European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0110OS00124.17W.1212.000
Spruch:
Dem Antrag des Generalprokurators wird Folge gegeben, der Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Vollzugsgericht vom 20. Juni 2013, AZ 19 BE 25/13t, aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur Erneuerung dieses Verfahrens an das Landesgericht Krems an der Donau als Vollzugsgericht verwiesen.
Gründe:
I./1./ Mit – seit 27. September 1984 (vgl 13 Os 115/84) rechtskräftigem – Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 14. März 1984, GZ 20j Vr 2310/83, Hv 353/84‑128, wurde Günter L***** der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB (A./) und des Vergehens der Störung der Totenruhe nach § 190 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Jahren verurteilt und nach § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Danach hat er – durch aus einem Karabiner abgegebene Schüsse – am oder um den 9. Februar 1983 Peter D***** durch insgesamt drei Schüsse in die Bauchgegend und in den Oberkörper, sowie am 15. Februar 1983 Ursula E***** durch einen Schuss in die linke Rückenseite und Sieglinde E***** durch einen Schuss in den Kopf vorsätzlich getötet (A./), und am 10. Februar 1983 der Leiche des Peter D***** den Kopf abgetrennt (B./).
Seit 27. September 1984 befindet sich Günter L***** im Maßnahmenvollzug (§ 21 Abs 2 StGB), davon seit 7. Februar 2008 in der Justizanstalt Stein. Das urteilsmäßige Strafende fiel auf den 26. Februar 2003.
I./2./ Nach 2009 wurde vom Vollzugsgericht Krems an der Donau (Abteilung 19 BE) – stets bestätigt durch das vom Betroffenen mittels Beschwerde angerufene Oberlandesgericht Wien (Abteilung 17 Bs) – die Notwendigkeit der weiteren Unterbringung des Genannten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher festgestellt und seine bedingte Entlassung abgelehnt, und zwar mit Beschlüssen
a./ vom 15. März 2010, AZ 19 BE 297/09m,
und vom 26. Juli 2010, AZ 17 Bs 126/10v;
b./ vom 7. Dezember 2010, AZ 19 BE 70/10f,
und vom 25. Jänner 2011, AZ 17 Bs 365/10s;
c./ vom 23. April 2012, AZ 19 BE 71/11d, und
vom 30. Juli 2012, AZ 17 Bs 231/12p;
d./ vom 20. Juni 2013, AZ 19 BE 25/13t, und
vom 19. Juli 2013, AZ 17 Bs 243/13d;
e./ vom 19. Mai 2014, AZ 19 BE 56/14b, und
vom 18. Juni 2014, AZ 17 Bs 199/14k;
f./ vom 20. Mai 2015, AZ 19 BE 106/14f, und
vom 1. Juli 2015, AZ 17 Bs 189/15s;
g./ vom 13. Juni 2016, AZ 19 BE 19/16i und
vom 13. Juli 2016, AZ 17 Bs 201/16g;
h./ vom 25. September 2017, AZ 19 BE 20/17p
und vom 30. Oktober 2017 , AZ 17 Bs 311/17k.
Dabei gingen die Gerichte von einer Fortdauer der Gefährlichkeit des Betroffenen aus und stützten sich dazu ua auf Gutachten psychiatrischer Sachverständiger, nämlich (zu den oben unter fortlaufenden Kleinbuchstaben dargestellten Überprüfungsperioden):
a./ des Univ.‑Prof. Dr. La***** vom
Jänner 2009 und vom Februar 2010 sowie
des Dr. B***** vom März 2010;
b./ wie zu a./
c./ des Dr. B***** wie zu a./
d./ des Dr. B***** wie zu a./
e./ des Dr. B***** wie zu a./
f./ des Dr. B***** vom Mai 2015
g./ des Dr. B***** wie zu f./
h./ der Dr. G***** vom Juni 2017 und
des Dr. S***** vom August 2017.
Das (vom Gericht eingeholte) Gutachten Dris. La***** aus 2009 attestierte dem Untergebrachten eine Stabilisierung seines Zustands und eine Herabsetzung seiner Gefährlichkeit unter Anstaltsbedingungen, konnte eine solche Herabsetzung allerdings nicht mit der erforderlichen Sicherheit für den Fall eines unkontrollierten oder wenig kontrollierten Lebens in Freiheit feststellen. Im Jahr 2010 kam dieser Sachverständige zu dem Schluss, dass die eingetretene Stabilisierung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch in einem wenig kontrollierten Bereich anhalten würde. Ohne entsprechende Entlassungsvorbereitung und einen sozialen Empfangsraum sei jedoch mit einer totalen Überforderung des Untergebrachten in Freiheit und daraus resultierenden mikropsychotischen Störungen zu rechnen, deren Gefährlichkeit nicht abzuschätzen sei.
Der im Jahr 2010 (von der Justizanstalt Stein zur Frage der Gewährung von Vollzugslockerungen befasste) Dr. B***** kam zu dem Schluss, dass bei Günter L***** weiterhin eine ausgeprägte kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, schizoiden, emotional instabilen und narzisstischen Anteilen bestehe. Das innerhalb des starren Gefüges des Anstaltslebens gewonnene Gleichgewicht dürfe nicht mit einem Abklingen der Persönlichkeitsstörung verwechselt werden; vielmehr könne eine tiefergehende psychische Nachreifung nicht festgestellt werden. Eine Kombination von Sozial- und Psychotherapie sei indiziert. Ohne entsprechende Therapien könnte es im Zusammenhang mit Erfahrungen außerhalb des Gefängnisses zu psychotischen Dekompensationen kommen, die eine erhebliche Fremdgefährdung in sich tragen.
Die zuletzt (von der Justizanstalt Stein und vom Vollzugsgericht) zum Verfahren h./ befassten Gutachter Dr. G***** und Dr. S***** gingen – nach einem akuten psychotischen Zwischenfall mit Selbstverletzung (Schnitt in den Hals) im Jahr 2017 – von einem Fortbestehen der schweren (kombinierten) Persönlichkeitsstörung aus, die überdies mit einer paranoiden Schizophrenie und wiederkehrenden psychotischen Episoden einhergeht. Insgesamt lasse der (gegenüber 2010 erkennbar verschlechterte) Zustand des Untergebrachten befürchten, dass es außerhalb des geschützten Bereichs des Maßnahmenvollzugs neuerlich zu Aggressionen und gewalttätigen Handlungen gegen Personen (mit schweren Folgen) kommen werde. Abgesehen davon stehe derzeit auch kein adäquater sozialer Empfangsraum für ein Leben in Freiheit zur Verfügung. Die Zukunftsprognose sei ohne (weitere) intramurale psychiatrische, psychologische, psychotherapeutische und sozialtherapeutische Behandlung als negativ zu beurteilen.
Im Zuge der Verfahren b./, c./ und d./ erachteten die Gerichte zu b./ im Hinblick auf die fehlende Bereitschaft des Untergebrachten zu einer Psychotherapiedie Einholung eines neuen (aktuellen) Gutachtens für entbehrlich. Zu c./ und d./ scheiterte der unternommene Versuch einer neuerlichen Begutachtung an der damaligen Weigerung des Betroffenen zur Kooperation. Sohin stützten sich die Gerichte zu b./, c./ und d./ bei ihrer Entscheidung letztlich (primär) auf das Gutachten Dris. B***** vom März 2010.
Zu den (hier näher interessierenden) Verfahren b./, c./ und d./ begründeten die Gerichte die Ablehnung der bedingten Entlassung (ua) damit, dass unabdingbare Voraussetzung für eine positive Entscheidung eine adäquate (auch therapeutische) Vorbereitung des Günter L***** auf eine Entlassung notwendig wäre und eine solche Heranführung im konkreten Fall nur in der Justizanstalt Wien-Mittersteig bewerkstelligt werden könnte. In diesem Zusammenhang wurde zu b./ erwähnt, die genannte Justizanstalt habe noch nicht auf ein Ansuchen um Verlegung des Genannten reagiert, zu d./, eine Anordnung der Verlegung des Betroffenen dorthin wäre wegen dessen negativer Einstellung zur erforderlichen Psychotherapie nicht zielführend. Die Gewährung von Vollzugslockerungen sei angesichts der Therapieverweigerung des Untergebrachten nicht möglich.
II./1./ Die oben dargestellten Verfahren b./, c./ und d./ sind Gegenstand einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Mit Erkenntnis vom 20. Juli 2017, Beschwerde Nr 11537/11, stellte dieser fest, dass in der gegenständlichen Rechtssache (L***** gegen Österreich; jeweils verkürzt dargestellt in NLMR 2017, 326 und JSt 2017, 506) Art 5 MRK mehrfach verletzt worden sei. Dem Beschwerdeführer sprach er deshalb einen Betrag von 3.000 Euro als Ersatz für erlittenen immateriellen Schaden zu.
II./2./ Einerseits verstoße die Unterbringung gegen Art 5 Abs 1 lit a und e EMRK. Die befassten Gerichte hätten nämlich – ungeachtet der vom EGMR erkannten Zuständigkeit (damals) der Vollzugsdirektion (nunmehr: des Bundesministeriums für Justiz) für eine allfällige Vollzugsortsänderung (vgl §§ 10, 161 StVG; RIS‑Justiz RS0087466) – über mehrere Jahre hinweg nicht erwogen, dass eine Verlegung des Beschwerdeführers in die Justizanstalt Wien-Mittersteig eine Voraussetzung für seine bedingte Entlassung wäre, und in diesem Zusammenhang nicht weiter untersucht, ob der Beschwerdeführer in der Justizanstalt Stein in einer angemessenen Einrichtung angehalten werde. Solcherart hätten (auch) die Gerichte verabsäumt, eine Lösung für eine offenkundige Pattsituation zu suchen, denn eine bedingte Entlassung ohne ausreichende (therapeutische) Vorbereitung komme nicht in Frage, (spätestens) seit 2009 sei jedoch klar gewesen, dass L***** eine adäquate Vorbereitung auf ein Leben in Freiheit nur in der Justizanstalt Wien-Mittersteig erhalten könnte. Die (gerichtliche) Entscheidung der fortdauernden Inhaftierung einer Person aufgrund der bestehenden Rückfallsgefahr sei nach der Judikatur des EGMR dann inkonsistent zur Anordnung der Unterbringung durch das zum Urteilszeitpunkt erkennende Strafgericht, wenn der Person gleichzeitig keine Möglichkeiten (wie etwa geeignete Therapien) angeboten werden, die ihr den Beweis ermöglichen, dass keine Gefahr mehr von ihr ausgeht (vgl Z 14, 17, 21, 28, 35, 36, 52, 58, 60–65 und 73 der Entscheidung des EGMR).
II./3./ Andererseits liege ein Verstoß gegen Art 5 Abs 1 lit a und e EMRK vor, weil anlässlich der in den Jahren 2011/2012 (c./) und im Jahr 2013 (d./) erfolgten Prüfung der Frage einer bedingten Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug – ungeachtet der Weigerung des Untergebrachten zur Kooperation – nicht (zumindest) ein aktuelles (nicht mehr als zwei Jahre altes) Aktengutachten eines psychiatrischen Sachverständigen (vgl § 152a Abs 2 StVG) eingeholt worden sei, womit es den befassten Gerichten an einer hinreichend faktenbasierten Entscheidungsgrundlage gemangelt habe (vgl Z 39, 49–50, 59–60, 66–71, 73 der Entscheidung des EGMR).
Gerade in Fällen einer – wie hier – besonders langen Unterbringungsdauer erfordere die Prüfung deren Fortsetzung jedoch besondere Sorgfalt (vgl Z 30, 69 der Entscheidung des EGMR).
II./4./ Weiters stellte der EGMR eine Verletzung von Art 5 Abs 4 EMRK fest, weil die in den Jahren 2011/12 (c./) erfolgte Prüfung der vom Untergebrachten mit Antrag vom 8. September 2011 begehrten bedingten Entlassung bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts insgesamt beinahe elf Monate gedauert habe (vgl Z 80, 86, 88–89 der Entscheidung des EGMR).
III./ Gestützt auf dieses Erkenntnis des EGMR begehrt der Generalprokurator die Erneuerung des oben dargestellten Verfahrens d./ (AZ 19 BE 25/13t des Landesgerichts Krems an der Donau [AZ 17 Bs 243/13d des Oberlandesgerichts Wien]).
Nach Lage des Falles sei die Möglichkeit einer nachteiligen Auswirkung der festgestellten Grundrechtsverletzung, nämlich der unterbliebenen Einholung eines aktuellen medizinischen (Akten-)Gutachtens zum Gesundheitszustand des Günter L***** zwecks Beurteilung der Voraussetzungen für die von ihm beantragte bedingte Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug auf die eine solche jeweils ablehnenden Entscheidungen zu bejahen, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Strafgerichte bei – wie vom EGMR geforderter – konventionskonformer Vorgangsweise im Verfahren zu einer für den Untergebrachten günstigeren Entscheidung gekommen wären.
Im erneuerten Verfahren wäre an das Bundesministerium für Justiz zwecks Prüfung (§ 161 StVG) einer allenfalls gebotenen Verlegung in die Justizanstalt Wien-Mittersteig heranzutreten.
Damit erübrige sich eine Erneuerung auch der zeitlich früheren (vom EGMR beanstandeten) Überprüfungsverfahren (b./ und c./), weil in diesen der gebotenen Einholung eines aktuellen Gutachtens begrifflich noch weniger (hinsichtlich einer Verlegung in eine andere Justizanstalt im Übrigen gar nicht) entsprochen werden könne, als in jenem Verfahren, dessen Erneuerung nunmehr beantragt werde.
Eine Erneuerung (auch) des Verfahrens c./ auf Grund der festgestellten Verletzung des Art 5 Abs 4 EMRK würde zudem die Auswirkungen des vorliegenden Konventionsverstoßes bloß intensivieren.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
IV./1./ § 363a StPO bestimmt, dass dann, wenn in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eine Verletzung der EMRK oder eines ihrer Zusatzprotokolle durch eine Entscheidung oder Verfügung eines Strafgerichts festgestellt wird, das Verfahren auf Antrag insoweit zu erneuern ist, als nicht auszuschließen ist, dass die Verletzung einen für den hievon Betroffenen nachteiligen Einfluss auf den Inhalt einer strafgerichtlichen Entscheidung ausüben konnte.
Dabei ist von der Rechtsansicht des EGMR auszugehen und das (strafgerichtliche) Verfahren zu erneuern, wenn die – zumindest abstrakte – Möglichkeit besteht, dass ohne die vom EGMR kritisierte Konventionsverletzung (vom betreffenden Strafgericht) eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung gefällt worden wäre (RIS-Justiz RS0108845).
Ausgehend von der Entscheidung des EGMR vom 20. Juli 2017 sind die Voraussetzungen für die begehrte Erneuerung des Verfahrens des Vollzugsgerichts über die bedingte Entlassung aus der vorbeugenden Maßnahme zu d./ (§ 363a StPO) gegeben:
IV./2./ Die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Unzulässigkeit des Erneuerungsantrags bei (behaupteten) Verletzungen des Grundrechts auf persönliche Freiheit (Art 5 MRK) durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung im Zusammenhang mit der Verhängung und dem Vollzug von Freiheitsstrafen und von mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahmen (RIS-Justiz RS0123350; zB 11 Os 127/10a) betrifft ausschließlich den von der Rechtsprechung entwickelten erweiterten Anwendungsbereich des § 363a StPO, wo ein solcher Antrag – weil nicht auf ein Urteil des EGMR gestützt – als bloß subsidiärer Rechtsbehelf mit allen gegenüber dem EGMR normierten, sinngemäß geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 MRK verstanden wird (RIS-Justiz RS0122737; Reindl-Krauskopf , WK-StPO § 363a Rz 38).
In Verfahren über den Vollzug der mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahmen gilt gemäß § 163 StVG ua § 17 StVG dem Sinne nach, weshalb auch für das Verfahren des Vollzugsgerichts (§ 162 Abs 1 StVG), soweit im Einzelnen nichts anderes angeordnet wird, sinngemäß die Bestimmungen der StPO anzuwenden sind (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG).
Der auf eine Entscheidung des EGMR gestützte Antrag des gemäß § 363a Abs 2 zweiter Satz StPO zur Antragstellung legitimierten Generalprokurators ist somit zulässig.
IV./3./ Die vom EGMR im Zusammenhang mit dem (solange erforderlich auf unbestimmte Zeit; §§ 25 Abs 1; 47 Abs 2 StGB) laufenden Maßnahmenvollzug beanstandete Dauer des Verfahrens zur Überprüfung der Notwendigkeit der weiteren Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher im Zeitraum 2011/212 ( c./ ; vgl oben II./4./) lässt sich – wie schon von der Generalprokuratur dargetan – durch eine Neudurchführung des betreffenden Verfahrens nicht ausgleichen. Bleibt darauf hinzuweisen, dass dem Betroffenen vom EGMR ohnehin ein Schadenersatz zuerkannt wurde.
IV./4./ Im Hinblick auf das zuletzt (bereits nach der Entscheidung des EGMR) abgeschlossene Überprüfungsverfahren h./ und die dazu eingeholten aktuellen Gutachten der Sachverständigen Dr. G***** und Dr. S*****, ist zwar nicht zu erwarten, dass ein weiteres (noch aktuelleres) Gutachten, das bei der Gefährlichkeitsprognose selbstredend die seit 2013 eingetretenen Entwicklungen im Zustand des Günter L***** zu berücksichtigen hätte, kurzfristig eine für den Untergebrachten günstigere Entscheidung bewirken könnte.
Ausgehend von der (den Obersten Gerichtshof bindenden; vgl RIS‑Justiz RS0108845) Rechtsansicht des EGMR, wonach im Zusammenhang mit der wiederholten Ablehnung einer bedingten Entlassung wegen andauernder Gefährlichkeit des Untergebrachten (auch) die entscheidenden Gerichte eine gewisse Verantwortung trifft, auf die Erreichung der Vollzugszwecke (§§ 164 Abs 1, 166 Z 1 StVG) in einer geeigneten Vollzugsanstalt hinzuwirken (Z 35, 58, 60–65, 73 der Entscheidung des EGMR; oben II./2./), ist eine Erneuerung des Verfahrens d./ im Hinblick auf langfristige Implikationen für künftige Entscheidungen des Vollzugsgerichts dennoch geboten.
Dadurch wird das Vollzugsgericht, das von Amts wegen erst wieder im zeitlichen Rahmen des § 25 Abs 3 StGB tätig zu werden hätte, relativ zeitnah dazu angehalten, vor neuerlicher Entscheidung über die Notwendigkeit der weiteren Unterbringung nach § 21 Abs 2 StGB im Rahmen seiner Möglichkeiten die Frage des Vollzugs in der für Günter L***** geeigneten Vollzugseinrichtung aufzuwerfen.
IV./6./ Insoweit kann durch die Aufhebung des von der Generalprokuratur angefochtenen Beschlusses des Vollzugsgerichts zu d./ (AZ 19 BE 25/13t des Landesgerichts Krems an der Donau) und die darauf bezogene Anordnung der Verfahrenserneuerung (vgl Reindl-Krauskopf , WK‑StPO § 363a Rz 8) dem Erkenntnis des EGMR (langfristig) zum Durchbruch verholfen werden. Damit ist auch den auf diesem Beschluss basierenden Verfahrensschritten, insbesondere der bezughabenden Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Wien (AZ 17 Bs 243/13d) der Boden entzogen (vgl 11 Os 78/06i; 14 Os 82/05y; 15 Os 109/05a).
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