OGH 3Ob49/18d

OGH3Ob49/18d14.8.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Bertram Maschke und Dr. Michaela Moser-Maschke, Rechtsanwälte in Radstadt, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner und Mag. Werner Diebald, Rechtsanwälte in Köflach, sowie der Nebenintervenientinnen auf Seiten der beklagten Partei 1. Pu***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Heimo Jilek und Dr. Martin Sommer, Rechtsanwälte in Leoben, und 2. K***** GmbH & Co, *****, vertreten durch K‑B‑K Kleibel Kreibich Bukovc Hirsch Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 54.944,02 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 52.236,37 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 23. Jänner 2018, GZ 4 R 152/17a‑86 mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 25. Juli 2017, GZ 6 Cg 78/14w‑82, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00049.18D.0814.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang der Abweisung von 2.707,65 EUR sA sowie des Zinsenmehrbegehrens unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Übrigen aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Klägerin führte für die Beklagte bei einem Bauvorhaben („Zahnärztliches Labor mit Ordination und Wohnung“) im Jahr 2013 Zimmererarbeiten durch. Gegenstand des Rechtsstreits ist eine (der Höhe nach unstrittige) restliche Werklohnforderung der Klägerin aus zwei Projekten („Poolüberdachung“ und „Flugdach-Gebäude“), wobei die Klägerin gegenüber der Beklagten in mehreren Teilrechungen gemeinsam abrechnete und die Beklagte bereits (Teil‑)Zahlungen leistete.

Die erste Nebenintervenientin war für die Planung, die örtliche Bauaufsicht und die Rechnungsprüfung zuständig. Die zweite Nebenintervenientin wurde mit Dachdeckerarbeiten beauftragt.

Die von der Klägerin errichtete Holzkonstruktion der beauftragten Poolüberdachung entspricht dem von der ersten Nebenintervenientin erarbeiteten Plan und ist dem Stand der Technik entsprechend ausgeführt (die Wärmedämmung ist ausreichend und es gibt eine Zu- und Abluftmöglichkeit). Schimmelbildung oder sonstige Mängel dieses Gewerks liegen nicht vor.

Beim Projekt „Flugdach-Gebäude“ hingegen wurde zu Beginn des Jahres 2014 Schimmelbefall festgestellt; die Luftfeuchtigkeit im Gebäude lag damals zwischen 80 und 95 %.

Das (als „Flugdach“ bezeichnete) Bauwerk ist ein geschlossenes Gebäude mit einem Flächenausmaß von 19,82 m mal 13,79 m. Ursprünglich sollte ein Flugdach über einem Abstellplatz für Container mit einem offenen Bereich für Gartengeräte und einem offenen Bereich für PKW‑Abstellplätze errichtet werden; im Gebäudeinneren war keine Trennwand vorgesehen. Betonplatten (für den Boden) waren bereits in den Plänen enthalten; durch einen Spalt zwischen der Schalungsunterkante und der Betonplattenoberkante (von zumindest 12 cm) umlaufend sollte die Zuluft gesichert sein. Nach mehreren (nicht näher festgestellten) Planänderungen wurde schließlich – während die Arbeiten durch die Klägerin bereits durchgeführt wurden, über Wunsch der Beklagten – ein geschlossenes Gebäude mit einem Pultdach (Dachneigung drei Grad) aus Holzbauteilen hergestellt.

Das Dach ist mit einer rauen Holzschalung verschalt, die Fassaden mit einer sägerauen, vertikal verlegten Fichtenschalung. Innen sind vier Räume abgeteilt, die Trennwände bestehen aus Kanthölzern, die einseitig mit OSB Platten verschalt sind; zwei Blechcontainer bilden Anschlusswände. Auf den Böden der geschlossenen Räume sind Betonplatten verlegt, im Bereich des Abstellplatzes befindet sich loser Schotterboden. Das Gebäude ist nicht beheizt; es ist dicht verschlossen, die Schalung der Außenwände stößt an der Dachschalung an. Ein Entlüften der Räume ist nicht möglich. Damit entspricht die Ausführung des Gebäudes nicht dem Stand der Bautechnik. Eine Wärmedämmung der Umfassungswände und der Dachfläche und eine Hinterlüftung der Dachfläche ist nicht vorhanden. Die Kondensationsbildung im Gebäudeinneren wird durch die am Boden auf einer Sandschüttung aufgebrachten Betonplatten verstärkt, weil der Boden Feuchtigkeit nach oben abgibt.

Die Arbeiten der Klägerin waren am 12. November 2013 im Wesentlichen fertig gestellt; die Betonplatten wurden am 18. November 2013 verlegt. Anfang Dezember 2013 errichtete die Klägerin die beauftragten Zwischenwände. Aufgrund dieser Zwischenwände sowie wegen der verlegten Betonplatten kann das Gebäude nicht mehr mit Luft durchströmt werden. Da entsprechende bauliche Maßnahmen zur Abdichtung des Bodens nicht erfolgten, hätten die Räume jedenfalls mit einer entsprechenden Belüftung ausgeführt werden müssen, wobei dies keinen großen Aufwand erfordert hätte.

Nach Abschluss der Arbeiten der Klägerin erhielt diese – trotz Nachfrage ihrerseits – keinen Auftrag zur Abdeckung/Absicherung des Daches gegen Feuchtigkeit. In der Zeit zwischen 11. und 26. November 2013 fiel an neun Tagen Regen bzw Schnee. Erst am 21. November 2013 erhielt die zweite Nebenintervenientin den Auftrag und am 25. November 2013 begann sie mit der Eindeckung des Flugdaches und stellte die Arbeiten am Folgetag fertig.

Für die Schimmelbildung waren die Niederschläge zwischen 11. und 26. November 2013 ursächlich; nach Abkehren der Schneereste blieb Feuchtigkeit in den bereits vollgesogenen Brettern zurück und diese wurde dann unter der Bitumenhülle (Dacheindeckung) eingeschlossen. Normalerweise könnte die Feuchtigkeit nach unten entweichen; da das ursprünglich nach unten 12 cm offene Gebäude bis zum Boden geschlossen wurde und OSB Platten bis auf Plafondhöhe eingebracht wurden, wurde die Feuchtigkeit in den Räumen eingesperrt. Die Betonplatten bildeten keine Sperre gegen nachströmende und vorhandene Bodenfeuchtigkeit und bewirkten eine Erhöhung des Bodenniveaus, wodurch die Höhe der Durchlüftungsöffnungen stark reduziert wurde. Das Vordach und die Räume A (Lagerraum), B (Gang, Vorraum), D (Lagerraum) und E (Garage) trockneten nach und nach wieder ab. Im Raum C (Lagerraum), der als einziger über keine Bretterwände verfügt und rundum OSB versiegelt ist, blieb die Feuchtigkeit dauerhaft eingeschlossen. In diesem Raum befindet sich nach wie vor Schimmelbefall, außerdem auch im Raum A, wo an einer schadhaften Stelle [des Daches] Feuchtigkeit eindringt.

Seit März 2014 setzte die Beklagte keine Durchlüftungsmaßnahmen, wodurch der Schimmelbefall begünstigt wurde. Auch durch das Eindringen von Wasser durch das schadhafte Dach wurde die Schimmelbildung größer. Bei Einhaltung der ursprünglichen Planung wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zum Auftreten von Schimmel gekommen, weil selbst bei Eindringen von Niederschlägen in der Bauphase eine plangemäße Durchlüftung eine Schimmelbildung unterbunden hätte. Die Eindeckung mit Flämmpappe auf dem feuchten Material wäre bei plangemäßer Ausführung der Unterkonstruktion mit funktionierender Durchlüftung mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne Folgen geblieben. Auch ohne Einwirkung der Niederschläge wäre es aufgrund der mangelnden Durchlüftung zur Schimmelbildung gekommen, wobei sie schwächer gewesen wäre als sie nunmehr vorliegt. Eine genaue Feststellung, wie stark sich der Schimmel entwickelt hätte, kann nicht getroffen werden.

Insgesamt betragen die Schadensbehebungskosten 28.800 EUR (darin 16.000 EUR für die Behebung der baulichen Mängel inklusive Feinreinigung und Entsorgungskosten, 4.000 EUR für die Schaffung von Durchlüftungsöffnungen, 2.000 EUR für den Einsatz von Entfeuchtungsgeräten, 4.000 EUR für Planung und Überwachung der Sanierungsmaßnahmen). Diese Kosten sind allein aufgrund der Tatsache aufzuwenden, dass keine ordnungsgemäße Hinterlüftung vorhanden ist. Das Eindringen der Niederschläge erhöht die Sanierungskosten nicht.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten den restlichen Werklohn (ohne dabei aufzuschlüsseln, aus welchen Positionen sich diese Restforderung zusammensetzt). Sie habe ihre Leistungen mängelfrei erbracht und auch ihrer Warnpflicht entsprochen, als sie bemerkt habe, dass nach Fertigstellung ihrer Arbeiten die Dachdeckerarbeiten nicht unverzüglich begonnen wurden. Probleme bei der Auftragsvergabe für die Dachdeckerarbeiten seien nicht von der Klägerin zu vertreten. Bei Abnahme der Leistungen seien keine Mängel festgestellt worden. Auf das Verlegen der Betonplatten habe die Klägerin keinen Einfluss gehabt; bei Kenntnis davon hätte sie darauf hinweisen können, dass die Ausführung des Gebäudes ohne Zuluft nicht dem Stand der Technik entspreche. Die Verlegung der Betonplatten falle in den Einflussbereich der Beklagten und der ersten Nebenintervenientin. Die Kosten der – getrennt in Auftrag gegebenen – Poolüberdachung seien von der Beklagten jedenfalls zu bezahlen, weil sie durch die bisher von der Beklagten geleisteten Teilzahlungen nicht abgegolten seien. Die Schimmelbildung im Flugdach-Gebäude sei nur dadurch entstanden, dass die Dachdeckung auf den nassen Brettern vorgenommen worden und dadurch ein Entlüften nach oben nicht möglich gewesen sei.

Die Beklagte wendete zusammengefasst ein, beide Holzkonstruktionen (Poolüberdachung und Flugdach-Gebäude) seien mangelhaft. Das von der Klägerin geplante Flugdach-Gebäude sei unbrauchbar; bei beiden Bauwerken sei (erheblicher) Schimmelbefall aufgetreten. Die Zurückbehaltung des Werklohns sei gerechtfertigt.

Die erste Nebenintervenientin (Planung, Bauaufsicht) brachte vor, die Holzkonstruktion sei ungeschützt dem Regen ausgesetzt gewesen und die Klägerin habe ungeeignetes Material verwendet; bei Abnahme des Werks der Klägerin seien Mängel für die Bauaufsicht nicht erkennbar gewesen. Die zweite Nebenintervenientin habe die Dacheindeckung schuldhaft verzögert. Die Klägerin habe ihrer Warnpflicht nicht entsprochen, weil sie weder der Beklagten noch der ersten Nebenintervenientin, die (auch) das Flugdach-Gebäude geplant habe, mitgeteilt bzw diese darüber aufgeklärt habe, dass die schließlich gewählte Ausführungsvariante ohne eine entsprechende Belüftung ungeeignet sei und sich im Fall der tatsächlichen Errichtung Schimmel bilden könne. Die Warnpflicht des Werkunternehmers bestehe auch dann, wenn sich erst im Zuge der Arbeiten herausstelle, dass ein zunächst unbekannter Fehler vorliege. Die unterlassene Warnung sei der Klägerin als Verschulden anzulasten. Die Beklagte hätte bei entsprechender Aufklärung das Gebäude so nicht in Auftrag gegeben. Ein Hinweis der Klägerin auf die fehlende Hinterlüftungsebene sei nicht erfolgt. Außerdem hätte die Klägerin auch auf die Gefahren aus der nicht unverzüglich vorgenommenen Dacheindeckung aufmerksam machen müssen.

Die zweite Nebenintervenientin (Dachdecker) wendete ein, sie sei erst (nach einer detailliert geschilderten, umfangreichen Korrespondenz über verschiedene Ausführungsvarianten) am 21. November 2013 mit den Arbeiten beauftragt worden und habe ihre Tätigkeiten auftragsgemäß am 25. und 26. November 2013 erbracht. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, ihre eigenen Arbeiten gegen schädliche Witterungseinflüsse abzusichern. Das Warnschreiben der Klägerin (betreffend Witterungseinflüsse auf die Holzkonstruktion) sei unzureichend.

Das Erstgericht gab der Klage im Umfang von 52.236,37 EUR samt 4 % Zinsen seit 16. Juli 2014 statt und wies das Mehrbegehren von weiteren 2.707,65 EUR sowie das Zinsenmehrbegehren (unbekämpft) ab.

Der einzige von der Klägerin zu vertretende Mangel sei jener an der Tür, der einen Behebungsaufwand von 480 EUR brutto erfordere; in diesem Umfang sowie hinsichtlich der außergerichtlichen Betreibungskosten von 2.227,65 EUR sA und des Zinsenmehrbegehrens sei das Klagebegehren nicht berechtigt. Die Abweisung dieses Teilbegehrens (2.707,65 EUR) blieb unbekämpft und ist daher rechtskräftig.

Mit der Absicherung der Holzkonstruktion des Flugdach-Gebäudes gegen Feuchtigkeit (Witterungseinflüsse) sei die Klägerin nicht beauftragt gewesen; außerdem habe sie die Beklagte rechtzeitig vor den Gefahren gewarnt. Die Zurückbehaltung des Werklohns wegen einer Forderung von 480 EUR (Mangel an der Tür) sei nicht verhältnismäßig. Es sei nicht Aufgabe der Klägerin gewesen, Ausführungsänderungen im Auftrag des Bauherrn zu überwachen bzw kommentieren; eine Warnpflichtverletzung liege nicht vor.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge.

Die Warnpflicht des Werkunternehmers dürfe nicht überspannt werden; sie bestehe nur im Rahmen der eigenen Leistungspflicht des Unternehmers. Die Klägerin habe die Dachschalung am 12. November 2013 fertig gestellt und die Vorgabe gemacht, dass 12 cm für die Belüftung frei bleiben müssten. Damit sei sie ihrer Warnpflicht betreffend eine ausreichende Belüftung nachgekommen. Mit der Verlegung der Betonplatten sei erst am 18. November 2013 begonnen worden. Für die Klägerin sei nicht erkennbar gewesen, dass durch das Verlegen der Betonplatten eine Durchströmung des Gebäudes mit Luft nicht mehr möglich gewesen sei, weil mit der Verlegung erst nach Fertigstellung ihrer Arbeiten begonnen worden sei. Am 21. November 2013 habe die Klägerin der Bauaufsicht schriftlich mitgeteilt, dass noch immer keine Dacheindeckung erfolgt sei und daher die Rauhschalungsbretter aufquellen könnten; die Aufklärungs- und Warnpflichten der Klägerin würden überspannt, wenn man eine detaillierte Warnung vor sämtlichen denkbaren Schäden fordere.

Das Berufungsgericht ließ die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Urteile im klagsabweisenden Sinn abzuändern, hilfsweise aufzuheben.

Die Klägerin beantragte in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Aktenwidrigkeit haftet nur einer Entscheidung an, welche die für die richterliche Willensbildung bestimmenden Verfahrenserklärungen oder Beweisergebnisse in der Begründung abweichend vom Inhalt der Niederschriften, Eingaben oder Beilagen darstellt (RIS‑Justiz RS0043397).

Wenn die Beklagte beanstandet, die von der Klägerin mit ihrer Mitteilung vom 21. November 2013 ausgesprochene Warnung vor möglichen Schäden aus Witterungseinflüssen entgegen dem Akteninhalt (aus dem sich die Fertigstellung der Arbeiten bereits am 12. November 2013 ergibt) sei nicht rechtzeitig gewesen, wendet sie sich damit gegen die rechtliche Beurteilung; eine Aktenwidrigkeit liegt nicht vor.

2. Die Revisionswerberin zeigt aber zutreffend eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Rechtssache im Zusammenhang mit dem „Flugdach-Gebäude“ auf. Dass die von der Klägerin errichtete Poolabdeckung (entgegen den Einwänden der Beklagten) mängelfrei übergeben wurde, ist zwischen den Parteien im derzeitigen Verfahrensstadium zwar nicht mehr strittig. Auch ein (Teil‑)Zuspruch des diesbezüglichen Werklohns ist jedoch mangels entsprechender Erörterung und Feststellung der dafür von der Klägerin erbrachten und verrechneten Leistungen nicht möglich.

Was das von der Klägerin errichtete Flugdach-Gebäude betrifft, sind die Feststellungen teilweise widersprüchlich bzw unklar und jedenfalls unvollständig.

3.1 Die Beklagte berief sich in erster Instanz einerseits auf die Mangelhaftigkeit der Werkleistung der Klägerin und andererseits auf eine Verletzung der Warnpflicht. Da das Flugdach-Gebäude ohne entsprechende Belüftung nicht dem Stand der (Bau-)Technik entspricht, ist es (in diesem Zustand) nicht mängelfrei. Die Kosten eines nachträglichen Einbaus von Durchlüftungsöffnungen stellte das Erstgericht zwar mit 4.000 EUR (netto) fest, unklar blieb jedoch, worauf sich die weitere Position „Behebung der baulichen Mängel“ (16.000 EUR) bezieht und in welchem Umfang die festgestellten Kosten „für Planung und Überwachung der Sanierungsmaßnahmen“ wiederum (auch) diese Positionen betreffen.

3.2 Im Allgemeinen steht dem Werkbesteller bis zur völligen Erfüllung der Verbindlichkeit des Werkunternehmers, also bis zur vollständigen Verbesserung bestehender Mängel, ein die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags begründendes Leistungsverweigerungsrecht zu (§ 1052 ABGB). Nach ständiger Rechtsprechung kann der Werkbesteller den gesamten aushaftenden Werklohn bis zur Erfüllung – Schikane ausgenommen – zurückbehalten (RIS‑Justiz RS0021872; RS0025221; RS0020161; vgl auch RS0018637; vgl zu den Voraussetzungen: M. Bydlinski in KBB 5 § 1170 Rz 3).

Im vorliegenden Fall macht die Klägerin jedoch– wie erwähnt – einen gesonderten Werklohnanspruch aus dem (mängelfrei übergebenen) Projekt „Poolüberdachung“ geltend, den sie selbst zwar (erkennbar) als getrennt in Auftrag gegebenes Werk bezeichnete, allerdings gemeinsam mit dem (restlichen) Werklohn für das Flugdach-Gebäude abrechnete. Da Feststellungen dazu fehlen, kann eine abschließende Entscheidung über das Klagebegehren derzeit nicht getroffen werden.

3.3 Die Fälligkeit des Werklohns kann im Übrigen nur solange hinausgeschoben werden, als ein Verbesserungsanspruch besteht und die Verbesserung im Interesse des Bestellers liegt (RIS‑Justiz RS0019929; RS0021925; vgl auch RS0018756 [T8]): Findet doch das Leistungsverweigerungsrecht seine Rechtfertigung darin, den Unternehmer zu einer geschuldeten Verbesserung seines mangelhaften Werks zu bestimmen. Wo eine solche Verbesserung nicht oder nicht mehr in Betracht kommt, ein nach dem Gewährleistungsrecht aufrechter Erfüllungsanspruch gegen den Unternehmer also nicht oder nicht mehr besteht, ist auch kein Recht zur Verweigerung der Gegenleistung anzuerkennen (RIS‑Justiz RS0021925).

Da die Beklagte bereits ihren Widerruf des bedingten Vergleichs Ende April 2016 damit begründete, dass es ihrer Ansicht nach (wegen der weiteren Entwicklung des Schimmelbefalls) erforderlich sei, das Flugdach-Gebäude zur Gänze abzutragen, wobei die Befundaufnahme durch den Sachverständigen bereits im Dezember 2014 stattfand, sind zur abschließenden rechtlichen Beurteilung des von der Beklagten eingewendeten Leistungsverweigerungsrechts auch in dieser Hinsicht weitere Erörterungen mit den Parteien und entsprechende Feststellungen erforderlich.

3.4 Das Vorbringen der Beklagten (bzw der ersten Nebenintervenientin) zur Warnpflichtverletzung bezog sich – entgegen der Wiedergabe in den Entscheidungen der Vorinstanzen – nicht nur auf die Gefahr von Witterungseinflüssen nach der Fertigstellung der Holzkonstruktion durch die Klägerin (und die dann tatsächlich eingetretene Durchfeuchtung vor Beauftragung der Dachdeckerarbeiten), sondern explizit auch auf die – erst nach Beginn der Arbeiten beauftragte – geschlossene Bauweise des zunächst als offenes Flugdach-Gebäude geplanten Werks. Dies wurde (obwohl insbesondere der Einwand des unterbliebenen Hinweises der Klägerin auf die fehlende Durchlüftung des Gebäudes einen Umstand betrifft, der für die Klägerin bei Errichtung der Innen-/Zwischenwände Anfang Dezember, also nach Verlegung der Betonplatten wohl erkennbar gewesen sein muss) weder erörtert, noch wurden dazu Feststellungen getroffen.

3.5 Misslingt ein Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffs oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers, so ist der Unternehmer gemäß § 1168a Satz 3 ABGB für den Schaden verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat. Als „offenbar“ ist dabei anzusehen, was vom Unternehmer bei der von ihm vorausgesetzten Sachkenntnis erkannt werden musste (RIS‑Justiz RS0022259). Abzustellen ist auf jene Kenntnisse, die nach einem objektiven Maßstab (§ 1299 ABGB) den Angehörigen der betreffenden Branche gewöhnlich eigen sind (RIS‑Justiz RS0022259 [T6]). Unter „Stoff“ ist alles zu verstehen, aus dem oder mit dem das Werk herzustellen ist (RIS‑Justiz RS0022045). Dazu zählen auch Vorarbeiten eines anderen Unternehmers und Vorarbeiten des Bestellers, auf denen der Werkunternehmer aufbauen muss (RIS-Justiz RS0022045 [T6, T11]; vgl auch RS0021930).

Nach ständiger Rechtsprechung hat sich jeder Vertragspartner so zu verhalten, wie es der andere in der gegebenen Situation mit Rücksicht auf den konkreten Vertragszweck, die besondere Art der Leistung und die Erfordernisse eines loyalen Zusammenwirkens erwarten darf, damit die Erreichung des Vertragszwecks nicht vereitelt, sondern erleichtert und Schaden verhütet wird (RIS-Justiz RS0018232). Bilden die mit verschiedenen Lieferanten abgeschlossenen Verträge eine wirtschaftliche Einheit, besteht grundsätzlich eine Rechtspflicht zur Koordination der selbständigen Teilleistungen der verschiedenen Vertragspartner. Es trifft also bei gemeinsamer Herstellung eines Werks jeden Unternehmer die Pflicht, alles zu vermeiden, was dessen Gelingen vereiteln könnte; infolge des im Bauwesen typischen Zusammenwirkens von Bauherrn, bauausführenden Unternehmen und Sonderfachleuten besteht dort die regelmäßige Nebenpflicht zur Kooperation zwischen Werkbesteller und ausführenden Werkunternehmern mit gegenseitigen Aufklärungs-, Warn‑ und Kontrollpflichten, auch wenn keiner von ihnen zum Generalunternehmer bestellt wurde (RIS-Justiz RS0021634, RS0021880; „technischer Schulterschluss“). Diese Pflichten dürfen allerdings nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0021941, RS0022268 [T3, T4], RS0022252 [T1]). Die Warnpflicht besteht immer nur im Rahmen der eigenen Leistungspflicht des Unternehmers und der damit verbundenen Schutz- und Sorgfaltspflichten (RIS‑Justiz RS0022268).

3.6 Im vorliegenden Fall liegt die Ursache des Schimmelbefalls zwar (zunächst?) in der vor dem (verspäteten) Beginn der Dacheindeckung eingedrungenen Feuchtigkeit, es wäre aber aufgrund der – dem Stand der Technik widersprechend gewählten – geschlossenen Bauweise des Gebäudes jedenfalls zur Schimmelbildung gekommen. Für die fehlende Durchlüftung sind auch die von der Klägerin im Dezember 2013 (also nach Verlegung der Betonplatten) errichteten Zwischenwände von Bedeutung; die Feststellungen in diesem Zusammenhang sind darüber hinaus insoweit unklar, als nicht erkennbar ist, ob (und in welchem Umfang) Schäden (Schimmelbefall) auch auf eine (ebenfalls festgestellte, aber nicht näher konkretisierte) Undichtheit im Dach zurückzuführen sind.

3.7 Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher zunächst mit den Parteien zu erörtern haben, ob für die beiden Projekte getrennte Werkverträge geschlossen wurden und – falls, dies zutrifft – in welcher Höhe das Klagebegehren die für die Poolabdeckung erbrachten Leistungen der Klägerin betrifft. Außerdem ist die Frage zu klären, ob die Beklagte (weiterhin) die Verbesserung des Flugdach-Gebäudes begehrt, oder ob ihr Interesse an der nachträglichen Behebung (insbesondere) des Mangels einer geeigneten Durchlüftung inzwischen weggefallen ist. Soweit dies für die Entscheidung über den (restlichen) Werklohnanspruch der Klägerin von Bedeutung sein wird, sind auch die aufgezeigten Widersprüche in den Feststellungen zu beseitigen. Darüber hinausgehende, derzeit bloß theoretische Rechtsausführungen sind entbehrlich, weil die möglichen Weiterungen des Verfahrens derzeit noch nicht absehbar sind.

4. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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