European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00229.18K.1220.000
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Im wiederaufzunehmenden Verfahren begehrte die hier Beklagte und dortige Klägerin vom Wiederaufnahmekläger und dortigen Beklagten die Zahlung von 35.977,69 EUR sA. Sie habe das auf den Beklagten als Miterben nach seinem Vater entfallende Drittel der Nachlassverbindlichkeiten des Verstorbenen gezahlt; daraus bestehe eine Restforderung von 6.481,10 EUR. Am 25. 11. 1996 habe sie dem Beklagten 367,14 EUR zur Abdeckung von dessen Schulden bei einer Bank auf dessen Konto überwiesen. Am 22. 5. 1998 habe sie dem Beklagten ein Darlehen von (umgerechnet) 7.198,97 EUR gewährt, ihm die Rückzahlung nach Ablauf des Fälligkeitstermins zunächst gestundet und am 22. 11. 2009 fällig gestellt. Am 21. 6. 2000 habe sie Verbindlichkeiten des Beklagten bei einer Bank auf zwei seiner Konten beglichen, woraus ein Anspruch gegen ihn von 21.930,48 EUR resultiere. Der Klage im Vorprozess wurde rechtskräftig stattgegeben.
Mit seiner Wiederaufnahmsklage strebt der Kläger die Wiederaufnahme des Vorverfahrens und die Abweisung des Klagebegehrens von 35.977,69 EUR sA an.
Das Erstgericht wies die Klage im Vorprüfungsverfahren a limine zurück.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich der „außerordentliche“ Revisionsrekurs des Wiederaufnahmeklägers, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorlegte. Der Oberste Gerichtshof ist allerdings zur Entscheidung darüber nicht berufen.
1. Vorauszuschicken ist (worauf schon das Rekursgericht zutreffend hinwies), dass der „außerordentliche“ Revisionsrekurs trotz des bestätigenden Beschlusses des Rekursgerichts nicht dem absoluten Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unterliegt, weil die Wiederaufnahmsklage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde (RIS‑Justiz RS0125126).
2. Der Streitwert im Wiederaufnahmeverfahren entspricht grundsätzlich jenem des Hauptprozesses (RIS‑Justiz RS0042409 [T5]; RS0042445). Wie der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung 1 Ob 106/17w im Vorprozess ausgesprochen hat, sind die Kriterien für eine Zusammenrechnung nach § 55 Abs 1 Z 1 JN nicht erfüllt, weil die Klagebegehren verschiedene Anspruchsgrundlagen haben. Die Teilforderung von 6.481,10 EUR (Tilgung von Nachlassverbindlichkeiten) stützte die Wiederaufnahme-beklagte auf ihren Regressanspruch gegen den Wiederaufnahmekläger als weiteren Miterben. Ihr Rückforderungsanspruch von 7.198,97 EUR betraf ein noch nicht zurückgezahltes Darlehen des Wiederaufnahmeklägers. Die Aufwandsersatzansprüche über 367,14 EUR und 21.930,48 EUR betrafen unterschiedliche Bank-verbindlichkeiten des Wiederaufnahmeklägers, die die Wiederaufnahmebeklagte zu unterschiedlichen Zeitpunkten für ihn abgedeckt hatte. Damit liegt keiner der vom Rekursgericht im Wiederaufnahmeverfahren behandelten– und hinsichtlich der Rechtsmittelzulässigkeit gesondert zu beurteilenden – Entscheidungsgegenstände im Bereich über 30.000 EUR.
3. Da das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärte, steht dem Wiederaufnahmekläger – soweit der Revisionsrekurs nicht überhaupt gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO unzulässig ist – nur die Möglichkeit offen, nach § 528 Abs 2a ZPO einen mit einem (ordentlichen) Revisionsrekurs verbundenen Antrag auf Abänderung des Unzulässigkeitsausspruchs an das Rekursgericht zu stellen. Dieser Antrag – verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel – ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 528 Abs 2a iVm § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln. Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen (3 Ob 99/16d mwN).
Das gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Dieser darf darüber nur bzw erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei; und zwar auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht im Sinn des § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Änderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS‑Justiz RS0109623).
4. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.
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