OGH 5Ob174/17z

OGH5Ob174/17z21.12.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin A* GmbH, *, vertreten durch die Hopmeier Wagner Kirnbauer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die Antragsgegner 1. P* GmbH, *, 2. P* R*, beide vertreten durch die Mayrhofer & Rainer Rechtsanwälte KG in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG iVm § 3 Abs 2 Z 2 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 31. Mai 2017, GZ 19 R 28/17d‑70, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E120688

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig, zumal es der Antragstellerin nicht gelingt, in ihrem Rechtsmittel erhebliche Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen. Dies ist wie folgt kurz (§ 71 Abs 3 AußStrG) zu begründen:

1. Das Erstgericht sprach aus, dass das auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten iSd § 3 Abs 2 Z 2 MRG gerichtete Begehren der Antragstellerin im streitigen Verfahren zu behandeln sei, deren Antrag daher in eine Klage umgedeutet werde. Das Mietverhältnis falle gemäß § 1 Abs 4 Z 1 MRG in den Teilausnahmebereich des MRG, weshalb § 37 MRG keine Anwendung finde. Eine Entscheidung im Verfahren außer Streitsachen sei daher auszuschließen.

2. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegner Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass das Begehren der Antragstellerin im außerstreitigen Verfahren zu behandeln und zu erledigen sei. Die Frage, ob über den Rechtsschutzantrag der Mieterin im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG oder im streitigen Rechtsweg zu entscheiden sei, sei nach dem Wortlaut des Entscheidungsbegehrens und den zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen zu beurteilen. Da sich aus den Behauptungen der Antragstellerin in ihrem Antrag das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands nicht ergebe, sei das Verfahren über deren Antrag zur Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten iSd § 3 MRG gemäß § 37 MRG richtigerweise im außerstreitigen Verfahren durchzuführen. Mache die Antragstellerin nach ihren Behauptungen einen Anspruch mit Recht im Außerstreitverfahren geltend, stelle sich aber heraus, dass die Voraussetzungen dafür fehlten, dann liege keine Nichtigkeit vor, sondern das Begehren sei, wenn auch abschlägig, im außerstreitigen Wege zu erledigen.

3. Die Antragstellerin bestreitet nicht, dass das Rekursgericht den „ursprünglichen“ Antrag zutreffend als Angelegenheit iSd § 37 Abs 1 Z 2 MRG qualifiziert hat. In ihrem Revisionsrekurs macht sie vielmehr (als unrichtige rechtliche Beurteilung und/oder wesentlichen Verfahrensmangel nach § 66 Abs 1 Z 2 und Z 4 AußStrG) geltend, dass das Rekursgericht bei seiner Zuständigkeitsentscheidung nicht berücksichtigt habe, dass sie das Antragsbegehren – in Reaktion auf den von den Antragsgegnern erhobenen, später ausdrücklich zurückgezogenen Einwand der Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs – auf einen Vertragsanspruch gestützt und daraus ein Urteilsbegehren, das im streitigen Verfahren zu erledigen sei, abgeleitet habe.

4. Entgegen der Darstellung in ihrem Revisionsrekurs stützte die Antragstellerin ihren (ursprünglichen) Antrag nicht (auch) auf eine Vereinbarung. Mit dem Vorbringen, auf das sie in ihrer Argumentation Bezug nimmt, änderte sie weder den Anspruchsgrund, noch machte sie einen zusätzlichen Anspruchsgrund geltend. Der objektive Erklärungswert der von der Antragstellerin verwendeten Formulierungen („für den Fall, dass ...“, „sodann klagende Partei“, „für das streitige Verfahren“) lässt nur die Deutung zu, dass sie einen vertraglichen Anspruch auf Zuhaltung des Mietvertrags nur unter der aufschiebenden Bedingung erhoben hat, dass das Gericht den außerstreitigen Rechtsweg für ihren Antrag verneint (vgl 5 Ob 76/14h). Nur in diesem Fall sollte der Antrag in eine Klage umgedeutet, das Verfahren als streitiges Verfahren fortgesetzt und das (neue) Urteilsbegehren zugesprochen werden. Durch diese – an sich zulässige (RIS-Justiz RS0037502, RS0006441, RS0006954 [T4]) – Form des Eventualantrags hat die Antragstellerin klar zum Ausdruck gebracht, dass sie primär die Erledigung des aufrechten Hauptbegehrens wünscht. Eine allfällige dem klaren Wortlaut entgegenstehende Parteienabsicht ist bei der gebotenen Auslegung von Prozesserklärungen nach rein objektiven Maßstäben unerheblich. Der von der Antragstellerin nur bedingt geltend gemachte Anspruchsgrund (und Antragsgegenstand) ist für die Beurteilung der Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs für den aufrechten (Haupt-)Antrag unbeachtlich. Nur diese Beurteilung ist Gegenstand der angefochtenen Entscheidung des Rekursgerichts.

5. Das Rekursgericht hat auch die durch den Umfang der Anfechtung gezogenen Entscheidungsgrenzen nicht überschritten (vgl RIS-Justiz RS0043956). Nach § 47 Abs 3 AußStrG muss der Rekurs kein bestimmtes Begehren enthalten, aber hinreichend erkennen lassen, aus welchen Gründen sich die Partei beschwert erachtet und welche andere Entscheidung sie anstrebt; im Zweifel gilt der bekämpfte Beschluss als zur Gänze angefochten. Für die Beurteilung des Umfangs der Anfechtung kommt es dabei nicht allein auf die Textierung des Rechtsmittelantrags an, sondern auf den gesamten Inhalt des Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0006674 [T37]). Die Antragsgegner haben in ihrem Rekurs die Zulässigkeit des Außerstreitverfahrens behauptet und ausführlich begründet und damit den Bekämpfungsumfang und das objektive Ziel ihrer Beschwerde deutlich zum Ausdruck gebracht. Der Umstand, dass sie in ihrem Rekursantrag formal die Zurückweisung des Antrags, nicht aber die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt haben, stand daher der Abänderung nicht entgegen.

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