OGH 4Ob10/18a

OGH4Ob10/18a20.2.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen S* W*, vertreten durch Mag. Gernot Steier, Rechtsanwalt in Neulengbach, Sachwalter Dr. Franz Amler, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen eines Sonderberichts zur Vermögenslage, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 22. Juni 2017, GZ 23 R 173/17i‑121, ergänzt durch den Beschluss vom 10. Jänner 2018 (ON 125), den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E120906

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

1. Am 3. 5. 2016 wurde für die Betroffene ein Sachwalter bestellt, der in der Folge von der Verpflichtung zur Rechnungslegung freigestellt wurde. Im Zusammenhang mit der Frage der Fortführung einer 24‑Stunden‑Pflege wurde dem Sachwalter ein Bericht über die Einkommens- und Vermögenssituation der Betroffenen aufgetragen. Dieser Bericht wurde am 17. 2. 2017 erstattet.

Das Erstgericht nahm den Bericht des Sachwalters zur Kenntnis (Pkt 1 des Spruchs) und hielt die darin angegebenen Vermögenspositionen fest (Pkt 2 des Spruchs); weitere Punkte des Spruchs und der Entscheidung sind nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens dritter Instanz.

Das Rekursgericht gab dem von der Betroffenen erhobenen Rekurs in Ansehung dieser beiden Punkte des Spruchs nicht Folge.

Im außerordentlichen Revisionsrekurs führt die Betroffene aus, sie habe im Rekurs die materielle Richtigkeit der Sachwalterschaftsrechnung gerügt. Es gebreche daher an der formalen bzw rechnerischen Richtigkeit der Vermögensaufstellung. Das Pflegschaftsgericht sei zur Überwachung des Sachwalters verpflichtet.

Rechtliche Beurteilung

2.1 Im Anlassfall ist der Sachwalter gemäß § 135 Abs 2 AußStrG von der laufenden Rechnungslegung befreit. Dies bedeutet freilich nicht, dass die schutzberechtigte Person dem Sachwalter schutzlos ausgeliefert wäre. Vielmehr ist das Gericht gemäß § 133 AußStrG zur Verhinderung einer Gefährdung des Wohles der pflegebefohlenen Person verpflichtet. In dieser Hinsicht besteht die wesentliche Rolle des Gerichts darin, erforderlichenfalls Maßnahmen zur Sicherung der Vermögenswerte zu setzen und den Sachwalter bei der Verwaltung des Vermögens zu überwachen (RIS‑Justiz RS0126331). Zu diesem Zweck ist dem Sachwalter bei entsprechenden Verdachtsmomenten gemäß § 135 Abs 4 AußStrG ein besonderer Auftrag zur Rechnungslegung zu erteilen. Anlässlich eines solchen Auftrags können auch Belege abgefordert werden, die der Sachwalter nach § 135 Abs 3 AußStrG in jedem Fall, auch bei Befreiung von der Rechnungslegungspflicht, aufbewahren muss (Zankl/Mondel in Rechberger 2 § 135 AußStrG Rz 6). Darüber hinaus kann das Gericht gemäß § 133 Abs 4 AußStrG geeignete Sicherungsmaßnahmen treffen oder dem Sachwalter konkrete Aufträge erteilen. Ein solcher Auftrag kann sich etwa – wie hier – auf die Darstellung der Vermögenslage der schutzberechtigten Person beziehen (1 Ob 8/11z; Zankl/Mondel in Rechberger 2 § 133 AußStrG Rz 5).

2.2 Dem Rekursgericht ist im hier gegebenen Zusammenhang darin zuzustimmen, dass die angefochtene Entscheidung keine Rechnungslegung betrifft. Vielmehr spricht sie über den Vermögensstatus der Betroffenen zu einem bestimmten Stichtag (17. 2. 2017) ab. Dass diese ziffernmäßigen Angaben nach Maßgabe der Erkenntnisquellen (zB Kontoauszüge) zum Berichtszeitpunkt unrichtig sind, behauptet die Betroffene in ihrem Rechtsmittel nicht. Allfällige Abhilfemaßnahmen zur Verhinderung von einer Gefährdung des Vermögens aufgrund von angeblich unklaren Banküberweisungen, auf die die Betroffene in ihrem Rekurs umfangreich Bezug nimmt, sind nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung. Damit spricht der außerordentliche Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG an.

2.3 Zur Pflicht zur Aufbewahrung von Belegen nach § 135 Abs 3 AußStrG weist das Rekursgericht lediglich informativ darauf hin, dass diese Bestimmung in erster Linie eine Schutzbestimmung für den Vermögensverwalter ist, damit dieser etwa in einem Schadenersatzprozess die Ordnungsgemäßheit seiner Verwaltung darlegen kann (vgl Zankl/Mondel in Rechberger 4 § 135 AußStrG Rz 6). Dies bedeutet aber nicht, dass die pflegebefohlene Person bei Bedenken gegen die Verwaltungsführung auf die Führung eines Schadenersatzprozesses beschränkt wäre. Ähnliches gilt für den Hinweis des Rekursgerichts, dass die Sachwalterschaftsrechnung nur formal auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen ist (7 Ob 84/11a). In dieser Hinsicht ist zutreffend, dass die Genehmigung der Rechnungslegung nach § 137 Abs 3 AußStrG keine Bindungswirkung für ein allfälliges Streitverfahren hat (10 Ob 79/16i; Beck in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 137 Rz 4). Konkrete gerichtliche Sicherungsmaßnahmen bis hin zur Umbestellung des Sachwalters bleiben davon aber unberührt.

3. Mangels erheblicher Rechtsfrage war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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