OGH 10Ob46/17p

OGH10Ob46/17p13.9.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Schramm, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. G* und 2. U*, beide vertreten durch Kinberger‑Schuberth‑Fischer Rechtsanwälte‑GmbH in Zell am See, wegen Aufhebung eines Tauschvertrags sowie eines Dienstbarkeitsvertrags, Einwilligung in die Löschung eines Dienstbarkeitsvertrags und Räumung, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 8. Mai 2017, GZ 6 R 56/17y‑23, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 9. Februar 2017, GZ 1 Cg 135/15t‑19, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E119511

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 3.283,38 EUR (darin enthalten 547,23 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Kläger ist grundbücherlicher Alleineigentümer der drei Stammliegenschaften EZ 23, 55 und 82 sowie der Zubehörliegenschaft EZ 83. Diese Liegenschaft ist mit einem Veräußerungsverbot und einem Vorkaufsrecht für Angehörige des Klägers belastet. Die Beklagten sind grundbücherliche Hälfteeigentümer der EZ 24 (einer anderen Katastralgemeinde), zu der unter anderem das Grundstück 184/2 gehört.

Mit dem als solchen bezeichneten Tauschvertrag vom 23. 8. 2011 tauschte der Kläger einen Hälfteanteil an der EZ 83 gegen dieses Grundstück. Dieser Vertrag hielt in Punkt VI – unter dem Titel Verpflichtungen des B* (Kläger) – fest, dass aufgrund des Veräußerungsverbots (zugunsten des Vaters des Klägers) die grundbücherliche Durchführung des Tauschvertrags nicht möglich sei und aus diesem Grund als Sicherheit zugunsten der Beklagten vereinbart werden: a) Dienstbarkeitsvertrag unter anderem der Bewirtschaftung der ideellen Liegenschaftshälfte zugunsten EZ 24 mit grundbücherlicher Eintragung, b) Belastungs‑ und Veräußerungsverbot zugunsten des Sohnes des Klägers samt Hinterlegung der Urkunde in der Kanzlei der Vertragsverfasserin. Dieses Verbot diente nach dem Vertragstext ausschließlich der Sicherstellung des späteren Eigentumsrechts der Beklagten am Hälfteanteil an der EZ 83. Der Kläger verpflichtete sich, die Zustimmung seines vorkaufsberechtigten Bruders einzuholen. Die Verbücherung des Tauschvertrags war laut Vertragspunkt IX aufschiebend bedingt durch die Zustimmung oder den Tod des verbotsberechtigen Vaters des Klägers. Die im Servitutsbestellungsvertrag vom 23. 8. 2011 vereinbarte Dienstbarkeit wurde in der Folge verbüchert.

Am 12. 4. 2011 hatten die Parteien des Tauschvertrags vereinbart, dass der Kläger aus dem Verkauf von drei Bauparzellen aus der EZ 24 ein als „Fixpreis“ bezeichnetes Entgelt von 279.310 EUR erhalten sollte. Diese Preisvereinbarung war nach dem Parteiwillen integrierter Bestandteil des späteren Tauschvertrags. Die Beklagten sollten laut einer weiteren Vereinbarung die erste Hälfte des Fixpreises im Dezember 2011, die zweite Hälfte noch vor Aufnahme der Nutzung des Alm- und Stallgebäudes (der EZ 83), spätestens jedoch bis 30. 4. 2012 zahlen und zwar unabhängig vom Verkauf der Baugrundstücke. Die Beklagten, welche die Grundstücke nach den getroffenen Vereinbarungen selbst zu verkaufen hatten, zahlten nichts.

Der Kläger begehrt – gestützt auf einen berechtigten Rücktritt (§ 918 ABGB) – die Feststellung der Aufhebung sämtlicher Verträge, Einwilligung in die Löschung der einverleibten Dienstbarkeit sowie Räumung der EZ 83.

Das Berufungsgericht hielt die Begehren für gerechtfertigt. Realrechte könnten nicht gesondert übertragen werden, weshalb der Tauschvertrag iSd § 878 ABGB rechtlich unmöglich sei. Der Kläger sei nach § 918 Abs 1 ABGB aufgrund der Nichtzahlung des Fixpreises zum Rücktritt berechtigt. Es ließ die Revision zur Klärung der Frage zu, ob die mit einem Realrecht verbundenen Einschränkungen auch gelten, wenn sämtliche Liegenschaften im Alleineigentum einer Person stehen.

Rechtliche Beurteilung

Die – beantworteteRevision der beklagten Parteien ist entgegen diesem nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

1. Eine ordnungsgemäße Beweisrüge liegt nur dann vor, wenn klar ersichtlich ist, durch welche Tatsachen sich der Berufungswerber für beschwert erachtet, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Feststellungen stattdessen begehrt werden und aufgrund welcher Beweismittel die begehrten Feststellungen getroffen werden könnten (RIS‑Justiz RS0041835 [T4]). Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beweisrüge der Beklagten in der Berufungsbeantwortung genüge diesen Anforderungen nicht, ist keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.

2. Die Revisionswerber werfen dem Berufungsgericht eine Überraschungsentscheidung vor. Dabei legen sie nicht dar, mit welchem seiner beiden Begründungsansätze das Berufungsgericht sie überrascht haben soll, geschweige denn – wie von der Rechtsprechung gefordert (RIS‑Justiz RS0120056 [T2, T8]) –, welches für die angeblich überraschende Rechtsansicht relevante Vorbringen sie nach Erörterung erstattet hätten.

3. Mit einer Stammsitzliegenschaft verbundene Realrechte sind nach der Rechtsprechung iSd § 8 Z 3 GBG anzumerken (RIS-Justiz RS0024421 [T3]), was hier erfolgt ist. Einer Eintragung im Lastenblatt bedarf es nicht (9 Ob 77/16p). Bezweifeln die Beklagten in der Revision die Existenz von Realrechten, gehen sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Die im Zulassungsausspruch genannte Rechtsfrage greifen sie mit dieser Argumentation jedenfalls nicht auf. Ob die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zur rechtlichen Unmöglichkeit iSd § 878 ABGB tatsächlich zutrifft, kann deshalb dahingestellt bleiben.

4. Die Einheit der Tausch- und Preisvereinbarungen sowie die Abgrenzung von Tausch zu Kauf (vgl § 1055 ABGB) sprechen die Beklagten in der Revision nicht an. Ihr einziges Argument gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zu § 918 ABGB ist, dass der Vertrag nach wie vor aufschiebend bedingt sei. Die Vereinbarung einer Vorleistungsverpflichtung von 279.310 EUR unabhängig von vertraglich eingegangenen Verpflichtungen des Klägers (Veräußerungsverbot zugunsten seines Sohnes, Beibringung von Zustimmungserklärungen des verbotsberechtigten Vaters und des Vorkaufsberechtigten) sei feststellungsfremd und rechtswidrig.

4.1 Mit dieser nicht weiter ausgeführten Argumentation wollen die Beklagten offenbar darauf hinaus, dass sie ihre Zahlungspflicht entgegen der nachträglichen Vereinbarung nicht zu den dort festgelegten Terminen erfüllen müssen, solange ein durch vereinbarte aufschiebende Bedingungen geschaffener Schwebezustand andauert. Vor dessen Beendigung sind die Parteien nach der Rechtsprechung zwar verpflichtet, zur Erfüllung der Bedingung beizutragen und alles zu unterlassen, was dies verhindern könnte (RIS‑Justiz RS0017406), sie dürfen aber nicht die Erfüllung der Hauptleistungspflicht verlangen (RIS-Justiz RS0109731; RS0012692). Um einen Rücktritt nach § 918 ABGB auszuschließen, müssten die in der Revision genannten Umstände tatsächlich als vereinbarte aufschiebende Bedingungen anzusehen sein. Das trifft jedoch nicht zu.

4.2 Das nach § 364c ABGB eingetragene Veräußerungsverbot bewirkt – solange der Verbotsberechtigte einer Verbücherung des Vertrags nicht zustimmt – als Eintragungshindernis lediglich eine allgemeine Grundbuchsperre (RIS-Justiz RS0002595 [T16]). Es macht aber das Verpflichtungsgeschäft nicht ungültig, weshalb trotz des Verbots die Zuhaltung des Vertrags verlangt werden könnte (RIS-Justiz RS0010751 [T4]). In diesem Sinn ist auch Vertragspunkt IX des Tauschvertrags zu verstehen, der die Zustimmung oder den Tod des Verbotsberechtigten als aufschiebende Bedingung nur für die Verbücherung des Vertrags festhält. Davon, dass auch der Vertrag als Verpflichtungsgeschäft aufschiebend bedingt geschlossen wird, ist keine Rede. Ein intabuliertes Vorkaufsrecht verhindert – abgesehen vom Fall, dass gar kein Vorkaufsfall vorliegt – ebenfalls (nur) die Bewilligung der Einverleibung des Eigentumsrechts (5 Ob 102/08y mwN).

4.3 In der am 12. 4. 2011 vor Abschluss des schriftlichen Tauschvertrags vom 23. 8. 2011 geschlossenen Vereinbarung wurde – bezeichnet als aufschiebende Bedingung – vereinbart, dass ein Belastungs‑ und Veräußerungsverbot für den Sohn des Klägers einverleibt wird. Diese Regelung ist entgegen der offenbar irrtümlich gewählten und deshalb nicht maßgeblichen (RIS-Justiz RS0013957 [T2]; RS0017839 [T2]; RS0016236) Bezeichnung jedoch nicht als aufschiebende Bedingung anzusehen, weil sie nach dem unmissverständlichen Text des Vertrags vom 23. 8. 2011 ausschließlich den Zweck verfolgt, die Erfüllung der bereits vertraglich (ohne Schwebephase) vereinbarten Übereignungsverpflichtung des Klägers (Hauptleistungs‑verpflichtung: RIS-Justiz RS0019839) deshalb zu sichern, weil der Verbücherung das einverleibte Veräußerungsverbot entgegenstand.

4.4 Nach Abschluss des schriftlichen Vertrags vom 23. 8. 2011 vereinbarten die Parteien – in einvernehmlichem und damit zulässigem Abgehen von der vereinbarten Schriftform (RIS‑Justiz RS0014378;RS0038673) –, dass die erste Hälfte des Fixpreises im Dezember 2011, die zweite Hälfte spätestens bis 30. 4. 2012 zu zahlen seien, ohne diese Zahlungsverpflichtung von Bedingungen abhängig zu machen.

4.5 Fragen der Vertragsauslegung begründen nach der Rechtssprechung nur eine erhebliche Rechtsfrage, wenn ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS‑Justiz RS0112106 uva). Dass die Annahme einer unbedingten Vorleistungsverpflichtung der Beklagten eine zu korrigierende Fehlbeurteilung wäre, zeigt die Revision nicht auf.

4.6 Die Beklagten haben ihre Pflicht zur Zahlung des „Fixpreises“ nicht fristgerecht erfüllt und befinden sich seit mehreren Jahren im Verzug. Zusätzliche Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Rücktritts iSd § 918 ABGB wie Rücktrittserklärung und Setzung oder faktische Gewährung einer angemessenen Nachfrist werden im Revisionsverfahren nicht erwähnt und müssen deshalb nicht erörtert werden.

5. Die Revision ist aus diesen Erwägungen zurückzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte