OGH 2Ob143/17v

OGH2Ob143/17v30.10.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr. Musger als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten Dr. Veith, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Dornbirn, Jahngasse 4, vertreten durch Fischer, Walla & Matt Rechtsanwälte OG in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Arnold Trojer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 47.104,23 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. Mai 2017, GZ 1 R 20/17a‑24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 16. Dezember 2016, GZ 7 Cg 18/16s‑21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00143.17V.1030.000

 

Spruch:

I. Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Stattgebung des Klagebegehrens im Umfang von 28.973,54 EUR samt 7,88 % Zinsen seit 18. 8. 2015 richtet, zurückgewiesen.

Insoweit wird auch die Revisionsbeantwortung zurückgewiesen. Die beklagte Partei hat die auf dieses Teilbegehren entfallenden Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

II. Im Übrigen, also hinsichtlich des weiteren Teilbegehrens von 18.130,69 EUR samt 7,88 % Zinsen seit 18. 8. 2015, wird der Revision Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden in diesem Umfang einschließlich der Kostenentscheidungen aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die auf dieses Teilbegehren entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Anspruch des klagenden Krankenversicherungsträgers nach § 67a ASVG („Haftung bei Beauftragung zur Erbringung von Bauleistungen“), der nach dessen Abs 13 im Zivilrechtsweg vor den zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen berufenen Gerichten geltend zu machen ist.

Die beklagte Partei ist eine GmbH nach deutschem Recht mit Sitz in Deutschland, für die seit dem Jahr 2009 eine inländische Zweigniederlassung mit einer Geschäftsanschrift in Vorarlberg und dem Tätigkeitsbereich „Ausführung von Trockenarbeiten und Einbau von genormten Baufertigteilen“ im Firmenbuch eingetragen ist. Sie hatte im Jahr 2011 über diese Zweigniederlassung mehrfach geschäftlichen Kontakt mit L***** K***** (in der Folge: Auftragnehmer), der dabei sowohl als Einzelunternehmer als auch als vertretungsbefugter Gesellschafter einer in Deutschland gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (in der Folge: GbR), jeweils mit Geschäftsadressen in Deutschland, auftrat.

Die beklagte Partei beauftragte am 12. 5. 2011 den Auftragnehmer mit Trockenbauarbeiten auf einer in Österreich gelegenen Baustelle (Bauvorhaben „L*****“ *****), mehrere weitere derartige Aufträge folgten. Am 20. 7. 2011 schloss sie auch mit der GbR einen im Wesentlichen gleichlautenden Bauleistungsvertrag für ein österreichisches Bauvorhaben („H*****“ *****) ab.

Der Auftragnehmer war zum Zeitpunkt dieser Vertragsabschlüsse an einer Adresse in Vorarlberg gemeldet. Er verfügte über Gewerbeberechtigungen in Deutschland und – seit 23. 5. 2011 – auch in Österreich (mit Standort Wien 16) für die Gewerbe „Verspachteln von bereits montierten Gipskartonen“ und „Montage von mobilen Trennwänden und Verschraubung fertig bezogener Profilteile oder Systemwände“. Der beklagten Partei legte er aber nur die Gewerbeanmeldungen aus Deutschland vor, die ihn sowie die genannte GbR zur Ausübung von Trockenbauarbeiten berechtigten.

Die beklagte Partei ging nach den ihr erteilten Informationen damals davon aus, dass der Auftragnehmer „eine GbR in Deutschland hat“, der Sitz des Unternehmens in Deutschland liege, er (auch) Einzelunternehmer ohne Mitarbeiter sei, jedoch für einzelne Projekte andere Einzelunternehmer als „Kooperationspartner“ heranziehen werde. Sie nahm deshalb nach Prüfung der ihr vom Auftragnehmer vorgelegten Kooperationsverträge an, dass für die „Kooperationspartner“ keine Sozialversicherungsabgaben gezahlt werden müssten.

Am 6. 6. 2011 wurde eine Baustelle in ***** (Bauvorhaben „L*****“) von der Finanzpolizei überprüft. Dabei wurden der Auftragnehmer und fünf weitere ungarische Staatsangehörige angetroffen, die mit den Trockenbauarbeiten beschäftigt waren. Alle hatten eine deutsche Gewerbeberechtigung für Trockenbau an der Betriebsstätte des Auftragnehmers in Deutschland. Nach ihrer Befragung wurde gegen den Auftragnehmer ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Der Auftragnehmer rechtfertigte sich in diesem Verfahren damit, dass es sich bei einer der an der Baustelle tätigen Personen um seinen Mitgesellschafter handle und die anderen selbständig erwerbstätige Unternehmer seien. Er sei nicht verpflichtet gewesen, diese Personen zur Sozialversicherung anzumelden.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 12. 9. 2012 wurde der Auftragnehmer schuldig gesprochen, als Dienstgeber die am 6. 6. 2011 auf der Baustelle betretenen Dienstnehmer nicht zur Vorarlberger Gebietskrankenkasse angemeldet zu haben. Es wurde über ihn eine Geldstrafe verhängt. Der mit Berufung angerufene Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg bestätigte mit Erkenntnis vom 14. 8. 2013 das angefochtene Straferkenntnis.

Das Finanzamt Feldkirch führte beim Auftragnehmer eine Betriebsprüfung durch. Dabei handelte es sich um eine Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA), im Rahmen derer das Finanzamt Feldkirch auch eine Sozialversicherungsbeitragsprüfung für den Zeitraum vom 1. 1. 2011 bis 31. 12. 2012 vornahm. Bei der Schlussbesprechung am 15. 4. 2014 wurde dem Auftragnehmer durch das Prüfungsorgan zur Kenntnis gebracht, dass ein Betrag von 138.155,47 EUR (exklusive Verzugszinsen) an Sozialversicherungsbeiträgen offen aushafte [ergänzende Feststellungen durch das Berufungsgericht].

Am 1. 7. 2014 erließ das Finanzamt Feldkirch gegen den Auftragnehmer einen Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG 1988 für das Jahr 2011, nach dessen Spruch er als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer in Höhe von 102.400,63 EUR in Anspruch genommen wurde. Der Säumniszuschlag wurde mit 2.048,01 EUR festgesetzt. Mit weiteren Bescheiden wurden der Lohnsteuer-Dienstgeberbeitrag mit 15.360,09 EUR, der Säumniszuschlag mit 307,20 EUR und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag mit 1.331,20 EUR festgesetzt. Am 10. 9. 2014 erließ das Finanzamt Feldkirch einen Rückstandsausweis über den aushaftenden Gesamtbetrag von 121.447,13 EUR.

Die klagende Partei übermittelte dem Auftragnehmer eine Beitragsabrechnung und den Prüfbericht. Am 9. 9. 2014 stellte sie zunächst einen Rückstandsausweis gegenüber dem Auftragnehmer über den Betrag von 34.664,24 EUR für die Beitragszeiträume des ersten Halbjahres 2011 aus. Zur Hereinbringung dieses Betrags samt Zinsen wurde am 12. 9. 2014 [unstrittig; Beilage ./E) vom Bezirksgericht Feldkirch die Fahrnis- und Gehaltsexekution bewilligt, welche aber erfolglos blieb. Bei einem Vollzugsversuch am 15. 1. 2015 [unstrittig; Beilage ./E] wurden keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden. Der Auftragnehmer gab bei diesem Termin ein Vermögensverzeichnis gemäß § 47 EO ab.

Bereits am 29. 9. 2014 hatte die klagende Partei für das gesamte Jahr 2011 gegenüber dem Auftragnehmer einen weiteren Rückstandsausweis über den Betrag von 138.155,51 EUR zzgl 30.280,51 EUR Verzugszinsen und 167 EUR Nebengebühren ausgestellt. Am 11. 2. 2015 wurde der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Auftragnehmers mangels kostendeckenden Vermögens (rechtskräftig) abgewiesen.

Mit Schreiben vom 10. 6. 2015 forderte die klagende Partei von der beklagten Partei, gestützt auf § 67a ASVG, die Überweisung eines Haftungsbetrags von 83.835,56 EUR, den sie mit weiterem Schreiben vom 6. 8. 2015 auf 47.104,23 EUR reduzierte und dessen Zahlung sie am 17. 8. 2015 einforderte. Am 7. 9. 2015 wurde die Zahlung vergeblich urgiert. Der Betrag entspricht dem in § 67a Abs 1 ASVG als Haftungshöchstbetrag genannten Anteil von 20 % der von der beklagten Partei im Zeitraum vom 4. 2. 2011 bis 9. 12. 2011 an den Auftragnehmer geleisteten Werklohnzahlungen im Gesamtbetrag von 235.521,16 EUR.

Wann die „beklagte Partei“ (richtig und gemeint: die klagende Partei) darüber informiert wurde, dass Personen auf den Baustellen für den Auftragnehmer gearbeitet hatten, die allenfalls nicht ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet worden waren, obwohl sie angemeldet hätten werden müssen, konnte nicht festgestellt werden.

Die klagende Partei begehrte mit der am 25. 2. 2016 eingebrachten Klage Zahlung von 47.104,23 EUR sA und brachte vor, die beklagte Partei treffe die Auftraggeberhaftung nach § 67a ASVG im Ausmaß von 20 % des an ihren Auftragnehmer geleisteten Werklohns. Die Voraussetzungen für den Anspruch seien erfüllt: Der Auftragnehmer habe bloß vorgegeben, dass die von ihm beschäftigten Dienstnehmer selbständige Unternehmer und/oder Gesellschafter einer Personengesellschaft seien, um sie nicht beim Finanzamt und bei der klagenden Partei anmelden zu müssen. Er habe die „Kooperationsverträge“ als Einzelunternehmer mit österreichischer Gewerbeberechtigung, Geschäftstätigkeit in Österreich und Erfüllungsorten in Österreich abgeschlossen. Das Finanzamt habe ein Abhängigkeitsverhältnis der einzelnen „Kooperationspartner“ bejaht, sodass die Dienstnehmereigenschaft begründet sei. Die Abgabenschuld sei nach Bekanntgabe und Zustellung des Steuerbescheids durch die Finanzbehörde entstanden. Da die Lohnsteuerpflicht feststehe, sei auch die Sozialversicherungspflicht verbindlich festgelegt. Aufgrund der Betriebsprüfung im Jahr 2014 seien dem Auftragnehmer für das Jahr 2011 rechtskräftig Sozialversicherungsbeiträge von 138.155,51 EUR zzgl Verzugszinsen auferlegt worden. Die Forderung sei uneinbringlich. Die in § 67a Abs 3 ASVG genannten Haftungsbefreiungsgründe lägen nicht vor.

Die nach den Werklohnzahlungen aus den einzelnen Bauvorhaben aufgegliederte Klageforderung sei aus folgenden Teilforderungen zusammengesetzt (AS 17 f):

A*****: 626,89 EUR; C*****: 2.884,70 EUR; S*****: 4.364,45 EUR; S*****: 66,90 EUR; K*****: 292,39 EUR; S*****: 138,47 EUR; E*****: 64,65 EUR; K*****: 140,09 EUR; L*****: 378,95 EUR; B*****: 186,23 EUR; N*****: 995,22 EUR; S*****: 3.078,98 EUR; L*****: 2.214,57 EUR; L*****: 18.130,69 EUR; H*****: 3.605,86 EUR; G*****: 2.225,39 EUR; K*****: 244,44 EUR; S*****: 4.757,60 EUR; S*****: 401,58 EUR; D*****: 224,06 EUR; S*****: 504,16 EUR; E*****: 1.577,95 EUR.

Die beklagte Partei wandte, soweit noch wesentlich, ein, es bestehe schon deswegen kein Anspruch, weil die GbR ein deutsches Unternehmen sei, ihren Sitz in Deutschland gehabt und die Dauer des Auftragsverhältnisses 12 Monate nicht überschritten habe. Dienstnehmer des Unternehmens wären daher als „entsendete Mitarbeiter“ iSd VO (EG) 883/2004 zu qualifizieren, für die nur in Deutschland, nicht aber in Österreich Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten seien. Die beklagte Partei habe überdies bis zur Entscheidung des UVS Vorarlberg keine Kenntnis von einer Dienstnehmereigenschaft der beim Auftragnehmer beschäftigten Personen gehabt. Die Haftung nach § 67a ASVG könne daher nicht schon mit der Zahlung der Werklöhne eingetreten sein. Weder das Erkenntnis des UVS Vorarlberg noch die Rückstandsausweise seien für das Verfahren bindend. Das Gericht habe vielmehr selbst zu beurteilen, ob und für welche Mitarbeiter Sozialversicherungsbeiträge im Inland zu entrichten seien oder ob eine Entsendung iSd VO (EG) 883/2004 vorgelegen habe. Ein allfällig zu Recht bestehender Anspruch wäre im Übrigen verjährt. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die klagende Partei von der Finanzbehörde bereits im Jahr 2011 über deren Verdacht informiert worden sei. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 68 ASVG habe deshalb bereits am 6. 6. 2011, dem Tag der Überprüfung der Baustelle in ***** durch die Finanzpolizei, zu laufen begonnen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es erachtete sich an die Rückstandsausweise über die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Leistung der darin festgestellten Beträge gebunden, auch wenn die beklagte Partei keine Möglichkeit gehabt habe, sich an diesem Verfahren zu beteiligen. Nach § 67a ASVG bestehe die Haftung des auftraggebenden Unternehmens schon allein aufgrund der Beitragspflicht des Auftragnehmers. Verschulden sei nicht erforderlich, weshalb der Irrtum der beklagten Partei über die Beitragspflicht für ihre Haftung irrelevant sei. Der Anspruch sei unabhängig davon, wann die klagende Partei erstmals den Verdacht von einer Abgabenhinterziehung gehabt habe, nicht verjährt. Habe ein Dienstgeber gegenüber dem Versicherungsträger keine oder unrichtige Angaben über die bei ihm beschäftigten Personen gemacht, so verlängere sich die Verjährungsfrist auf fünf Jahre ab Fälligkeit der Beträge. Die Klage sei innerhalb dieses Zeitraums eingebracht worden.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Es hielt den Verjährungseinwand für unberechtigt. § 68 ASVG regle einerseits die Verjährung des Rechts auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen und andererseits jene des Rechts auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden. Diese Bestimmung gelte auch für Beitragsmithaftende iSd § 67a Abs 1 ASVG, somit auch für auftraggebende Unternehmen. Die Haftung nach § 67a Abs 1 ASVG sei insoweit akzessorisch, als für bereits verjährte Beitragsschulden keine Haftung bestehe. Der Auftragnehmer habe als Dienstgeber gegenüber der klagenden Partei keine Angaben über die bei ihm beschäftigten Personen gemacht, weshalb die fünfjährige Verjährungsfrist für das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zur Anwendung gelange. Diese Frist habe jedenfalls im Jahr 2011 zu laufen begonnen. Die Mitteilung des Ergebnisses der GPLA am 15. 4. 2014 gegenüber dem Beitragsschuldner habe zur Unterbrechung der Feststellungsverjährung geführt.

Allerdings sei hier die zweijährige Verjährungsfrist für die Einforderung der festgestellten Beitragsschulden entscheidend. Bestreite der Beitragspflichtige nicht die vorgeschriebene Beitragsforderung und verlange er keinen Bescheid darüber, sei mit der Beitragsvorschreibung das Feststellungsverfahren abgeschlossen, die Beitragsschulden seien in Ermangelung eines Streits über die Verpflichtung zur Zahlung iSd § 68 Abs 2 ASVG „festgestellt“. Sei die Feststellung – formlos, mittels Rückstandsausweises oder durch Bescheid – erfolgt, ohne dass sich daran ein weiterer Streit anschließe, könne nur mehr das Recht auf Einforderung der festgestellten Beitragsschulden verjähren. Im vorliegenden Fall habe das Erstgericht den Zeitpunkt der Zustellung der Beitragsabrechnung für 2011 bzw der Rückstandsausweise vom 9. 9. und vom 29. 9. 2014 an den Auftragnehmer zwar nicht festgestellt. Im Hinblick auf die Veröffentlichung des Beschlusses über die Nichteröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens in der Insolvenzdatei könne aber davon ausgegangen werden, dass der Auftragnehmer spätestens am 11. 2. 2015 in Kenntnis des dem Insolvenzantrag zugrunde liegenden Rückstandsausweises gewesen sei. Selbst bei einem früheren, aber nach der Schlussbesprechung vom 15. 4. 2014 gelegenen Zeitpunkt der Kenntnis sei das Recht auf Einforderung der festgestellten Beitragsschulden bei Klagseinbringung am 25. 2. 2016 noch nicht verjährt gewesen.

Zur Frage der Sozialversicherungspflicht in Österreich führte das Berufungsgericht aus, es verbiete sich die Prüfung, ob tatsächlich eine Entsendung iSd Art 12 der VO (EG) 883/2004 stattgefunden und die Sozialversicherungspflicht daher nicht in Österreich, sondern in Deutschland oder allenfalls in Ungarn bestanden habe. Zwar bestehe keine Bindung der Gerichte an Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden und wegen des fehlenden Bescheidcharakters auch nicht an Rückstandsausweise. Bindend sei allerdings der Haftungsbescheid des Finanzamts Feldkirch vom 1. 7. 2014. Werde für bestimmte Zeiträume die Lohnsteuerpflicht nach § 47 Abs 1 und 2 EStG 1988 mit Bescheid festgesetzt, stehe zufolge der Verweisung auf das Einkommenssteuergesetz in § 4 Abs 2 ASVG auch die Sozialversicherungspflicht bindend fest. Eine solche bindende Wirkung komme Bescheiden zu, die über die Lohnsteuerpflicht als Hauptfrage absprächen, in erster Linie also Haftungsbescheiden gemäß § 82 EStG 1988. Der rechtskräftige Haftungsbescheid vom 1. 7. 2014 entfalte Gestaltungs- und Tatbestandswirkung, obwohl die beklagte Partei am Verwaltungsverfahren nicht beteiligt gewesen sei. Aufgrund dieser Bindungswirkung sei davon auszugehen, dass der Auftragnehmer im Jahr 2011 als Dienstgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer verpflichtet gewesen sei. Die von ihm beschäftigten Personen seien als Dienstnehmer iSd § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG zu qualifizieren.

Die Haftung der beklagten Partei und deren Umfang folge aus § 67a Abs 1 ASVG. Die grundsätzlichen Haftungsvoraussetzungen, nämlich der Auftrag von Bauleistungen (Trockenbauarbeiten) durch die beklagte Partei an einen Auftragnehmer seien nicht strittig, ebensowenig die Werklohnzahlungen der beklagten Partei. Es sei auch erfolglos Exekution geführt worden, ferner liege ein Insolvenztatbestand nach § 1 IESG vor. Von der ihr in § 67a Abs 3 Z 2 ASVG eingeräumten Möglichkeit der Überweisung des Haftungsbetrags an das Dienstleistungszentrum gleichzeitig mit der Leistung des Werklohns habe die beklagte Partei keinen Gebrauch gemacht. Ferner sei es irrelevant, ob die beklagte Partei von der Abgabenpflicht des Auftragnehmers Kenntnis gehabt habe oder haben hätte müssen. Die beklagte Partei hafte daher bis zum Höchstmaß von 20 % des Werklohns.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zu den Bestimmungen der §§ 67a und 68 ASVG mit einer (hier nicht relevanten) Ausnahme noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

I. Die Revision ist jedenfalls unzulässig, soweit sie sich gegen die bestätigende Entscheidung des Berufungsgerichts über die Stattgebung eines Teilbegehrens von 28.973,54 EUR sA richtet:

1. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln. Diese Regelung ist gemäß § 55 Abs 4 JN auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend.

2. Demnach sind mehrere in einer Klage von einer einzelnen Partei erhobenen Ansprüche nur dann zusammenzurechnen, wenn sie iSd § 55 Abs 1 Z 1 JN in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Ein rechtlicher Zusammenhang liegt hier nicht vor, weil die auf die Auftraggeberhaftung der beklagten Partei gestützten Ansprüche aus den Werklohnzahlungen für verschiedene Bauvorhaben abgeleitet werden (vgl auch die nachstehenden Ausführungen in Punkt II.2.2) und somit weder aus demselben Vertrag resultieren noch miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (vgl RIS‑Justiz RS0037648).

3. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN sind daher die Teilforderungen aus den einzelnen Bauvorhaben für die Zulässigkeit der Revision gesondert zu beurteilen (3 Ob 101/16y). Das bedeutet, dass der Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts in Ansehung aller Teilforderungen – mit einer Ausnahme (Bauvorhaben „L*****“) – jeweils unter 5.000 EUR lag. Im Umfang dieser Teilbegehren ist die Revision gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig und daher zurückzuweisen.

4. Insoweit ist auch die Revisionsbeantwortung unzulässig. Die Beantwortung eines jedenfalls unzulässigen Rechtsmittels ist dem Verfahrensgesetz fremd (2 Ob 103/17m mwN; RIS‑Justiz RS0123268). In der Revisionsbeantwortung wurde überdies auf die absolute Unzulässigkeit der Revision im erörterten Umfang nicht hingewiesen.

II. Im Übrigen, somit im Umfang eines Begehrens von 18.130,69 EUR sA, ist die Revision aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Das Rechtsmittel ist insoweit auch im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Die beklagte Partei macht geltend, die Beitragsforderung gegenüber dem Auftragnehmer sei sowohl nach ASVG als auch nach ABGB verjährt, weil die dreijährige Verjährungsfrist ab Zahlung des Werklohns bzw ab Kenntnis der klagenden Partei von der allfälligen Abgabenverpflichtung bereits vor der Einbringung der Klage abgelaufen sei. Die Schlussbesprechung mit der Finanzbehörde habe keine aufschiebende Wirkung gehabt. Im Übrigen entfalte der Haftungsbescheid des Finanzamts vom 1. 7. 2014 der beklagten Partei gegenüber mangels Beteiligung am verwaltungsbehördlichen Verfahren keine Bindungswirkung, die gegenteilige Auffassung widerspräche Art 6 EMRK. Der Bescheid sei auch nicht rechtsgestaltend, weil sein Vorliegen keine Tatbestandsvoraussetzung für die Haftung des Arbeitgebers sei. Die Vorinstanzen hätten daher Grund und Höhe des Klagebegehrens selbständig zu prüfen gehabt. Daraus hätte sich ergeben, dass eine Verpflichtung zur Anmeldung der Mitarbeiter des deutschen Unternehmens zur Sozialversicherung im Entsendestaat und nicht in Österreich bestanden habe.

Hiezu wurde erwogen:

1. Die in der Revision behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Zur Haftung des Auftraggebers:

2.1 Wird die Erbringung von Bauleistungen nach § 19 Abs 1a des Umsatzsteuergesetzes 1994 von einem Unternehmen (Auftrag gebendes Unternehmen) an ein anderes Unternehmen (beauftragtes Unternehmen) ganz oder teilweise weitergegeben, so haftet das Auftrag gebende Unternehmen gemäß § 67a Abs 1 ASVG für alle Beiträge und Umlagen (§ 58 Abs 6 ASVG), die das beauftragte Unternehmen an österreichische Krankenversicherungsträger abzuführen hat oder für die es nach dieser Bestimmung haftet, bis zum Höchstausmaß von 20 % des geleisteten Werklohns, wenn kein Befreiungsgrund nach § 67a Abs 3 ASVG vorliegt.

Gemäß § 67a Abs 2 ASVG tritt die Haftung nach Abs 1 mit dem Zeitpunkt der Zahlung des Werklohns ein und umfasst alle vom beauftragten Unternehmen zu entrichtenden Beiträge und Umlagen, die bis zum Ende des Kalendermonats fällig werden, in dem die Leistung des Werklohns erfolgt. Auch Teilleistungen gelten als Leistung des Werklohns. Die Haftung kann geltend gemacht werden, wenn zur Hereinbringung der in Abs 1 genannten Beiträge und Umlagen erfolglos Exekution geführt wurde oder bezüglich des beauftragten Unternehmens ein Insolvenztatbestand nach § 1 IESG vorliegt. Die Haftung besteht unbeschadet von Ansprüchen nach § 13a IESG.

2.2 Der erste Satz des § 67a Abs 2 ASVG bestimmt in seinem ersten Halbsatz, dass erst die tatsächliche Zahlung des Werklohns haftungsbegründend wirkt. Bei Teilleistung (Anzahlung, Teilzahlung, Schlusszahlung) des Werklohns entsteht die Haftung für jede Teilleistung getrennt mit dieser ( Rebhahn/Meißnitzer in Mosler/Müller/Pfeil , SV‑Komm [Stand 1. 3. 2017] § 67a ASVG Rz 44; Derntl in Sonntag , ASVG 9 [2018] § 67a Rz 12). Insoweit hängt daher die Haftung des Auftrag gebenden Unternehmens von der Erfüllung der von ihm eingegangenen konkreten Vertragsverhältnisse ab.

Der zweite Halbsatz („alle vom beauftragten Unternehmen zu entrichtenden Beiträge und Umlagen, die bis zum Ende des Kalendermonats fällig werden, in dem die Leistung des Werklohns erfolgt“) regelt den Haftungsgegenstand. Er ist dahin zu verstehen, dass die Haftung nicht nur die Beitragsschulden für jene Dienstnehmer erfasst, die bei den weitergegebenen Bauaufträgen zum Einsatz kamen. Erfasst sind auch alle sonstigen Beitragsschulden des Auftragnehmers, also auch solche, die auf anderen (auch eigenen) Bauaufträgen beruhen (vgl Krejci , Zur Beitragsmithaftung des Bauauftraggebers [§§ 67a ff ASVG], in Windisch‑Graetz , Haftungsrechtliche Probleme im Sozialrecht [2012] 101 [118]). Insoweit ist die Haftung daher vom konkreten Auftrag losgelöst. Sie dient zwar der Absicherung der Beiträge, die für die Dienstnehmer zu zahlen sind, die den weitergegebenen Auftrag erledigen, die konkrete Ausgestaltung der Haftung ist davon aber gelöst ( Rebhahn/Meißnitzer in SV‑Komm § 67a ASVG Rz 40).

Im dritten Satz des § 67 Abs 2 ASVG wird eine Ausfallshaftung normiert. Die erfolglose Exekution muss sich aber nicht auf die Beitragsschulden beziehen, die für den weitergegebenen Auftrag entstanden sind ( Rebhahn/Meißnitzer in SV-Komm § 67a ASVG Rz 49).

2.3 Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zwar nur noch die Auftraggeberhaftung aus dem Bauvorhaben „L*****“. Soweit die Haftung der beklagten Partei aus den anderen Bauvorhaben infolge der teilweisen Unanfechtbarkeit der zweitinstanzlichen Entscheidung (dazu Punkt I.) rechtskräftig feststeht, entfaltet dies mangels Identität des Anspruchs und des rechtserzeugenden Sachverhalts keine Bindungswirkung für das noch nicht rechtskräftig entschiedene Teilbegehren (vgl RIS‑Justiz RS0041340).

Die Haftung des Auftrag gebenden Unternehmens ist jedoch nach dem bisher Gesagten insoweit akzessorisch, als sie vom Bestehen offener (auch nicht mit dem genannten Bauvorhaben im Zusammenhang stehender) Beitragsschulden des Auftragnehmers abhängig ist. Aufgrund der eingetretenen Teilrechtskraft steht fest, dass die beklagte Partei für Beitragsschulden ihres Auftragnehmers in Höhe von 28.973,54 EUR haftet, ohne dass eine Zuordnung dieses Betrags zu bestimmten Beitragszeiträumen des Jahres 2011 möglich wäre. Zu klären bleibt, ob offene Beitragsschulden in einem darüber hinausgehenden, die Höhe der Klageforderung zumindest erreichenden Ausmaß entstanden sind.

2.4 In dritter Instanz ist zwischen den Parteien unstrittig, dass

- die beklagte Partei als ausländisches Unternehmen (hier: mit einer österreichischen Zweigniederlassung) unter die Haftungsregelung des § 67a Abs 1 ASVG fällt, sofern ihr Auftragnehmer in Österreich beitragspflichtig wurde (vgl Rebhahn/Meißnitzer in SV‑Komm § 67a ASVG Rz 51);

- Bauleistungen iSd § 19 Abs 1a UStG an den Auftragnehmer weitergegeben wurden;

- der Auftragnehmer auf den Baustellen in Österreich unselbständig erwerbstätige Mitarbeiter beschäftigt hat;

- der noch streitverfangene Haftungsbetrag aus dem Bauvorhaben „L*****“ 20 % des an den Auftragnehmer geleisteten Werklohns entspricht;

- die Haftungsbefreiungsgründe des § 67a Abs 3 ASVG (Eintragung in die HFU-Gesamtliste; Überweisung des „Haftungsbetrags“ an das Dienstleistungszentrum) nicht zum Tragen kommen;

- die Exekutionsführung gegen den Auftragnehmer erfolglos blieb und überdies ein Insolvenztatbestand nach § 1 IESG vorlag.

2.5 Strittig ist hingegen, ob der Auftragnehmer zumindest im noch streitverfangenen Umfang weitere Beiträge und Umlagen (§ 58 Abs 6 ASVG) an die klagende Partei abzuführen hatte. Die beklagte Partei bestreitet dies mit der Begründung, dass

- für die Dienstnehmer des ausländischen Auftragnehmers nach der VO (EG) 883/2004 in Österreich keine Beiträge zu entrichten gewesen seien und

- eine allenfalls doch bestehende Beitragsschuld des Auftragnehmers verjährt sei.

Darüber hinaus sei auch der auf § 67a ASVG gestützte Haftungsanspruch gegen die beklagte Partei verjährt.

2.6 Der erste dieser Einwände ist mit der strittigen Frage verknüpft, ob und inwieweit der Haftungsbescheid des Finanzamts Feldkirch vom 1. 7. 2014 für diesen Rechtsstreit bindende Wirkung entfaltet, bei deren Annahme den Gerichten die Prüfung der Anspruchsgrundlagen ganz oder teilweise entzogen wäre. Selbst wenn letzteres – mit den Vorinstanzen – zu bejahen wäre, bliebe die Revision im Falle der Berechtigung des Verjährungseinwands erfolgreich. Dieser ist deshalb vorrangig zu prüfen, wobei das Bestehen von inländischen Beitragsschulden des Auftragnehmers, soweit sie nicht ohnehin bereits rechtskräftig feststehen, vorerst zu unterstellen ist.

3. Zum Einwand der Verjährung:

3.1 Allgemeines:

3.1.1 Nach einhelliger Auffassung im Schrifttum besteht infolge der bereits angesprochenen Akzessorietät (Punkt 2.3) keine Haftung des Auftraggebers für bereits verjährte Beitragsschulden ( Rebhahn/Meißnitzer in SV‑Komm § 67a ASVG Rz 38; Derntl in Sonntag 9 § 67a Rz 45; Krejci in Windisch‑Graetz , Haftungsrechtliche Probleme im Sozialrecht 101 [121]). Es ist demnach eine materielle Anspruchsvoraussetzung für die geltend gemachte Auftraggeberhaftung, dass die Verjährung der Beitragsschulden noch nicht eingetreten ist. Dies ist anhand der sozialversicherungsrechtlichen Verjährungsnorm des § 68 ASVG zu prüfen.

3.1.2 Diese Bestimmung lautet (Hervorhebungen durch den Senat):

(1) Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.

(2) Das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden verjährt binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung) unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin gelten die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung.

3.1.3 Die Anwendung dieser Bestimmung beschränkt sich auf das verwaltungsbehördliche Verfahren über die Beitragsschuld (dazu unten Punkt 3.3 und 3.4). Davon zu unterscheiden ist die Verjährung der zivilrechtlichen Haftung nach § 67a ASVG, die nach den Verjährungsregeln des ABGB zu beurteilen ist ( Rebhahn/Meißnitzer in SV‑Komm § 67a ASVG Rz 15; Derntl in Sonntag 9 § 67a Rz 45; Bartos , Praxisleitfaden Auftraggeberhaftung² [2015] 105).

3.2 Verjährung des Anspruchs nach § 67a ASVG:

3.2.1 Nach zutreffender Auffassung von Derntl (in Sonntag 9 § 67a Rz 45) unterliegt der Anspruch des Krankenversicherungsträgers – einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (vgl RIS‑Justiz RS0009096) – der 40‑jährigen Verjährungsfrist des § 1485 iVm § 1472 ABGB (so grundsätzlich auch Rebhahn/Meißnitzer in SV‑Komm § 67a ASVG Rz 15).

3.2.2 Die von den zuletzt genannten Autoren erwogene analoge Anwendung des § 1486 Z 1 ABGB, also einer dreijährigen Frist ab Fälligkeit des Werklohns, überzeugt nicht: Sie hätte häufig zur Folge, dass der Haftungsanspruch vor den offenen Beitragsschulden verjährt, was mit dem Konzept einer Ausfallshaftung nicht zu vereinbaren ist.

Soweit Bartos (Auftraggeberhaftung² 106) aus bloßen Billigkeitserwägungen für eine dreijährige Verjährungsfrist ab einer (allfälligen) Zahlungsaufforderung an den Beitragsschuldner plädiert, fehlt es diesem Ansatz an einer gesetzlichen Grundlage.

3.2.3 Davon abgesehen kann der Haftungsanspruch aufgrund seiner Akzessorietät ohnehin nur so lange Bestand haben wie die Beitragsschuld ( Krejci in Windisch-Graetz , Haftungsrechtliche Probleme im Sozialrecht 101 [121]), sodass die lange Verjährungsfrist kaum jemals ausgeschöpft werden wird.

3.3 Feststellungsverjährung nach § 68 Abs 1 ASVG:

3.3.1 Zunächst ist klarzustellen, dass das „Auftrag gebende Unternehmen“ (§ 67a Abs 1 ASVG) – anders als der für „Beitragsschuldigkeiten“ Haftende (§ 67 ASVG) – kein „Beitragsmithaftender“ iSd § 68 Abs 1 ASVG ist. Das folgt einerseits aus der Entstehungsgeschichte dieses Begriffs, andererseits aus dem rein zivilrechtlichen Charakter der Auftraggeberhaftung:

(a) § 67 ASVG regelt die „Haftung für Beitragsschuldigkeiten“ und enthält mehrere Tatbestände, die eine „Mithaftung“ für geschuldete Beiträge normieren. Während das – ua § 67a ASVG enthaltende – „AuftraggeberInnen-Haftungsgesetz“, BGBl I 2008/91, am 1. 9. 2009 in Kraft getreten ist, wurde der Terminus „Beitragsmithaftende“ bereits durch die 50. ASVG-Novelle, BGBl 676/1991, in § 68 Abs 1 ASVG eingefügt. Damit reagierte der Gesetzgeber auf die mit der 48. ASVG-Novelle erfolgte Neufassung des § 67 Abs 10 ASVG, der die als Ausfallshaftung konzipierte „Mithaftung“ der zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften berufenen Personen sowie der gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen zum Gegenstand hat. Nach den Gesetzesmaterialien sollte die Änderung in § 68 Abs 1 ASVG der infolge lange dauernder Insolvenzverfahren regelmäßig drohenden Verjährungsgefahr und den dadurch bedingten Beitragseinbußen entgegensteuern (ErläutRV 284 BlgNR XVIII. GP 24).

(b) Die Bedeutung des § 67 ASVG liegt darin, dass die dort geregelten Haftungen – anders als die Auftraggeberhaftung nach § 67a ASVG – im Verwaltungsweg iSd § 355 iVm § 410 Abs 1 Z 4 ASVG durch Erlassung eines Bescheids durchgesetzt werden können. Die Haftung nach § 67 ASVG wird daher erst durch Erlassung eines Haftungsbescheids wirksam ( Müller in Mosler/Müller/Pfeil , SV-Komm [Stand 1. 7. 2014] § 67 ASVG Rz 3). Demgemäß finden auf die „Beitragsmithaftenden“ die Verjährungsbestimmungen des § 68 ASVG Anwendung, wobei ein bestehender Streit über die Haftungsverpflichtung durch Erlassung eines Bescheids beendet werden kann (vgl VwGH 2008/08/0038; vgl ferner Müller in SV‑Komm § 67 ASVG Rz 10; Julcher in Mosler/Müller/Pfeil , SV‑Komm [Stand 1. 6. 2017] § 68 ASVG Rz 24).

(c) Im Gegensatz dazu sind Streitigkeiten über das Bestehen der Auftraggeberhaftung nach § 67a ASVG kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung im streitigen Zivilverfahren auszutragen.

(d) Unter „Beitragsmithaftung“ iSd § 68 Abs 1 ASVG ist daher nur die Haftung nach § 67 ASVG, nicht aber auch jene nach § 67a ASVG zu verstehen (so auch Derntl in Sonntag 9 § 68 Rz 23 ff). Die Verjährung des Haftungsanspruchs richtet sich deshalb auch nur nach den Verjährungsbestimmungen des ABGB. Daran ändert nichts, dass die Haftung nach § 67a auch neben die Haftungstatbestände des § 67 ASVG treten kann (vgl Rebhahn/Meißnitzer in SV‑Komm § 67a ASVG Rz 22; Krejci in Windisch-Graetz , Haftungsrechtliche Probleme im Sozialrecht 101 [110 f]).

(e) Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass die Verjährungsregelung des § 68 ASVG nur gegenüber dem Auftragnehmer (dem Beitragsschuldner), nicht aber auch gegenüber der beklagten Partei zur Anwendung gelangt.

3.3.2 Dauer der Verjährungsfrist:

(a) Der Auftragnehmer ist seiner Meldepflicht als Dienstgeber iSd § 33 ASVG „überhaupt“ nicht nachgekommen. In diesem Fall hat es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dabei zu bleiben, dass die Verjährungsfrist iSv § 68 Abs 1 Satz 1 ASVG vom Tag der Fälligkeit der Beiträge berechnet wird, wobei sich die Frist im Falle einer Sorgfaltsverletzung auf fünf Jahre verlängert (VwGH 2006/08/0152; zust Derntl in Sonntag 9 § 68 Rz 8). Die Anwendung von § 68 Abs 1 Satz 2 ASVG setzt nach dieser Auslegung hingegen voraus, dass innerhalb der vom Tag der Fälligkeit an gerechneten Verjährungsfrist eine verspätete (auch unvollständige oder unrichtige) Meldung erstattet wird ( Julcher in SV‑Komm § 68 ASVG Rz 11).

(b) Nach einer anderen Auslegungsvariante soll § 68 Abs 1 Satz 2 ASVG dahin zu verstehen sein, dass die Verjährungsfrist ohne Meldung nicht (daher nie) zu laufen beginnt, sodass Beitragsforderungen im Falle von – wenn auch schuldlos – unterlassenen Meldungen überhaupt nicht verjähren könnten ( Julcher in SV‑Komm § 68 ASVG Rz 11 mit Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Auf diesen Meinungsstreit muss aber nicht näher eingegangen werden, weil auch nach der ersten Auslegungsvariante keine Feststellungsverjährung eingetreten ist.

(c) Die Verlängerung der Verjährungsfrist auf fünf Jahre hängt davon ab, ob den Beitragsschuldner eine Sorgfaltsverletzung trifft. Die rechtswidrige Nichtmeldung indiziert dieses Verschulden. Es liegt am Meldepflichtigen gegenüber dem Versicherungsträger darzutun, aus welchem besonderen Grund ihn ausnahmsweise kein Verschulden an der Meldepflichtverletzung trifft (VwGH 2006/08/0152; Julcher in SV‑Komm § 68 ASVG Rz 12).

(d) Im vorliegenden Fall blieben die im finanzbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren erhobenen Einwände des Auftragnehmers erfolglos. Dass er vor, während oder nach Beendigung der GPLA, mit der auch die Sozialversicherungsprüfung vorgenommen wurde, gegenüber der klagenden Partei Einwände zu seiner Rechtfertigung erhoben hätte, geht aus den Feststellungen nicht hervor. Die beklagte Partei hat auch kein entsprechendes Vorbringen erstattet, sondern vielmehr die Untätigkeit ihres Auftragnehmers beklagt (vgl AS 28).

(e) Unter diesen Umständen ist, folgt man der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, von einer fünfjährigen Verjährungsfrist auszugehen. Die Frist beginnt mit der Fälligkeit der Beiträge, demnach mit dem letzten Tag des Kalendermonats zu laufen, in den das Ende des (jeweiligen) Beitragszeitraums fällt (§ 58 Abs 1 ASVG). Fällige Beitragsschulden konnten daher frühestens am 31. 1. 2011 (und an den letzten Tagen der Folgemonate) entstanden sein, sodass die fünfjährige Frist ohne Berücksichtigung von Unterbrechung oder Hemmung frühestens am 31. 1. 2016 (und an den letzten Tagen der Folgemonate) endete.

3.3.3 „Feststellung“ der Beitragspflicht:

(a) Im Weiteren ist zu prüfen, ob innerhalb der ermittelten Verjährungsfrist die Beitragspflicht des Auftragnehmers „festgestellt“ wurde. Dies führt zunächst zu der Frage, auf welche Weise diese „Feststellung“ erfolgen kann:

(b)  Julcher (in SV-Komm § 68 ASVG Rz 7 ff) nennt Feststellungsbescheide unterschiedlichen Inhalts und – wenn zwischen dem Versicherungsträger und dem Dienstgeber Streit um geschuldete und fällige Beträge besteht – auch das Erfordernis eines Leistungsbefehls.

(c)  Derntl (in Sonntag 9 § 68 Rz 4 ff) verweist hingegen darauf, dass eine bescheidmäßige Feststellung gegenüber dem Beitragsschuldner nur in seltenen Fällen und falls doch, häufig nur aufgrund eines Antrags erfolgt. Er hält die Ansicht für überzeugend, dass nach fristgemäßem Abschluss einer Sozialversicherungsprüfung eine Verjährung der Feststellung der Beitragspflicht ausgeschlossen sei (Rz 5). Es sei naheliegend, die in § 68 ASVG angesprochene Feststellung mit der Buchung am Beitragskonto anzusetzen (Rz 6).

(d) Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner Rechtsprechung primär darauf ab, ob der Beitragsschuldner die ihm vorgeschriebenen Beitragsforderungen bestritten hat (VwGH 2009/08/0049). Blieben sie unbestritten, ist mit der Beitragsvorschreibung das Verfahren zur Feststellung der Beiträge abgeschlossen und es beginnt die Frist für die Einforderungsverjährung zu laufen (VwGH 2013/08/0177 [zum inhaltsgleichen § 40 GSVG]). Dafür genügt die formlose Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis einer Beitragsprüfung (VwGH 2013/08/0036; auf diese stRsp verweisend auch Julcher in SV-Komm § 68 ASVG Rz 17). Nur im Streitfall könnte ohne Erlassung eines Bescheids von „festgestellten Beitragsschulden“ nicht die Rede sein (VwGH 2013/08/0036). In einem solchen Fall bewirkt die Mitteilung über das Ergebnis der Beitragsprüfung lediglich die Unterbrechung der Feststellungsverjährungsfrist ( Julcher in SV-Komm § 68 ASVG Rz 18).

(f) Nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen fand am 15. 4. 2014 die nach Abschluss der GPLA mit dem Auftragnehmer abgehaltene Schlussbesprechung (§ 149 Abs 1 BAO) statt. Dabei erhielt er die (formlose) Verständigung über die aushaftende Beitragsschuld in Höhe von 138.155,51 EUR. Dass der Auftragnehmer diese ihm mitgeteilte Beitragschuld sogleich oder in der Folge bestritten oder nach § 410 Abs 1 Z 7 ASVG die Erlassung eines Feststellungsbescheids durch den Versicherungsträger beantragt hätte, wurde weder behauptet noch festgestellt (vgl schon Punkt 3.3.2 d). Somit galt die Beitragsschuld im Sinne der erörterten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, der sich der erkennende Senat anschließt, bereits mit 15. 4. 2014 als „festgestellt“.

(g) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Verständigung über die Beitragsschuld durch das Prüfungsorgan des Finanzamts erfolgte. Dieses wurde gemäß der Regelung des § 86 Abs 1 EStG 1988 bei der Durchführung der Sozialversicherungsprüfung als Organ der klagenden Partei tätig (vgl 3 Ob 173/08z SZ 2008/169; Knechtl in Wiesner/Grabner/Wanke , EStG [Stand 1. 12. 2017] § 86 Rz 14), sodass auch die Mitteilung der Beitragsschuld im Rahmen der Schlussbesprechung in deren Namen erfolgte.

(h) Die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Beitragszahlung wurde somit innerhalb offener Frist festgestellt.

3.4 Einforderungsverjährung nach § 68 Abs 2 ASVG:

(a) Die zweijährige Verjährungsfrist für das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden begann mit der Verständigung des Auftragnehmers vom Ergebnis der „Feststellung“, somit am 15. 4. 2014 zu laufen. Sie wird durch geeignete Einbringungsmaßnahmen, wie zB Mahnungen oder die Einleitung von Exekutionsschritten unterbrochen und kann während der Dauer eines rechtzeitig eingeleiteten und gehörig fortgesetzten Vollstreckungsverfahrens nicht neuerlich zu laufen beginnen (VwGH 2012/07/0287). Ob eine Maßnahme der Hereinbringung einer offenen Forderung dient, hängt letztlich von der Beurteilung im Einzelfall ab ( Julcher in SV‑Komm § 68 ASVG Rz 20).

(b) In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob auch die Einbringung der den Haftungsanspruch nach § 67a ASVG geltend machenden Klage gegen den Auftraggeber die Unterbrechung der Verjährung bewirkt. Dies ist zu bejahen:

(ba) Die Haftung des Auftraggebers wird gemäß § 67a Abs 2 Satz 3 ASVG erst durch die erfolglose Exekutionsführung gegen den Auftragnehmer oder das Vorliegen eines Insolvenztatbestands ausgelöst. Erst danach kann die Klage gegen den Auftraggeber eingebracht werden, wodurch jedenfalls die zivilrechtliche Verjährung unterbrochen wird (§ 1497 ABGB). Würde aber während des folgenden Rechtsstreits die (neue) Verjährungsfrist nach § 68 Abs 2 ASVG weiterlaufen, bestünde die Gefahr, dass die Einforderung der Beitragsschulden gegenüber dem Auftragnehmer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung verjährt. Die Verjährung der offenen Beitragsschulden würde aber infolge der Akzessorietät der Auftraggeberhaftung (Punkt 2.3 und 3.1) zur Abweisung der Klage führen, sodass der Versicherungsträger, um die neuerliche Unterbrechung zu bewirken, zu weiteren Einbringungsmaßnahmen gegen den Auftragnehmer gezwungen wäre, deren Aussichtslosigkeit von vornherein feststeht. Ist der Auftragnehmer eine juristische Person, sind solche Einbringungsmaßnahmen unter Umständen gar nicht mehr möglich, weil Insolvenztatbestände und Vermögenslosigkeit in der Regel zur Auflösung und Löschung aus dem Firmenbuch führen (vgl §§ 39 f FBG).

(bb) Um den schutzwürdigen Interessen des Versicherungsträgers Rechnung zu tragen, muss daher die Klage gegen den Auftraggeber auch zur Unterbrechung der Einforderungsverjährung gegen den Auftragnehmer führen (vgl BGH XI ZR 243/02, NZBau 2003, 268 [269], zur ähnlichen Interessenlage des Gläubigers im Falle der Bürgschaft). § 68 Abs 2 Satz 2 ASVG ist demnach bei richtigem Verständnis dahin auszulegen, dass auch die auf § 67a ASVG gestützte Klage gegen den Auftraggeber als eine „zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme“ zu werten ist.

(c) Der klagenden Partei wurde am 12. 9. 2014 die Fahrnis- und Gehaltsexekution bewilligt. Bereits durch den diesem Beschluss zugrunde liegenden Antrag, dessen Datum nicht feststeht, wurde die Verjährungsfrist unterbrochen. Am 15. 1. 2015 fand ein Pfändungsversuch an der Adresse des Auftragnehmers statt, der deshalb scheiterte, weil keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden wurden. Selbst wenn die Verjährungsfrist bereits mit diesem Tag wieder neu zu laufen begonnen hätte, war sie zum maßgeblichen Zeitpunkt der Einbringung der Klage am 25. 2. 2016 noch nicht abgelaufen.

(d) Allerdings lag der Exekutionsbewilligung vom 12. 9. 2014 nur der Rückstandsausweis der klagenden Partei vom 9. 9. 2014 zur Hereinbringung offener Beitragsschulden für das erste Halbjahr 2011 in Höhe von 34.664,24 EUR samt Zinsen zugrunde. Daran knüpft sich die Frage, ob aus diesem Grund das Recht auf Einforderung der nicht in Exekution gezogenen Beitragsschulden aus dem zweiten Halbjahr, wie sie im Rückstandsausweis vom 29. 9. 2014 aufscheinen, verjähren konnte. Sie ist jedoch zu verneinen:

Denn schon bloße Ermittlungsmaßnahmen hinsichtlich des pfändbaren Vermögens des Beitragsschuldners unterbrechen die Verjährung, sofern sie nach außen zu Tage treten und im Akt dokumentiert sind ( Julcher in SV‑Komm § 68 ASVG Rz 21). Solche von der klagenden Partei veranlasste Ermittlungsmaßnahmen fanden aber jedenfalls am 15. 1. 2015 im Zuge des anhängigen Exekutionsverfahrens statt. Der Pfändungsversuch, bei dem der Auftragnehmer auch ein Vermögensverzeichnis abgegeben hat, unterbrach daher auch die Verjährung hinsichtlich der weiteren Beitragsforderungen der klagenden Partei, sodass auch insoweit die Frist wieder von Neuem zu laufen begann.

3.5 Erstes Zwischenergebnis:

3.5.1 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Beitragsschulden aus sämtlichen Beitragszeiträumen des Jahres 2011 noch nicht verjährt sind. Mit dem Einwand der Verjährung nach § 68 ASVG kann die Haftung der beklagten Partei daher auch im noch streitverfangenen Umfang nicht abgewendet werden. Ebenso erweist sich der auf die zivilrechtliche Verjährung des Haftungsanspruchs gegründete Einwand als unberechtigt, weil auf diesen Anspruch die 40-jährige Verjährungsfrist des § 1485 ABGB zur Anwendung gelangt.

3.5.2 Diese Beurteilung setzt, wie in Punkt 2.6 festgehalten, Beitragsschulden des Auftragnehmers voraus. Anders könnte sie in Bezug auf die GbR ausfallen, wenn diese nicht, wie von der klagenden Partei behauptet, bloß eine Scheingesellschaft war. Denn einer nach deutschem Recht gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR; BGB‑Gesellschaft) kommt, sofern sie als Außengesellschaft auftritt, uneingeschränkte Rechtsfähigkeit zu (vgl etwa Schäfer in MüKo BGB 7 [2017] Vor § 705 Rn 11), weshalb sie auch Arbeitgeberin sein kann (vgl BAG 30. 10. 2008, NZA 2009, 485). Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der GbR als Gesamtschuldner nach Maßgabe der Akzessorietätstheorie (hA; Schäfer in MüKo BGB 7 § 714 Rn 34). Eine vertiefende Untersuchung dieses Themas kann derzeit aber noch unterbleiben, zumal nur ein einziger Auftrag an die GbR weitergegeben wurde und schon deshalb zweifelhaft ist, ob die bisher unbeachtete Rechtsfrage für die Haftung der beklagten Partei von relevanter Bedeutung ist.

4. Keine Bindung an den Haftungsbescheid vom 1. 7. 2014:

4.1 Der weitere Einwand der beklagten Partei, ihr Auftragnehmer habe keine Dienstnehmer beschäftigt, für die im Inland Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten gewesen wären, blieb von den Vorinstanzen ungeprüft, weil sich das Erstgericht an die Rückstandsausweise der klagenden Partei und das Berufungsgericht an den besagten Haftungsbescheid des Finanzamts gebunden erachteten. Dass den Rückstandsausweisen wegen des fehlenden Bescheidcharakters keine Bindungswirkung zukommt, hat schon das Berufungsgericht richtig erkannt (RIS‑Justiz RS0037038). Auch die fehlende Bindung an ein im Verwaltungsstrafverfahren ergangenes verurteilendes Erkenntnis entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 127/13b SZ 2013/78 = EvBl 2014/52 [ Klicka ]; RIS‑Justiz RS0040213). Es verbleibt also die Frage nach der Bindung an den Haftungsbescheid.

4.2 Die Annahme der Bindung der Gerichte an rechtskräftige Verwaltungsbescheide beruht auf reichhaltiger Judikatur (RIS‑Justiz RS0036880, RS0036981 uva). Umstritten ist jedoch im Hinblick auf Art 6 EMRK die Frage, ob die Bindung auch gegenüber Dritten gilt, die am Verwaltungsverfahren nicht beteiligt waren (vgl Fucik in Rechberger , ZPO 4 § 190 Rz 5; Höllwerth in Fasching/Konecny ³ II/3 § 190 Rz 31 ff). Denn die Rechtskraft erfasst auch im Verwaltungsrecht grundsätzlich nur die Parteien des Verwaltungsverfahrens. Dritte können daher (abgesehen von einer Rechtskrafterstreckung) nur (mittelbar) durch die Gestaltungs- oder Tatbestandswirkung eines Bescheids gebunden sein (4 Ob 192/06y mwN SZ 2006/172; RIS‑Justiz RS0036865 [T1], RS0036975, RS0121545). Eine Bindung besteht aber jedenfalls nur an den Spruch des Bescheids, nicht aber auch an die Begründung der Entscheidung bzw deren rechtliche Beurteilung (2 Ob 79/13a; 10 ObS 62/17s; RIS‑Justiz RS0036948, RS0037015; Höllwerth in Fasching/Konecny ³ II/3 § 190 Rz 45).

4.3 Gestaltungswirkung ist anzunehmen, wenn ein Bescheid eine gegenüber jedermann wirkende neue Rechtslage schafft (vgl 10 ObS 25/01a; 4 Ob 192/06y; Höllwerth in Fasching/Konecny ³ II/3 § 190 Rz 46 ff). Die Tatbestandswirkung setzt voraus, dass die Rechtsordnung an die bloße Tatsache der Existenz des Bescheids Rechtsfolgen knüpft (4 Ob 192/06y; 9 ObA 108/17y; vgl RIS‑Justiz RS0114910; Höllwerth in Fasching/Konecny ³ II/3 § 190 Rz 49; zur Tatbestandswirkung gerichtlicher Entscheidungen vgl etwa 2 Ob 71/15b mwN SZ 2015/55; 7 Ob 125/18k; RIS‑Justiz RS0041401, RS0041431). In der Entscheidung 4 Ob 192/06y wurde offen gelassen, ob auch diese Bescheidwirkungen aufgrund von Art 6 EMRK Grenzen haben können (vgl dazu Klicka in Fasching/Konecny ³ III/2 § 411 Rz 172).

4.4 Im hier relevanten Zusammenhang wendet sich im Hinblick auf Art 6 EMRK vor allem Krejci (in Windisch-Graetz , Haftungsrechtliche Probleme im Sozialrecht 101 [120]) gegen die Bindung des am Verwaltungsverfahren nicht beteiligten Auftraggebers an jenen Bescheid, durch den die Beitragsschuld des Auftragnehmers rechtskräftig festgestellt wurde.

Rebhahn/Meißnitzer (in SV‑Komm § 67a ASVG Rz 42) vertreten hingegen die Auffassung, dass ein rechtskräftiger Bescheid über die Beitragsschuld Tatbestandswirkung gegenüber dem Haftenden entfalte, an die dieser gebunden sei. Die Autoren sind der Auffassung, diese Bindung sei mit den verfassungsrechtlichen Grenzen der Bindung Dritter vereinbar, insbesondere weil der Auftraggeber die Haftung durch Zahlung des Abzugsbetrags (an das Dienstleistungszentrum; vgl § 67a Abs 3 Z 2 ASVG) vermeiden könne.

4.5 Es bedarf keiner näheren Auseinandersetzung mit diesen unterschiedlichen Standpunkten, denn ein „rechtskräftiger Bescheid über die Beitragsschuld“, dessen Tatbestandswirkung auch die beklagte Partei erfassen könnte, liegt nicht vor:

4.5.1 Der Haftungsbescheid vom 1. 7. 2014 entfaltet, was die Beitragsschulden anlangt, keine rechtsgestaltende Wirkung. Gemäß § 82 Satz 1 EStG 1988 haftet der Dienstgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Er hat aufgrund dieser Bestimmung für eine fremde Schuld, nämlich jene des lohnsteuerpflichtigen Dienstnehmers einzustehen. Die Geltendmachung dieser persönlichen Haftung erfolgt durch Erlassung eines Haftungsbescheids nach § 224 Abs 1 BAO, wodurch erst die Abgabenschuld des Dienstgebers entsteht (8 ObA 21/11p; RIS‑Justiz RS0030848; Knechtl in Wiesner/Grabner/Wanke , Einkommensteuergesetz [Stand 1. 12. 2017] § 82 EStG Rz 20; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Uitz , Bundesabgabenordnung [Stand 1. 6. 2012] § 224 Rz 3). Der Bescheid wirkt daher (nur) insoweit konstitutiv, als erst durch seine Erlassung der haftende Dienstgeber zum Gesamtschuldner mit dem Dienstnehmer wird (§ 7 Abs 1 BAO; Knechtl in Wiesner/Grabner/Wanke , EStG § 82 Rz 8; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Uitz , BAO § 224 Rz 9).

Demgegenüber ist der Dienstgeber schon von Gesetzes wegen – auch hinsichtlich der Dienstnehmeranteile – Beitragsschuldner aus der Pflichtversicherung nach dem ASVG (§ 58 Abs 2 ASVG). Der Bescheid wirkt daher insofern nicht rechtsgestaltend.

4.5.2 Fraglich könnte allenfalls die im Folgenden zu prüfende Tatbestandswirkung sein:

(a) Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind (ua) in der Krankenversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer versichert. Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs 2 Satz 1 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Nach § 4 Abs 2 letzter Satz ASVG gilt – von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen – als Dienstnehmer „jedenfalls auch“, wer nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist.

(b) Der Verwaltungsgerichtshof sieht die „wesentliche Bedeutung“ dieser Verweisung darin, dass damit für jene Zeiträume, für welche die Lohnsteuerpflicht der betreffenden Person mit Bescheid der Finanzbehörde festgestellt ist, auch die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG bindend feststeht (VwGH 2002/08/0242, 2010/08/0240, 2011/08/0165; Mosler in Mosler/Müller/Pfeil , SV-Komm [Stand 1. 3. 2015] § 4 ASVG Rz 168). Die mit einem Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG 1988 festgestellte Lohnsteuerpflicht zieht somit „automatisch“ die Dienstnehmereigenschaft nach sich ( Mosler in SV-Komm § 4 ASVG Rz 163).

(c) Folgt man dieser Auffassung, steht zwar aufgrund des über die Lohnsteuerpflicht absprechenden Haftungsbescheids vom 1. 7. 2014 für den Krankenversicherungsträger und das beauftragte Unternehmen bindend fest, dass letzteres in den vom Bescheid umfassten Zeiträumen im Inland (im Spruch des Bescheids nicht genannte) sozialversicherungspflichtige Dienstnehmer beschäftigt hat.

(d) Tatbestandsmerkmal für die Haftung des Auftraggebers nach § 67a Abs 1 ASVG ist jedoch, dass das beauftragte Unternehmen „Beiträge und Umlagen (§ 58 Abs 6 ASVG)“ an den österreichischen Krankenversicherungsträger „abzuführen hat“, dass also eine offene Beitragsschuld besteht. Ob und in welcher Höhe den Auftragnehmer eine derartige Verpflichtung traf, geht aus dem Spruch des Bescheids (und im Übrigen auch aus dessen Begründung) nicht hervor. Von einem rechtskräftigen Bescheid über die Beitragsschuld des Auftragnehmers, der der beklagten Partei gegenüber allenfalls Tatbestandswirkung entfalten könnte (vgl nochmals Krejci in Windisch-Graetz , Haftungsrechtliche Probleme im Sozialrecht 101 [120] sowie Rebhahn/Meißnitzer in SV‑Komm § 67a ASVG Rz 42), kann somit keine Rede sein. Die Beitragsschuld ergibt sich lediglich aus der Niederschrift über die Schlussbesprechung, der Beitragsabrechnung, dem Prüfbericht und den Rückstandausweisen, denen jedoch allesamt keine bindende Wirkung zukommt, weil ihnen kein Bescheid zugrunde liegt.

4.6 Zweites Zwischenergebnis:

Es besteht keine Bindung der Gerichte an den finanzbehördlichen Haftungsbescheid vom 1. 7. 2014. Das bedeutet, dass – soweit die Zahlungspflicht der beklagten Partei nicht schon rechtskräftig feststeht (oben Punkt I.) – der von der beklagten Partei erhobene Einwand gegen die behauptete Beitragsschuld des Auftragnehmers, es hätten nur „entsendete“ Dienstnehmer auf den inländischen Baustellen gearbeitet, inhaltlich zu prüfen ist.

5. Zur Anwendung der VO (EG) 883/2004:

5.1 Rechtslage:

5.1.1 § 67a ASVG erfasst auch die Beitragsschulden ausländischer Auftragnehmer, sofern sie nach österreichischem Recht bestehen. Nicht gesichert werden hingegen die Beitragszahlungen an die ausländische Sozialversicherung ( Rebhahn/Meißnitzer in SV‑Komm § 67a ASVG Rz 53).

5.1.2 In welchem Staat die Versicherungspflicht besteht, richtet sich nach der VO (EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, die gemeinsam mit ihrer Durchführungs-verordnung (EG) 987/2009 am 1. 5. 2010 in Kraft getreten ist und das nationale Recht (§ 3 Abs 3 ASVG) verdrängt ( Müller in Mosler/Müller/Pfeil , SV‑Komm [Stand 1. 3. 2018] § 3 ASVG Rz 3 f; Zehetner in Sonntag , ASVG 9 [2018] § 3 Rz 1). Nach der Grundsatzregel des Art 11 Abs 3 lit a VO (EG) 883/2004 ist der Staat für die Versicherung zuständig, in dem die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird („Beschäftigungsstaatsprinzip“). Dabei kommt es weder auf den Wohnort des Erwerbstätigen noch auf den Sitz des Arbeitgebers an ( Spiegel in Mosler/Müller/Pfeil , SV-Komm [Stand 1. 3. 2018] § 3 ASVG Rz 57 f; Pöltl , Zur Bindungswirkung der Entsendebescheinigung A1, ZAS 2012/3, 12).

5.1.3 Wichtigste Ausnahme von der Grundsatzregel ist die Entsendung von Arbeitnehmern. Art 12 Abs 1 VO (EG) 883/2004 stellt für die Entsendung abhängig Beschäftigter konkrete Kriterien auf, nämlich dass

(a) der Arbeitnehmer im Staat der gewöhnlichen (schwerpunktmäßigen) Geschäftstätigkeit des Arbeitgebers seine Beschäftigung ausübt und

(b) vom Arbeitgeber zur vorübergehenden Arbeitsleistung in einen anderen Mitgliedstaat entsendet wird, sofern

(c) die voraussichtliche Dauer der Entsendung 24 Monate nicht überschreitet und der Arbeitnehmer nicht eine andere Person ablöst (vgl 8 ObS 13/14s).

5.1.4 Das erste dieser drei Kriterien wird in Art 14 Abs 2 VO (EG) 987/2009 dahin präzisiert, dass das Unternehmen des Arbeitgebers im Niederlassungsstaat nicht bloß interne Verwaltungstätigkeiten ausüben darf, sondern dort in nennenswertem Umfang dem Unternehmenszweck entsprechend auf dem Markt auftreten muss ( Utz in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching , BeckOK Sozialrecht [1. 6. 2018], VO [EG] 883/2004 Art 12 Rn 8; Spiegel in SV‑Komm § 3 ASVG Rz 65; näher zur „nennenswerten Tätigkeit“ auch VwGH Ro 2014/08/0003). Dabei sind in einer Gesamtschau sämtliche Tätigkeiten zu würdigen. Es soll verhindert werden, dass Unternehmen nur zum Schein in einem Mitgliedstaat tätig sind, um aus diesem Entsendungen vornehmen zu können ( Pöltl in ZAS 2013/3, 12 [13 f]).

5.1.5 Was den Arbeitnehmer anlangt, ist es zwar unerheblich, ob er ausschließlich für Arbeiten im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Sitzmitgliedstaats des Arbeitgebers eingestellt wird (EuGH 5. 12. 1967, Rs 19/67 Van der Vecht ; 8 ObS 13/14s). Voraussetzung ist jedoch, dass für die betreffende Person unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung bereits die Rechtsvorschriften des Entsendestaats gegolten haben (Art 14 Abs 1 VO [EG] 987/2009), wofür etwa ein Dienstverhältnis zu einem anderen Dienstgeber, ein Bezug von Arbeitslosengeld oder auch nur „pures Wohnen“ genügt ( Spiegel in SV‑Komm § 3 ASVG Rz 66). Bei Arbeitnehmern, die erst im Beschäftigungsstaat eingestellt werden, liegt eine Entsendung nicht vor ( Utz in BeckOK Sozialrecht VO [EG] 883/2004 Art 12 Rn 9).

5.2 Konsequenzen für den vorliegenden Fall:

5.2.1 Feststellungen zu den maßgeblichen Kriterien des Entsendungstatbestands liegen nicht vor. Dies wirft die Frage nach der Beweislast auf. Nach allgemeinen Grundsätzen hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigeren Tatsachen zu beweisen (RIS‑Justiz RS0037797, RS0109832).

(a) Der Krankenversicherungsträger hat demnach die Voraussetzungen der Haftung nach § 67a ASVG darzutun ( Rebhahn/Meißnitzer in SV‑Komm § 67a ASVG Rz 13). Die Behauptungs- und Beweislast umfasst daher auch das Vorhandensein einer offenen Beitragsschuld in zumindest der Höhe der geltend gemachten Haftung. Dazu genügt nach Auffassung des Senats jedoch der Nachweis, dass das im Inland mit abhängigen Beschäftigten arbeitende (in‑ oder ausländische) beauftragte Unternehmen keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat. Dieser Beweis ist der klagenden Partei gelungen.

(b) Für den anspruchsvernichtenden Einwand, das beauftragte Unternehmen sei in Österreich wegen der Voraussetzungen des Art 12 Abs 1 VO (EG) 883/2004 nicht beitragspflichtig, trifft die Behauptungs- und Beweislast jedoch die beklagte Partei.

5.2.2 Diese begründete ihren Einwand in erster Instanz nur damit, dass die GbR mit dem Auftragnehmer als Gesellschafter ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Deutschland gewesen sei und die (vermeintlichen) Subunternehmer im Falle ihrer Qualifikation als Dienstnehmer bei diesem Unternehmen beschäftigt gewesen seien.

Dieses Vorbringen reicht zur Darlegung der für den Entsendetatbestand relevanten Kriterien nicht aus, es ist insoweit unschlüssig. Dennoch kommt eine stattgebende Sachentscheidung nicht in Betracht, weil auch der Oberste Gerichtshof die Parteien nicht mit einer Rechtsansicht überraschen darf, die sie bisher nicht beachtet hatten und die auch nicht erörtert wurde. Weder das Erstgericht noch die klagende Partei haben auf die Unschlüssigkeit des Einwands hingewiesen (vgl 4 Ob 55/15i; 7 Ob 44/18y; RIS‑Justiz RS0037300).

6. Ergebnis:

Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind im noch streitverfangenen Umfang aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die in dieser Entscheidung dargelegten Rechtsansichten mit den Parteien zu erörtern und der beklagten Partei Gelegenheit zur Schlüssigstellung ihres Einwands zu geben haben. Nach allfälliger Ergänzung des Beweisverfahrens werden Feststellungen zu treffen sein, anhand deren dieser Einwand abschließend beurteilt werden kann. Sollte der Einwand nicht berechtigt, die Höhe der Beitragsschuld aber dennoch weiterhin strittig sein, wäre zu klären, ob sie zumindest die Höhe der (gesamten) Klageforderung erreicht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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