OGH 5Ob205/18k

OGH5Ob205/18k3.12.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin F* GmbH & Co KG, *, vertreten durch Poinstingl & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die Antragsgegnerin Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ *, vertreten durch Mag. Stefan Hemetsberger, Rechtsanwalt in Wien, und sämtliche Mit‑ und Wohnungseigentümer dieser Liegenschaft, wegen § 21 Abs 1 iVm § 52 Abs 1 Z 8 WEG, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. August 2017, GZ 38 R 40/17i‑12, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 5. Dezember 2016, GZ 4 Msch 21/15m‑8, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00205.18K.1213.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der „außerordentliche Revisionsrekurs“ wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Erstgericht stellte fest, dass die mit Umlaufbeschluss vom 29. September 2015 beschlossene Kündigung des Verwaltungsvertrags mit der Antragstellerin zum 31. Dezember 2015 rechtsunwirksam sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegner nicht Folge und bestätigte den Sachbeschluss mit der Maßgabe, im Spruch habe der erste Satz zu lauten, es werde festgestellt, dass die Kündigung des Verwaltungsvertrags mit der Antragstellerin rechtsunwirksam sei. Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 10.000 EUR nicht übersteigend und ließ den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zu.

Dagegen erhob die Antragsgegnerin primär Zulassungsvorstellung verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs, hilfsweise außerordentlichen Revisionsrekurs.

Das Rekursgericht wies die Zulassungsvorstellung und den ordentlichen Revisionsrekurs mit Beschluss vom 20. Dezember 2017 zurück.

Das Erstgericht wies den außerordentlichen Revisionsrekurs zunächst zurück, dem Rekurs der Antragsgegnerin dagegen gab das Rekursgericht Folge und hob diesen Beschluss ersatzlos auf. Über seinen Auftrag legte das Erstgericht den außerordentlichen Revisionsrekurs nunmehr dem Obersten Gerichtshof vor.

Die Antragsgegnerin macht zur Zulässigkeit ihres außerordentlichen Rechtsmittels geltend, das Rekursgericht habe den Entscheidungsgegenstand krass unterbewertet. Bei einer Wohnungseigentumsanlage mit mehr als 100 selbständigen Objekten und mehr als 10.000 m2 Nutzfläche sei offensichtlich, dass das für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands relevante jährliche Verwalterhonorar mehr als 10.000 EUR betrage, im konkreten Fall belaufe es sich auf 36.268,71 EUR.

Rechtliche Beurteilung

Der „außerordentliche Revisionsrekurs“ der Antragsgegnerin ist unzulässig.

1. Gegenstand dieses Verfahrens ist ein Antrag der Verwalterin nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG (Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Verwalterkündigung). Mehrfach hat der Fachsenat bereits ausgesprochen, dass die Regelung des § 37 Abs 3 Z 16 MRG, wonach die dort genannten Entscheidungsgegenstände rein vermögensrechtlicher Natur sind, sinngemäß auch auf Verfahren nach § 52 Abs 1 WEG zu übertragen ist (5 Ob 278/08f mwN; vgl auch Klicka in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht4 § 52 WEG Rz 80). Gemäß § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG und § 59 Abs 2 AußStrG hat das Rekursgericht bei seinem Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei, im Fall eines Entscheidungsgegenstands rein vermögensrechtlicher Natur, der nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 10.000 EUR übersteigt oder nicht. Eine Begründung für die Bewertung mag im Einzelfall zur Vermeidung eines Verdachts auf einen Ermessensexzess angezeigt sein, ist aber – anders als nach § 59 Abs 3 dritter Satz AußStrG für den Ausspruch nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG – nicht zwingend vorgesehen (vgl RIS‑Justiz RS0042515 [T17]).

2. Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist – auch im Verfahren außer Streitsachen – unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend, wenn zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt wurden, eine offenkundige Unterbewertung oder Überbewertung nicht vorliegt oder ein Bewertungsausspruch nicht überhaupt hätte unterbleiben müssen (RIS‑Justiz RS0042410 [T28]; RS0042450 [T8]; RS0109332 [T1]; 5 Ob 91/15s). Das Rekursgericht darf daher den Wert des Entscheidungsgegenstands – bezogen auf den objektiven Wert der Streitsache – weder übermäßig hoch noch übermäßig niedrig ansetzen, im Fall einer offenkundigen Fehlbewertung wäre der Oberste Gerichtshof daran nicht gebunden (RIS‑Justiz RS0118748, RS0109332). Ein derartiger Fall liegt hier aber nicht vor.

3. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann das Interesse der Antragstellerin an der Feststellung der Rechtswirksamkeit des Verwaltungsvertrags nicht mit der Höhe des jährlichen Verwaltungshonorars gleichgesetzt werden. Abgesehen davon, dass die Höhe dieses Honorars erstmals im Revisionsrekurs ins Treffen geführt wurde und schon deshalb nicht als offenkundig im Sinn der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung angesehen werden kann (aktenkundig war aufgrund des Grundbuchsauszugs für das Rekursgricht nur, dass es sich um eine große Wohnungseigentumsanlage mit 87 Wohnungseigentümern handelt), judiziert der erkennende Senat im Zusammenhang mit Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG in ständiger Rechtsprechung, dass für einen Entscheidungsgegenstand, der – wie hier – nicht aus einem Geldbetrag besteht, sondern primär aus einem Feststellungsbegehren, die Höhe des (etwa nach § 37 Abs 4 MRG zurückgeforderten) Mietzinses keine bindende Richtlinie für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands bildet. Da zwingende Bewertungsvorschriften und starre Berechnungsmethoden nicht vorgegeben sind, erfolgt die Bewertung durch das Rekursgericht in Ausnützung eines für den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Ermessensspielraums (RIS‑Justiz RS0110735). Zu 5 Ob 91/08f ging der Fachsenat nur deshalb von einer offenkundigen Unterbewertung aus, weil im dortigen Mietzinsüberprüfungsverfahren das Feststellungsinteresse der antragstellenden Mieterin hinsichtlich des ihr zulässigerweise für das Geschäftslokal vorgeschriebenen Hauptmietzinses bereits in einem einzigen Monat den Betrag von 10.000 EUR überstieg. Wenn auch angesichts der Größe der Anlage die Bewertung im konkreten Fall eher am unteren Rand des dem Rekursgericht zustehenden Ermessensspielraums gelegen sein mag, liegt eine mit dem zu 5 Ob 91/08f entschiedenen Sachverhalt vergleichbare Konstellation hier nicht vor. Der Oberste Gerichtshof ist an die Bewertung des Rekursgerichts daher gebunden.

4. Der „außerordentliche Revisionsrekurs“ der Antragsgegnerin ist somit als absolut unzulässig zurückzuweisen.

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