European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E122865
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Der im Jahr 1967 geborene Sohn des beklagten Mieters wohnt seit damals in der aufgekündigten Wohnung. Nach dem Tod seiner Ehegattin zog der Beklagte im Jahr 1998 aus der Wohnung aus. Sein Sohn, mit dem der Beklagte vor seinem Auszug im gemeinsamen Haushalt lebte und dem sonst keine andere Wohnmöglichkeit zur Verfügung steht, ist in der Wohnung verblieben. Der Kläger kündigte 2016 das Mietverhältnis nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG auf.
Das Erstgericht hob die Kündigung als rechtsunwirksam auf und wies das auf Übergabe der Wohnung gerichtete Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, weil der geltend gemachte Kündigungsgrund durch die Weitergabe der Wohnung an eine eintrittsberechtigte Person nicht verwirklicht werde.
Rechtliche Beurteilung
In seiner außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1.1 Im vorliegenden Aufkündigungsverfahren ist nur zu prüfen, ob der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG verwirklicht ist. Dieser Kündigungsgrund ist gegeben, wenn der Mieter den Mietgegenstand weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen dringend benötigt. Beim fraglichen Kündigungsgrund geht es um die Weitergabe des Mietgegenstands an Dritte, also um den tatsächlichen Vorgang des Verlassens der Wohnung durch den Mieter und deren Übernahme durch einen Dritten; dies führt zu keiner Änderung der Parteien des bestehenden Mietvertrags, es kommt also zu keinem Mieterwechsel.
1.2 Trotz Überlassung der Wohnung ist der in Rede stehende Kündigungsgrund nicht erfüllt, wenn der Mieter oder eintrittsberechtigte Personen im Sinn des § 14 Abs 3 MRG im Zeitpunkt der Weitergabe (oder offenbar in naher Zeit) am Mietgegenstand einen dringenden Bedarf (ein dringendes Wohnbedürfnis) haben. Die Überlassung des Mietgegenstands an eine eintrittsberechtigte Person verwirklicht den fraglichen Kündigungsgrund somit nicht (RIS‑Justiz RS0069472; 3 Ob 129/13m).
2. Der Kläger bestreitet nicht, dass die Vorinstanzen von diesen Grundsätzen ausgegangen sind und alle Voraussetzungen für die Überlassung der Wohnung an den Sohn des Beklagten als eintrittsberechtigte Person gegeben waren. Der Gesetzestext ist eindeutig. Die vom Kläger dagegen ins Treffen geführten Argumente, dass 20 Jahre nach Aufhebung des gemeinsamen Haushalts nicht mehr von einer eintrittsberechtigten Person iSd § 14 MRG gesprochen werden könne, sowie dass der Kündigungsgrund– so wie bei der Geschäftsraummiete – nur dann verwirklicht sein könne, wenn der gekündigte Mieter ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der künftigen Nutzung der Wohnung habe und in absehbarer Zukunft den gemeinsamen Haushalt wieder aufnehmen wolle, vermögen die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision nicht zu begründen:
Anders als im vorliegenden Fall führen ein Eintritt nach § 14 MRG und auch eine Mietrechtsabtretung nach § 12 MRG zu einem Vertragsübergang. Es kommt also zu einem Mieterwechsel, ohne dass dafür die Zustimmung des Vermieters erforderlich ist. Die Überlassung des Mietobjekts an eine eintrittsberechtigte Person ist mit diesen Fällen nicht vergleichbar.
Richtig ist, dass bei der Geschäftsraummiete die Veräußerung des im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens und die damit verbundene Überlassung der Benützung der Räumlichkeiten den in Rede stehenden Kündigungsgrund (ebenfalls) nicht verwirklicht (1 Ob 116/12h). Im Vollanwendungsbereich des MRG führt die Veräußerung des Unternehmens an einen Dritten zu einem Mieterwechsel im Sinn des § 12a Abs 1 MRG. Der Grund für die Nichtverwirklichung des Kündigungsgrundes liegt hier aber nicht, wie der Kläger meint, im weiterbestehenden Eigeninteresse des Veräußerers am Mietobjekt, sondern in der Schutzwürdigkeit der Betriebserhaltung (RIS‑Justiz RS0070576).
3. Insgesamt gelingt es dem Kläger mit seinen Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
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