OGH 3Ob244/18f

OGH3Ob244/18f23.1.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft G*, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. E* G*, 2. G* GmbH in Liquidation, beide *, vertreten durch Prager & Partner Rechtsanwalts GmbH in Wien, und die Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Parteien 1. Dr. A* K*, vertreten durch Dr. Manfred C. Müllauer, Rechtsanwalt in Wien, 2. C* GmbH, *, vertreten durch Dr. Josef Deitzer, Rechtsanwalt in Schwechat, wegen 14.942,40 EUR sA (Rekursinteresse: 13.660,56 EUR sA), über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. September 2018, GZ 36 R 126/18y‑34, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hietzing vom 24. Jänner 2018, GZ 6 C 226/17s‑27 aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E124218

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 1.220,98 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten 203,50 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde vom Berufungsgericht zur Frage zugelassen, ob ein Bauträger (Verkäufer von Eigentumswohnungen), der auch Herstellerpflichten übernommen hat, selbst dann nach § 1313a ABGB für die von ihm beauftragten Professionisten einzustehen hat, wenn das Wohnungseigentumsobjekt bei Abschluss des Kaufvertrags bereits fertiggestellt war. Ausschließlich darauf stützen auch die beklagten Verkäufer die Zulässigkeit ihres Rekurses.

Der gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts erhobene Rekurs der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 526 Abs 2 ZPO) mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Auch die Zurückweisung eines solchen Rekurses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO; RIS‑Justiz RS0043691):

Rechtliche Beurteilung

1.1 Erfüllungsgehilfe nach § 1313a ABGB ist, wer mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird. Derjenige, der den Vorteil der Arbeitsteilung in Anspruch nimmt, soll auch das Risiko tragen, dass an seiner Stelle der Gehilfe schuldhaft rechtlich geschützte Interessen des Gläubigers verletzt (9 Ob 28/15f).

1.2 Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass für die Beurteilung der Gehilfenhaftung nach § 1313a ABGB maßgebend ist, ob der Gehilfe bei der Verfolgung der Interessen des Schuldners tätig war, ob er also in das Interessenverfolgungsprogramm des Schuldners und damit in dessen Risikobereich einbezogen war (RIS‑Justiz RS0028425).

1.3 Um das schuldhafte Verhalten eines Dritten dem Geschäftsherrn nach § 1313a ABGB zuzurechnen, ist es daher erforderlich, dass der Geschäftsherr das Verhalten des Dritten im Kontext mit der Erfüllung seiner Vertragspflichten veranlasste (RIS‑Justiz RS0121745). Steht das Verhalten des Gehilfen in sachlichem Zusammenhang mit dieser Interessenverfolgung, so ist die Haftung nach § 1313a ABGB zu bejahen. Entscheidend ist also zunächst, welche konkreten Leistungspflichten bzw Schutz- und Sorgfaltspflichten der Schuldner gegenüber seinem Vertragspartner übernommen hat (RIS‑Justiz RS0118512 [T4]). Diese Frage kann aber immer nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls gelöst werden, weshalb sie regelmäßig – von einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts abgesehen – keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufwirft (9 Ob 28/15f mwN).

2.1 Hat sich ein Verkäufer vertragsgemäß auch zur Herstellung eines Bauwerks verpflichtet, das er (zusammen mit einem Miteigentumsanteil) veräußert, so übernahm er eine spezifische Herstellungspflicht, die es rechtfertigt, die mit der Erstellung des Bauwerks betrauten Personen als Erfüllungsgehilfen zu qualifizieren, für deren Verschulden der Verkäufer einzustehen hat (RIS‑Justiz RS0019944). Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 1 Ob 564/94 die vom Verkäufer zur Herstellung des Bauwerks herangezogenen Personen als dessen Erfüllungsgehilfen nach § 1313a ABGB qualifiziert, wobei sich der Verkäufer ausdrücklich zur Herstellung des Bauwerks verpflichtete und die verkauften Wohnungseigentumsobjekte zum Zeitpunkt des Kaufvertrags bereits errichtet waren.

2.2 Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach sich die beklagten Verkäufer das Fehlverhalten der eingesetzten Professionisten nach § 1313a ABGB wegen der von ihnen eingegangenen Herstellerverpflichtung zurechnen lassen müssen, hält sich im Rahmen der referierten Rechtsprechung und wirft daher keine erhebliche Frage auf.

3.1 Selbst wenn man hier eine vertragliche Herstellerpflicht wegen des im Vertragszeitpunkt bereits hergestellten Kaufobjekts im Sinne der Ausführungen im Rekurs verneint, wäre für den Standpunkt der Beklagten nichts gewonnen. Erfüllungsgehilfe ist auch derjenige, der die nötigen Vorbereitungen zur Leistung trifft (RIS‑Justiz RS0028487).

3.2 Vom Obersten Gerichtshof wurde etwa eine Haftung des Verkäufers für das Verschulden Dritter, die vor dem Kaufvertragsabschluss („als der zukünftige Käufer noch nicht bekannt war“) Montagehandlungen auf einen zum Verkauf bestimmten Gegenstand vornahmen, nach § 1313a ABGB bejaht (7 Ob 40/70 SZ 43/69; RIS‑Justiz RS0028695). Die Qualifikation der Handelnden als Erfüllungsgehilfen stützt sich in solchen Konstellationen auf eine vor Vertragsabschluss vorweggenommene Erfüllungshandlung, die der Interessensverfolgung gegenüber dem später Geschädigten dient (vgl die Ausführungen zu dieser Judikatur von Reischauer in Rummel 3 § 1313a ABGB Rz 5).

3.3 Wenn im Anlassfall das Berufungsgericht die Professionisten als Erfüllungsgehilfen der Beklagten qualifizierte, hält sich auch diese Beurteilung im Rahmen der aufgezeigten Judikatur, die darauf abstellt, dass die Vorbereitungshandlungen einen Teil der Erfüllungshandlung bilden oder doch im engen Zusammenhang mit ihr stehen (RIS‑Justiz RS0028487 [T3]).

4. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen. Bemessungsgrundlage ist jedoch nur der den Gegenstand des Aufhebungsbeschlusses des Berufungsgerichts bildende Anspruch von 13.660,56 EUR.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte