European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00006.18Z.0227.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Die Klägerin wurde im Jahr 2008 laut ihrem Dienstvertrag „vornehmlich zur Verrichtung folgender Arbeiten aufgenommen: Verkäuferin“ und war als solche in einer Filiale der Beklagten tätig. Nach dem Dienstvertrag blieb es dem Dienstgeber vorbehalten, ihr eine andere Dienstverwendung zuzuweisen und sie auch in anderen Betriebsstätten einzusetzen. Im Jänner 2012 wechselte die Klägerin in das Büro der Beklagten, wo sie für den Einkauf im Onlineshop zuständig war. Als sie nach ihrer Karenz 2015/2016 Elternteilzeit in Anspruch nahm, teilte ihr die Beklagte mit, sie aufgrund von Sparmaßnahmen wieder als Verkäuferin in einer Filiale einsetzen zu müssen. Die Klägerin erhielt eine entsprechende Dienstzuteilung.
Die Vorinstanzen wiesen das Begehren der Klägerin auf Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, dieser Versetzungsanweisung der Beklagten Folge zu leisten, ab, weil die Tätigkeit dem vertraglich vereinbarten Leistungsinhalt entspreche. In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:
Rechtliche Beurteilung
Durch die Inanspruchnahme einer Karenz wird der Arbeitsvertrag nur insofern abgeändert, als für einen befristeten Zeitraum die Arbeits- und die Entgeltpflicht ruhen (9 ObA 50/14i). Der Dienstgeber ist nach dem Mutterschutzgesetz daher verpflichtet, die Dienstnehmerin nach der Karenz in der gleichen Verwendung weiter zu beschäftigen, zu der sie seinerzeit vertraglich aufgenommen und auch tatsächlich eingesetzt worden war (RIS-Justiz RS0070881; Wolfsgruber in Neumayr/Reissner , ZellKomm I 2 MSchG § 15 Rz 22; Thomasberger in Burger-Ehrnhofer/Schrittwieser/Thomasberger , Mutterschutzgesetz und Väter-Karenzgesetz 2 § 15 Erl S 332). Das ist nach den diesem Rechtssatz zugrunde liegenden einschlägigen Entscheidungen nicht anders zu verstehen, als dass eine Dienstnehmerin nach der Rückkehr aus der Karenz im Rahmen ihrer vertraglich vereinbarten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeit weiter zu beschäftigen ist (4 Ob 71/70 = Arb 8796: nach der Karenz keine Pflicht zur Lageristenarbeit bei vereinbarter Tätigkeit als Buchhalterin; 9 ObA 50/14i: keine Pflicht zur Tätigkeit als „director of training“ bei vereinbarter Tätigkeit als Verkaufsleiterin). Die Zuweisung einer mit der früheren Tätigkeit identen Beschäftigung ist nicht erforderlich ( Wolfsgruber in Neumayr/Reissner , ZellKomm 2 § 15 MSchG Rz 23).
An einem vertraglich vereinbarten Direktionsrecht des Dienstgebers ändert sich dadurch nichts. Aus arbeitsvertraglicher Sicht ist diesbezüglich nur entscheidend, ob die Anordnung (Weisung) des Dienstgebers über einen Wechsel des Tätigkeitsbereichs oder des Tätigkeitsorts des Dienstnehmers bzw der Dienstnehmerin durch den Inhalt des Arbeitsvertrags gedeckt ist oder sich aus vereinbarten Gestaltungsvorbehalten ergibt. Der Dienstnehmer bzw die Dienstnehmerin ist nur insoweit verpflichtet, einer „Versetzungsanweisung“ Folge zu leisten, als auch der neue Arbeitsplatz in den arbeitsvertraglich vereinbarten örtlichen oder sachlichen Tätigkeitsbereich fällt (9 ObA 51/07a; 9 ObA 37/17g).
Davon zu trennen ist die Frage, ob mit der Verwendung eines Dienstnehmers oder einer Dienstnehmerin in einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Tätigkeit eine (konkludente) Änderung des Dienstvertrags durch Änderung der vertraglich geschuldeten Leistung einhergeht. Dass eine solche Vertragsänderung auch nach Maßgabe einer beruflichen Weiterentwicklung auf Spezialisierung erfolgen kann, kann dabei nicht weiter zweifelhaft sein. Aus der bloßen Tatsache der längeren Verwendung des Arbeitnehmers an einem bestimmten Arbeitsplatz kann aber für sich allein noch nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass sich der auf diese Weise als vereinbart anzusehende Aufgabenkreis des Arbeitnehmers auf diese zuletzt ausgeübte Tätigkeit beschränkt habe (s RIS-Justiz RS0029509). Ob die angeordnete Änderung des Tätigkeitsbereichs durch den Arbeitsvertrag gedeckt ist, ist daher im Wege der Vertragsauslegung zu beurteilen. Dabei kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0029509 [T8]).
Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren kein Vorbringen dahin erstattet, dass es infolge ihrer Tätigkeit als Einkäuferin zumindest konkludent zu einer Änderung des Vertragsinhalts gekommen wäre. Insbesondere erklärte sie auf die ausdrückliche Frage nach sonstigen für die vertragliche Verbindlichkeit relevanten Umständen, dass es keine besonderen Absprachen oder Nebenumstände gegeben habe. Die Ansicht der Vorinstanzen, dass die der Klägerin nach ihrer Rückkehr aus der Karenz zugewiesene Verkaufstätigkeit in einer Filiale innerhalb der von ihr vertraglich geschuldeten und auch jahrelang erbrachten Leistung lag, ist daher nach den Umständen des Falls vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig. Parallelen zu den Modalitäten des Rückkehrrechts nach § 75b BDG sind hier nicht angezeigt.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin daher zurückzuweisen.
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