OGH 10Ob14/18h

OGH10Ob14/18h14.3.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Neumayr als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, 1060 Wien, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei R***** AG, *****, vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 30.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.500 EUR) über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Oktober 2017, GZ 4 R 64/17m‑17, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 1. März 2017, GZ 11 Cg 66/16t-11, teils abgeändert und teils bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0100OB00014.18H.0314.000

 

Spruch:

Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.

 

II) zu Recht erkannt:

 

Der Revision der Beklagten wird teilweise Folge gegeben.

 

Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird in den Spruchpunkten II. und III.a dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Klausel

‑„Gerät der Karteninhaber mit der Bezahlung der Abrechnung in Verzug, so ist R***** berechtigt ... - die Verzugszinsen vom jeweils aushaftenden Betrag, deren Höhe in Punkt 19.8 geregelt ist, zu fordern“

zu verwenden oder sich auf sinngleiche Klauseln zu berufen, abgewiesen wird.

Der Ausspruch über die Leistungsfrist und über das Veröffentlichungsbegehren der Klägerin wird ersatzlos behoben.

Im Übrigen (hinsichtlich der Abweisung des Gegenantrags auf Urteilsveröffentlichung, Punkt III.b des Urteilsspruchs des Berufungsgerichts) wird die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 16.856,16 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens (darin enthalten 2.230,36 EUR USt und 3.488,70 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist ein klageberechtigter Verein im Sinn des § 29 KSchG, die Beklagte ist ein österreichweit tätiges Bankunternehmen. Die Beklagte verwendet im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblätter. Punkt II.1.1 des Anhangs zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen– Besondere Bedingungen für Bezugskarten, Fassung Oktober 2015 – lautet:

„Der Karteninhaber ist berechtigt, an Geldautomaten im In- und Ausland, die mit einem auf der Bezugskarte angeführten Symbol eines Zahlungskarten-Services gekennzeichnet sind, mit der Bezugskarte und dem persönlichen Code Bargeld bis zu dem mit dem Kontoinhaber vereinbarten Limit für Bargeldabhebungen zu beziehen.“

Punkt 14. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die von der Beklagten selbst herausgegebenen Kreditkarten lautet:

„Gerät der Karteninhaber mit der Bezahlung der Abrechnung in Verzug, so ist R***** berechtigt … Verzugszinsen vom jeweils aushaftenden Betrag, deren Höhe in Pkt 19.8. geregelt ist, zu fordern.“

Die englische Kapitalgesellschaft „Euronet 360 Finance Limited“ – im Folgenden nur: „Euronet“ – errichtet und betreibt in Österreich Geldausgabeautomaten, bei denen Kunden mit Maestrokarte Bargeld beheben können. Bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 21. 2. 2017 steht außer Streit, dass an den Bankomaten Symbole der akzeptierten Karten (darunter auch das Logo von Maestro) ersichtlich sind, ohne dass auf dem Bankomat selbst ein Hinweis auf die Gebührenpflicht ersichtlich ist. Erst im Rahmen des Abhebungsvorgangs erscheint unmittelbar vor der Auszahlung des gewählten Betrags auf dem Bildschirm des Geldausgabeautomaten ein Hinweis darauf, dass der Eigentümer dieses Terminals dem Karteninhaber für die gewählte Transaktion eine Gebührvon 1,95 EUR berechnen werde. Im Fall des Einverständnisses solle die Taste „Annehmen“ gedrückt werden, im Fall des Wunsches nach Beendigung solle die Taste „Abbruch“ gedrückt werden. Nach einer derartigen Behebung bei Euronet-Bankomaten zieht Euronet auf Grund einer im Rahmen des Behebungsvorgangs generierten Abbuchungsermächtigung vom Konto des Behebers, das bei der Beklagten geführt wird, den Betrag von 1,95 EUR zusätzlich zum behobenen Betrag ein.

Die Klägerin begehrt mit ihrer auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung gerichteten Klage, gestützt auf die §§ 28 und 28a KSchG, die Beklagte möge es unterlassen, Verbrauchern derartige Gebühren in Rechnung zu stellen oder von deren Zahlungskonto abzubuchen oder sinngleiche Praktiken anzuwenden; eventualiter begehrt sie die Unterlassung der Verwendung der eingangs wiedergegebenen Klausel oder sinngleicher Klauseln sowie sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen. Ein zweites Eventualbegehren ist darauf gerichtet, es im Zusammenhang mit Zahlungsdiensten zu unterlassen, Rahmenverträge iSd § 3 Z 12 ZaDiG über ein Zahlungskonto und die Ausgabe einer Zahlungskarte (Bezugskarte) zu diesem Zahlungskonto abzuschließen, ohne den Verbraucher in den gemäß § 28 Abs 1 ZaDiG mitzuteilenden Informationen klar und verständlich darauf hinzuweisen, dass einzelne Barabhebungen mit einer Zahlungskarte an bestimmten fremden Geldausgabeautomaten vom Abschluss eines zusätzlichen entgeltpflichtigen Vertrags abhängig gemacht werden können, oder sinngleiche Praktiken anzuwenden. Mangels vorheriger wirksamer Vereinbarung von Entgelten liege ein Verstoß gegen § 27 Abs 2 ZaDiG vor. Da ein Hinweis darauf fehle, dass Abhebungen von bestimmten fremden Bankomaten nur vom Abschluss eines zusätzlichen entgeltpflichtigen Vertrags abhängig gemacht werden können, liege auch ein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG vor. Weiters liege ein Verstoß gegen § 26 Abs 2 und § 28 Abs 1 Z 2 ZaDiG vor.

Die Verwendung der Verzugszinsenklausel sei unzulässig, weil Verzugszinsen als Konventionalstrafe bei Nichteinhaltung der Erfüllungszeit zu sehen seien. Ein pauschalierter Schadenersatz dürfe den typischerweise verursachten durchschnittlichen Schaden nicht wesentlich übersteigen; andernfalls liege eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB vor. Eine solche sei im vorliegenden Fall darin zu sehen, dass der Verbraucher zur Zahlung von Schadenersatz ohne Verschulden verpflichtet werde.

Die Beklagte beantragte die Klageabweisung. Sie wendet zusammengefasst ein, mangels jeglicher Rechtsbeziehung zu Euronet sei ihr deren Vorgangsweise nicht zuzurechnen. Zur Abbuchung der von Euronet vorgeschriebenen Gebühren sei sie aufgrund entsprechender Zahlungsaufträge ihrer Kunden sogar verpflichtet. Sie selbst garantiere nur den Zugang zu den Geldausgabeautomaten, ohne dafür Gebühren zu verrechnen.

§ 1333 Abs 2 ABGB stelle dispositives Recht dar, sodass abweichende vertragliche Vereinbarungen, die für Verzugszinsen kein Verschuldenserfordernis vorsehen, zulässig seien.

Das Erstgericht gab (ohne Setzung einer Leistungsfrist) den Unterlassungsbegehren (zur Bankomatgebühr und zur Verzugszinsenklausel) sowie dem Veröffentlichungsbegehren der Klägerin statt.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es das zur Bankomatgebühr erhobene Haupt- sowie beide dazu erhobenen Eventualbegehren abwies. Der klagsstattgebende Ausspruch über das Unterlassungsbegehren zur Verzugszinsenklausel sowie über das Veröffentlichungsbegehren der Klägerin wurde hingegen bestätigt. Für das Unterlassen des Verwendens der Verzugszinsenklausel wurde eine Leistungsfrist von drei Monaten festgesetzt. Der von der Beklagten erhobene Gegenantrag auf Veröffentlichung wurde abgewiesen.

Rechtlich ging das Berufungsgericht zusammengefasst davon aus, Abhebungen bei Geldautomaten, die von unabhängigen Geldautomatenbetreibern wie Euronet aufgestellt und betrieben werden, unterfielen nicht dem Rahmenvertrag. Entgelte für die Nutzung eines derartigen Bankomaten würden den Kunden von Euronet direkt in Rechnung gestellt. Die Klausel II.1.1.1 beinhalte nur die Berechtigung zum Bargeldbezug und öffne den Zugang zu allen Geldautomaten, die mit einem auf der Bezugskarte angeführten Symbol eines Zahlungskartenservices gekennzeichnet seien. Für Informationspflichten der Beklagten über Entgelte für die mit Euronet abgewickelten Abhebungen bestehe keine Rechtsgrundlage. Eine Warnung durch die Beklagte, dass die Abhebung bei bestimmten von Dritten betriebenen Geldautomaten nur vom Abschluss eines entgeltpflichtigen Vertrags abhängig gemacht werden könne, sei auch im Hinblick auf das Transparenzgebot nicht erforderlich.

Die Verzugszinsenklausel sei unzulässig iSd § 879 Abs 3 ABGB, weil vertraglich vereinbarte Verzugszinsen pauschalierten Schadenersatz darstellen und die in Abweichung vom dispositiven Recht vorgenommene Vereinbarung eines verschuldensunabhängigen Schadenersatzes zu einer gröblichen Benachteiligung führe.

Der Antrag auf Veröffentlichung des klagsabweisenden Teils des Urteilsspruchs sei abzuweisen, weil die Beklagte ein berechtigtes Interesse an einer Urteilsveröffentlichung nicht ausreichend begründet und die Klägerin die mediale Publizität des Rechtsstreits bestritten habe, ohne dass die Beklagte dem etwas entgegen gesetzt habe. Davon, dass das mediale Interesse an den Bankomatgebühren eine allgemein kundige Tatsache iSd § 269 ZPO sei, könne nicht ausgegangen werden.

Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ die Revision – soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich – mit der Begründung zu, derartige Klauseln und Praktiken wären bisher noch nicht an den Obersten Gerichtshof zur Beurteilung herangetragen worden; sie seien für eine größere Anzahl von Verbrauchern von Bedeutung.

Gegen diese Entscheidung erhoben beide Parteien Revisionen.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revision der Klägerin ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts – mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1.1. Die Entscheidungen der Vorinstanzen beruhen noch auf der Rechtslage vor Inkrafttreten des § 4a des Bundesgesetzes über die Vergleichbarkeit von Entgelten für Verbraucherzahlungskonten, den Wechsel von Verbraucherzahlungskonten und den Zugang zu Verbraucherzahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (Verbraucherzahlungskontogesetz – VZKG, BGBl I 2016/35). Nach § 4a VZKG idF BGBl I 2017/158 hat nunmehr der Zahlungsdienstleister den Verbraucher von der Zahlung von Entgelten zu befreien, die ein Dienstleister gemäß § 2 Abs 3 Z 15 ZaDiG vom Verbraucher für Bargeldabhebungen mit der zum Zahlungskonto des Verbrauchers ausgegebenen Zahlungskarte beansprucht. Diese Regelung ist seit 13. Jänner 2018 in Kraft (§ 36 Abs 4 VZKG). Übergangsvorschriften sind keine vorhanden. Knüpft man an den relevanten Sachverhalt in § 4a VZKG, nämlich an die Bargeldbehebung bei Geldautomaten bestimmter Betreiber an und geht davon aus, dass nach der Intention des Gesetzgebers die Befreiungspflicht ab Inkrafttreten mit 13. 1. 2018 volle Wirkung entfalten soll, um die finanzielle Belastung des Verbrauchers zu beenden, ist diese Regelung auf Bargeldabhebungen ab dem 13. 1. 2018 anzuwenden (W. Faber, Bankomatgebühren, ÖBA 2018, 164 [174]).

1.2.1

 Diese nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (erst im Stadium des Revisionsverfahrens eingetretene) Änderung der Rechtslage erfordert – wie in der Fallgruppe „Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“ (RIS‑Justiz RS0123158) – eine doppelte Prüfung (vgl RIS‑Justiz RS0123158 [T8]). Grundsätzlich ist der Unterlassungsanspruch nach der Sach- und Rechtslage bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0037619). Ein in die Zukunft wirkendes Verbot kann aber nach ständiger Rechtsprechung nur dann erlassen oder bestätigt werden, wenn das beanstandete Verhalten auch nach der (neuen) Rechtslage im Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung rechtswidrig ist (4 Ob 39/10d; 4 Ob 58/14d [jeweils zum Lauterkeitsrecht]; 6 Ob 169/15v [zu § 28 KSchG]; W. Faber, Bankomatgebühren, ÖBA 2018, 164 [174 f]).

1.2.2 Wie die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung vorbringt, ist § 4a VZKG bereits Gegenstand eines im November 2017 von der Beklagten gemeinsam mit anderen Kreditunternehmen beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Individualantrags gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit c B‑VG, der dort zu G 293/2017 anhängig ist. Unter einem regt die Beklagte an, auch der Oberste Gerichtshof möge § 4 Abs 2 und § 4a VZKG nF dem Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B‑VG vorlegen.

1.2.3 Eine Auseinandersetzung mit § 4a VZKG nF erübrigt sich aber schon im Hinblick darauf, dass nach der Rechtslage bei Schluss der Verhandlung erster Instanz kein Unterlassungsanspruch begründet war:

1.3. Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 4a VZKG hat der Oberste Gerichtshof mittlerweile in seiner Entscheidung 9 Ob 63/17f vom 17. 12. 2017 folgende – auch für den vorliegenden Fall – maßgeblichen Aussagen getroffen:

1.3.1 Beim Kontovertrag (als Grundlage dafür, dass Kunden der Beklagten mit einer Bezugskarte Bargeld von ihrem Konto bei einem Bankomaten beheben können) handelt es sich um einen Rahmenvertrag, auf den ua die Bestimmung des § 27 Abs 2 ZaDiG über die Verrechnung von Entgelten, jene des § 28 Abs 1 Z 3 lit a ZaDiG über die Informationspflichten des Zahlungsdienstleisters im Zusammenhang mit Entgelten und jene der §§ 28 Abs 1 Z 6, 29 Abs 1 ZaDiG über die Anforderungen an die Änderungen des Rahmenvertrags mittels Erklärungsfiktion anzuwenden sind.

1.3.2 § 32 ZaDiG regelt hingegen Informationspflichten des Zahlungsdienstleisters für Einzelzahlungen außerhalb eines Rahmenvertrags. Darunter fallen auch Abhebungen von einem unabhängigen Geldausgabeautomaten oder Barüberweisungen. „Unabhängigkeit“ in diesem Sinn bedeutet, dass der Zahlungsdienstleister in keinem Vertragsverhältnis zum Zahlungsdienstnutzer steht.

1.3.3 Bei einer Bargeldbehebung mittels Geldausgabeautomat ist deshalb zwischen den einzelnen Leistungen des Zahlungsdienstleisters zu differenzieren. Die Leistung, die dem Bankkunden über die Bezugskarte den Zugriff auf sein Kontoguthaben und eine entsprechende Auszahlung unter Belastung seines Kontos ermöglicht, wird von der Beklagten im Rahmen ihrer Kontoverträge als Rahmenverträge erbracht und nach den dazu vereinbarten Bedingungen abgerechnet. Davon gesondert ist die Dienstleistung der Aufstellung und des Betriebs eines Geldausgabeautomaten zu sehen. Will ein Karteninhaber einen Geldausgabeautomaten nutzen, der nicht von seinem Rahmenvertragspartner oder einem diesem zurechenbaren Aufsteller betrieben wird, kommt jeweils ein entgeltlicher Einzelvertrag über die Bargeldbehebung als solche nach § 27 Abs 2 iVm § 32 Abs 1 ZaDiG zustande. Die Zahlung aus dem Einzelvertrag kann ua durch die Anweisung des Zahlungsdienstnutzers erfolgen, auf dem Zahlungskonto die Entgelte für die Barabhebungen am fremden Geldausgabeautomaten in Rechnung zu stellen oder abzubuchen. Daher können auch die zwischen der Beklagten und ihren Kunden vereinbarten Bedingungen nicht dahin verstanden werden, dass mit den Kontogebühren Behebungen bei jedem mit dem Maestro-Symbol gekennzeichneten Geldausgabeautomaten umfasst sind, selbst wenn vor der Durchführung der Transaktion auf deren Entgeltpflicht hingewiesen und diese vom Karteninhaber bestätigt wird.

1.3.4 Selbständige Betreiber von Geldausgabe-automaten, die mit der Beklagten nicht in einer vertraglichen Beziehung stehen, sind demnach nicht als Erfüllungsgehilfen oder Vertreter der Beklagten anzusehen. Die Verpflichtungen des kartenausgebenden Kreditinstituts gegenüber den Kunden beschränkten sich hinsichtlich fremder Geldausgabeautomaten darauf, dem Kunden den Zugang zu den von anderen Kreditinstituten im Rahmen der Systeme Bankomat und Maestro aufgestellten Geldausgabeautomaten zu verschaffen.

1.4.1 Mit dieser – bis zum Inkrafttreten des § 4a VZKG mit 13. 1. 2018 geltenden – Rechtslage steht die Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Einklang.

Im Hinblick auf das Revisionsvorbringen ist ergänzend noch Folgendes auszuführen:

1.4.2 Die in den „Besonderen Bedingungen für Bezugskarten (Fassung Oktober 2015)“, in Punkt II.1.1. enthaltene und den Gegenstand des ersten Eventualbegehrens bildende Klausel drückt nichts anderes aus als die Verpflichtung der Beklagten, dem Karteninhaber Zugang zum System zu verschaffen, indem auf das sich aus dem Rahmenvertrag des Kunden ergebende Recht hingewiesen wird, an mit dem Maestro-Symbol gekennzeichneten Geldausgabeautomaten mit der Bezugskarte und der PIN Bargeld bis zum vereinbarten Limit zu beziehen, nicht aber die Zusage an die Kunden, dass sie an allen – von wem immer betriebenen – mit dem Maestro-Symbol gekennzeichneten Geldausgabeautomaten im In- und Ausland Barabhebungen ohne Zusatzentgelte durchführen können.

1.4.3 Bei Fehlen vertraglicher Beziehungen zwischen der Beklagten und einem unabhängigen Geldautomatenbetreiber (hier Euronet), der als „Dritter“ im Sinn von Art 50 Abs 2 ZaDi‑RL (§ 27 Abs 2 Z 2 ZaDiG) anzusehen ist, unterfällt die Abhebung bei einem von Euronet aufgestellten Geldautomaten keinem Rahmenvertrag, sondern stellt Euronet seinen Kunden die Entgelte für die Nutzung seiner Automaten direkt in Rechnung und unterliegt als „Dritter“ der in Art 50 Abs 2 ZaDi‑RL normierten eingeschränkten Informationspflicht über zusätzliche Entgelte Dritter vor Auslösung des Zahlungsvorgangs.

1.4.4 Die Informationspflicht nach § 28 Abs 1 Z 3 ZaDiG betrifft lediglich jene Entgelte, die der Zahlungsdienstnutzer an den Zahlungsdienstleister zu entrichten hat. Die Entgelte (Gebühren), die Euronet als Drittanbieter für die Behebung an einem von ihm aufgestellten Geldausgabeautomaten (auf Grundlage eines Einzelvertrags iSd § 32 ZaDiG) verlangt, sind davon nicht umfasst. Verlangt die Beklagte für die von ihr unter dem Rahmenvertrag erbrachte Leistung nur jenes Entgelt, wie sie es allgemein mit ihren Kontopaketen vereinbart hat, ist aus § 28 Abs 1 Z 3 ZaDiG keine Informationspflicht darüber abzuleiten, dass einzelne Bargeldabhebungen mit der Zahlungskarte an „fremden“ Geldautomaten vom Abschluss eines zusätzlichen entgeltpflichtigen Vertrags abhängig gemacht werden. Nach § 27 Abs 4 Z 2 ZaDiG iVm Art 50 Abs 2 der Vorbildbestimmung in der ZaDi‑RL 2007/64/EG hat vielmehr derjenige, der das Entgelt für die Nutzung der Zahlungskarte samt PIN verlangt – somit der dritte Bankomatbetreiber und nicht die Beklagte – dem Kunden die Information darüber vor der Auslösung des Zahlungsvorgangs iSd § 32 Abs 1 ZaDiG, dh vor der endgültigen Erteilung des Behebungsauftrags mitzuteilen (W. Faber, Bankomatgebühren, ÖBA 2018, 164 [169]). Daraus folgt, dass auch ein Verstoß gegen § 29 Abs 1 ZaDiG, weil die für Änderungen des Rahmenvertrags vorgesehene zweimonatige Ankündigungs- und Annahmefrist (§ 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG) nicht eingehalten wurde, zu verneinen ist. Ebenso liegt kein Verstoß gegen § 27 Abs 2 ZaDiG vor, weil nur für Verrechnung von Entgelten im Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag eine vorherige wirksame Vereinbarung nötig wäre.

1.4.5 Auch mit dem Vorbringen, die im ersten Eventualbegehren genannte Klausel sei intransparent, wird keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt: Die von der Klägerin zur Erfüllung des Vollständigkeitsgebots geforderte „Vorweg-Warnung“ bzw der gewünschte Hinweis darauf, dass Abhebungen bei bestimmten Geldausgabeautomaten nur vom Abschluss eines zusätzlichen entgeltpflichtigen Vertrags abhängig gemacht werden können, wäre dann notwendig, wenn für die Beklagte eine entsprechende Informationspflicht bestünde (§ 28 Abs 1 Z 3 ZaDiG), diese verletzt wäre und die Klausel ohne den geforderten Hinweis für den Durchschnittskunden unklar bliebe (RIS‑Justiz RS0115219). Überlegungen zu § 6 Abs 3 KSchG scheiden aus, wenn eine derartige Informationspflicht nicht bestand (siehe oben Punkt 1.4.4.). Entsprach die Klausel der damaligen Rechtslage, ist sie nicht intransparent (7 Ob 45/15s).

Die Revision der Klägerin ist somit mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

2. Die Revision der Beklagten ist hingegen zulässig und hinsichtlich der Verzugszinsenklausel im Umfang des Abänderungsantrags auch berechtigt.

2.1.1 Die Klausel ist in Punkt 14 der Urkunde Beilage ./K enthalten und verweist zur Höhe des Zinssatzes auf den ebenfalls in der Beilage ./K enthaltenen Punkt 19.8 . In diesem wird der Verzugszinssatz mit 10 % über dem verlautbarten Basiszinssatz der Österreichischen Nationalbank festgelegt. Die Echtheit der Urkunde Beilage ./K wurde von der Beklagten zugestanden (AS 127). Da auch im Rechtsmittelverfahren die Berücksichtigung des Inhalts einer in den Feststellungen – wenn auch ohne wörtliche Wiedergabe – enthaltenen Urkunde, deren Echtheit zugestanden wurde, zulässig ist (vgl 2 Ob 206/09x mwN; RIS‑Justiz RS0121557), ist von einem Verzugszinssatz von 10 % über dem verlautbarten Basiszinssatz der Österreichischen Nationalbank (derzeit -0,62 %) auszugehen. Dem Standpunkt der Beklagten, es fehlten Feststellungen zur Höhe des vereinbarten Verzugszinssatzes, weshalb sie schon deshalb nicht zur Unterlassung der Klausel verhalten werden könne, weil das Unterlassungsgebot selbst dann gelten würde, wenn die Verzugszinsen geringer als die gesetzlichen Verzugszinsen wären, ist daher nicht zu folgen.

2.2.1 Im Übrigen kommt dem Revisionsvorbringen, die in der Klausel vereinbarte verschuldensunabhängige Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen sei nicht gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, aber Berechtigung zu.

2.2.2 § 1333 Abs 1 iVm § 1000 ABGB sieht Verzugszinsen von 4 % vor. Es handelt sich dabei um eine Mindestpauschale, die der Gläubiger unabhängig vom Bestehen eines konkreten Verspätungsschadens verschuldensunabhängig verlangen kann (RIS‑Justiz RS0109502). Der durch die Verzugszinsen abgedeckte Schaden liegt darin, dass der Gläubiger das Geld nicht zum Fälligkeitszeitpunkt zur Verwendung zur Verfügung hat, etwa zur Bedienung eines eigenen Kredits oder zur Geldanlage (vgl RIS‑Justiz RS0109502 [T6]). Verzugszinsen dienen nicht dazu, Betreibungs- oder Einbringungskosten (§ 1333 Abs 2 ABGB) abzudecken.

2.2.3 § 1333 Abs 1 ABGB ist dispositiv (vgl RIS‑Justiz RS0016563). Von dieser gesetzlichen Regelung gingen die Parteien ab, indem sie mit Pkt 14 iVm Pkt 19.8 der AGB für den Fall des objektiven und subjektiven Schuldnerverzugs Verzugszinsen in Höhe von 10 % über dem Basiszinssatz vereinbarten.

2.2.4 Nach ständiger Rechtsprechung unterliegen auf einem Vertrag beruhende Verzugszinsen (genau so wie Darlehens- oder Kreditzinsen) den Grenzen der Sittenwidrigkeit (RIS‑Justiz RS0119802). § 1335 ABGB enthält eine Art „Wuchergrenze“, weil rückständige Zinsen das eingeklagte Kapital nicht übersteigen dürfen. Abgesehen von dieser Bestimmung bestehen nach der österreichischen Rechtsordnung zufolge der Vertragsfreiheit bei vertraglich vereinbarten Zinssatz grundsätzlich keine Schranken, solange nicht die Voraussetzungen des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB (Wucher) vorliegen.

2.2.5. Auch bei Fehlen der in § 879 Abs 2 Z 4 ABGB genannten Voraussetzungen kann aber bei auffallendem Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen Sittenwidrigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB vorliegen, wenn ein zusätzliches, diesen Mangel ausgleichendes Element der Sittenwidrigkeit hinzutritt, wie etwa die für den anderen erkennbare Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz des Anfechtenden (RIS‑Justiz RS0119802). Das Vorliegen solcher Umstände wird aber nicht behauptet.

2.3.1 Soweit sich die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Entscheidung 7 Ob 84/12x (Klausel 17) beruft, lag dieser Entscheidung die Möglichkeit zugrunde, neben Verzugszinsen in Höhe von 12 % pauschalierte Mahnspesen in Höhe von 17,44 EUR und (verschuldensunabhängig) weitere Mahn- und Inkassoaufwendungen zu verrechnen. Unter Hinweis darauf, dass die Klausel den Verbraucher auch zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet, wenn ihn am Verzug kein Verschulden trifft, wurde eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB angenommen.

2.3.2 Die vorliegende Klausel enthält demgegenüber keine Bezugnahme auf pauschalierte Mahnspesen oder Betreibungs- und Einbringungskosten (§ 1333 Abs 2 ABGB), sondern kommt dem Grundgedanken des § 1333 Abs 1 ABGB nach, jenen Schaden zu ersetzen, den der Gläubiger typischerweise durch die verspätete Zahlung erleidet. Es soll eine vorweggenommene Vereinbarung eines Entgelts für eine durch den Verzug des Schuldners für den Gläubiger entstehende faktische Kreditsituation getroffen werden („Vereinfachung durch Pauschalierung“). Davon ausgehend wurde die Vereinbarung von Verzugszinsen iHv 10 % bereits als nach § 879 Abs 3 ABGB nicht angreifbar erachtet (9 Ob 31/15x [Klausel 30], ÖBA 2017, 115 [Koch] ; 7 Ob 217/16m [Klausel 6], ÖBA 2017, 716 [Bollenberger] = EvBl 2018/23, 166 [Zoppel]).

2.4.1 Demnach kann der Ansicht des Berufungsgerichts, die Klausel Punkt 14 sei unzulässig, weil für die Vereinbarung (höherer als 4%iger) vertraglicher Verzugszinsen jedenfalls schuldhafter Verzug zu fordern sei, nicht gefolgt werden. Die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung 1 Ob 105/14v [Klausel 5] behandelt Mahnspesen, nicht aber auch Verzugszinsen.

2.4.2 Da die Verzugszinsenklausel nicht gegen § 879 Abs 3 ABGB verstößt, war in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen das Unterlassungsbegehren hinsichtlich der Verzugszinsenklausel abzuweisen; der Ausspruch über die Leistungsfrist und das Veröffentlichungsbegehren der Klägerin waren ersatzlos zu beheben. Infolge der Abweisung des Unterlassungsbegehrens stellt sich die vom Berufungsgericht im Zulassungsausspruch weiters als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO erachtete Rechtsfrage der Notwendigkeit der Setzung einer Leistungsfrist auch für das Sich-Berufen auf eine unzulässige Klausel nicht mehr.

2.5.1 Die Beklagte wendet sich in ihrer Revision noch gegen die Abweisung ihres Gegenantrags auf Veröffentlichung des klageabweisenden Urteils.

2.5.2 Gemäß § 30 Abs 1 KSchG iVm § 25 Abs 3 UWG steht es jeder im Verbandsverfahren obsiegenden Partei zu, das Urteil innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen, wenn ein berechtigtes Interesse daran besteht. Auch im Fall der Abweisung des Unterlassungsbegehrens ist dem Beklagten bei berechtigtem Interesse ein Anspruch auf Veröffentlichung des klageabweisenden Teils der Entscheidung zuzugestehen, insbesondere um einen beim Publikum durch die Veröffentlichung des klagestattgebenden Teils der Entscheidung entstehenden „falschen Eindruck“ richtigzustellen (RIS‑Justiz RS0079624), oder weil gerade die betroffenen Klauseln zu den gesetzlich zwingenden Angaben in Verbraucherverträgen gehören. Auch der Schutz des wirtschaftlichen Rufs der obsiegenden Beklagten kann eine Veröffentlichung rechtfertigen, wenn das Infragestellen ihrer Klauseln einem breiten Publikum bekannt geworden ist oder die Entscheidung in einem öffentlich ausgetragenen Meinungsstreit von allgemeinem Interesse ist (10 Ob 13/17k).

2.6. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten an der Veröffentlichung des klagsabweisenden Urteils hinsichtlich der Verrechnung von Bankomatgebühren bei Abhebungen von Geldautomaten von Euronet ist schon im Hinblick auf die zwischenzeitig erfolgte Änderung der Rechtslage durch § 4a VZKG zu verneinen.

Soweit sich die Revision der Beklagten gegen die Abweisung des Gegenantrags auf Veröffentlichung des klageabweisenden Urteils richtet, bleibt sie somit erfolglos.

3. Kostenentscheidung:

Infolge der Abänderung der Entscheidung in der Hauptsache war es erforderlich, die Kosten des gesamten Verfahrens neu zu bestimmen. Die Klägerin ist mit beiden Klauseln und ihrem Veröffentlichungsbegehren unterlegen; die Beklagte war nur mit ihrem Gegenantrag auf Urteilsveröffentlichung nicht erfolgreich. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz (gegen die keine Einwendungen erhoben wurden) kann daher nach § 43 Abs 2 1. Satz ZPO, jene über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach den §§ 43 Abs 2 1. Satz, 50 ZPO erfolgen. Im Revisionsverfahren ist von einer Bemessungsgrundlage von 18.000 EUR auszugehen; die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision der Klägerin hingewiesen.

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