OGH 10Ob20/18s

OGH10Ob20/18s23.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Dr. Lins KG in Bludenz, gegen die beklagte Partei K* GmbH, *, vertreten durch Rechtsanwälte Mandl GmbH in Feldkirch, wegen Löschung (Streitwert 200.000 EUR sA), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 30. November 2017, GZ 2 R 159/17z‑8, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 23. Oktober 2017, GZ 56 Cg 103/17b‑3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121937

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Der Antrag der klagenden Partei, aufgrund der gegenständlichen Klage werde ob der der beklagten Partei gehörigen Liegenschaft GStNr. 160/6 in EZl. 785 GB * im Lastenblatt die Anmerkung des Streites bewilligt, wird abgewiesen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.839,66 EUR (darin enthalten 806,61 EUR USt und 4,20 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Zu Gunsten der Klägerin hatte auf der ehemals im Eigentum des N* stehenden Liegenschaft EZ 785 Grundbuch * ein 1988 verbüchertes Vorkaufsrecht bestanden, das im Jahr 1990 gelöscht worden war.

Mit der vorliegenden gegen die beklagte Partei als Erwerberin der Liegenschaft gerichteten Klage begehrt die Klägerin ua die Löschung der – im Jahr 2017 erfolgten – Einverleibung deren Eigentumsrechts und die Wiederherstellung des früheren Grundbuchstands durch Einverleibung des Eigentumsrechts des Voreigentümers N* sowie die Anmerkung dieses Streits im Grundbuch. Nach dem Vorbringen der Klägerin sei die Löschung des Vorkaufsrechts im Jahr 1990 zu Unrecht erfolgt.

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur die Berechtigung der Streitanmerkung.

Im Einzelnen bringt die Klägerin vor, das Vorkaufsrecht sei zu ihren Gunsten auf der EZ 785 GB *, bestehend aus GSt 159/25 und GSt 160/6 des N* grundbücherlich sichergestellt gewesen. Im Jahr 1990 habe sie anlässlich des Verkaufs des GSt 159/25 in einem Nachtrag zum Kaufvertrag hinsichtlich dieses Grundstücks auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet. Entgegen diesem – ausschließlich auf das GSt 159/25 bezogenen– Verzicht sei hinsichtlich der gesamten EZ 785 – zu der auch die GSt 160/6 gehört habe – im Grundbuch die Löschung des Vorkaufsrechts einverleibt worden. Mit Kaufvertrag vom 20. 3. 2017 habe N* an die beklagte Gesellschaft ua das GSt 158/7 in EZ 638 GB * und das GSt 160/6 in EZ 785 GB * verkauft. Eine Ausfertigung des Kaufvertrags sei nur deshalb an sie gelangt, weil auch hinsichtlich des GSt 158/7 in EZ 638 GB * zu ihren Gunsten ein bücherlich sichergestelltes Vorkaufsrecht bestanden habe. Es sei ihr lediglich hinsichtlich des GSt 158/7 das Angebot gemacht worden, ihr Vorkaufsrecht auszuüben, nicht jedoch hinsichtlich der GSt 160/6. Sie habe den Vertragsverfasser bzw die nunmehr Beklagte aufgefordert, das Vorkaufsrecht auch hinsichtlich des GSt 160/6 anzuerkennen und mitgeteilt, in den Kaufvertrag hinsichtlich GSt 160/6 einzutreten. Ihr Eintritt sei aber mit der Begründung abgelehnt worden, dass ein gelöschtes Vorkaufsrecht eine denkbar ungeeignete Grundlage für die Reklamation eines solchen sei. Daraufhin habe sie gegen den Voreigentümer N* beim Landesgericht Feldkirch zu 57 Cg 60/17m Klage auf Feststellung des zu Unrecht (ohne entsprechende Vereinbarung) gelöschten Vorkaufsrechts hinsichtlich des GSt 160/6 eingebracht und beantragt, N* schuldig zu erkennen, (neuerlich) in die grundbücherliche Einverleibung des Vorkaufsrechts zu ihren Gunsten einzuwilligen und den Streit im Grundbuch anzumerken (in diesem Verfahren wurde die Streitanmerkung bewilligt – 3 Ob 185/17b).

Beim Landesgericht Feldkirch habe sie zu 5 Cg 44/17a gegen N* eine zweite Klage eingebracht, die ua darauf gerichtet sei, er möge schuldig erkannt werden, mit ihr einen gleichlautenden Vertrag wie mit der (hier) Beklagten abzuschließen und in die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechts (zu Gunsten der Klägerin) einzuwilligen. Gleichzeitig habe sie für die Dauer des gegenständlichen Verfahrens die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt, dem Beklagten zu verbieten, das GSt 160/6 in EZ 785 GB * zu veräußern und dieses Veräußerungsverbot im Grundbuch anzumerken. Nunmehr habe die Beklagte am 31. 8. 2017 aufgrund einer in ihren Händen befindlichen Rangordnung ihr Eigentumsrecht am GSt 160/6 in EZ 785 GB * einverleiben lassen. Die Streitanmerkung und das zu 5 Cg 44/17a vom Landesgericht Feldkirch erlassene Veräußerungsverbot seien gelöscht worden.

Ein Vorbringen dazu, ob der Klägerin der 1990 ergangene Grundbuchsbeschluss über die Löschung des Vorkaufsrechts zugestellt worden war und ob sie diesen unbekämpft gelassen hat (wie die Beklagte behauptet), wurde nicht erstattet.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Eintragung der Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten samt Löschung der Streitanmerkung und des Veräußerungsverbots hinsichtlich des GSt 160/6, EZ 785 GB *, unwirksam sei, darüber hinaus die Löschung des Eigentumsrechts der Beklagten an dieser Liegenschaft und die Wiederherstellung des ursprünglichen Grundbuchstands durch Einverleibung des Eigentumsrechts für N*, unter Einschluss der Streitanmerkung (57 Cg 60/17m des LG Feldkirch) und des Veräußerungsverbots (5 Cg 44/17a des LG Feldkirch). In eventu ist die Klage darauf gerichtet, die Beklagte schuldig zu erkennen, die Liegenschaft an sie (die Klägerin) herauszugeben und in die grundbücherliche Einverleibung ihres Eigentumrechts gegen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 2.740.000 EUR zuzüglich der Grunderwerbssteuer und der Grundbuchseintragungsgebühr einzuwilligen (Abforderungsanspruch nach § 1079 Satz 2 ABGB). Weiters beantragt die Klägerin die Anmerkung des Streits hinsichtlich der von ihr als Vorkaufsberechtigter erhobenen Löschungsklage; eventualiter zum Antrag auf Streitanmerkung stellt sie einen Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung, der Gegnerin der gefährdeten Partei (= der Beklagten) werde verboten, bis zur Beendigung des gegenständlichen Verfahrens die Liegenschaft zu veräußern: es möge angeordnet werden, das Veräußerungsverbot zu Gunsten der gefährdeten Partei (der Klägerin) im Grundbuch anzumerken.

Die Klägerin stützt ihre Klage darauf, dass ein– ihrem Standpunkt nach – zu Unrecht („irrtümlich“) gelöschtes dingliches Vorkaufsrecht nicht erlösche, sondern nach der Rechtsprechung als dingliches Vorkaufsrecht aufrecht bleibe. Die Beklagte wäre nur dann geschützt, wenn sie das Grundstück gutgläubig lastenfrei erworben hätte, welche Voraussetzung nicht vorliege. Gutgläubigkeit scheide schon bei leichter Fahrlässigkeit aus. Diese sei der Beklagten schon deshalb anzulasten, weil dem Vertragsverfasser (dessen Wissen sich die Beklagte zurechnen lassen müsse) das Vorkaufsrecht aufgrund der Vertragslage bekannt sein habe müssen. Zusätzlich sei der Vertragsverfasser mit Schreiben vom 13. 4. 2017 über das Bestehen des Vorkaufsrechts informiert worden. Sei das (dingliche) Vorkaufsrecht weiterhin aufrecht, stehe die Löschungsklage auch gegen den eingetragenen Dritten zu. Selbst wenn nur mehr ein obligatorisches Vorkaufsrecht bestehen sollte, wäre die Beklagte zur Übergabe des Grundstücks verpflichtet, weil sie wissentlich oder zumindest fahrlässig in ein fremdes Forderungsrecht eingegriffen habe, sodass sie aus dem Titel des Schadenersatzes zur Herausgabe der Liegenschaft verpflichtet sei. Zur beantragten einstweiligen Verfügung wird vorgebracht, es bestehe die dringende Gefahr, dass die Beklagte das Grundstück unter Missachtung des Löschungs- und Herausgabeanspruchs an einen gutgläubigen Erwerber weiter verkaufe.

Das Erstgericht bewilligte die Streitanmerkung und ordnete den Vollzug durch das Grundbuchsgericht an. Nach der dem Antrag zugrundeliegenden Klagserzählung behaupte die Klägerin nicht das Bestehen eines vertraglichen Vorkaufsrechts, sondern eine Verletzung eines ehemals entstandenen, aber irrtümlich gelöschten bücherlichen Rechts. Sie behaupte damit die Verletzung eines bücherlichen Rechts wie von § 61 GBG gefordert. Dass sie sich nicht gegen den Voreigentümer, sondern gegen den Dritterwerber wende, schade nicht. Vor wie vielen Jahren das Vorkaufsrecht gelöscht worden sei und ob die Klägerin gegen die Löschung Rechtsmittel erhoben habe, sei für die Frage der Zulässigkeit der Streitanmerkung irrelevant. Die Klage sei jedenfalls schlüssig.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge. Werde ein Dritter im Grundbuch unter Missachtung des verbücherten Vorkaufsrechts als Eigentümer eingetragen, stehe dem Vorkaufsberechtigten gegen den eingetragenen Dritten die Löschungsklage und die Streitanmerkung zu. Darüber hinaus könnte im Fall des Obsiegens in diesem Verfahren die Eintragung des Vorkaufsrechts gegen den (wieder eingetragenen) Voreigentümer begehrt werden. Im vorliegenden Fall begründe die Klägerin allerdings ihre Löschungsklage gegen den nunmehrigen Eigentümer nicht mit der Verletzung eines eingetragenen Rechts, sondern eines ehemals bestandenen, zu Unrecht gelöschten bücherlichen (Vorkaufs‑)Rechts. Dies rechtfertige aber dennoch, ihr aufgrund des der Streitanmerkung inhärenten Zwecks und aufgrund von Rechtsschutzerwägungen in analoger Anwendung des § 61 GBG die Streitanmerkung zuzubilligen.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs mit der Begründung zu, es bestehe keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der Frage, ob eine Streitanmerkung gemäß § 61 GBG auch im Fall einer Löschungsklage gegen den nunmehrigen Eigentümer einer Liegenschaft mit der Behauptung der Verletzung eines ehemals bestandenen, zu Unrecht (ohne entsprechende Vereinbarung darüber) gelöschten bücherlichen (Vorkaufs‑)Rechts begründet werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinn des Abänderungsantrags auch berechtigt.

Die Revisionsrekurswerberin macht im Wesentlichen geltend, der Klägerin stehe keine Löschungsklage zu, sodass auch ihr Antrag auf Streitanmerkung abzuweisen sei. Die Voraussetzungen für eine Analogie seien nicht gegeben.

Dazu ist auszuführen:

1.1 Über einen Antrag auf Bewilligung der Streitanmerkung ist auch dann, wenn er im Rahmen eines Rechtsstreits beim Prozessgericht gestellt wird, nach den Vorschriften des Grundbuchgesetzes zu entscheiden (RIS‑Justiz RS0060516).

1.2 Nach § 126 Abs 2 GBG kann der Beschluss des Rekursgerichts nach Maßgabe der §§ 62, 63 und 66 AußStrG angefochten werden. Anders als im streitigen Verfahren, ist eine Anfechtung einer den Beschluss des Erstgerichts bestätigenden Rekursentscheidung nicht jedenfalls unzulässig.

1.3 Da es sich beim Grundbuchsverfahren um ein reines Urkundsverfahren handelt, erfolgt die Bewilligung der Streitanmerkung allein aufgrund des Klagevorbringens und des Urteilsantrags ohne weitere Bescheinigung des Anspruchs (RIS-Justiz RS0074332). Ob – wie die Beklagte behauptet – die Verzichtserklärung der Klägerin so zu verstehen sei, dass sie sich auf das Vorkaufsrecht hinsichtlich der gesamten EZ 785 (somit auch auf das Grundstück 160/6) bezogen habe, oder ob das dazu erstattete (gegenteilige) Vorbringen der Klägerin zutrifft, ist daher im vorliegenden Verfahren über die Bewilligung der Streitanmerkung nicht zu prüfen. Vielmehr ist – zusammengefasst vom Vorbringen auszugehen, die von der Klägerin abgegebene (schriftliche) Verzichtserklärung habe sich ausschließlich auf das Grundstück 159/25 bezogen, vom Grundbuchsgericht sei ihr aber das Verständnis beigelegt worden, dass sie sich auch auf das Grundstück 160/6 erstrecke. Insofern sei es zu einer „irrtümlichen“ (materiell unrichtigen) Löschung des Vorkaufsrechts gekommen.

2.1 Wenn jemand, der durch eine Einverleibung in einem bücherlichen Recht verletzt scheint, die Einverleibung aufgrund ihrer Ungültigkeit im Prozessweg bestreitet und die Wiederherstellung des vorigen Grundbuchstands begehrt, kann er die Anmerkung dieses Streits im Grundbuch entweder gleichzeitig mit der Klage oder später verlangen (§ 61 Abs 1 GBG). Voraussetzung auch einer Streitanmerkung iSd § 61 Abs 1 GBG ist, dass ein dingliches Recht an einer verbücherten Liegenschaft (RIS‑Justiz RS0060512), zumindest aber ein Recht geltend gemacht wird, das zufolge besonderer Bestimmung einem dinglichen Recht gleichzuhalten ist (RIS‑Justiz RS0060512 [T4]).

2.2 Die Löschungsklage (deren Streitanmerkung die Klägerin begehrt) steht zu, wenn die Einverleibung wegen einer ursprünglichen Nichtigkeit (Geschäftsunfähigkeit, Scheingeschäft, Nichteintritt einer Bedingung, Nichteinhalten der nötigen Form) angefochten wird. Es genügt auch der nachträgliche Wegfall des Titels, auf dem die Einverleibung beruht, etwa nach erfolgreicher Anfechtung des Titels ex tunc (RIS‑Justiz RS0060512 [T3]; Kodek in Kodek, GBG2 § 61 Rz 6/1 mwN). Bloß obligatorische, auf vertraglicher Grundlage beruhende Ansprüche berechtigen hingegen nicht zur Löschungsklage (RIS‑Justiz RS0060629).

3. Das bücherliche Vorkaufsrecht der Klägerin war zum Zeitpunkt der Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten nicht mehr im Grundbuch eingetragen (sondern seit 1990 gelöscht), sodass die Klägerin durch die Einverleibung des Eigentumsrechts der beklagten Partei nicht in ihren eigenen bücherlichen Rechten verletzt ist. Auch die weitere Voraussetzung für eine Löschungsklage, nämlich dass der Kläger durch die Löschung der bekämpften Verfügung wieder bücherlich berechtigt werde (8 Ob 48/15i), ist nicht erfüllt. Die grundbücherliche Position der Klägerin selbst würde durch die begehrte Löschung des Eigentumsrechts der Beklagten und die Wiedereinverleibung des Eigentumsrechts für den mit dem Vorkaufsrecht belasteten N* nicht unmittelbar verändert; durch die Löschung der bekämpften Verfügung, nämlich der Einverleibung des Eigentumsrechts der beklagen Partei, könnte die Klägerin nicht wieder in den Genuss des bücherlichen Vorkaufsrechts kommen.

4.1 Auch die von der Klägerin ins Treffen geführte, zum (bücherlichen) Vorkaufsrecht ergangene Rechtsprechung kann ihren Standpunkt nicht stützen:

4.2 Das obligatorische Vorkaufsrecht begründet ein Recht des Vorkaufsberechtigten zum bevorzugten Erwerb der Sache für den Fall, dass der aus dem Recht Verpflichtete diese verkaufen will (§ 1072 ABGB). Durch Eintragung im Grundbuch wächst es über den persönlichen Anspruch gegen den Eigentümer hinaus und erhält absolute Wirkung (§ 1073 ABGB; vgl 5 Ob 4/76 = SZ 49/46; Höller in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 9 GBG Rz 42). Es besitzt eine dem Veräußerungsverbot entsprechende Wirkung und ist vom Grundbuchsgericht von Amts wegen als Verfügungshindernis für den dinglich belasteten Eigentümer zu beachten (7 Ob 313/01g). Wenn eine mit dem bücherlichen Vorkaufsrecht belastete Liegenschaft grundbücherlich übertragen werden soll, muss dem Grundbuchsgericht in grundbuchsrechtlich zureichender Weise nachgewiesen werden, dass dem Vorkaufsberechtigten die Liegenschaft gehörig angeboten wurde und er von seinem Recht nicht Gebrauch gemacht hat oder mit der beantragten Einverleibung einverstanden ist (Aicher in Rummel 3 § 1073 ABGB Rz 13 mwN).

4.3 Wird das Eigentumsrecht eines Dritten unter Verletzung des Vorkaufsrechts dennoch im Grundbuch einverleibt, steht dem dinglich Vorkaufsberechtigten nach seiner Wahl gegen den Dritten das dingliche Abforderungsrecht nach § 1079 Satz 2 ABGB oder die Löschungsklage nach § 61 GBG zu (RIS-Justiz RS0020211).

4.3.1 In der von der Klägerin zitierten Entscheidung 4 Ob 506/91 = SZ 64/18 wurde die Löschungsklage gegen den Dritten als gerechtfertigt angesehen, weil infolge eines Fehlers des Grundbuchsgerichts ein im Hauptbuch einverleibtes Vorkaufsrecht im Zuge des Grundbuchsumstellungsverfahrens bei der Ersterfassung nicht gespeichert wurde, der bücherlich Vorkaufsberechtigte– mangels entsprechender Kenntnis hievon – innerhalb der sechsmonatigen Berichtigungsfrist gemäß § 21 Abs 3 Grundbuchumstellungsgesetz (GUG) keinen Antrag auf Berichtigung gestellt hat und der rechtsgeschäftliche Eigentumserwerb des Dritten innerhalb dieser Frist erfolgt ist. Mit der Begründung, dass die Vorschriften des GUG weder das Grundbuchsgesetz noch das materielle Recht novellieren wollten, die Versäumung der sechsmonatigen Berichtigungsfrist des § 21 Abs 3 GUG schon nach dem Gesetzeswortlaut nicht das Erlöschen des bücherlichen Vorkaufsrechts bewirken habe können und der Dritte mangels Einsicht in das „alte“ Grundbuch kein gutgläubiger Erwerber gewesen sei, wurde das bücherliche Vorkaufsrecht als fortbestehend angesehen und die Löschungsklage als zulässig erachtet (4 Ob 506/91 = SZ 64/18).

4.3.2 Der (spezielle) Fall eines im Zuge der Ersterfassung bei der Grundbuchumstellung irrtümlich nicht gespeicherten Vorkaufsrechts ist dem vorliegenden Klagevorbringen aber nicht gleichzusetzen. Insbesondere bringt die Klägerin keine tragfähigen Gründe vor, aus denen ihr Vorkaufsrecht trotz der 1990 erfolgten Löschung als bücherliches Vorkaufsrecht mit dinglicher Wirkung fortbestehen sollte.

4.3.3 Nach der Entscheidung 1 Ob 79/64 = SZ 37/78 kann der verbücherte Vorkaufsberechtigte gegen den eingetragenen Dritten wahlweise das dingliche Abforderungsrecht nach § 1079 Satz 2 ABGB oder die Löschungsklage nach § 61 GBG unter der Voraussetzung in Anspruch nehmen, dass der Dritte aufgrund eines zum Zweck der Umgehung abgeschlossenen Scheingeschäfts (beispielsweise eines zum Schein als Schenkungsvertrag bezeichneten Kaufvertrags) als bücherlicher Eigentümer eingetragen ist; der Vorkaufsberechtigte kann mittels der Löschungsklage die Nichtigkeit dieses Geschäft geltend machen (Aicher in Rummel 3, ABGB § 1073 Rz 13). Auch diese Entscheidung ist nicht einschlägig, weil sie das Bestehen eines verbücherten Vorkaufsrechts voraussetzt, die Klägerin zum Zeitpunkt der Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten aber nicht (mehr) bücherlich Vorkaufsberechtigte war.

5. Die vor Entscheidung über eine Streitanmerkung vorzunehmende Prüfung der Schlüssigkeit der Klage, (RIS‑Justiz RS0074332 [T2]) ergibt somit, dass die Voraussetzungen für eine Löschungsklage fehlen und selbst bei Richtigkeit des Klagsvorbringens gegen die Beklagte eine stattgebende Entscheidung nicht ergehen könnte.

6.1 Nach dem Klagevorbringen wird die Streitanmerkung ausdrücklich nur „hinsichtlich der vorliegenden Löschungsklage der vorkaufsberechtigten Klägerin (§§ 61 ff GBG)“ begehrt, nicht aber für den eventualiter geltend gemachten Abforderungsanspruch nach § 1079 Satz 2 ABGB.

6.2 Macht die Klägerin keinen Sachverhalt geltend, der zu einer Löschungsklage berechtigt, fehlt auch ihrem Antrag auf Anmerkung der Löschungsklage eine Rechtsgrundlage (RIS‑Justiz RS0060512).

7.1 Zur Analogie:

Klagsanmerkungen sind grundsätzlich nur zulässig, soweit sie das Grundbuchsgesetz oder ein anderes Gesetz vorsieht. Dies schließt dennoch eine Analogie nicht aus, schränkt diese nach ständiger Rechtsprechung jedoch auf Klagen ein, deren Anspruchsgrund und Funktion einem der Streitanmerkung zugänglichen Klagstypus entsprechen (RIS‑Justiz RS0016506).

7.2 Eine – für eine Analogiebildung erforderliche  – planwidrige Unvollständigkeit der Rechtsordnung, die die Ursache für eine nicht gewollte Gesetzeslücke bildet (RIS-Justiz RS0098756), ist aber mangels der geforderten besonderen Rechtsähnlichkeit zur Löschungsklage nicht erkennbar. Der Wunsch der Klägerin, die absolute Wirkung ihres Vorkaufsrechts möge trotz der vor vielen Jahren erfolgten Löschung im Grundbuch aufrecht bleiben, ist für einen Analogieschluss nicht ausreichend. Wenn die Vorinstanzen Rechtsschutzerwägungen als Rechtfertigung für eine Analogie angesehen haben, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Klägerin bereits zwei Gerichtsverfahren gegen den vorkaufsbelasteten Voreigentümer angestrengt hat und gegen diesen die Streitanmerkung bewilligt und dem Provisorialantrag auf grundbücherliche Anmerkung eines Veräußerungsverbots stattgegeben worden war. Gegen den Erwerber macht die Klägerin nicht nur den Abforderungsanspruch nach § 1079 2. Satz ABGB geltend, sondern nimmt ihn eventualiter wegen Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte in Anspruch und beantragt für den Fall der Nichtbewilligung der Streitanmerkung die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Im Hinblick auf diese Rechtsschutzmöglichkeiten ist nicht von einem Rechtsschutzdefizit im Sinn einer Regelungslücke auszugehen, die nur durch die analoge Gewährung der Löschungsklage behoben werden könnte.

In Stattgebung des Revisionsrekurses sind die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass der Antrag auf Streitanmerkung abgewiesen wird.

8. Zur Kostenentscheidung:

Nach neuerer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist in Fällen der Streitanmerkung ein Ersatz der Rechtsmittelkosten gemäß § 75 Abs 2 GBG iVm § 78 Abs 2 AußStrG gerechtfertigt, wenn im (einseitigen) Rechtsmittelverfahren „entgegengesetzte Interessen“ verfolgt wurden. Dies trifft dann zu, wenn sich der Antragsgegner (der Beklagte) gegen eine gerichtlich bewilligte Streitanmerkung im Rechtsmittelverfahren erfolgreich zur Wehr setzt (1 Ob 56/10g; 3 Ob 180/13m = SZ 2013/92; RIS‑Justiz RS0126117).

Die letztlich erfolglos gebliebene Klägerin hat daher der Beklagten, die im Rechtsmittelweg die Antragsabweisung erzielte, die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

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