OGH 5Ob187/17m

OGH5Ob187/17m13.2.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. S***** F*****, 2. E***** P*****, 3. W***** S*****, 4. Stadt Wien (Magistrat der Stadt Wien Magistratsabteilung 64), Lerchenfelder Straße 4, 1082 Wien, alle vertreten durch Mag. Hans-Peter Pflügl, Rechtsanwalt in Herzogenburg, wegen Ab- und Zuschreibung eines Grundstücks und anderer Grundbuchshandlungen ob den EZ ***** und EZ ***** je KG *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. Juni 2017, AZ 47 R 131/17p, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 16. März 2017, TZ 886/2017, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00187.17M.0213.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teils lautet:

Urkunden

1 Einantwortungsbeschluss vom 18. 11. 2015

2 Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom 23. 02. 2016

3 Sterbeurkunde vom 10. 11. 2016

4 Bescheid vom 12. 08. 2016

 

Bewilligt wird

1 in EZ ***** KG *****

die Löschung C‑LNR 1 a

1 auf Anteil B‑LNR 2

a 5227/1979

FRUCHTGENUSSRECHT für G***** K*****, geb *****

2 in EZ ***** KG *****

die Abschreibung des Gst 1384/18 und Zuschreibung zur EZ ***** KG *****

3 in EZ ***** KG *****

die Einverleibung der Löschung A‑LNR 1 a

1 a 4940/1978 Verpflichtung zur Grundabtretung und Übergabe gem Pkt 2 Bescheid 1977-11-09 hins Gst 1384/18

gemäß I. Bescheid vom 12. 08. 2016

4 in EZ ***** KG *****

die Löschung.

 

Verständigt werden

1 Mag. Hans‑Peter Pflügl,

Oberndorfer Ortsstraße 56a, 3130 Herzogenburg

2 S***** F*****

3 E***** P*****,

*****

4 W***** S*****,

*****

5 Magistrat der Stadt Wien – MA 64

Lerchenfelderstraße 4, 1082 Wien

6 Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel, Marxergasse 4, 1030 Wien

 

Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

 

Begründung:

Die Erstantragstellerin, die Zweitantragstellerin und der Drittantragsteller sind die Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG *****. Das (Mit‑)Eigentum der Erstantragstellerin und der Zweitantragstellerin beruht auf ihrer Einantwortung als Erbinnen eines noch im Grundbuch eingetragenen verstorbenen Miteigentümers; jenes der Erstantragstellerin zur Gänze, das der Zweitantragstellerin in Bezug auf einen Teil ihres Miteigentumsanteils. Die Liegenschaft besteht aus dem Grundstück 1384/18 mit einer eingetragenen Gesamtfläche von 2 m² und der Nutzung als „Sonstige (Straßenverkehrsanlagen)“.

Mit dem – rechtskräftigen – Bescheid des Magistrats der Stadt Wien – Magistratsabteilung 64 vom 12. 8. 2016 wurde die Abschreibung des Grundstücks 1384/18 vom Gutsbestand der Liegenschaft EZ ***** KG ***** und dessen Übertragung in den Gutsbestand der EZ ***** (öffentliches Gut) desselben Grundbuchs gemäß § 13 Abs 2 der Bauordnung für Wien (BO für Wien) genehmigt und vorgeschrieben, dass das Grundstück 1384/18 gemäß § 17 Abs 2 BO für Wien gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung dieses Bescheides lastenfrei und gegen die nach § 17 Abs 5 BO für Wien gewährleistete Entschädigung in das öffentliche Gut zu übertragen ist. Weiters wurde gemäß § 131 BO für Wien mit der grundbücherlichen Durchführung dieses Bescheides verfügt, dass die in der EZ ***** im A2‑Blatt unter L‑Nr 1a, TZ 4940/1978, ersichtlich gemachte Verpflichtung zur Grundabtretung zu löschen ist, und bestätigt, dass für die in eine Einlage des öffentliches Gutes abzuschreibende Grundfläche die Widmung zum Gemeingebrauch durch Verwaltungsakt festgesetzt worden sei.

Die Antragsteller beantragten aufgrund der Sterbeurkunde vom 10. 11. 2016 die Löschung des Fruchtgenussrechts für G***** K***** (C‑LNR 1a) auf dem Anteil B‑LNR 2 in EZ ***** KG ***** und aufgrund des Bescheides des Magistrats der Stadt Wien – Magistratsabteilung 64 vom 12. 8. 2016, des Einantwortungsbeschlusses vom 18. 11. 2015 und der Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom 23. 2. 2016 die mit dem genannten Bescheid genehmigte Ab‑ und Zuschreibung, die vorgeschriebene Löschung der Ersichtlichmachung zu A‑LNR 1a und die Löschung der EZ ***** KG ***** infolge Gutsbestandslosigkeit.

Das Erstgericht bewilligte (nur) die Löschung des Fruchtgenussrechts; das Mehrbegehren auf Ab‑ und Zuschreibung sowie Löschung wies es ab. Eine grundbücherliche Eintragung sei gemäß § 94 Abs 1 Z 3 GBG nur dann zu bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheine. Eine solche Urkunde fehle, weil der vorgelegte Bescheid des Magistrats der Stadt Wien zwar die Abschreibung bewillige, aber den erforderlichen Rechtsgrund und dessen urkundlichen Nachweis nicht ersetze.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Die vom Erstgericht herangezogene Begründung für die Abweisung treffe nicht zu. Der Bescheid des Magistrats der Stadt Wien – Magistratsabteilung 64 sei eine öffentliche Urkunde gemäß § 33 Abs 1 lit d GBG. Aus derartigen Urkunden brauche ein Rechtsgrund nicht ersichtlich zu sein. Der Rechtsgrund für die Abtretung (Straßengrundabtretung) ergebe sich vielmehr aus der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 17 Abs 2 BO für Wien, weshalb es auch keiner Vereinbarung zwischen den Erst‑ bis Drittantragstellern bzw deren Rechtsvorgänger und der Viertantragstellerin bedürfe. Für die grundbücherliche Durchführung der Übertragung sei jedoch nach § 16 LiegTeilG zusätzlich zu dem Bescheid die Beurkundung des Vermessungsamtes erforderlich. Da diese nicht vorliege, sei das Grundbuchsgesuch aus diesem Grund abzuweisen gewesen. Sollten die Voraussetzungen für die Ab‑ und Zuschreibung iSd §§ 13 ff LiegTeilG nicht vorliegen, wäre außerdem eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts nach § 160 Abs 1 BAO erforderlich. Diese Urkunde sei ebenfalls nicht vorgelegt worden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei, weil der noch nicht durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärten Rechtsfrage, ob hier die Bestimmungen der §§ 15 ff LiegTeilG anwendbar seien, eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

In ihrem Revisionsrekurs beantragen die Antragsteller, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass ihrem Grundbuchsgesuch zur Gänze Folge gegeben werde. Hilfsweise stellen sie einen Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsantrag. Als Revisionsrekursgrund machen die Antragsteller die Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichts geltend. Sie hätten das besondere Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG gar nicht angestrebt; die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer sei durchgeführt und mit einer entsprechenden Erklärung im Grundbuchsgesuch angezeigt worden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt, weil dem Rekursgericht eine auch im Einzelfall zu korrigierende Fehlbeurteilung unterlaufen ist.

1.1. Das Rekursgericht hat die Rechtsfrage, ob der von den Antragstellern vorgelegte Bescheid des Magistrats der Stadt Wien – Magistratsabteilung 64 vom 12. 8. 2016 eine taugliche Grundlage für die Einverleibung des Eigentums der Stadt Wien an dem Grundstück 1384/18 (durch dessen Abschreibung und Übertragung) bildet, zwar im Ergebnis zutreffend bejaht. Dessen Begründung, diese Tauglichkeit ergebe sich aus dem Umstand, dass aus einer öffentlichen Urkunde iSd § 33 Abs 1 lit d GBG ein Rechtsgrund nicht ersichtlich zu sein braucht (5 Ob 20/81 = RIS‑Justiz RS0060413; RS0004558 [Urteile]; Weigand in Kodek, Grundbuchsrecht² § 33 GBG Rz 29; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchsrecht § 33 GBG Rz 10) trägt diese Beurteilung jedoch nicht.

1.2. Bescheide mit dem Auftrag zur Grundabtretung wurden in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wiederholt als öffentliche Urkunde angesehen, aufgrund deren die Einverleibung des Eigentumsrechtes stattfinden könne (5 Ob 107/00x [§ 16 oö Bauordnung]; 5 Ob 16/79 = RIS‑Justiz RS0010817 [§ 18 Abs 1 oö BauO]; vgl auch Weigand aaO § 33 GBG Rz 32). Öffentliche Urkunden, aufgrund deren nach § 33 Abs 1 lit d GBG Einverleibungen stattfinden können, sind solche, die die Eigenschaft eines gerichtlich vollziehbaren Ausspruchs einer öffentlichen Behörde haben. Urkunden haben nur dann diese Eigenschaft eines gerichtlich vollziehbaren Ausspruchs einer öffentlichen Behörde und können damit nur dann gemäß § 33 Abs 1 lit d GBG zur grundbücherlichen Einverleibung eines Rechts führen, wenn sie eine darauf abzielende gerichtliche Exekution – konkret eine Exekutionsführung nach § 350 EO – gestatten (5 Ob 234/08k; RIS‑Justiz RS0004550; Weigand aaO § 33 GBG Rz 11, 31; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchsrecht § 33 GBG Rz 10). Für einen auf den Bescheid einer Verwaltungsbehörde gegründeten Anspruch besteht diese Möglichkeit gemäß § 1 Z 10 EO nur dann, wenn die Exekution durch gesetzliche Bestimmungen den Gerichten übertragen ist (5 Ob 234/08k mwN = RIS‑Justiz RS0004550 [T1]). Bei einem behördlichen Bescheid ist also zu prüfen, ob er überhaupt eine Leistung anordnet; wenn ja, ob die Leistung unmittelbar erzwingbar ist oder die Durchsetzbarkeit von weiteren nicht nur verfahrensrechtlichen Voraussetzungen abhängig ist, und schließlich, ob den Gerichten die Vollzugspflicht oder wenigstens -möglichkeit zukommt (5 Ob 234/08k mwN = RIS‑Justiz RS0004550 [T2]).

1.3. Nach § 13 Abs 2 lit c) der Bauordnung für Wien (BO für Wien) ist die Übertragung von Grundstücken oder Grundstücksteilen in das öffentliche Gut bewilligungspflichtig. Der vorliegende Bescheid des Magistrats der Stadt Wien – Magistratsabteilung 64 vom 12. 8. 2016 enthält neben der Genehmigung der hier in Rede stehenden Abschreibung und Übertragung in das öffentliche Gut zudem auch die auf § 17 Abs 2 BO für Wien gestützte ausdrückliche Vorschreibung, das Grundstück gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung dieses Bescheides (lastenfrei und gegen die nach § 17 Abs 5 BO für Wien gewährleistete Entschädigung) in das öffentliche Gut zu übertragen. Nach Abs 1 des § 17 der BO für Wien, der Grundabtretungen zu Verkehrsflächen bei Abteilungen im Bauland regelt, sind bei der Schaffung oder Änderung von Bauplätzen, Baulosen oder Teilen von solchen die nach Maßgabe der Baulinien zu den Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen in einem bestimmten Ausmaß gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung satz- und lastenfrei in das öffentliche Gut zu übertragen. Die über dieses Ausmaß zu den Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen sind gemäß § 17 Abs 2 der BO für Wien über Auftrag der Behörde an die Gemeinde in der bestehenden Höhenlage abzutreten und ihr zu übergeben. Diese Verpflichtung zur Grundabtretung nach § 17 der BO für Wien ist durch Zwangsstrafen (§ 5 VVG) zu vollstrecken (Moritz, Bauordnung für Wien5 § 17 101). Eine Überweisung der Exekution der in einem entsprechenden Bescheid ausgesprochenen Verpflichtung zur Übereignung von Grundflächen an die Gerichte findet sich in der BO für Wien nicht. Schon aus diesem Grund ist daher die nach § 33 Abs 1 lit d GBG zu prüfende Eignung dieses Bescheids als Eintragungsgrundlage für die begehrte Eigentumsübertragung zu verneinen (vgl 5 Ob 234/08k [§ 3 des Kärntner Grundstückteilungsgesetzes {K‑GTG}]).

1.4. Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof Grundabtretungen, wie sie im § 17 der BO für Wien vorgesehen sind, als Enteignungsmaßnahme anerkannt (VfGH B 1874/08 [zur Vorgängerbestimmung des § 17 WBO LGBl 11/1930 idF LGBl 41/2008]; VfGH B 886, 887/97 [§ 17 Abs 2 Oö BauO 1994]; vgl auch 5 Ob 234/08k mwN in Bezug auf ähnliche landesgesetzliche Bestimmungen). Das Eigentumsrecht des Enteigners wird nicht vom Enteigneten abgeleitet, sondern entsteht originär (RIS‑Justiz RS0010847 [T2], RS0010841 [T7]). Der rechtskräftige Enteignungsbescheid bildet den Rechtsgrund und der tatsächliche, freiwillige oder zwangsweise Vollzug (= Besitzerwerb), nicht etwa die – allenfalls vorgesehene – Leistung, Hinterlegung oder Sicherstellung der Entschädigungssumme, den Modus des Rechtserwerbs. Der Eigentumswechsel vollzieht sich erst, allerdings auch schon mit dem Vollzug der Enteignung (RIS‑Justiz RS0010847 [T3], RS0010841 [T8]). Werden Liegenschaften enteignet, wirkt die Eintragung des Begünstigten im Grundbuch nach einem außerbücherlichen Vollzug nur mehr deklarativ, wird die Einverleibung aber vor einem Vollzug erzwungen, konstitutiv (RIS‑Justiz RS0010847 [T4], RS0010841 [T9]). Nichts anderes gilt, wenn es vor dem Vollzug der Enteignung zu einer freiwilligen Einverleibung des Eigentumsrechts des Enteigners im Einvernehmen mit dem Enteigneten (oder – wie hier – sogar auf dessen Antrag) kommt. Auch in diesem Fall wirkt daher die Einverleibung des Eigentumsrechts des Enteigners konstitutiv, sodass es eines Nachweises des Vollzugs der Enteignung nicht mehr bedarf (RIS‑Justiz RS0010847 [T4], RS0010841 [T9]).

1.5. Damit erweist sich der vorliegende, als Enteignungsbescheid zu qualifizierende Rechtsakt als eine grundsätzlich taugliche Grundlage für die Einverleibung des Eigentumsrechts an dem abzuschreibenden und ins öffentliche Gut zu übertragenden Grundstück. Der urkundliche Beleg des Vollzugs der Enteignung ist nicht erforderlich, weil die Antragstellung zur grundbücherlichen Durchführung auch durch die Enteigneten selbst erfolgte (vgl 5 Ob 234/08k).

2.1. Gemäß § 74 GBG ist die Abschreibung des Bestandteiles eines Grundbuchskörpers und seine Zuschreibung zu einem anderen Grundbuchskörper oder die Eröffnung einer neuen Einlage für diesen Bestandteil nur dann zulässig, wenn der abzuschreibende Teil genau, nötigenfalls durch Pläne, von denen eine Kopie in der Urkundensammlung aufzubewahren ist, bezeichnet ist und wenn die das Begehren begründenden Urkunden den zu einer Einverleibung des Eigentumsrechts vorgeschriebenen Erfordernissen entsprechen. Bei der Durchführung der Abschreibung ist nach den Bestimmungen des Liegenschaftsteilungsgesetzes (LiegTeilG) vorzugehen.

2.2. Für die Abschreibung geringwertiger Trennstücke (§§ 13 f LiegTeilG) und bei der Abschreibung im Zuge der Herstellung, Umlegung oder Erweiterung und Erhaltung von Straßen‑, Weg‑, Eisenbahn‑ und Wasserbauanlagen (§§ 15 ff LiegTeilG) sieht das Liegenschaftsteilungsgesetz Erleichterungen vor. Das Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG ist antragsgebunden, das Grundbuchgericht hat also aufgrund eines entsprechenden Antrags zu entscheiden (5 Ob 223/11x; RIS‑Justiz RS0127671). Den Antrag auf lastenfreie Ab‑ und Zuschreibung der in § 15 LiegTeilG angeführten Grundstücke kann gemäß § 16 LiegTeilG die Vermessungsbehörde beurkunden. Überdies hat die Vermessungsbehörde in der Beurkundung nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse zu bestätigen, dass eine der in § 15 LiegTeilG angeführten Anlagen errichtet bzw aufgelassen wurde. Gemäß § 18 LiegTeilG ergeht der Beschluss über die Ab‑ und Zuschreibung aufgrund dieser Beurkundung und des dem Anmeldungsbogen zugrundeliegenden Planes. Ist nur eine der in §§ 15 ff LiegTeilG normierten Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht erfüllt, kann die Verbücherung der Rechtsänderungen nur nach den strikten Vorgaben des GBG erfolgen (5 Ob 9/04s = RIS‑Justiz RS0118786).

2.3. Hier ist die Grundlage für die Grundstücksveränderungen, deren grundbücherliche Durchführung die Antragsteller beantragten, der Bescheid des Magistrats der Stadt Wien – Magistratsabteilung 64 vom 12. 8. 2016 und kein Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG. Der nicht auf die Einverleibung im Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG beschränkte Antrag ist daher nach allgemeinen Regeln für die Verbücherung der beantragten Rechtsänderungen zu prüfen (vgl 5 Ob 179/16h). Die vom Rekursgericht zusätzlich zu dem Bescheid geforderte Beurkundung des Vermessungsamtes nach § 16 LiegTeilG ist dafür nicht erforderlich.

3.1. Nach § 160 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) ist für Eintragungen in das Grundbuch, denen Rechtsvorgänge über den Erwerb von Grundstücken zugrunde liegen, mit Ausnahme von Vormerkungen und Eintragungen nach den §§ 13, 15 und 16 LiegTeilG eine Bescheinigung des Finanzamts erforderlich, dass der Eintragung (unter anderem) hinsichtlich der Grunderwerbsteuer keine Bedenken entgegen stehen (Unbedenklichkeitsbescheinigung).

3.2. Nach § 11 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) sind Rechtsanwälte und Notare (Parteienvertreter) nach Maßgabe der §§ 12, 13 und 15 GrEStG befugt, die Steuer für Erwerbsvorgänge, die diesem Gesetz unterliegen, als Bevollmächtigte eines Steuerschuldners selbst zu berechnen, wenn die Selbstberechnung innerhalb der Frist für die Vorlage der Abgabenerklärung (§ 10 GrEStG) erfolgt. Eine Selbstberechnungserklärung des Notars oder Rechtsanwalts iSd §§ 11 ff Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) gegenüber dem Grundbuchsgericht ersetzt die nach § 160 Abs 1 BAO für Eintragungen in das Grundbuch erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung (5 Ob 96/17d; 5 Ob 169/16p; 5 Ob 223/15b). Im Elektronischen Rechtsverkehr erfolgt die Selbstberechnungserklärung durch Bekanntgabe einer Vorgangsnummer durch den Parteienvertreter (§ 6 Grunder-werbsteuer-Selbstberechnungsverordnung, GrESt‑SBV, BGBl II 2015/156). Diese Vorgangsnummer ist nach § 1 Abs 2 GrESt‑SBV bei jedem im Zug einer Selbstberechnung über FinanzOnline erfassten Erwerbsvorgang pro Erwerber als Schlüssel für die nach § 1 Abs 1 GrESt‑SBV der Justiz zu übermittelten Daten zu generieren und dem Parteienvertreter ersichtlich zu machen (5 Ob 96/17d, 5 Ob 169/16p; vgl 5 Ob 223/15b).

3.3. Das hier zu beurteilende Grundbuchsgesuch enthält für den Erwerbsvorgang durch Zuschreibung die Berufung auf eine (valide) Vorgangsnummer und damit eine wirksame, die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ersetzende Selbstberechnungserklärung iSd §§ 11 ff GrEStG.

4.  Es sind auch keine anderen dem Eintragungsbegehren entgegenstehenden Hindernisse ersichtlich. In Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen war daher das Grundbuchsgesuch (nicht nur in Bezug auf die Löschung eines Fruchtgenussrechts, sondern zur Gänze) zu bewilligen.

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