. 2014. Der Beklagte unterzeichnete dazu über Aufforderung der Klägerin am selben Tag sowohl einen Warnhinweis gemäß § 7 Abs 2 VKrG, als auch einen weiteren Bürgschaftsvertrag mit einem Haftungshöchstbetrag von 2.500 EUR, darüber hinaus zahlte der Onkel als Besicherung einen Betrag von 7.000 EUR auf eine zugunsten dieses Kredits verpfändete Spareinlage ein.

In den Bürgschaftserklärungen vom 10. 1. 2012 findet sich unter anderem folgender Text:

„C. Sonstige Bestimmungen

(…) 2. Beendigung: Die Bürgschaft erlischt nicht durch vorübergehende Rückzahlung bei Fortbestand des Kontokorrentverhältnisses. (…)

3. Kreditverlängerung: Bei Verlängerung der getroffenen Kreditvereinbarung bleibt die Bürgschaft aufrecht (...).“

Am 29. 9. 2015 wurde über das Vermögen des Onkels das Konkursverfahren eröffnet. An diesem Tag betrug der Saldo auf dem Kreditkonto des Onkels -42.460,27 EUR. Am 25. 8. 2016 betrug der Saldo nach Verwertung der bestellten weiteren Sicherheiten, insbesondere einer Spareinlage, und einer Zahlung des Beklagten als Bürgen in Höhe von 2.500 EUR noch -24.384,76 EUR.

Die Klägerin begehrte ursprünglich 10.500 EUR aufgrund der Bürgschaftsverträge vom 10. 1. 2012 (8.000 EUR) und 15. 5. 2014 (2.500 EUR).

Der Beklagte wandte – soweit im Revisionsverfahren noch von Relevanz – ein, dass es nicht zu seinen Lasten als Bürge gehen könne, dass die Klägerin dem Kreditnehmer eine Rahmenüberziehung ermöglicht habe. Der zuletzt gültige Kontokorrentkreditrahmen habe nur 20.210 EUR betragen. Für diesen wären ausreichende Sicherheiten vorgelegen. Für darüber hinausgehende Außenstände hafte der Beklagte nicht. Die Klägerin habe außerdem anlässlich der Gewährung der neuerlichen Erhöhung des Rahmens auf 35.000 EUR schlüssig auf die Bürgschaft vom 10. 1. 2012 über 8.000 EUR verzichtet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt und verpflichtete den Beklagten unter (unangefochtener) Abweisung des Mehrbegehrens zur Zahlung von 8.000 EUR.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten keine Folge. Es bleibe der Klägerin überlassen, welche Solidarschuldner sie in Anspruch nehmen wolle. Die Haftung des Beklagten bestehe, solange und soweit der von ihm verbürgte Betrag in der zugrunde liegenden Hauptschuld gedeckt sei. Ein Verzicht der Klägerin auf die Bürgschaft sei aus den Feststellungen nicht abzuleiten.

Über Antrag des Beklagten erklärte das Berufungsgericht die ordentliche Revision nachträglich gemäß § 508 ZPO für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, wie bei einer nicht von der Höchstbetragsbürgschaft umfassten Erweiterung der Hauptschuld die Eingänge aus der Verwertung von sonstigen Sicherheiten zu verrechnen seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Der Revisionswerber bringt vor, dass nur die nachträgliche Zulassung eines Kreditsaldos von über 42.000 EUR anstatt des Rahmenlimits von 20.210 EUR dazu geführt habe, dass die aushaftende Restschuld noch den verbürgten Betrag übersteigt. Hätte die Klägerin nach Erreichen des vereinbarten Rahmens keine Überziehungen mehr zugelassen, wäre der Außenstand durch die Sicherheiten zur Gänze abdeckbar gewesen.

Dieses Vorbringen ist zunächst schon rechnerisch nicht nachvollziehbar. Es steht fest, dass insgesamt 18.075,71 EUR aus der Verwertung der sonstigen Sicherheiten auf dem Kreditkonto eingegangen sind; weiters steht fest, dass 7.000 EUR des verwerteten Sparguthabens zur Besicherung des 20.210 EUR übersteigenden Rahmens (anstelle einer andernfalls geforderten weiteren Bürgschaft) verpfändet waren. Auch bei Anrechnung aller anderen Eingänge aus den nur für den Höchstbetrag von 20.210 EUR gewidmeten Sicherheiten ergäbe sich demnach ein 8.000 EUR übersteigender offener Restbetrag.

Im Übrigen vermag die Revision ausgehend von der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung keine hier relevante erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Die Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten ist nach dem Wortlaut des Vertrags (Punkt C.3.) mit dem Ende der jeweils vereinbarten Laufzeiten ebensowenig erloschen wie durch vorübergehende Rückzahlungen auf das Kreditkonto (Punkt C.2.9).

Vertragsbestimmungen in Bürgschaftsverträgen, wonach der Bürge auch für Kreditprolongationen haftet, sind im Geschäftsverkehr üblich und nicht ungewöhnlich. Bürgschaftsverträgen, die auf die Besicherung eines Kontokorrentkredits abzielen, ist eine entsprechende Verlängerungsmöglichkeit nahezu immanent (RIS‑Justiz RS0016906 [T1] = 8 Ob 31/05z).

Der Kläger haftet nach den eingangs wiedergegebenen Vertragsbedingungen für die ganze Kreditschuld einschließlich aller Nebengebühren, begrenzt mit den verbürgten Höchstbeträgen. Eine solche Vereinbarung stellt den Regelfall dar (RIS‑Justiz RS0104885 [T2, T3, T4] = 6 Ob 131/08w).

Der Ausnahmefall, dass nur eine Haftung des Bürgen für einen bestimmten, abgrenzbaren, inhaltlich umschriebenen Teil der Hauptschuld vereinbart wurde, wird hier von den Feststellungen nach der nicht korrekturbedürftigen Ansicht des Berufungsgerichts nicht getragen (vgl Gamerith in Rummel ABGB³ § 1353 Rz 2). Nur bei dieser Form der Teilbürgschaft würde sich die Frage der Widmung eingehender Teilzahlungen stellen.

Ansonsten kann der Gläubiger Teilzahlungen zunächst auf den unbesicherten Teil der Forderung anrechnen (RIS‑Justiz RS0032164; RS0104885 [T2, T3, T4]; 6 Ob 131/08w).

Soweit die Revision weiterhin den Standpunkt vertritt, die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten auf die Bürgschaft über 8.000 EUR verzichtet, ist festzuhalten, dass die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Erklärungen stets einzelfallabhängig ist und eine grobe Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen hier nicht zu erkennen ist. Es widerspricht vielmehr der Erfahrung und findet im vorliegenden Sachverhalt keine Begründung, dass ein Kreditgeber bereit gewesen wäre, einer erheblichen Ausweitung des Kontokorrentkreditrahmens bei gleichzeitiger Verringerung der bestellten Sicherheiten zuzustimmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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