OGH 6Ob131/08w

OGH6Ob131/08w1.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Beck & Dörnhöfer Rechtsanwälte OEG in Eisenstadt, gegen die beklagte Partei Dr. Nikolaus R*****, vertreten durch Dr. Christian Perner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 21.801,85 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 11. April 2008, GZ 16 R 49/08f-45, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 18. Dezember 2007, GZ 1 Cg 182/07b-39, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens als in Rechtskraft erwachsen unberührt bleiben, werden im Übrigen aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Erstgericht zurückverwiesen, dem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wird.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte wird von der Klägerin als Bürge und Zahler in Anspruch genommen. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hatte die Rechtsvorgängerin der Klägerin der A***** Handelsgesellschaft mbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Vater des Beklagten war, am 12. 3. 1999 einen wiederholt ausnützbaren Kredit über 300.000 ATS (= 21.801,85 EUR) mit Laufzeit bis 28. 2. 2004 eingeräumt. Der Beklagte übernahm am 15. 3. 1999 die Haftung als Bürge und Zahler sowohl für diesen Kredit (Kontonummer *****, lautend auf A***** GmbH) als auch für einen seinem Vater persönlich zugezählten Kredit (Kontonummer *****). Die Bürgschaftsübernahmeerklärung lautet auszugsweise:

„Sie stehen mit Herrn Lothar R***** ... sowie wie mit der Fa. A***** GesmbH in Geschäftsverbindung und haben den vorgenannten Kunden unter den o.a. Kontonummern Kredite in der Höhe von ATS 4,400.000,- Mio und ATS 300.000,- zu den mir bekannten Bedingungen gewährt. Zur Sicherstellung aller Forderungen, die Ihnen aus diesen Kreditverhältnissen an Kapital, Zinsen, Provisionen und Kosten welcher Art immer gegenwärtig zustehen oder in Hinkunft noch erwachsen werden, übernehme ich die Haftung als Bürge und Zahler gemäß § 1357 ABGB hinsichtlich eines Teilbetrages von insgesamt S 300.000,- zuzüglich Zinsen, Spesen und Kosten, wobei sich dieser Haftungsbetrag nach gänzlicher Rückführung des Debetsaldos auf dem Konto Nummer ***** (lautend auf A***** GesmbH) um S 100.000,- auf S 200.000,- zuzüglich Zinsen, Spesen und Kosten vermindert. ..."

In der Folge wurden auf den der GmbH gewährten Kredit laufend Zahlungen geleistet, die den aushaftenden Betrag deutlich senkten, der Kreditrahmen wurde aber immer wieder ausgenützt. Durch eine Überweisung vom 19. 1. 2001 von 482.000 ATS wurde der zuvor aushaftende Saldo auf 817.016,70 ATS erhöht und sank in der Folge wieder. Er betrug schließlich am 22. 9. 2006 25.390,61 EUR. Von der Überschreitung des ursprünglich vereinbarten Kreditbetrags (auf 817.016,70 ATS) hatte die Klägerin den Beklagten nicht informiert.

Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin den Beklagten aus seiner Haftung für den der GmbH gewährten Kredit in Höhe des auf dem Kreditkonto aushaftenden Saldos in Anspruch.

Der Beklagte wendete - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ein, er habe eine Haftung nur für einen bestimmten betragsmäßig fixierten Teil der Forderung der Klägerin gegen die GmbH übernommen und hafte nicht für Forderungen, die sich aus der Ausweitung des Kreditrahmens ergeben. Die schon geleisteten Rückzahlungen hätten - wären sie auf die von ihm verbürgte Kreditforderung angerechnet worden - zum Erlöschen der Forderung geführt. Im Übrigen habe 2004 eine Novation der Kreditvereinbarung und seiner darauf bezughabenden Bürgschaftserklärung stattgefunden. Danach hafte er nur mehr aus der am 27. 4. 2004 unterfertigten Bürgschaftserklärung.

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von 21.801,85 EUR samt 4 % Zinsen seit 3. 2. 2005. Ein darüber hinausgehendes Zinsenmehrbegehren wies es - rechtskräftig - ab. Es stellte noch fest, der dem Vater des Beklagten (persönlich) gewährte Kredit sei am 15. 3. 2004 um 76.302,41 EUR auf 356.051,52 EUR erhöht worden. Dabei sei festgehalten worden, dass bereits bestellte Sicherheiten auch zur Sicherstellung dieser Finanzierung dienen sollten. Der Beklagte habe die Krediterhöhung als Bürge und Zahler wie auch einen Bürgschaftsvertrag unterfertigt und erklärt, die Haftung als Bürge und Zahler zur Sicherstellung aller gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen, welche der Bank aus dem vorerwähnten Finanzierungsverhältnis (zum Vater) und dessen Prolongation zustünden bzw zustehen würden, einschließlich aller bezughabenden Zinsen und Kosten zu übernehmen. Seine Haftung sei mit einem Betrag von 22.000 EUR zuzüglich der vertraglich vereinbarten Zinsen ab Inanspruchnahme aus dieser Bürgschaft begrenzt. Die Bürgschaft sei ohne Rücksicht auf allfällige zusätzliche Sicherheiten der Bank bestellt worden. Dem Beklagten sei nicht gesagt worden, dass es sich nur um eine Aktualisierung der bestehenden Bürgschaft bzw eine Formalität handle.

Der Beklagte werde aus dieser zweiten Bürgschaftserklärung des Jahres 2004 in einem weiteren, zu 11 Cg 21/08 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien anhängigen, derzeit ruhenden Verfahren in Anspruch genommen.

Rechtlich bejahte das Erstgericht die Zahlungspflicht des Beklagten aus der Bürgschaftserklärung für den der GmbH gewährten Kredit. Der Beklagte habe die Bürgschaft für zwei zu verschiedenen Zeitpunkten abgeschlossene Kreditverhältnisse mit verschiedenen Kreditnehmern gültig übernommen. Anhaltspunkte für eine - vom Beklagten in der Revision nicht mehr geltend gemachte - Sittenwidrigkeit der übernommenen Bürgschaft lägen ebensowenig vor wie die Voraussetzungen für eine Mäßigung oder Erlassung der Verbindlichkeit gemäß § 25d KSchG. Der Beklagte hafte aus der Bürgschaft mit einem Teilbetrag von insgesamt 300.000 ATS. Die Willenserklärungen der Streitteile im Rahmen des 2004 abgeschlossenen Kreditvertrags seien eindeutig auf eine gesonderte Bürgschaftsübernahme seitens des Beklagten gerichtet gewesen, ein Neuerungsvertrag liege nicht vor.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig sei. Es legte die Bürgschaftserklärung vom 15. 3. 1999 dahin aus, dass sich die Bürgschaft des Beklagten nicht auf einen inhaltlich umschriebenen, abgrenzbaren Teil der Hauptschuld erstrecke, sondern der Beklagte eine Bürgschaft für die gesamte Schuld (somit auch für die Ausweitung des Rahmens) bis zu einem bestimmten Betrag (300.000 ATS) übernommen habe. In einem derartigen Fall kämen ihm Teilzahlungen der Hauptschuldnerin erst zu Gute, wenn dadurch die Restschuld betraglich unter den verbürgten Teil der Forderung falle. Teilzahlungen seien nämlich nach ständiger Rechtsprechung zunächst auf den nicht verbürgten Teil der Forderungen anzurechnen. Der Beklagte hafte daher bis zur übernommenen Höhe auch dann, wenn der Kreditgeber - wie hier - Kredit in weiterem Umfang gewähre. Der Umstand, dass die GmbH ihr Kreditkonto am 19. 1. 2001 auf 817.016,70 ATS erhöht habe und der Kontostand durch laufende Erträge wieder herabgesunken sei, habe nicht zu einer Haftungsbefreiung des Beklagten geführt. Zur behaupteten Novation führte das Berufungsgericht aus, es fehle an einer zumindest schlüssig zum Ausdruck kommenden Absicht der Parteien, die alte Verbindlichkeit durch eine neue zu ersetzen; der Novationswille sei nicht zu vermuten, im Zweifel blieben beide Schuldverhältnisse im Fall ihrer Vereinbarkeit nebeneinander bestehen. Dies sei hier der Fall, der Beklagte habe am 15. 3. 1999 unter anderem die Haftung für die Kreditverbindlichkeit der GmbH übernommen, demgegenüber sei Gegenstand der Bürgschaft vom 27. 4. 2004 ausschließlich die Sicherung des an seinen Vater zugezählten Kredits gewesen. Dass die Bürgschaft vom 15. 3. 1999 auch den Kredit seines Vaters absichern sollte, sei mit der Vereinbarung des Jahres 2004 in Einklang zu bringen. Im damals unterfertigten Krediterhöhungsvertrag sei nämlich festgehalten, dass bereits bestellte Sicherheiten auch zur Sicherstellung dieser Finanzierung dienen sollten, sofern in den gesonderten Sicherstellungsverträgen nichts anderes vereinbart sei. Eine anderslautende Vereinbarung finde sich auch im Vertrag vom 27. 4. 2004 nicht. Damit bestehe die Bürgschaftsverpflichtung vom 27. 4. 2004 neben der hier streitgegenständlichen Bürgschaft vom 15. 3. 1999.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Bürgschaftserklärung vom 15. 3. 1999 in korrekturbedürftiger Weise (unrichtig) ausgelegt hat. Das Rechtsmittel ist auch im Sinn des Eventualantrags auf Aufhebung berechtigt.

Der Revisionswerber macht geltend, er habe die Haftung als Bürge und Zahler nur für einen bestimmten, betragsmäßig fixierten Teil der Forderung gegen die GmbH übernommen und hafte nicht für Forderungen, die aus der Ausweitung des Kreditrahmens resultierten, der er nicht zugestimmt habe. Mit Rücksicht auf die Rückzahlungen der GmbH, die die Klägerin zunächst auf die höhere, nicht besicherte Forderung angerechnet habe, verwirkliche sich für ihn das Risiko aus der Kreditausweitung. Im Übrigen habe 2004 eine Novation der Kreditvereinbarung und der darauf bezughabenden Bürgschaftserklärung stattgefunden. Nach den Grundsätzen der Auslegung von Bürgschaftserklärungen sei anzunehmen, dass er 2004 lediglich eine Haftung für die aufgestockte neue Kreditverbindlichkeit in einem der bisherigen Haftungshöhe entsprechenden Betrag eingegangen sei. Es ergebe sich nicht, dass sowohl die Weitergeltung der alten Bürgschaft als auch eine neue Haftung für den 2004 geschlossenen Kreditvertrag vereinbart worden wären.

1. Zur behaupteten Novation hat das Berufungsgericht zutreffend auf das Erfordernis eines entsprechenden - nicht zu vermutenden - Novationswillens hingewiesen. Die Novation setzt die - zumindest schlüssig - zum Ausdruck kommende Absicht der Parteien voraus, die alte Verbindlichkeit durch eine neue zu ersetzen, sodass auf das alte Schuldverhältnis nicht mehr zurückgegriffen werden soll (Neumayr in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² §§ 1378 bis 1379 Rz 3 mwN; RIS-Justiz RS0032330 und RS0032417 [T1 und T7]). Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung eine Novation der zugunsten der GmbH eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung zutreffend verneint. Auf seine Ausführungen kann verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).

2.1. Nach Lehre und Rechtsprechung kommt eine Verpflichtung des Bürgen nur im Rahmen seiner Verpflichtungserklärung in Betracht. Nach § 1353 ABGB darf seine Haftung nicht weiter ausgedehnt werden, als er sich „ausdrücklich" - gemeint hinreichend deutlich erkennbar - erklärt hat (P. Bydlinski, Die Bürgschaft im österreichischen und deutschen Handels-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht 109 f; ders in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² § 1353 Rz 1 mwN; Mader/Faber in Schwimann, ABGB³ § 1353 Rz 4 mwN). Die Erklärung des Bürgen ist daher streng auszulegen und im Zweifel anzunehmen, dass er sich eher eine geringere als die schwerere Last auferlegen wollte (Mader/Faber in Schwimann, ABGB³ § 1353 Rz 4). Entscheidend ist das Verständnis, das ein redlicher Erklärungsempfänger von der Verpflichtungserklärung gewinnen durfte (Gamerith in Rummel, ABGB³ § 1353 Rz 1 mwN aus Lehre und Rsp).

2.2. Dem Grundsatz der Akzessiorietät der Bürgschaft folgend können Änderungen der Hauptschuld aufgrund von Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Hauptschuldner die Haftung des Bürgen wohl mindern oder erleichtern, nach § 1353 ABGB aber nicht erschweren oder erweitern (stRsp RIS-Justiz RS0032170 [T1 und T5]).

2.3. Bei Beschränkungen der Haftung des Bürgen auf einen Teil der Hauptschuld (Teilbürgschaft) haftet der Bürge im Zweifel für die ganze Schuld bis zur Grenze des verbürgten Betrags einschließlich der Nebengebühren. Der Gläubiger kann Teilzahlungen des Hauptschuldners - mangels anderslautender Vereinbarung - zuerst auf den unbesicherten Teil der Hauptschuld anrechnen (Gamerith in Rummel, ABGB³ § 1353 Rz 2; Mader/Faber in Schwimann, ABGB³ § 1353 Rz 10; 2 Ob 502/95; 10 Ob 509/96 = SZ 69/51; RIS-Justiz RS0032180 und RS0104885). Eine als Höchstbetragsbürgschaft vereinbarte Teilbürgschaft bleibt daher - mangels anderslautender Vereinbarung - bis zur gänzlichen Abstattung der Hauptschuld aufrecht (Gamerith, Die Teilbürgschaft, ÖBA 1988, 759 ff [762]).

2.4. Gamerith (in ÖBA 1988, 763 f) hat darauf hingewiesen, dass die in Lehre und Rechtsprechung verwendete Formulierung, wonach der Bürge, der sich für Forderungen aus einem Kreditverhältnis bis zu einem bestimmten Höchstbetrag verbürgt habe, mit diesem Betrag auch dann hafte, wenn der Gläubiger dem Hauptschuldner Kredit in weiterem Umfang gewähre, auch Fälle einschließe, in denen dem Hauptschuldner nachträglich ohne Einvernehmen mit dem Bürgen Kredit in weiterem Umfang gewährt werde. Dies treffe zwar zu, was die Hauptschuld anlange, verdecke aber das Sonderproblem, wie sich die nachträgliche Erweiterung der Hauptschuld auf die Höchstbetragshaftung für die ganze Schuld auswirke. Für die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Teilbürgschaft ende (Zahlung der erweiterten Hauptverbindlichkeit oder Tilgung der Schuld in ihrem ursprünglichen Umfang) komme es nämlich auf die Vereinbarung an (Gamerith in ÖBA 1988, 764 f). Der Bürge müsse die vorrangige Verrechnung von Teilzahlungen auf die Erweiterung der Hauptschuld nur dann gegen sich gelten lassen, wenn schon bei Übernahme der Teilbürgschaft der Kreditvertrag eine Krediterweiterung vorgesehen habe oder die Erweiterung durch Zuwachs von Zinsen und Kosten eintrete. Im Übrigen gingen aber Erweiterungen der Hauptverbindlichkeit den Teilbürgen „nichts an". Er könne verlangen, dass Teilzahlungen des Hauptschuldners so verrechnet werden, wie es der ursprünglichen Höhe der Gesamtschuld entsprochen hätte (Gamerith in Rummel³ § 1335 Rz 2; ders in ÖBA 1988, 763 ff [765]). Dies müsse erst recht dann gelten, wenn zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger vereinbart gewesen sei, dass er dem Hauptschuldner Kredit nur in einem bestimmten Umfang gewähre (Gamerith in ÖBA 1988, 765).

Der Auffassung Gameriths sind Mader/Faber (in Schwimann, ABGB³ § 1353 Rz 10) gefolgt.

2.5. Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung Gameriths an: Hat sich der Bürge für Forderungen aus einem Kreditvertrag bis zu einem bestimmten Höchstbetrag verbürgt (Teilbürgschaft) und wird die Hauptschuld durch eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner nachträglich erweitert, so wirkt sich die Erweiterung der Hauptschuld nur dann auf die Bürgenverpflichtung aus, wenn sie nach Auslegung der Bürgschaftsvereinbarung von dieser miterfasst war. Ist dies nicht der Fall, kann der Bürge verlangen, dass Teilzahlungen des Hauptschuldners so verrechnet werden, wie es der ursprünglichen Höhe der Hauptschuld entsprochen hätte.

2.6. Diese Auffassung steht zur (jüngeren) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht im Widerspruch. Es ist nämlich keineswegs so, dass die Rechtsprechung Zahlungen des Hauptschuldners stets und selbst in Fällen vorrangig auf den unbesicherten Teil der Hauptforderung angerechnet hätte, in denen eine Ausweitung des Kreditrahmens allein aufgrund einer Vereinbarung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner und ohne Zustimmung des Bürgen erfolgt war.

So wendete die jüngere Rechtsprechung den Grundsatz vorrangiger Anrechnung von Zahlungen auf den unbesicherten Teil der Hauptforderung im Fall eines revolvierenden Kredits an, soweit der Kreditnehmer den (teilverbürgten) Sockelkredit vertragsmäßig ausweiten konnte (1 Ob 538/93 = ÖBA 1994, 236 = RIS-Justiz RS0032168 [T2]). Weitere Entscheidungen (3 Ob 588/85; 3 Ob 577/91 = ÖBA 1993, 479) betonen unter Hinweis auf § 1353 ABGB, die Bank dürfe vom Kreditanbot als Grundlage der Bürgschaftserklärung nicht zu Lasten des Bürgen abgehen. Entscheidend sei die nach den Grundsätzen redlicher Verkehrsauffassung auszulegende Bürgschaftserklärung. Auch 10 Ob 509/96 (= SZ 69/51) stellt im Ergebnis auf die Vereinbarung ab.

3. Entscheidend ist daher, ob die im Jänner 2001 im Verhältnis zwischen Klägerin und Hauptschuldner vorgenommene Ausweitung des Kreditrahmens (wodurch sich ein Debetsaldo von 817.016,70 ATS ergab) - bei Auslegung der Bürgschaftsvereinbarung - von der Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten miterfasst war.

Die eindeutige Anordnung des § 1353 ABGB erfordert eine restriktive Auslegung der Bürgschaftserklärung. Hat sich der Bürge nicht damit einverstanden erklärt, dass von Gläubiger und Hauptschuldner vorgenommene Änderungen der gesicherten Schuld auch ihm gegenüber wirksam werden, so kann Derartiges nicht unterstellt werden.

Zur Besicherung zweier Kreditverhältnisse übernahm der Beklagte die Haftung als Bürge und Zahler hinsichtlich eines Teilbetrags von 300.000 ATS zuzüglich Zinsen, Kosten und Spesen. Er wird zur Zahlung des offenen Saldos nur aus einem dieser Kreditverhältnisse in Anspruch genommen. Vereinbarte Höhe dieses Kredits waren 300.000 ATS mit Laufzeit bis 28. 2. 2004. Der von der Klägerin vorgelegte Kreditvertrag hielt fest, dass die Gesamtausnutzung den Kreditbetrag nicht überschreiten dürfe, der Kredit aber wiederholt ausnutzbar sei (Beil ./A). Eine Vereinbarung über eine künftige Erhöhung des Kreditrahmens ist weder dem Kreditvertrag noch der auf dieser Grundlage eingegangenen Bürgschaftserklärung zu entnehmen.

Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass eine derartige Vereinbarung schon bei Abschluss der Verträge getroffen worden wäre oder dass der Bürge dem nachträglich zugestimmt hätte. Angesichts des Inhalts der von ihr selbst formulierten Verträge durfte sie die auf eine bestimmte Höhe des Kreditrahmens hin gegebene Bürgschaftserklärung des Beklagten - ohne besondere Anhaltspunkte - nicht dahin verstehen, dass der Beklagte mit einer künftigen Erhöhung des Kreditrahmens einverstanden gewesen wäre und über die Vereinbarung einer möglichen Wiederausnutzung des Kreditrahmens hinaus auch einer so weit reichenden Rahmenerweiterung zugestimmt hätte. Dies um so mehr, als in der Krediturkunde festgehalten war, dass die Gesamtausnutzung den Kreditbetrag (somit 300.000 ATS) nicht übersteigen dürfe.

War aber die im Jänner 2001 allein aufgrund einer Vereinbarung zwischen Klägerin und Hauptschuldner vorgenommene Ausdehnung des Kreditrahmens von der Bürgschaftserklärung nicht umfasst und hatte der Beklagte dem auch nicht nachträglich zugestimmt, so kann er verlangen, dass die nach Rahmenerweiterung auf dem Kreditkonto eingehenden Zahlungen auf die ursprüngliche Hauptschuld angerechnet werden, für die er sich verbürgt hatte.

4. Die Vorinstanzen haben - von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgehend - nicht geprüft, wie sich die nach Erweiterung des Kreditrahmens erfolgten Zahlungen auf die Bürgenverpflichtung ausgewirkt hätten, wenn sie nicht zunächst auf die (unbesicherte) Erweiterung des Kreditrahmens verbucht worden wären. Insoweit ist eine Ergänzung des erstgerichtlichen Verfahrens erforderlich.

Bei Berechnung jenes Saldos, für den der Beklagte nach der Neuberechnung als Bürge einzustehen hat, wird auch zu berücksichtigen sein, dass - nach dem Inhalt der Bürgschaftsvereinbarung - der der GmbH zugezählte Kredit revolvierend ausgenützt werden durfte und sich die Bürgschaftsverpflichtung auf einen Teilbetrag von 300.000 ATS zuzüglich Zinsen, Spesen und Kosten erstreckte.

5. Der Revision des Beklagten war Folge zu geben; die Entscheidungen der Vorinstanzen - ausgenommen die bereits in Rechtskraft erwachsene Teilabweisung eines Zinsenmehrbegehrens - waren aufzuheben. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren eine Neuberechnung jenes Saldos vorzunehmen haben, für den der Beklagte aufgrund seiner Bürgschaftsverpflichtung nach den oben angeführten Grundsätzen haftet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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