European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:008OBA00054.17Z.0625.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.489,86 EUR (darin enthalten 248,31 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist als parteifähiges Organ der Arbeitnehmerschaft nach § 50 Abs 1 ASGG zur vorliegenden Feststellungsklage berechtigt. Im Revisionsverfahren, auch nach den Feststellungen, auf die verwiesen wird, ist nicht mehr strittig, dass mindestens drei Arbeitnehmer vom Feststellungsbegehren betroffen sind.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass hinsichtlich jener Mitarbeiter, die als medizinisch wissenschaftliche Projektmitarbeiter im klinischen PhD beschäftigt waren und im Anschluss daran einen Ausbildungsvertrag (Facharztausbildung) mit der Beklagten abgeschlossen haben, jene Zeiten, die sie als medizinisch wissenschaftliche Projektmitarbeiter bei der Beklagten zurückgelegt haben, betreffend der dreijährigen Tätigkeit im Sinn des § 49 Abs 3 lit a des Kollektivvertrags für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten als tätigkeitsbezogene Vorerfahrungen angerechnet werden. In eventu wird beantragt festzustellen, dass die Zeiten als Projektmitarbeiter im klinischen PhD als tätigkeitsbezogene Vorerfahrungen im Sinn des § 49 Abs 3 lit a des Kollektivvertrags für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten (KV) gelten.
Er brachte vor, anwendbar sei der Kollektivvertrag für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten (KV). Nach der dort enthaltenen Gehaltsordnung seien Ärzte in Facharztausbildung nach § 49 Abs 3 KV in die Gehaltsgruppe B1 einzustufen. Nach dreijähriger Tätigkeit erhöhe sich der monatliche Bruttobezug. Diese Dreijahresfrist verkürze sich um Zeiträume, für die tätigkeitsbezogene Vorerfahrung nachgewiesen würden.
Die von der Feststellungsklage betroffenen Mitarbeiter seien vor ihrer Fachausbildung bei der Beklagten als Projektmitarbeiter beschäftigt gewesen, insbesondere in jenem Bereich, in dem sie nunmehr als Fachärzte ausgebildet würden. Diese Zeiten seien daher als tätigkeitsbezogene Vorerfahrungen anzurechnen. Die von den Mitarbeitern geleistete wissenschaftliche Tätigkeit stünde in einem engen und unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer jetzigen Ausbildung. Diese diene auch der Vorbereitung auf eine allfällige universitäre Karriere. Im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Arbeit hätten sie sich Kenntnisse und Wissen aneignen können, das dafür von Vorteil und Relevanz sei. Bei einer entsprechenden Anrechnung wären die Mitarbeiter in eine höhere Entlohnungsstufe einzustufen gewesen. Da dies von der Beklagten verweigert werde, bestehe ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.
Die Beklagte bestritt und brachte vor, die Tätigkeit der Projektmitarbeiter sei für die Facharzttätigkeit nicht facheinschlägig. Die bloße Identität der Organisationseinheit, in der die wissenschaftliche Tätigkeit erbracht worden sei und nun eine Facharztausbildung stattfinde, sei dafür nicht aussagekräftig. Nicht jede Tätigkeit, die im Rahmen der PhD‑Ausbildung verrichtet werde, sei bei der Gehaltseinstufung zu berücksichtigen.
Der „Tätigkeitsbegriff“ des Kollektivvertrags sei kollektivvertragsautonom auszulegen. Anrechenbare Zeiten bestimmten sich ausschließlich nach dem Berufsausbildungsrecht. Daraus ergebe sich auch die tätigkeitsbezogene Einschlägigkeit. Der gesetzlich zwingend ausgestaltete Tätigkeitsbereich von Ärzten in Facharztausbildung sei im Gesetz abschließend geregelt und lasse keinen privatautonomen Gestaltungsspielraum zu. Ein Projektmitarbeiter erbringe keine einem Arzt in Ausbildung zum Facharzt vergleichbare oder einschlägige Tätigkeit, weil er nicht als Facharzt in Ausbildung eingesetzt werde. Eine Dienstverwendung in Forschung und Lehre sei ebenfalls nur insoweit zulässig, als die Facharztausbildung dadurch nicht beeinträchtigt werde. Ausbildungsärzten seien nur Ausbildungszeiten, nicht Zeiten anderweitiger, insbesondere wissenschaftlicher Betätigung anzurechnen.
Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang der Klage statt, wobei es konkretisierte, dass nur Zeiten einer facheinschlägigen Tätigkeit anzurechnen seien.
Rechtlich ging es davon aus, dass es bei der Frage der Anrechnung der als Projektmitarbeiter zurückgelegten Zeiten nicht um eine Verkürzung der Ausbildungszeiten zum Facharzt gehe, sondern um eine Anrechnung für eine monetäre Höhereinstufung. Aus dem Wortlaut des KV sei abzuleiten, dass Zeiten, in denen artverwandte oder demselben Fachbereich zuordenbare Tätigkeiten ausgeführt worden seien, anzurechnen seien. Auch wenn es sich um eine primär wissenschaftsbezogene Tätigkeit gehandelt habe, seien dadurch Kenntnisse erworben worden, die im Rahmen der beruflichen Ausbildung und Tätigkeit als Facharzt verwendet und weiterentwickelt werden könnten. Es handle sich daher um tätigkeitsbezogene Vorerfahrungen.
Wesentlich sei, dass die wissenschaftliche Tätigkeit in jenem Fachgebiet absolviert worden sei, in dem die spätere Facharztausbildung erfolge, daher „facheinschlägig“ sei. Davon gehe offensichtlich auch der Kläger aus. Das Klagebegehren sei daher insoweit zu konkretisieren.
Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht nicht Folge. Es führte aus, dass unter „tätigkeitsbezogene Vorerfahrungen“ Zeiten einschlägiger, dem zum Facharzt Auszubildenden in Bezug auf den Ausbildungsinhalt bzw die vertraglich geschuldeten Leistungen einen wissensmäßigen und arbeitspraktischen Erfahrungsvorsprung verschaffende Vordienstzeiten oder sonstige Zeiten facheinschlägiger, einen ausbildungsbezogenen Wissens- und Erfahrungsvorsprung verschaffende Tätigkeiten zu verstehen seien. Gemäß § 96 UG bildeten Forschungstätigkeiten einen zulässigen Inhalt und Bestandteil von Facharzt-Ausbildungsverhältnissen. Nach § 44 Abs 2 KV sei ein Ausbildungsziel die Vorbereitung auf eine allfällige universitäre Karriere als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Es sei daher nicht richtig, dass Forschungstätigkeiten nicht Inhalt der Facharzt-Ausbildungsverträge seien und daher forschungsbezogene Vordienstzeiten schon an sich keinen (erhöhten) Entgeltanspruch begründen könnten. Die vor der Facharztausbildung von einem Auszubildenden verrichtete facheinschlägige Projektmitarbeit im klinischen PhD sei daher als anzurechnende „tätigkeitsbezogene Vorerfahrung“ zu qualifizieren. Das Ersturteil sei mit der Maßgabe zu bestätigen, dass nur die als medizinisch wissenschaftliche Projektmitarbeit im klinischen PhD bei der beklagten Partei zurückgelegten Zeiten unter den ansonsten angeführten Voraussetzungen anrechnungsfähig seien, zumal diese keiner Nachweispflicht im Sinn des KV unterlägen.
Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil es keine Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zur Auslegung des § 49 Abs 3 KV im hier relevanten Kontext gebe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Die Revision sieht einen Verfahrensmangel darin, dass das Berufungsgericht das Ersturteil „mit Maßgabe“ bestätigt hat. Inhaltlich wendet sie sich jedoch nicht gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Konkretisierung, dass nur eine Anrechnung der „bei der Beklagten“ zurückgelegten Zeiten als Projektmitarbeiter zu erfolgen hat, sondern gegen die schon vom Erstgericht vorgenommene Präzisierung auf „facheinschlägige Tätigkeiten“. Richtig geht sie aber selbst davon aus, dass eine Anrechnung einer tätigkeitsbezogenen Vorerfahrung nur im Hinblick auf die jeweilige Facharztausbildung erfolgen kann. Wenn daher die Vorinstanzen das Klagebegehren insoweit verdeutlichend formuliert haben, ist dies nicht zu beanstanden. Das Gericht ist berechtigt, dem Urteilsspruch eine klare und deutliche, vom Begehren abweichende Fassung zu geben, wenn sich letztere im Wesentlichen mit dem Begehren deckt (RIS-Justiz RS0039357).
Soweit sich die Beklagte generell gegen die Zulässigkeit einer Maßgabebestätigung wendet, übersieht sie, dass es sich dabei um eine Berichtigung handelt (vgl Bydlinski in Fasching/Konecny ² III § 419 Rz 15). Eine solche kann nach § 419 Abs 3 ZPO auch in höherer Instanz angeordnet werden, worunter nicht die Erteilung einer entsprechenden Anweisung, sondern die Berichtigung durch das Gericht höherer Instanz selbst zu verstehen ist. (RIS‑Justiz RS0041727 [T2]; RS0041527).
2.1. § 44 des KV lautet unter der Überschrift „Ärzte/Ärztinnen in Facharztausbildung“:
„(1) Ärzte/Ärztinnen in Facharztausbildung sind nach § 44 KV Turnusärzte/Turnusärztinnen, die sich gemäß § 8 Ärztegesetz 1998 in Ausbildung in einem Sonderfach und den hiefür einschlägigen Nebenfächern befinden.
(2) Das Arbeitsverhältnis dient der Ausbildung zum Facharzt/zur Fachärztin (§ 8 Ärztegesetz 1998), der Vorbereitung auf eine allfällige universitäre Karriere als wissenschaftliche/r MitarbeiterIn sowie der Vertiefung und Erweiterung der fachlichen Bildung.
(3) Die Aufgaben richten sich nach den ärzterechtlichen Vorschriften. Die Erfüllung der Aufgaben erfolgt in engem Kontakt mit wissenschaftlicher Forschung und Lehre.
(4) Der/die ArbeitnehmerIn ist berechtigt, im Rahmen seiner/ihrer Arbeitszeit mit seiner/ihrer Zustimmung Aufgaben in Forschung und Lehre wahrzunehmen, soweit die Facharztausbildung dadurch nicht beeinträchtigt wird.
(5) Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des sechsten nach Abschluss der praktischen Facharztausbildung gemäß § 26 Ärztegesetz 1998 liegenden Monats, längstens jedoch nach sieben Jahren. Der/die ArbeitnehmerIn hat den Abschluss der praktischen Facharztausbildung durch Vorlage des Erfolgsnachweises nach §§ 24, 26 Ärztegesetz 1998 (Rasterzeugnis) unverzüglich zu melden und nachzuweisen. Der/ die ArbeitnehmerIn hat Ausbildungszeiten im Sinne des Ärztegesetzes 1998, die er/sie vor Beginn des Arbeitsverhältnisses absolviert hat, der Universität bei Vertragsabschluss, spätestens jedoch zwei Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses, durch entsprechende Zeugnisse oder sonstige Arbeitspapiere (erforderlichenfalls mit Übersetzung) nachzuweisen.“
2.2. Nach § 5 Abs 2 KV gliedern sich die Arbeitnehmer der Universitäten in Angehörige des wissenschaftlichen/künstlerischen Universitätspersonals (§ 94 Abs 2 UG) und Angehörige des allgemeinen Universitätspersonals (§ 94 Abs 3 UG). Ärzte in Facharztausbildung waren bis 31. 1. 2015 nach § 94 Abs 3 Z 6 UG dem allgemeinen Universitätspersonal zuzurechnen. Seit der Novelle BGBl I 21/2015 gelten sie als zum wissenschaftlichen und künstlerischen Universitätspersonal gehörig (§ 94 Abs 2 Z 3 UG).
3.1. Nach dem dritten Teil des Kollektivvertrags „Gehaltsordnung“ wird auch hinsichtlich der Entlohnung zwischen wissenschaftlichem/künstlerischem Universitäts‑ personal, für das die §§ 47–49 KV gelten, und allgemeinem Universitätspersonal, für das die §§ 50 ff KV gelten, unterschieden.
Unabhängig davon enthält § 67 KV eine Sondervorschrift für die Entlohnung von Ärzten/Ärztinnen in Facharztausbildung. Für diese ArbeitnehmerInnen nach § 44 KV gelten §§ 49 und 68 mit der Maßgabe, dass sie in die Verwendungsgruppe B1 und, soweit mit ihnen eine Qualifizierungsvereinbarung (§ 46) getroffen wurde, in die Gehaltsgruppe A2 einzureihen sind.
3.2. § 49 Abs 3 KV bestimmt den monatlichen Bruttobezug in der Gehaltsgruppe B1. Dieser Betrag erhöht sich nach dreijähriger Tätigkeit. Die Dreijahresfrist verkürzt sich um Zeiträume, für die tätigkeitsbezogene Vorerfahrungen nachgewiesen werden.
4.1. Der Kollektivvertrag definiert selbst nicht, was unter tätigkeitsbezogenen Vorerfahrungen zu verstehen ist.
4.2. Pfeil (in Personalrecht der Universitäten [2010] §§ 48, 49 KollV Rz 7) geht davon aus, dass eine frühere einschlägige Tätigkeit insbesondere als Lektor oder Projektmitarbeiter bzw im außeruniversitären Bereich, die nicht bloß einen geringfügigen Ausschnitt der nunmehrigen Aufgaben umfasst, zu einer Verkürzung des Vorrückungszeitraums führt. Grimm (JMG 2017 H 3, 185f) hält für berücksichtigungswürdig Beschäftigungszeiten, die vor der aktuellen universitären Anstellung liegen und tätigkeitsspezifisch, also einschlägig für die aktuelle Verwendung, sind. Die Vortätigkeiten müssten sich daher in großen Bereichen mit dem aktuellen Aufgabenspektrum überschneiden und insofern einen Mehrwert darstellen, als der Mitarbeiter durch die zuvor erlangte Praxiserfahrung und das damit gewonnene Wissen und Know How („Vorqualifikation“) in seiner nunmehrigen Verwendung fachlich profitiere. Grimm geht davon aus, dass kein hinreichender Zusammenhang allein durch dieselbe Gehaltseinstufung oder organisatorische Zuordnung oder die Beschäftigung im selben Fachbereich im Zuge der Vortätigkeit gegeben sei. Aus diesem Grund sei fraglich, inwieweit etwa die Tätigkeit als wissenschaftlicher Projektmitarbeiter eine tätigkeitsbezogene Vorerfahrung für einen Arzt in Facharztausbildung darstelle. Im Hinblick auf die Ausbildungsinhalte der Facharztausbildung und unter Bedachtnahme auf die nach der ÄAO 2015 bestehende Möglichkeit eines wissenschaftlichen Moduls bejaht er eine Anrechnungsmöglichkeit im Ausmaß von bis zu neun Monaten.
4.3. Vom Obersten Gerichtshof wurde in der Entscheidung 9 ObA 155/16h zur Auslegung dieser Kollektivvertragsbestimmung Stellung genommen. Es wurde dabei darauf verwiesen, dass mit dem Wort „Vorerfahrung“ schon begrifflich eine Erfahrung angesprochen wird, die ein Mitarbeiter vor dem maßgeblichen Dienstverhältnis gewonnen habe. Eine selbständige Tätigkeit in einem Fach, in dem auch die Facharztausbildung besondere Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln solle, sei, wenn sie bereits vor der Aufnahme der Facharztausbildung ausgeübt worden sei und im nunmehrigen Dienstverhältnis nicht bloß einen geringfügigen Ausschnitt der nunmehrigen Aufgaben umfasse, nicht schon von vornherein ungeeignet, als tätigkeitsbezogene Vorerfahrung berücksichtigt zu werden.
4.4. Im vorliegenden Fall geht es um die Auslegung der Bestimmung des § 49 Abs 3 KV im Zusammenhang mit der Anrechnung von Zeiten als Projektmitarbeiter in dem Fachgebiet, in dem später die Ausbildung zum Facharzt absolviert wird.
Wie bereits in der Entscheidung 9 ObA 155/16h dargelegt wurde, ist nach dem Wortlaut der Bestimmung davon auszugehen, dass es sich um die Anrechnung von Zeiten handelt, die vor Beginn des konkreten Dienstverhältnisses, in der Regel daher bei der Facharztausbildung auch vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses, liegen.
Aus dem Abstellen auf „Zeiträume“, die die Frist für die Gehaltsvorrückung verkürzt, lässt sich schließen, dass damit offenkundig Vorerfahrungen aus anderen Dienstverhältnissen und damit Vordienstzeiten gemeint sind.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist nicht davon auszugehen, dass es sich dabei jedenfalls nur um Zeiten handeln darf, die auch auf die Ausbildungszeit anzurechnen sind (vgl zur Zuständigkeit der Ärztekammer § 14 Ärztegesetz) und zwar selbst dann wenn in diesen Zeiten für die konkrete Ausbildung („tätigkeitsbezogen“ vgl unter 4.5.) Vorerfahrungen nachgewiesen werden, die einen Wissens‑ und Erfahrungsvorsprung bei der Arbeit gegenüber anderen Auszubildenden bewirken. Richtig hat bereits das Erstgericht darauf verwiesen, dass sich die Regelung nur auf eine Verkürzung des Vorrückungszeitraums bezieht, also auf eine monetäre Höherstufung, nicht auf eine Verkürzung des Ausbildungszeitraums. Dagegen spricht sowohl die sehr allgemein gehaltene Formulierung als auch der Umstand, dass keine Korrelation der Dauer der Ausbildung zu den Vorrückungsstufen besteht.
Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, dass es sich bei § 49 Abs 3 KV um eine allgemein für das wissenschaftliche Personal geltende Regelung und keine Sonderbestimmung für Ärzte in Facharztausbildung handelt. Gerade der Umstand, dass die Anrechnungsregelung nicht nur für Ärzte in Facharztausbildung gilt, spricht dagegen, für diese Berufsgruppe eine auf eine Anrechnung von Ausbildungszeiten beschränkte und damit gegenüber anderem Universitätspersonal restriktivere Auslegung dahin vorzunehmen, dass wissenschaftliche Vorerfahrungen ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus enthält § 44 Abs 5 KV eine eigene Vorschrift für den Nachweis von Zeiten, die auf die Ausbildungszeit angerechnet werden sollen, ohne dass darin ein gehaltsrechtlicher Bezug hergestellt wird, was ebenfalls dafür spricht, dass auch nach Ansicht der Kollektivvertragsparteien die Anrechnung auf die Ausbildung und die Anrechnung auf die Gehaltsvorrückung nicht verknüpft werden sollte.
4.5. Durch das Wort „tätigkeitsbezogen“ wird allerdings klargestellt, dass nicht jede Art von Vordienstzeit angerechnet wird, sondern nur eine solche, die in dem Tätigkeitsbereich absolviert wurde, in dem nunmehr die Ausbildung erfolgt.
Die Revision will „tätigkeitsbezogen“ darüber hinaus einschränkend auslegen. Die Ausbildung zum Facharzt diene dem Erwerb praktischer Fähigkeiten. Ein wissenschaftlicher Bezug von Facharztausbildungs-dienstverhältnissen entbehre jeder rechtlich argumentierbaren Grundlage. Zumindest müsste unter „Tätigkeit“ eine praktische medizinische Ausübung des ärztlichen Berufs verstanden werden.
Diese Argumente überzeugen nicht. Zum einen ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, dass die Beteiligung an facheinschlägigen Projekten einen Wissens- und Erfahrungsvorsprung im Rahmen des beforschten Ausbildungsgebiets im Vergleich zu solchen Personen, die keine solchen Vorerfahrungen aufweisen, verschafft.
Zum anderen ist auch die in der Revision vertretene strikte Trennung zwischen der praktischen und der wissenschaftlichen Tätigkeit gerade im Bereich der Universitätskliniken nicht überzeugend. § 44 KV sieht, wie zuvor ausgeführt, auch die Vorbereitung auf eine allfällige universitäre Karriere als wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie der Vertiefung und Erweiterung der fachlichen Bildung als Inhalt der Facharztausbildung an. Die Erfüllung der Aufgaben soll in engem Kontakt mit wissenschaftlicher Forschung und Lehre erfolgen. § 17 Abs 6 ÄAO 2015 sieht für die Ausbildung eines Facharztes die Absolvierung eines wissenschaftlichen Moduls von 9 Monaten vor. Daraus ergibt sich aber, dass den wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Facharztausbildung über die in § 44 Abs 4 KV enthaltene Berechtigung zur Ausübung einer die Facharztausbildung nicht beeinträchtigenden wissenschaftlichen Tätigkeit in der Arbeitszeit hinaus eine nicht unwesentliche Bedeutung zukommt.
Es ist daher festzuhalten, dass auch wissenschaftliche Arbeiten und damit auch die Tätigkeit als medizinisch wissenschaftlicher Projektmitarbeiter im klinischen PhD als anrechenbare Vordienstzeit in Betracht kommen.
4.6. Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren insoweit konkretisiert, als es sich bei den anzurechnenden Zeiten um facheinschlägige Tätigkeiten in Bezug auf die jeweilige Facharztausbildung handeln muss.
Der Revision kann nicht darin gefolgt werden, dass damit nur mit anderer Formulierung der – ohnehin nicht strittige – Inhalt der Kollektivvertragsbestimmung wiederholt wird. Die Beklagte hat im Verfahren die Anrechenbarkeit von Zeiten wissenschaftlicher Arbeit als Projektmitarbeiter für die Vorrückung nach § 49 Abs 3 KV generell bestritten. Durch die Entscheidung der Vorinstanzen wird klargestellt, dass solche Zeiten einer wissenschaftlichen Tätigkeit auch bei Ärzten in Facharztausbildung zur Anrechnung geeignet sind, aber natürlich nur soweit sie für die jeweilige Ausbildung nach Inhalt und Umfang als facheinschlägig anzusehen sind, was letztlich immer eine Frage der Umstände des Einzelfalls ist. Dass diese Voraussetzungen im Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG nur abstrakt umschrieben werden können, liegt in der Besonderheit dieser Verfahrensart. Insofern ist die von den Vorinstanzen vorgenommene Präzisierung auf facheinschlägige Tätigkeiten in Bezug auf die jeweilige Facharztausbildung nicht zu beanstanden.
4.7. Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass die als medizinisch wissenschaftlicher Projektmitarbeiter im klinischen PhD zurückgelegten Zeiten bei einer nachfolgenden Tätigkeit als Arzt in Facharztausbildung im selben Fachbereich geeignet sind, als tätigkeitsbezogene Vorerfahrungen iSd § 49 Abs 3 lit a des Kollektivvertrags für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten angerechnet zu werden. Die konkrete Eignung kann naturgemäß nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden.
5. Der Revision der Beklagten war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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